Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.03.2014, Az. V R 4/13

5. Senat | REWIS RS 2014, 6855

VEREINE STEUERRECHT BUNDESFINANZHOF (BFH) UMSATZSTEUER

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Gegenstand

Steuerbare Leistungen eines Sportvereins - Entgeltliche Überlassung von Sportanlagen ist keine "Vermögensverwaltung"


Leitsatz

1. Zahlungen Dritter für die steuerbare Tätigkeit eines Vereins können Drittentgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG sein, wenn der Verein die Mitgliedsbeiträge z.B. nicht kostendeckend festsetzt .

2. Vermögensverwaltung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 14 Satz 1 und 3 AO setzt eine nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 UStG (Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG) voraus. Vermögensverwaltung ist danach z.B. das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber auch die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen .

3. Sportanlagen können an Vereinsmitglieder aufgrund der Wettbewerbsklausel in § 65 Nr. 3 AO außerhalb eines Zweckbetriebs überlassen werden .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein gemeinnütziger Verein, der nach seiner Satzung den Radsport und die damit verbundene körperliche Ertüchtigung fördert. Neben Mitgliedsbeiträgen vereinnahmte der Kläger in den Streitjahren 2002 bis 2006 Pachterträge sowie Entgelte für die Durchführung von sportlichen Veranstaltungen und aus kommerzieller Werbung. Darüber hinaus erhielt er Zuschüsse von [X.] und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie Spenden.

2

Für den Kläger ergingen Umsatzsteuerjahresbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung ([X.]). Am 16. Oktober 2007 beantragte der Kläger, die Umsatzsteuerjahresbescheide für die Streitjahre (2002 bis 2006) zu ändern und die abziehbaren Vorsteuerbeträge zu erhöhen.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) stimmte dem zunächst zu, hob die geänderten Steuerfestsetzungen dann aber durch die Bescheide vom 4. Dezember 2007 wieder auf. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit der Einspruchsentscheidung setzte das [X.] die Umsatzsteuer für alle Streitjahre neu fest.

4

Der hiergegen eingelegten Klage gab das Finanzgericht ([X.]) statt. Die Beiträge der Vereinsmitglieder seien als Entgelte gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) für steuerbare Leistungen anzusehen, die der Kläger gegenüber seinen Mitgliedern erbracht habe. Dies ergebe sich aus der zur [X.] vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]), der sich der [X.] ([X.]) angeschlossen habe. Die vom Kläger bei der Durchführung von Wettkämpfen und Sportveranstaltungen vereinnahmten Teilnahmegebühren seien nicht nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG steuerfrei. Bei der Aufteilung von [X.] seien Spenden und Zuwendungen außer Betracht zu lassen. Es könne auch die bisher vorgenommene Versteuerung unentgeltlicher Wertabgaben entfallen.

5

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision. Die Mitgliedsbeiträge seien nicht kostendeckend gewesen, da diese Beiträge noch nicht einmal die Aufwendungen des "ideellen Bereichs" gedeckt hätten. Mit den Spenden und Zuwendungen seien Mitgliedsbeiträge subventioniert, nicht aber nur ausgeglichen worden. Zudem habe das [X.] verfahrensfehlerhaft nicht begründet, woraus sich ein Leistungsaustauschverhältnis zu den Vereinsmitgliedern ergebe. Das [X.] habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis der Verhandlung zugrunde gelegt; es habe nicht festgestellt, wofür die Mitgliedsbeiträge entrichtet worden seien.

6

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Es liege kein Verfahrensfehler vor. Die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision, mit der das [X.] in zulässiger Form die Verletzung materiellen und formellen Rechts geltend gemacht hat, ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zwar ist das [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger gegenüber seinen Mitgliedern steuerbare Leistungen erbracht hat. Das [X.] hat aber unberücksichtigt gelassen, dass im Fall der vom [X.] angenommenen Steuerbarkeit auch über die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen zu entscheiden ist. Der vom Kläger beanspruchte Vorsteuerabzug kann nur dann zu der geltend gemachten Steuervergütung führen, wenn die Leistungen nicht steuerfrei sind, keine [X.]tgelte vorliegen und der Kläger den ermäßigten Steuersatz zu Recht angewendet hat.

