Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.05.2011, Az. B 11 AL 151/10 B

11. Senat | REWIS RS 2011, 6179

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung eines Verfahrensmangels - Bindung an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts bei Zurückverweisung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 1. Oktober 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde des [X.] ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] Sozialgerichtsgesetz <[X.]>) und einer grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.]) sind nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden.

2

1. Zur [X.]ezeichnung eines [X.], auf dem das Urteil des [X.] ([X.]) beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]), sind die den Verfahrensmangel (angeblich) begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig darzutun (vgl [X.] § 160a [X.]; [X.] 3-1500 § 73 [X.]; stRspr). Das [X.] ([X.]) muss allein anhand der [X.]egründung darüber entscheiden können, ob ein die Revisionsinstanz eröffnender Verfahrensmangel in [X.]etracht kommt (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann ([X.] aaO).

3

a) Soweit der Kläger rügt, das [X.] habe gegen § 170 Abs 5 [X.] verstoßen, ist sein Vorbringen nicht schlüssig. Gemäß § 170 Abs 5 [X.] hat das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, seiner Entscheidung die rechtliche [X.]eurteilung des Revisionsgerichts zu Grunde zu legen. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, das [X.] hätte die [X.]indung an die rechtliche [X.]eurteilung des [X.] nicht beachtet, muss folglich in der [X.]eschwerdebegründung dargestellt werden, welche rechtliche [X.]eurteilung das Revisionsgericht getroffen hat und inwieweit diese rechtliche [X.]eurteilung der Aufhebung des [X.]erufungsurteils zu Grunde lag, für die aufhebende Entscheidung also kausal geworden ist (vgl [X.]E 31, 74, 75 = [X.] [X.]3 zu § 170 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 170 Rd[X.]a; [X.] in Handkommentar [X.], 3. Aufl 2009, § 170 Rd[X.]6 ff - zur Abgrenzung tragende Gründe und so genannte "Segelanweisungen").

4

Die [X.]eschwerdebegründung trägt vor, das [X.] habe den "[X.]" des [X.] in der Entscheidung vom 5.12.2006 ([X.] 11a [X.] 3/06 R - [X.] 4-2400 § 4 [X.]) nicht ausgeführt, zu prüfen, ob die [X.] ([X.]) "dem Kläger 'nur indirekt' Weisungen erteilt habe", wenn ja, wären diese kein Indiz für ein Weiterbestehen des inländischen [X.]eschäftigungsverhältnisses. Damit hat die [X.]eschwerdebegründung jedoch gerade nicht vorgetragen, das [X.] habe die rechtliche [X.]eurteilung des [X.] missachtet. Denn wenn sich der "[X.]" nur auf ein "Indiz" (Hilfstatsache) bezieht, so wird er denknotwendig hinfällig, wenn die Haupttatsache (hier: kein fortbestehendes inländisches [X.]eschäftigungsverhältnis mit der [X.]) anderweitig festgestellt ist. Dies war aber der Fall, weil die [X.]eschwerdebegründung ([X.]) vorträgt, das [X.] habe ein [X.]eschäftigungsverhältnis zur [X.] festgestellt ("konstruiert"), das nicht identisch mit dem [X.]eschäftigungsverhältnis zur [X.] sei.

5

b) Ebenso wenig rügt die [X.]eschwerdebegründung dadurch schlüssig einen Verstoß des [X.] gegen § 170 Abs 5 [X.], dass sie vorträgt, dieses habe - entgegen der [X.]-Entscheidung - eine unternehmensinterne Umorganisation mit dem Wechsel des Arbeitgebers gleichgesetzt. Denn sie legt auch nicht ansatzweise dar, dass das [X.] von der rechtlichen [X.]eurteilung ausgegangen sei, dass eine interne Umorganisation keinen Wechsel des Arbeitgebers darstelle.

