Bundespatentgericht, Urteil vom 10.05.2023, Az. 7 Ni 24/20

7. Senat | REWIS RS 2023, 3408

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Gegenstand

Patentnichtigkeitssache – „Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme“– unzulässige Erweiterung - Zwischenverallgemeinerung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 10 2011 123 034

hat der 7. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2022 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] sowie [X.], [X.]. [X.] und [X.]. Dr. Deibele

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 10 2011 123 034 wird für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung des [X.] 2011 123 034 (Streitpatent). Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des Streitpatents, das als Teilanmeldung zu der am 30. September 2011 angemeldeten [X.] 10 2011 114 563.3 eingereicht worden und dessen Erteilung am 23. März 2017 veröffentlicht worden ist; eine Priorität wird nicht beansprucht. Es trägt die Bezeichnung "Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme" und umfasst in der erteilten Fassung fünf Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 und die darauf rückbezogenen Ansprüche 3 bis 5 beziehen sich auf eine Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme.

2

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:

3

1. Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme,

4

mit einem als in sich abgeschlossene, mittig stehende Wärmequelle dienenden [X.] zum Befüllen mit Holzkohle oder einem anderen kohleartigen Brennstoff,

5

wobei das [X.] einen Deckel mit [X.] hat,

6

mit einem [X.],

7

wobei das [X.] mit einem [X.]-Rand dicht auf dem [X.] aufliegt und wobei das [X.] einen [X.]-Boden mit systematischer Lochstruktur und eine darunter liegende Hohlraumstruktur hat,

8

mit einem Elektrolüfter zum stufenlosen Regeln der Luftzufuhr in Form eines geführten Luftstroms,

9

wobei sich die Regelbarkeit der Wärmeabgabe des [X.] aus dem Luftstrom ergibt, der mittig zwischen dem [X.] und der Hohlraumstruktur zwangsweise durch die Lochstruktur im [X.]-Boden gleichmäßig im [X.] verteilt und so der Kohle zugeführt wird,

und mit einem über dem [X.] befindlichen Grillrost,

wobei der Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass er sich als direkter Deckelaufsatz in Kombination seiner Deckelstruktur und der [X.] an den Grillrost formschlüssig anpasst und unter Arretierung des Grillrosts ein unverrückbarer Einbau des [X.] sichergestellt ist.

2. Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme,

mit einem als in sich abgeschlossene, mittig stehende Wärmequelle dienenden [X.] zum Befüllen mit Holzkohle oder einem anderen kohleartigen Brennstoff,

wobei das [X.] einen Deckel mit [X.] hat,

mit einem [X.],

wobei das [X.] mit einem [X.]-Rand dicht auf dem [X.] aufliegt und wobei das [X.] einen [X.]-Boden mit systematischer Lochstruktur und eine darunter liegende Hohlraumstruktur hat,

mit einem Elektrolüfter zum stufenlosen Regeln der Luftzufuhr in Form eines geführten Luftstroms,

wobei sich die Regelbarkeit der Wärmeabgabe des [X.] aus dem Luftstrom ergibt, der mittig zwischen dem [X.] und der Hohlraumstruktur zwangsweise durch die Lochstruktur im [X.]-Boden gleichmäßig im [X.] verteilt und so der Kohle zugeführt wird,

und mit einem über dem [X.] befindlichen Grillrost,

wobei der Deckel des [X.] oben gewölbt und parabolisch fest mit dem Grillrost verschweißt ist, und mittig zentrisch auf dem [X.] aufsetzbar ist.

Wegen des Wortlauts der [X.] bis 5 wird auf die [X.] 10 2011 123 034 [X.] Bezug genommen.

Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit, der mangelnden Ausführbarkeit und der unzulässigen Erweiterung geltend (§ 22 Absatz 1 [X.] i. V. m. § 21 Absatz 1 Nr. 1, 2 und 4 [X.]).

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung sowie mit den [X.] 1 bis 6.

Im Folgenden wird auf die [X.] im Abschnitt I.2 Bezug genommen.

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist im Merkmal 1.11 des erteilten Patentanspruchs ("wobei der Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass er sich als direkter Deckelaufsatz in Kombination seiner Deckelstruktur und der Hebeöse an den Grillrost formschlüssig anpasst und") nach dem Wort "wobei" zusätzlich die Formulierung "… das [X.] ein festgelegtes Kaliber und Höhenmaß hat und …" aufgenommen. Daran schließen sich die Patentansprüche 2 bis 5 gemäß erteilter Fassung an.

Im Hilfsantrag 2 ist im Merkmal 1.11 des erteilten Patentanspruchs 1 (vgl. vorstehend) nach dem Wort "wobei" zusätzlich die Formulierung "… das [X.] ein standardisiertes und festgelegtes Kaliber sowie Höhenmaß hat und" aufgenommen. Daran schließen sich die Ansprüche 2 bis 5 gemäß erteilter Fassung an.