1. Der Kläger hat gegenüber seinen Mitgliedern steuerbare Leistungen erbracht.

a) Ein Verein kann gegenüber seinen Mitgliedern entgeltliche Leistungen erbringen, die nach Art. 2 Nr. 1 der [X.]/[X.] dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegen und gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar sind. So erbringt nach der Rechtsprechung des [X.], der sich der [X.] angeschlossen hat, ein Verein, der seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, entgeltliche Leistungen, die die Mitglieder z.B. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es für die Steuerbarkeit dieses Leistungsaustausches darauf ankommt, ob der Verein "auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt" ([X.]-Urteil vom 21. März 2002 [X.]/00, [X.], [X.]. 2002, [X.], Rdnr. 40, und [X.]surteile vom 9. August 2007 V R 27/04, [X.]E 217, 314, Leitsatz 3; vom 11. Oktober 2007 V R 69/06, [X.]E 219, 287). Mit dieser Rechtsprechung ist die Verwaltungsauffassung, nach der es bei "echten Mitgliederbeiträgen" allgemein an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 4 Abs. 1 Satz 1 der [X.] und Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 des [X.]) nicht vereinbar.

b) Im Streitfall ist das [X.] verfahrensfehlerfrei davon ausgegangen, dass steuerbare Leistungen vorliegen, da der Kläger Mitgliedsbeiträge für die Überlassung seiner Infrastruktur (wie z.B. Trainingsgeräte) sowie für die Teilnahme an Wettkämpfen, Trainingsfahrten und sonstigen Sportveranstaltungen erhalten hat.

2. Liegen steuerbare Leistungen vor, ist über Steuerfreiheit, [X.]tgelte und Steuersatz zu entscheiden.

a) Steuerfrei sind gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG "sportliche Veranstaltungen", die von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Diese Vorschrift setzt das Unionsrecht nur unzureichend um. Nach Art. 13 Teil [X.] 1 Buchst. m der [X.]/[X.] befreien die Mitgliedstaaten "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben".

Zwar ist, wie der [X.] bereits entschieden hat, § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG einer unionsrechtskonformen Auslegung entsprechend Art. 13 Teil [X.] 1 Buchst. m der [X.]/[X.] nicht zugänglich, so dass diese Bestimmung im Besteuerungsverfahren nur anzuwenden ist, wenn sich der Steuerpflichtige hierauf beruft ([X.]-Urteil in [X.]E 217, 314, unter [X.] bb(3)). Gleichwohl erfasst die Steuerfreiheit auch nach nationalem Recht organisatorische Maßnahmen eines Sportvereins, die es aktiven Sportlern ermöglichen, Sport zu treiben, wobei eine bestimmte Organisationsform oder -struktur nicht vorgegeben ist; nicht steuerfrei ist allerdings nach nationalem Recht die bloße Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen oder –anlagen ([X.]-Urteil vom 18. August 2011 V R 64/09, [X.] --[X.]FR-- 2012, 784, unter II.1.a).

b) [X.] Leistungen eines Vereins können durch Entgelte Dritter vergütet werden.

aa) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört "zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt". Diese Vorschrift setzt Art. 11 Teil [X.] 1 der [X.]/[X.] um, wonach zur Besteuerungsgrundlage alles zählt, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem [X.] erhält oder erhalten soll, "einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen".

bb) Subventionen [X.]. 11 Teil [X.] 1 der [X.]/[X.] müssen dem Empfänger der Leistung zugutekommen. Der vom Leistungsempfänger zu zahlende Preis muss so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Leistenden gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises einfließt, den der Leistende verlangt. Die Subvention muss es dem Leistenden somit ermöglichen, die Leistung zu einem niedrigeren Preis als dem zu erbringen, den er ohne Subvention verlangen müsste ([X.]-Urteil vom 15. Juli 2004 [X.]/02, [X.]/[X.], [X.]. 2004, [X.] Rdnr. 34; ebenso bereits zuvor [X.]-Urteil vom 22. November 2001 [X.]/00, [X.] des produits [X.], [X.]. 2001, I-9115).

Nach den [X.]-Urteilen vom 9. Oktober 2003 V R 51/02 ([X.]E 203, 515, [X.], 322, Leitsatz, und vom 26. September 2012 V R 22/11, [X.]E 239, 369, unter II.2.), mit denen sich der erkennende [X.] der [X.]-Rechtsprechung angeschlossen hat, gehören Zahlungen der öffentlichen [X.]and an einen Unternehmer, der Leistungen an Dritte erbringt --unabhängig von der Bezeichnung als "Zuschuss"--, gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn
- der Zuschuss dem Leistungsempfänger zugutekommt,
- der Zuschuss gerade für die Erbringung einer bestimmten
  Leistung gezahlt wird und
- mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle
  zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers
  (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht,
  wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.

