Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.02.2017, Az. 4 StR 629/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 15588

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Gegenstand

Diebstahl fremder Kfz-Kennzeichen und deren mehrfache Benutzung: Konkurrenzrechtliche Beurteilung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. September 2016 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte

a) im [X.] der Urteilsgründe der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Gebrauch eines nicht versicherten Kraftfahrzeugs, Urkundenfälschung und unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln,

b) in den Fällen [X.] und 20 sowie II.19, 21 und 22 der Urkundenfälschung in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Diebstahl, vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichem Gebrauch eines nicht versicherten Kraftfahrzeugs, in einem Fall (Fälle II.19, 21 und 22) in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln sowie

c) in den Fällen [X.] bis 35 jeweils anstelle der (tateinheitlich begangenen) Urkundenfälschung des vorsätzlichen Kennzeichenmissbrauchs

schuldig ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen einer Vielzahl von Straftaten, u.a. im [X.] der Urteilsgründe wegen „fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in 2 [X.]en Fällen und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Versicherungsschutz, Urkundenfälschung und vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln“, in den Fällen [X.] und 19 jeweils wegen Diebstahls, in den Fällen [X.] bis 22 jeweils wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Versicherungsschutz und mit Urkundenfälschung, im [X.] in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, im Fall [X.] wegen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Versicherungsschutz und mit Urkundenfälschung und in den [X.] bis 35 wegen Computerbetrugs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Versicherungsschutz und mit Urkundenfälschung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es eine isolierte Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von drei Jahren angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt lediglich zur Abänderung des Schuldspruchs in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen [X.], 19 und 22 der Urteilsgründe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Im [X.] der Urteilsgründe hat die Verurteilung wegen der ([X.] begangenen) fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil von      H.     zu entfallen. Die Geschädigte hat den erforderlichen Strafantrag nicht gestellt, und die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse nicht bejaht.

3

2. In den Fällen [X.] und 20 sowie II.19, 21 und 22 hält die konkurrenzrechtliche Bewertung der Diebstähle fremder Fahrzeugkennzeichen (Fälle [X.] und 19) und der mehrfachen Nutzung der mit den gestohlenen amtlichen Kennzeichen versehenen Kraftfahrzeuge (Fälle [X.] bis 22) der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

4

a) Der Diebstahl der beiden Kennzeichen und deren zeitnahes Anbringen an eigenen Fahrzeugen des Angeklagten stellen hier jeweils eine natürliche Handlungseinheit dar (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 [X.], NJW 2014, 871).

5

b) Hat der Täter schon beim Anbringen der gestohlenen amtlichen Kennzeichen den Vorsatz, das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, stellen der – gegebenenfalls mehrfache – Gebrauch der unechten zusammengesetzten Urkunde sowie ihre Herstellung eine tatbestandliche Handlungseinheit und damit nur eine Urkundenfälschung dar (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. Mai 2014 – 4 [X.], [X.], 349, vom 21. Mai 2015 – 4 [X.], [X.], 702, und vom 26. Oktober 2016 – 4 [X.], [X.], 26, 27). Das jeweils [X.]e Zusammentreffen weiterer, auf der Fahrt begangener Delikte mit der einheitlichen Urkundenfälschung hat zur Folge, dass sämtliche Gesetzesverstöße zu einer Tat im materiell-rechtlichen Sinne verklammert werden ([X.], Beschlüsse vom 7. Mai 2014 und vom 21. Mai 2015, aaO, sowie vom 28. Januar 2014 – 4 [X.], NJW 2014, 871). Das [X.] hat demnach übersehen, dass die beiden Fahrten vom 15. und 16. April 2015 (Fälle [X.] und 22) sowie der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln ([X.]) [X.] mit dem zuvor ausgeführten Diebstahl (Fall II.19) begangen worden sind. Dasselbe gilt für den Diebstahl der amtlichen Kennzeichen im Fall [X.] und die – unter ihrer Verwendung – bei der weiteren Fahrt am 15. April 2015 (Fall [X.]) verwirklichten Gesetzesverletzungen.

6

c) Der [X.] hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Dadurch entfallen die Einzelstrafen in den Fällen [X.], 19 und 22.

7

3. Der Schuldspruch wegen – jeweils [X.] begangener – Urkundenfälschung in den Fällen [X.] bis 35 hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. In diesen Fällen war am Fahrzeug des Angeklagten lediglich ein Überführungskennzeichen („rotes Nummernschild“) angebracht. Selbst bei einer – nach § 16 Abs. 5 Satz 2 [X.] nicht vorgeschriebenen – festen Verbindung mit einem solchen Kennzeichen stellt das Fahrzeug keine (zusammengesetzte) Urkunde dar (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 1987 – 4 StR 49/87, [X.]St 34, 375, 376 [noch zu § 28 StVZO]; Beschluss vom 11. Februar 2014 – 4 [X.], Rn. 15). Der [X.] hat den Schuldspruch insoweit jeweils auf den [X.] verwirklichten Kennzeichenmissbrauch (§ 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG) abgeändert.

8

4. Im verbleibenden Umfang wird der Rechtsfolgenausspruch von den Änderungen im Schuldspruch nicht berührt. Der [X.] schließt aus, dass das [X.] auf geringere Einzelstrafen und auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt oder die isolierte Sperrfrist kürzer bemessen hätte.

9

5. Mit Blick auf den nur geringen Teilerfolg erscheint es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten und Auslagen seines umfassend eingelegten Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sost-Scheible      

        

Roggenbuck      

        

Cierniak

        

Bender      

        

Feilcke      

        

Meta

4 StR 629/16

15.02.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Freiburg (Breisgau), 23. September 2016, Az: 300 Js 27467/12 - 3 KLs

§ 52 StGB, § 53 StGB, § 242 StGB, § 267 StGB, § 16 Abs 5 S 2 FZV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.02.2017, Az. 4 StR 629/16 (REWIS RS 2017, 15588)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15588

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