Im Hilfsantrag 3 ist im Merkmal 1.11 des erteilten Patentanspruchs 1 (vgl. vorstehend) nach dem Wort "wobei" zusätzlich die Formulierung "… das [X.] ein festgelegtes Kaliber und Höhenmaß hat und" aufgenommen. Der nebengeordnete Anspruch 2 entfällt, der erteilte Anspruch 3 wird zu Anspruch 2, der erteilte Anspruch 4 wird zu Anspruch 3 und der erteilte Anspruch 5 wird zu Anspruch 4. Die Rückbezüge in den neuen Ansprüchen 2 bis 4 werden entsprechend angepasst.

In Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist im Merkmal 1.11 (vgl. vorstehend) nach dem Wort "wobei" zusätzlich die Formulierung "… das [X.] ein standardisiertes und festgelegtes Kaliber sowie Höhenmaß hat und" aufgenommen. Der nebengeordnete Anspruch 2 entfällt, der erteilte Anspruch 3 wird zu Anspruch 2, der erteilte Anspruch 4 wird zu Anspruch 3 und der erteilte Anspruch 5 wird zu Anspruch 4. Die Rückbezüge in den neuen Ansprüchen 2 bis 4 werden entsprechend angepasst.

In Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 ist im Merkmal 1.2 (vgl. [X.]) dem Begriff "[X.]" "zylindrischen" vorangestellt. Zudem ist das Merkmal 1.11 (vgl. vorstehend) ergänzt wie folgt (bestehender Wortlaut in eckigen Klammern): "[wobei] das [X.] ein standardisiertes und festgelegtes Kaliber sowie Höhenmaß hat [und der Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass er] das [X.] schließt und eigens geformt ist, dass unter stabilisierender Arretierung sich [als direkter Deckelaufsatz in Kombination seiner Deckelstruktur und der Hebeöse an den Grillrost formschlüssig anpasst]". Merkmal 1.12 (vgl. Merkmalsanalyse) ist ergänzt wie folgt (bestehender Wortlaut in eckigen Klammern): "[und unter Arretierung des Grillrosts ein unverrückbarer Einbau des [X.]] zwischen [X.] und Grillrost durch stabilisierende Arretierung [sichergestellt ist]". Die erteilten Ansprüche 2 bis 5 schließen sich an.

In Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 ist das Merkmal 1.4 "mit einem [X.]" ergänzt durch die Formulierung "mit bündig gekröpftem Tellerrand". Zudem ist das Merkmal 1.11 geändert wie folgt (bisheriger Wortlaut in eckigen Klammern): "[wobei der Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass er das [X.] schließt und] zwischen dem [X.] und dem gegenüberliegenden eigens geformten Deckel stabilisierend arretiert, wobei sich der Deckel [als direkter Deckelaufsatz in Kombination seiner Deckelstruktur und der Hebeöse an den Grillrost formschlüssig anpasst und …]". In Merkmal 1.12 ist ergänzt: "[unter Arretierung des Grillrosts ein unverrückbarer Einbau des [X.]] zwischen [X.] und Grillrost [sichergestellt ist]". Der nebengeordnete Anspruch 2 entfällt, der erteilte Anspruch 3 wird zu Anspruch 2, der erteilte Anspruch 4 wird zu Anspruch 3 und der erteilte Anspruch 5 wird zu Anspruch 4. Die Rückbezüge in den neugefassten Ansprüchen 2 bis 4 werden entsprechend angepasst.

Wegen des Wortlauts der unabhängigen und abhängigen Patentansprüche in den jeweiligen Fassungen der Hilfsanträge wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 27. Oktober 2022 und vom 21. November 2022 sowie auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2022 verwiesen.

Die Klägerin bezieht sich zur Stützung ihres Vorbringens u. a. auf folgende von ihr eingereichte Druckschriften und Dokumente:

[X.] 2  [X.] 2011 114 563 [X.] ([X.])

[X.] 3 Ursprünglich eingereichte Anmeldungsunterlagen zum Streitpatent

[X.] 5  Klageschrift zum Verletzungsverfahren (…)

[X.] 6 Streitverkündung zum Verletzungsverfahren (…)

[X.] 7  WO 2004/004527 [X.] (= [X.])

[X.] 8 [X.] 4,924,847

[X.] 9  JP 2005 273927 A (= [X.])

[X.] 10 [X.] 20 2004 017 817 U1

[X.] 11 [X.] 4,130,103

[X.] 12 [X.] zum "[X.]"

[X.] 12.1 Bildfolge des [X.] "[X.] mit [X.]-Patent"

[X.] 12.2 Auszug aus "[X.]" zum, "[X.]"

[X.] 12.3 Auszug aus dem Fachmagazin FIRE&FOOD, Ausgabe: 3/2011

[X.] 12.4 Auszug aus "[X.]" zur Annahmefrist von Bewerbungen auf den "[X.]"

[X.] 12.5 Historische Auszüge der Teilnahmebedingungen für den "[X.] 2012"

[X.] 12.6 Präsentation zur Verleihung des "[X.]"