Nicht zum Entgelt gehören Zahlungen des [X.], wenn sie zur allgemeinen Förderung des leistenden Unternehmers und nicht überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers für eine bestimmte Leistung bewirkt werden. An einem Leistungsaustausch kann es insbesondere dann fehlen, wenn die Zahlung aus öffentlichen Kassen lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient ([X.]-Urteil vom 18. Dezember 2008 V R 38/06, [X.]E 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter [X.] [X.], m.w.N.). Der Steuerbarkeit steht dabei nicht entgegen, dass eine Leistung im öffentlichen oder allgemeinen Interesse liegt; entscheidend ist vielmehr, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann ([X.]-Urteile in [X.]E 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter [X.] ee, und in [X.]E 239, 369, unter II.2.).

cc) Diese allgemeinen Grundsätze sind auch auf die Besteuerung von Vereinen anzuwenden. [X.] z.B. die öffentliche [X.]and Sportvereine, die steuerbare Leistungen gegenüber ihren Mitgliedern als individuelle Leistungsempfänger erbringen (s. oben II.1.a), kann es sich um ein [X.]tgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG handeln, für das der Sportverein als leistender Unternehmer Steuerpflichtiger ist. [X.]iervon kann z.B. dann auszugehen sein, wenn die Beiträge, die die Mitglieder eines Vereins für die durch den Verein an seine Mitglieder steuerbar und steuerpflichtig erbrachten Leistungen im [X.]inblick auf Zuwendungen Dritter nicht kostendeckend kalkuliert werden, wie das [X.] im Streitfall vorträgt.

c) Erbringt ein Sportverein gegenüber seinen Mitgliedern steuerbare und --mangels Berufung auf das Unionsrecht (s. oben [X.] steuerpflichtige Umsätze durch die Überlassung von Sportanlagen, unterliegen diese Leistungen nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie im Rahmen eines Zweckbetriebs nach §§ 65 ff. [X.] erbracht werden.

aa) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden auf "die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 [X.]). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

Wie der erkennende [X.] bereits entschieden hat, entspricht § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nur insoweit dem Unionsrecht, als es Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der [X.]/[X.] i.V.m. Anhang [X.] Nr. 14 den Mitgliedstaaten erlaubt, einen ermäßigten Steuersatz für die "Lieferung von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der [X.] Sicherheit, soweit sie nicht nach Artikel 13 steuerbefreit sind" anzuwenden ([X.]-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, [X.]E 237, 279, [X.], 630, unter [X.] bb(1) zur gleichlautenden Nachfolgebestimmung in Art. 98 Abs. 2 und 3 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/[X.]. Anhang III Nr. 15). Andere Kategorien des Anhangs [X.] kommen als unionsrechtliche Grundlage für den nur zugunsten der steuerbegünstigten Körperschaften geltenden § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht. Zwar können die Mitgliedstaaten im Allgemeinen ihre für die ermäßigten Steuersätze bestehenden Ermächtigungen selektiv ausüben. Dabei ist aber der Grundsatz steuerrechtlicher Neutralität zu beachten, mit dem es nicht vereinbar ist, andere Kategorien als Anhang [X.] Nr. 14 nur zugunsten steuerbegünstigter Körperschaften, nicht aber auch für andere Unternehmer auszuüben ([X.]-Urteil in [X.]E 237, 279, [X.], 630, unter [X.] bb(2)). Daher kann § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG auch nicht auf das im Anhang [X.] Nr. 13 genannte "Überlassen von Sportanlagen" gestützt werden. Die insoweit bestehende Regelungsbefugnis hat das nationale Recht nur für die mit dem Betrieb von Schwimmbädern verbundenen Umsätze i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ausgeübt ([X.]-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, [X.]/NV 2010, 2125, unter [X.] ee).

bb) § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ist insoweit richtlinienwidrig, als die Vorschrift nicht nur die Leistungen, die steuerbegünstigte Körperschaften für wohltätige Zwecke und im Bereich der [X.] Sicherheit erbringen, sondern alle Leistungen dieser Körperschaften wie z.B. auch bei der Förderung des Sports (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) erfasst ([X.]-Urteil in [X.]E 237, 279, [X.], 630, unter [X.] cc). Daher sind die Begriffe, die --unmittelbar oder mittelbar-- gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG zur Anwendung des [X.] führen, weit und die Begriffe, die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen, eng auszulegen ([X.]-Urteil in [X.]E 237, 279, [X.], 630, unter II.2.c bb(1)(b)).