6

c) Die als weiterer Verfahrensmangel gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz, § 62 [X.]) ist in der [X.]eschwerdebegründung ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird zwar durch eine Überraschungsentscheidung verletzt und das Verbot der Überraschungsentscheidung begründet eine Hinweispflicht des Gerichts (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 62 RdNr 8b mwN). Dies bezieht sich allerdings (nur) auf erhebliche Tatsachen, die den [X.]etroffenen bislang unbekannt waren, und auf neue rechtliche Gesichtspunkte, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht zu rechnen brauchte (vgl [X.]E 91, 78 = [X.] 4-2700 § 41 [X.], jeweils Rd[X.]5 mwN). Die [X.]eschwerdebegründung hat nicht dargetan und hätte wohl auch nicht dartun können, dass die dargestellte Auffassung des [X.], wonach das Arbeitsverhältnis des [X.] während der Tätigkeit für die [X.] bei der [X.] nicht fortbestanden habe, in diesem Sinne ein neuer tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt war. Ein diesen Voraussetzungen entsprechender Sachverhalt ergibt sich weder aus dem vom Kläger ansatzweise geschilderten Verfahrensgang noch aus der von ihm geäußerten Erwartung, dass das [X.] seinen Rechtsstandpunkt, wonach nicht der Arbeitgeber, sondern lediglich dessen Organisationsform gewechselt habe, teilen werde. Insoweit bedarf es auch keiner weiteren Vertiefung, dass seine Ausführungen zum "[X.]eruhen" der Entscheidung des [X.] auf dem (vermeintlichen) Verfahrensmangel ebenfalls nicht schlüssig sind. Denn sein angeblich unterbliebener Vortrag ([X.] der [X.]eschwerdebegründung) war - wie er selbst in der [X.]eschwerdebegründung vorbringt (vgl ua [X.]) - bereits Gegenstand seines Vortrags im [X.]erufungsverfahren.

7

2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargetan.

8

Die grundsätzliche [X.]edeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.]) lässt sich nur darlegen, indem die [X.]eschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit, vgl ua [X.] § 160a [X.] und 65; [X.] 3-1500 § 160a [X.]6 mwN; stRspr). [X.] ist insbesondere, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand der Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und es ist der Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll ([X.] § 160a [X.]1). Diesen Anforderungen genügt die [X.]eschwerdebegründung ebenfalls nicht.

9

In der [X.]eschwerdebegründung wird die Frage aufgeworfen:
"Endet die Sozialversicherungspflicht aufgrund Ausstrahlung gem. § 4 SG[X.] IV in dem Moment, in dem der inländische Arbeitgeber sich zur Ausübung von Weisungen einer in Form der GmbH organisierten Tochtergesellschaft bedient, den [X.]eschäftigten nach der Entsendung aber in das eigene Unternehmen wieder aufnimmt?"

Es kann dahingestellt bleiben, ob damit eine allgemeine Rechtsfrage oder nur eine auf die [X.]esonderheiten des Einzelfalls zugeschnittene Fragestellung formuliert worden ist. Denn abgesehen davon, dass die [X.]eschwerdebegründung eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit der genannten Entscheidung vom "6.12.2006" (gemeint 5.12.2006) vermissen lässt und insoweit nicht deutlich macht, inwieweit trotz der Ausführungen des [X.] zur Maßgeblichkeit der faktischen Ausgestaltung der [X.] und der Unerheblichkeit firmeninterner Finanzausgleiche noch ein Klärungsbedarf hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellung besteht, fehlt es an schlüssigen Darlegungen zur Klärungsfähigkeit. Die Darlegung, ob grundsätzliche [X.]edeutung vorliegt, hat auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu erfolgen (vgl [X.] § 160a [X.]9; [X.]eschluss des Senats vom [X.], [X.] 11a [X.] 159/06 [X.] und [X.]eschluss vom 27.1.2011, [X.] 11 [X.] 101/10 [X.]). In der [X.]eschwerdebegründung ist nicht dargetan und hätte im Übrigen auch nicht dargelegt werden können, dass sich nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (vgl § 163 [X.]) der inländische Arbeitgeber, hier die [X.], zur Ausübung von Weisungen einer in Form der GmbH organisierten Tochtergesellschaft, hier der [X.], bedient hat. Vielmehr hat das [X.] nach den Ausführungen der [X.]eschwerdebegründung ein fortbestehendes [X.]eschäftigungsverhältnis des [X.] bei der [X.] während seiner Versetzung in die [X.] verneint. Dass der Kläger diese Tatsachenfeststellungen für unzutreffend hält und ausführt, das [X.] habe ohne jeden [X.]ezug auf den Akteninhalt postuliert, mit der [X.] sei ihm ein neuer Arbeitgeber entgegengetreten, ist insoweit unerheblich.

Nur zur Klarstellung, ohne dass die vorliegende Entscheidung hierauf beruht, wird zur Frage der Auslegung des Arbeitgeberbegriffs auf die Entscheidung des Senats vom [X.] ([X.] 11 [X.] 14/10 R, RdNr 26 ff, Juris) hingewiesen.

3. Die sonach unzulässige [X.]eschwerde ist zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1, § 169 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 11 AL 151/10 B

27.05.2011

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Frankfurt, 25. März 2003, Az: S 1/7 AL 3474/01, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 170 Abs 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.05.2011, Az. B 11 AL 151/10 B (REWIS RS 2011, 6179)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6179

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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