[X.] 12.7 Dokumenteneigenschaften zur pdf-Datei der Bildfolge [X.] 12.1

[X.] 12.8 "[X.]"-Video

[X.] 13 [X.] zum "[X.] Tischgrill"

[X.] 13.1 Bildfolge des [X.] "Innovativer raucharmer Holzkohlegrill - BBQ Talent - Für den schnellen Grillspaß"

[X.] 13.2 Auszug aus Fachzeitschrift "Camping, Cars & Caravans", Ausgabe Juni 2011, zum [X.] Tischgrill

[X.] 13.3 Historischer Auszug von "shoppen4kids.de" zum Angebot des [X.] Tischgrills

[X.] 13.4 Historischer Auszug von "shoppen4kids.de" zum Angebot eines "Ersatzpad" für den [X.] Tischgrill

[X.] 13.5 Vergrößerte Darstellung einer Abbildung in [X.] 13.4

[X.] 13.6 Dokumenteneigenschaften zur pdf-Datei der Bildfolge [X.] 13.1

[X.] 13.7 "[X.] Tischgrill"-Video

[X.] 13.8 Weiterer historischer Auszug von "shoppen4kids.de" zum Angebot des [X.] Tischgrills

[X.] 14 [X.] der Ansprüche des Streitpatents

[X.] 15 Auszug aus dem Fachbuch "Regelungstechnik für Ingenieure", 12. Aufl., 2008, Einleitung Seiten 1, 2

[X.] 16 Schriftsatz der Gegenseite vom 13.03.2020 zum Verletzungsverfahren (…)

[X.] 17 Seiten 1 bis 4 des Urteils des [X.], [X.]. …

[X.] 18.1 Prüfungsbescheid des [X.] vom 16.11.2016 im Erteilungsverfahren des Streitpatents

[X.] 18.2 Patentansprüche, eingereicht am [X.] im Erteilungsverfahren des Streitpatents.

Die Klägerin bezieht sich zudem u. a. auf folgende, mit Eingabe eines [X.] mit Schriftsatz vom 28. Mai 2021 eingereichte Druckschriften und Dokumente:

[X.]  WO 2004/004527 [X.] (= [X.] 7)

[X.]a  [X.] 603 02 578 T2

[X.]  JP 2005 273927 A (= [X.] 9)

[X.]  [X.] U1

[X.]  [X.] 20 2008 014 940 U1

[X.]  [X.] 20 2009 013 947 U1.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sei nicht neu, aber zumindest nicht erfinderisch gegenüber der Druckschrift [X.] 7 (unter Einbeziehung der dort in Bezug genommenen [X.] 8), hilfsweise nicht erfinderisch gegenüber der Druckschrift [X.] 7 in Kombination mit einer der Druckschriften [X.] 8 bzw. [X.] 9 bzw. [X.] 10.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sei zudem nicht neu gegenüber dem auf [X.] vor dem Anmeldetag veröffentlichten Video bezüglich des "[X.]", wovon die Klägerin einen Ausdruck der Bildfolge des [X.] als Anlage [X.] 12.1 und im Laufe des Verfahrens auch das Video selbst als [X.] 12.8 eingereicht hat. Zumindest bzw. hilfsweise beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber [X.] 12.1 bzw. dem Video [X.] 12.8 in Verbindung mit [X.] 8. Die Neuheit fehle gleichermaßen gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung des "[X.]". Dass dieses Grillgerät vor dem Anmeldetag des Streitpatents erhältlich gewesen sei, sieht die Klägerin durch die Unterlagen gemäß ihrem [X.] [X.] 12 belegt und stellt diese Behauptung zudem unter Zeugenbeweis.

Darüber hinaus beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem auf [X.] vor dem Anmeldetag veröffentlichten Video bezüglich des "[X.] Tischgrill", dessen Bildfolge als Anlage [X.] 13.1 - im Laufe des Verfahrens auch das Video selbst als [X.] 13.7 -eingereicht worden ist, in Kombination mit einer der Druckschriften [X.] 8 bzw. [X.] 9. Dies gelte gleichermaßen auch ausgehend von der offenkundigen Vorbenutzung des "[X.] Tischgrill" in Kombination mit den Druckschriften [X.] 8 bzw. [X.] 9, wobei die Klägerin dessen Erhältlichkeit vor dem Anmeldetag durch die Unterlagen gemäß ihrem [X.] [X.] 13 belegt sieht und ihre Behauptung unter Zeugenbeweis stellt. Hilfsweise macht die Klägerin geltend, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber [X.] 13.1 bzw. dem Video [X.] 13.7 in Kombination mit [X.] 8 bzw. [X.] 9 und [X.] 13.4 nahegelegt sei.

Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 2 des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber der Druckschrift [X.] 7, hilfsweise gegenüber der Druckschrift [X.] 7 in Kombination mit [X.] 8, [X.] 9 bzw. [X.] 10. Er sei zudem gegenüber [X.] 12.1 bzw. dem Video [X.] 12.8 oder der offenkundigen Vorbenutzung "[X.]" nahegelegt. Auch die [X.] seien nicht patentfähig.

Das Streitpatent sei zudem gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (eingereicht als [X.] 3) unzulässig erweitert. Dies gelte für Patentanspruch 1 bezüglich der Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.4, 1.5, 1.6, 1.7, 1.8 und 1.9. Auch Patentanspruch 2 sei unzulässig erweitert, denn jedenfalls die Kombination der Merkmale 2.2 und 2.9 sei nicht ursprünglich offenbart. Unzulässig erweitert seien zudem auch die [X.] 4 und 5.