(1) Danach ist der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. §§ 64, 14 [X.] weit auszulegen und umfasst jegliche unternehmerische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 UStG, zumal diese Vorschrift der Umsetzung des Richtlinienbegriffs der wirtschaftlichen Tätigkeit in Art. 4 Abs. 1 und 2 der [X.]/[X.] dient. Aufgrund der gebotenen umsatzsteuerrechtlichen Betrachtungsweise liegt eine Vermögensverwaltung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 [X.] und § 14 Satz 1 und 3 [X.] nur bei nichtunternehmerischen (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeiten vor, wie z.B. dem bloßen [X.]alten von Gesellschaftsanteilen (vgl. hierzu z.B. [X.]-Urteil vom 6. September 2012 [X.]/11, [X.], [X.] 2012, 762 Rdnr. 32). Demgegenüber ist die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen als bereits dem Grunde nach steuerbare Leistung gegen Entgelt keine derartige Vermögensverwaltung.

(2) Die Überlassung von Sportanlagen durch eine steuerbegünstigte Körperschaft unterliegt somit nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Voraussetzungen der §§ 65 ff. [X.] vorliegen. Dabei ist insbesondere die Wettbewerbsprüfung nach § 65 Nr. 3 [X.] von Bedeutung, da Sportanlagen in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer überlassen werden (vgl. [X.]-Urteil vom 10. November 2011 V R 41/10, [X.]E 235, 554, [X.]/NV 2012, 670, unter [X.] cc(2) zur Parallelfrage der Wettbewerbsrelevanz der Überlassung von Räumlichkeiten einer Sport- und Freizeithalle durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts).

3. Im Streitfall ist das Urteil des [X.] aufzuheben. Zwar ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger steuerbare Leistungen gegenüber seinen Mitgliedern erbracht hat. Es fehlen aber Feststellungen zu den sich aus der Steuerbarkeit ergebenden Rechtsfolgen.

a) Das [X.] hat aber nicht geprüft, ob diese Leistungen mit der "Teilnahme an Wettkämpfen" etc. nicht zumindest teilweise nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG steuerfrei waren, was dem vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug entgegenstünde.

b) Soweit die Leistungen des [X.] steuerbar und steuerpflichtig sind, ist zudem zu prüfen, ob die vom Kläger vereinnahmten "Zuwendungen" und "Spenden", als Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zu erfassen sind. Dies kommt z.B. dann in Betracht, wenn der Kläger die Mitgliedsbeiträge unter Berücksichtigung von [X.] nicht kostendeckend festgesetzt hat, so dass die Mitgliedsbeiträge bei Ausbleiben der [X.] höher festzusetzen wären.

Sind die "Zuwendungen" und "Spenden", zu denen nähere Feststellungen zu treffen sind, nicht als [X.]tgelt für eine gegenüber den Vereinsmitgliedern erbrachte Leistung anzusehen, ist weiter zu prüfen, ob der Kläger gegenüber den Zuwendenden Leistungen erbracht hat, so dass die Zuwendungen als Entgelt anzusehen sind (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 27. November 2008 V R 8/07, [X.]E 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.2.; in [X.]E 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter II.3.). Entgegen der Auffassung des [X.] spricht dabei die Vergabe von Zuwendungen auf der Grundlage des [X.]aushaltsrechts nicht gegen den Entgeltcharakter ([X.]-Urteil in [X.]E 223, 520, BStBl II 2009, 397, Leitsatz 2).

c) Schließlich hat das [X.] zu prüfen, ob für Leistungen des gemeinnützigen Vereins der Regelsteuersatz oder der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist (s. oben II.2.c).

d) Die vom [X.] für maßgeblich gehaltene Frage, ob "Zuwendungen" und "Spenden", die der Kläger von [X.] erhalten hat, bei der "Aufteilung der Vorsteuer" außer Betracht zu bleiben haben und damit einem Vorsteuerabzug des [X.] nicht entgegenstehen, stellt sich somit erst, wenn die Ausgangsumsätze des [X.] zutreffend erfasst worden sind.

4. Auf die vom [X.] geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Meta

V R 4/13

20.03.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 10. Mai 2012, Az: 5 K 5347/09, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 1999, § 4 Nr 22 Buchst b UStG 1999, § 10 Abs 1 UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a UStG 1999, § 65 AO, Art 2 Nr 1 EWGRL 388/77, Art 11 Teil A Abs 1 EWGRL 388/77, Art 12 Abs 3 Buchst a EWGRL 388/77, Art 13 Teil A Abs 1 Buchst m EWGRL 388/77, Anh H Nr 14 EWGRL 388/77, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 4 Nr 22 Buchst b UStG 2005, § 10 Abs 1 UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a UStG 2005, § 64 Abs 1 AO, § 14 S 1 AO, § 14 S 3 AO, Abschn 1.4 Abs 1 S 1 UStAE, Abschn 4 Abs 1 S 1 UStR 2005, UStG VZ 2005, UStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.03.2014, Az. V R 4/13 (REWIS RS 2014, 6855)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6855

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