Den [X.] der fehlenden Ausführbarkeit begründet die Klägerin damit, dass hinsichtlich des wesentlichen Merkmals 1.9 des Patentanspruchs 1 dem Streitpatent nicht zu entnehmen sei, wie die Deckelstruktur in Kombination mit der [X.] ausgebildet sein müsse, um eine formschlüssige Verbindung mit dem Grillrost eingehen zu können. Für den unverrückbaren Einbau des [X.] sei es erforderlich, das [X.] in jeder Raumrichtung zu fixieren. Das Streitpatent befähige den Fachmann aber nicht dazu, einen entsprechenden unverrückbaren Einbau aufgrund der formschlüssigen Anpassung des Deckels an den Grillrost vorzunehmen. Hinsichtlich des Merkmals 2.9 des Patentanspruchs 2 sei dem Fachmann nicht klar, was eine parabolische Schweißverbindung sei und er werde auch nicht zur Ausführung einer solchen befähigt. Damit seien auch die [X.], 4 und 5 nicht ausführbar.

Die Klägerin macht sich zudem vollständig die mit Eingabe vom 28. Mai 2021 gegebenen Hinweise eines [X.] zu eigen, in der ebenfalls zu den Nichtigkeitsgründen der unzulässigen Erweiterung, der fehlenden Ausführbarkeit und fehlenden Patentfähigkeit vorgetragen wird. Danach sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nahegelegt ausgehend von der Druckschrift [X.] (= [X.] 9) in Verbindung mit der Druckschrift [X.] (= [X.] 7) und der Druckschrift [X.] ([X.] U1). Ebenfalls sei der Gegenstand des Patentanspruchs 2 des Streitpatents nahegelegt durch die Druckschrift [X.] (= [X.] 9) in Verbindung mit der Druckschrift [X.] (= [X.] 7). Auch die abhängigen Patentansprüche seien nicht patentfähig. Eine unzulässige Erweiterung in den Patentansprüchen 1 und 2 sei insbesondere in den Merkmalen "mittig stehende Wärmequelle", "mittig … verteilter Luftstrom" und "Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass … ein unverrückbarer Einbau des [X.] sichergestellt ist" gegeben. Im [X.] sei das Merkmal "geschlossene Deckelstruktur" nicht zulässig, da dieses nur in Kombination mit dem weiteren Merkmal der "Maschenstruktur seitlich von 0,8 mm" ursprünglich offenbart sei, was in Anspruch 3 fehle, so dass eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege. Dementsprechend sei in [X.] auch das Merkmal mit der seitlichen Maschenstruktur unzulässig, da dieses nur in Kombination mit dem Merkmal "geschlossene Deckelstruktur" ursprünglich offenbart sei, was in Anspruch 5 fehle, so dass auch hier eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege. Eine fehlende Ausführbarkeit sei darin zu sehen, dass weder die Ursprungsunterlagen noch das Streitpatent eine Erläuterung des Begriffs "[X.]" enthielten, es bleibe daher offen, welche Merkmale ein [X.] aufweise. Zudem sei in den Patentansprüchen 1 und 2 das Merkmal "Luftstrom …, der mittig zwischen …" nicht ausführbar. Nicht ausführbar sei auch das sehr aufgabenhaft formulierte Merkmal in Patentanspruch 1, wonach "der Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass … unter Arretierung des Grillrosts ein unverrückbarer Einbau des [X.] sichergestellt ist" sowie das Merkmal in Patentanspruch 2, wonach "der Deckel des [X.] … parabolisch fest mit dem Grillrost verschweißt ist".

Die Hilfsanträge erachtet die Klägerin für unklar aufgrund der aufgenommenen Begriffe "festgelegtes Kaliber und/sowie [X.]", da diese Begriffe nicht Bestandteil der erteilten Patentansprüche seien. Es bleibe offen, was unter Schutz gestellt werden solle. Zudem liege eine mangelnde Ausführbarkeit vor und die Hilfsanträge 1 bis 4 seien jedenfalls auch unzulässig erweitert, denn sie enthielten im jeweiligen Patentanspruch 1 nicht die Merkmale "stabilisierende Arretierung des [X.]s", "gegenüberliegenden eigens geformten Deckel" und "zylindrisch". Im Patentanspruch 2 fehle das Merkmal "Holzkohle […] einen unverrückbaren Einbau sicher […]". Die jeweiligen Gegenstände der Hilfsanträge stellten zudem ein [X.] dar. Auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsantrag 6 sei unzulässig erweitert und überdies nicht patentfähig.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 10 2011 123 034 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitpatent in der Fassung der in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2022, Hilfsantrag 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 21. November 2022 sowie Hilfsantrag 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2022, richtet.

Die Beklagte tritt den Darlegungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Mit näheren Ausführungen zu den im Einzelnen genannten Merkmalen trägt sie vor, dass eine unzulässige Erweiterung nicht vorliege. Im Rahmen der Teilanmeldung, auf der das Streitpatent beruhe, seien offenbarte [X.] beansprucht, die sich auf die in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbarte Vorrichtung bezögen.

Die Lehre der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 sei zudem neu gegenüber der Druckschrift [X.] 7, wobei wesentlich sei, dass diese das Merkmal 1 nicht offenbare, denn aus ihr sei keine Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme bekannt. Ebenso wenig lägen die Merkmale 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 1.5, 1.6, 1.7 und 1.9 sowie 2.9 vor. Ausgehend von [X.] 7 könne auch kein Naheliegen angenommen werden, wobei wesentlich sei, dass [X.] 7 gattungsferner Stand der Technik sei. Hätte der Fachmann einzelne Merkmale aus [X.] 8, aus der ein gänzlich anderes Funktionsprinzip bekannt sei, auf [X.] 7 angewandt, hätte es ihn von der Lehre des Streitpatents weggeführt. Letzteres gelte entsprechend für die [X.] 9. Zudem sei keine Veranlassung ersichtlich, ausgehend von [X.] 7 Merkmale entsprechend [X.] 8 und/oder [X.] 9 zu verändern. Die wesentlichen konstruktiven Merkmale der Lehre des Streitpatents seien auch der [X.] 10 fremd, die die Klägerin ausschließlich in Bezug auf die Luftführung genannt habe.

Bei dem Video gemäß Anlage [X.] 12.1 ([X.]equenz betreffend den [X.] mit [X.]-Patent) bzw. [X.] 12.8 handle es sich um ein Video, das ein Vorgängermodell des [X.] der Beklagten zeige. Dieses Video gemäß [X.] 12.1/12.8 sei nicht neuheitsschädlich. Es fehlten die Merkmale 1, 1.4, 1.6 - letzteres insoweit, als ein dort vorgesehener Elektrolüfter nicht zum stufenlosen Regeln der Luftzufuhr in Form eines geführten Luftstroms diene, vgl. die Merkmale 1.7 und 1.8 sowie das Merkmal 2.9. Dem [X.] sei zwar bei dem Wettbewerb "[X.]" der erste Platz verliehen worden entsprechend [X.] 12.2 und [X.] 12.3. Ein dorthin gereichtes Ausführungsbeispiel sei jedoch zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vermarktet gewesen, jedenfalls nicht mit der hier relevanten Brennkammer ([X.]) und den darauf bezogenen Merkmalen. Zudem sei mit dem Einreichen der Bewerbungsunterlagen zur Teilnahme an dem Wettbewerb - Anmeldeschluss 16. September 2011 - keine Offenkundigkeit anzunehmen, allenfalls mit bzw. nach Publikation.

Auch hinsichtlich des [X.] [X.] gemäß [X.] 13.1/[X.] 13.7, dessen behaupteter Zeitrang bestritten werde, sei nicht ersichtlich, wie der Fachmann auf eine Merkmalskombination der nebengeordneten Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents kommen könne, wenn er hiervon ausgehend die weiteren Entgegenhaltungen [X.] 8 oder [X.] 9 berücksichtige. Die Dokumente [X.] 13.1 bis [X.] 13.5 bzw. das Video [X.] 13.7 nähmen die Lehre des Streitpatents weder neuheitsschädlich vorweg noch sei sie aufgrund dieser Dokumente naheliegend. Merkmal 1 sei nicht realisiert, zudem habe der Deckel der [X.] keine [X.] gemäß Merkmal 1.2. Entgegen Merkmal 1.3 liege das [X.] keineswegs dicht auf dem [X.] auf, ebenso wenig seien die Merkmale 1.5, 1.6 und 1.7 offenbart. Entgegen Merkmal 1.9 sei kein unverrückbarer Einbau der Brennkammer bzw. des [X.] realisiert. Auch das Merkmal 2.9 sei nicht zu entnehmen.

Die in der Eingabe vom 28. Mai 2021 enthaltenen Ausführungen einer nicht am [X.] und der dort genannte weitere Stand der Technik seien ebenfalls nicht geeignet, den Bestand des Streitpatents in Frage zu stellen.

Sämtliche Hilfsanträge seien zulässig und auch patentfähig. Im Hinblick auf Hilfsantrag 1 sei in Anspruch 2 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart, dass das [X.] ein standardisiertes und festgelegtes Kaliber sowie [X.] habe. Aus dem Gesamtkontext, insbesondere auch aus den Figuren, lasse sich dieses Merkmal im konkret beanspruchten Umfang entnehmen. Die Begriffe "Kaliber" und "[X.]" stünden auch nicht der Ausführbarkeit entgegen. Sie bezögen sich auf die Höhe des [X.] (der Holzkohlkammer), wobei die genaue Breite und Höhe von der Baugröße des Grills abhänge. Die Begriffe "Kaliber" und "[X.]" konkretisierten zusammen mit dem [X.] die Merkmale 1.11 und 1.12, um nämlich unter Arretierung des Grillrosts einen unverrückbaren Einbau des [X.] sicherzustellen. Im Hilfsantrag 5 seien die von der Klägerin als fehlend erachteten Merkmale in Bezug auf die stabilisierende Arretierung des [X.]s, in Bezug auf den gegenüberliegenden eigens geformten Deckel und in Bezug auf die zylindrische Anordnung des [X.] ergänzt worden. Auch Hilfsantrag 6 sei zulässig und patentfähig.

Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 6. Oktober 2022 einen qualifizierten gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Absatz 1 [X.] erteilt sowie in der mündlichen Verhandlung weitere Hinweise, insbesondere zu den von der Beklagten eingereichten [X.], gegeben.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in der Sache auch begründet.

Die Beklagte vermag das Streitpatent weder in seiner erteilten Fassung, noch in einer der Fassungen gemäß den [X.] 1 bis 6 mit Erfolg zu verteidigen.

In seiner erteilten Fassung ist das Streitpatent nicht rechtsbeständig, weil ihm der [X.] der unzulässigen Erweiterung entgegensteht (§ 22 Absatz 1 [X.] i. V. m. § 21 Absatz 1 [X.]r. 4 [X.]). Dies gilt ebenso für das Streitpatent in der Fassung des [X.] In den Fassungen der [X.] bis 5 kann die Beklagte das Streitpatent nicht in zulässiger Weise verteidigen, weil in diesen Fassungen jeweils eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs vorliegt (§ 22 Absatz 1 [X.]).

I.

1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme.

In der Streitpatentschrift ist angegeben, dass die Wärmequelle Feuer und Glutzustand auch zum Kochen benutzt werde. Vielfältige Vorrichtungen und Verfahren seien im Laufe der [X.] entstanden. Die Abstrahlwärme z.B. eines Holzkohlefeuers empfinde der Mensch als behaglich. [X.] sei daraus resultierend eine der schönsten Freizeitgestaltungen.

Die Druckschrift [X.] 926 540 [X.] beschreibe eine Barbecue-Vorrichtung, die in Form eines Paketes einen Feuerbehälter aufweise, der aus einem nichtbrennbaren Material bestehe und [X.] aufzunehmen vermöge. Ein Rost diene als Träger für die zu behandelnden [X.]ahrungsmittel. Eine Halterung diene zum Halten des Rostes oberhalb des Feuerbehälters.

Aus der Druckschrift EP 0 380 086 [X.] sei ein mit [X.] 926 540 [X.] vergleichbarer Einweggrill bekannt, der eine Schale mit einem Kohlerost für Holzkohlebriketts und Zündwürfel aufweise und über einen weitmaschigen Grillrost zum Aufliegen des Grillgutes verfüge.

Aus der Druckschrift WO 2004/004527 [X.] (als Druckschrift [X.] im vorliegenden Verfahren eingereicht) sei ein holzbefeuertes Barbecuegerät bekannt. Dieses holzbefeuerte Barbecuegerät verfüge zur Ablenkung der Flammen des [X.] über eine zusätzliche Abschirmung. Diese Abschirmung sei vorzugsweise so dimensioniert, dass im Wesentlichen der gesamte Flächeninhalt des Grills abgedeckt werde. Auch solle durch die Abschirmung eine gleichmäßig erhitzte [X.] erzeugt werden.

Die Druckschrift [X.]0 2004 017 817 U1 (Druckschrift [X.]) beschreibe ein Verfahren, welches zur gerichteten Wärmeerzeugung mittels Grillschale und Fön diene. Durch Löcher im Boden der Schale werde von der Seite Luft zugeführt.

Aus der Druckschrift [X.] (Druckschrift [X.]) sei ein Grill mit einem Gehäuse und einer mittig darin angeordneten Brennkammer bekannt. Die Brennkammer habe eine äußerst grobe, weitmaschige Gitterstruktur, ähnlich einem Maschenzaun. Die Brennkammer sei durch einen Deckel abgedeckt. Die Brennkammer nebst Deckel stehe frei im Gehäuse, so dass insbesondere beim Kippen des Grills die Gefahr bestehe, dass die Brennkammer im Gehäuse umfalle und glühende Kohle in das Gehäuse gelange.

Aus der Druckschrift [X.] sei für sich gesehen eine Brennkammer bekannt, bei der das [X.] durch einen Deckel verhindert werde. Außerdem zeige diese Druckschrift [X.] zur Handhabung des Deckels und/oder der Brennkammer.

Aus der Druckschrift [X.] (Druckschrift [X.]) sei ein Anzündkorb für Holzkohle bekannt. Darin werde Holzkohle angezündet, die nach dem Anzündvorgang, d.h. wenn die Holzkohle durchgeglüht sei, in einen konventionellen Holzkohlegrill geschüttet werde.

[X.]achteilig bei einer unmittelbaren [X.]utzung brennender oder glühender offener Holzkohle o.ä. Brennmaterialien als Wärmequelle, sei die [X.] der Wärmequelle. Außerdem sei der ausgesprochen niedrige Wirkungsgrad von [X.]achteil. Das [X.] sei nicht ausgereift, die [X.] und die dazu benötigten [X.] ließen auf eine ungünstige Handhabung schließen.

Die vorliegende Erfindung habe die Aufgabe, eine Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme anzugeben, bei der der Wirkungsgrad verbessert sei und die sich sicher betreiben lasse.

Diese Aufgabe werde durch die Gegenstände nach den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 2 gelöst.

2. Die Merkmale dieser Patentansprüche 1 und 2 (erteilte Fassung nach Hauptantrag) können gegliedert werden wie folgt.

Patentanspruch 1:

1.1 Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme,

1.2 mit einem als in sich abgeschlossene, mittig stehende Wärmequelle dienenden [X.] zum Befüllen mit Holzkohle oder einem anderen kohleartigen Brennstoff,

1.3 wobei das [X.] einen Deckel mit [X.] hat,

1.4 mit einem [X.],

1.5 wobei das [X.] mit einem [X.]-Rand dicht auf dem [X.] aufliegt und

1.6 wobei das [X.] einen [X.]-Boden mit systematischer Lochstruktur und

1.7 eine darunter liegende Hohlraumstruktur hat,

1.8 mit einem Elektrolüfter zum stufenlosen Regeln der Luftzufuhr in Form eines geführten Luftstroms,

1.9 wobei sich die Regelbarkeit der Wärmeabgabe des [X.] aus dem Luftstrom ergibt, der mittig zwischen dem [X.] und der Hohlraumstruktur zwangsweise durch die Lochstruktur im [X.]-Boden gleichmäßig im [X.] verteilt und so der Kohle zugeführt wird, und

1.10 mit einem über dem [X.] befindlichen Grillrost,

1.11 wobei der Deckel des [X.] derart ausgebildet ist, dass er sich als direkter Deckelaufsatz in Kombination seiner [X.] und der [X.] an den Grillrost formschlüssig anpasst und

1.12 unter Arretierung des Grillrosts ein unverrückbarer Einbau des [X.] sichergestellt ist.

Patentanspruch 2:

1.1 Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme,

1.2 mit einem als in sich abgeschlossene, mittig stehende Wärmequelle dienenden [X.] zum Befüllen mit Holzkohle oder einem anderen kohleartigen Brennstoff,

1.3 wobei das [X.] einen Deckel mit [X.] hat,

1.4 mit einem [X.],

1.5 wobei das [X.] mit einem [X.]-Rand dicht auf dem [X.] aufliegt und

1.6 wobei das [X.] einen [X.]-Boden mit systematischer Lochstruktur und

1.7 eine darunter liegende Hohlraumstruktur hat,

1.8 mit einem Elektrolüfter zum stufenlosen Regeln der Luftzufuhr in Form eines geführten Luftstroms,

1.9 wobei sich die Regelbarkeit der Wärmeabgabe des [X.] aus dem Luftstrom ergibt, der mittig zwischen dem [X.] und der Hohlraumstruktur zwangsweise durch die Lochstruktur im [X.]-Boden gleichmäßig im [X.] verteilt und so der Kohle zugeführt wird, und

1.10 mit einem über dem [X.] befindlichen Grillrost,

2.11 wobei der Deckel des [X.] oben gewölbt und

2.12 parabolisch fest mit dem Grillrost verschweißt ist,

2.13 und mittig zentrisch auf dem [X.] aufsetzbar ist.

3. Als maßgeblicher [X.], auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Maschinenbau oder mit entsprechendem akademischen Grad anzusehen, der über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Grillgeräten jedweder Art verfügt.

4. Ein solcher Fachmann geht von folgendem Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre aus.

Das erstmals im Merkmal 1.2 genannte "[X.]" bedarf ebenso wie die eine Regelung betreffenden Begriffe "geregelt", "Regeln" und "Regelbarkeit" aus den Merkmalen 1.1, 1.8 und 1.9 der Erläuterung. Des Weiteren sind auch die Merkmale 1.11, 1.12 und 2.12 der Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 2 näher zu erläutern.

Gemäß den Merkmalen 1.2, 1.3 und 1.5 bis 1.7 soll ein [X.] eine abgeschlossene, mittig in der Vorrichtung stehende Wärmequelle sein, wobei das [X.] beispielsweise mit Holzkohle befüllbar ist, einen Deckel mit [X.], einen Rand, einen Boden mit symmetrischer Lochstruktur und eine unter dem Boden liegende Hohlraumstruktur aufweist. Auch wenn der Begriff des [X.] an sich im Streitpatent nicht gesondert definiert ist, so lassen die das [X.] kennzeichnenden Merkmale sowie die Figuren der Streitpatentschrift nur das Verständnis zu, dass es sich bei einem [X.] schlichtweg um einen durch einen Deckel abgedeckten Behälter mit den obengenannten Merkmalen handeln soll, der dabei auch körperlich derart ausgestaltet sein muss, einen Brennstoff darin abzubrennen.

Das Merkmal 1.1 stellt auf eine Vorrichtung zum u.a. geregelten Erzeugen von Wärme ab. Dabei soll sich gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.9 die Regelbarkeit der Wärmeabgabe des [X.] aus einem stufenlos mittels eines Elektrolüfters regelbaren Luftstrom ergeben, der derart geführt wird, dass er mittig zwischen einem [X.] und der Hohlraumstruktur des [X.] zwangsweise durch die Lochstruktur im [X.]-Boden gleichmäßig im [X.] verteilt und so der in dem [X.] befindlichen Kohle zugeführt wird.

Demnach soll über den Luftstrom die Wärmeabgabe der Vorrichtung bzw. des [X.] geregelt werden. Der Fachmann versteht unter einer derartigen Regelung zunächst, dass von einer elektrischen Steuer- und Regeleinrichtung der Luftstrom kontinuierlich und stufenlos eingestellt wird, um einen vorgegebenen Soll-Wert oder einen Soll-Verlauf für die Wärmeabgabe oder für eine für die Wärmeabgabe signifikante und auch messtechnisch überwachte [X.], wie beispielsweise eine Temperatur, einzuhalten.

Allerdings ist in den Absätzen [0020], [0021] der Streitpatentschrift bzw. in den Absätzen [0013], [0014] der [X.] in Verbindung mit dem ursprünglichen Patentanspruch 4 in diesem Zusammenhang angegeben, dass zunächst bei voller Luftzuführung das im [X.] befindliche Brennmaterial entfacht werden solle und dann der weitere [X.] nach eigenem Ermessen überwacht und gesteuert werden könne. Die [X.] "Regelung" der Wärme bzw. Wärmeabgabe beim [X.] soll somit anhand der optischen Überwachung des [X.]s und der darauf basierenden und im Ermessen des Bedieners liegenden stufenlosen Einstellung des Luftstroms erfolgen. Es genügt demnach zur Erfüllung der Merkmale 1.1, 1.8 und 1.9 lediglich eine Ausgestaltung der Vorrichtung zur bedienerseitigen stufenlosen Steuerung des Luftstroms. Einer automatisierten Steuer- und Regelvorrichtung im strengen technischen Sinne bedarf es somit nicht.

Der Wortlaut des Merkmals 1.9 lässt unter Berücksichtigung des Absatzes [0015] der Streitpatentschrift in Verbindung mit den Figuren 2 und 3 und der Merkmale 1.4 bis 1.7 ein dahingehendes Verständnis zu, dass der Luftstrom mittig über den [X.] in die Hohlraumstruktur strömt und sich von dort zwangsweise durch die Lochstruktur des [X.]-Bodens gleichmäßig im darüber befindlichen mit Kohle befüllten Bereich des [X.] verteilt und so der Kohle zugeführt wird.

Über das Merkmal 1.11 ist gefordert, dass der Deckel direkt auf das [X.] aufsetzbar sein soll und sich in Kombination seiner [X.] und der [X.] an den Grillrost formschlüssig anpasst. [X.] und [X.] sollen demnach zusammen einen Formschluss mit dem Grillrost ausbilden können. Es genügt somit nicht, dass nur die [X.] oder die [X.] formschlüssig mit dem Gitterrost in Verbindung stehen, wobei der Fachmann unter einem Formschluss ein Ineinandergreifen der Verbindungspartner versteht. Über den Merkmalswortlaut hinaus ist im Streitpatent zu dem geforderten Formschluss nichts weiter beschrieben (vgl. Absatz [0017] der Streitpatentschrift).

Eine [X.] Ausgestaltung könnte beispielweise durch einen Gitterrost mit voneinander beabstandeten geraden Streben gegeben sein, wobei der Deckel des [X.] einerseits mit seiner [X.] unten an den Streben anliegt bzw. angesetzt ist (vgl. Absatz [0017] der Streitpatentschrift, angesetzte [X.]), während die [X.] zwischen die Streben eingreift. Alternativ könnte aber auch unten am Gitterrost und diesem zugeordnet ein Formteil vorgesehen sein, dass die [X.] und die [X.] zumindest teilweise formschlüssig aufnimmt.

Wird, wie über das Merkmal 1.12 gefordert, der Gitterrost festgelegt bzw. arretiert, so kann durch das Ineinandergreifen von [X.] und Öse einerseits mit dem Gitterrost andererseits eine Bewegung des Deckels und somit des [X.] in zumindest einer Richtung gesperrt sein. Daher mag es, wie von der Klägerin und vom [X.] vertreten (vgl. hierzu das Dokument [X.], Abschnitt [X.], Seiten 10, 11), zutreffend sein, dass bei einem Formschluss die Verbindungspartner sich lediglich in einer Richtung im Wege stehen müssen. Dennoch fordert nach  Ansicht des Senats ein Formschluss zwingend ein Ineinandergreifen der Verbindungspartner. Entgegen den dortigen Darlegungen (vgl. [X.], Seite 11, vorletzter Absatz) genügt es es nicht, wenn im zusammengebauten Zustand die [X.] des Deckels lediglich mit der vertikal darauf angeordneten Unterseite einer Querstrebe des Grillrosts in Kontakt steht. Ein bloßer linienförmiger oder flächiger Kontakt unter einer normal zur Kontaktlinie oder Kontaktfläche wirkenden Kraft stellt für den Fachmann einen Kraft- oder Reibschluss, aber nicht den anspruchsgemäß geforderten Formschluss dar. Im Übrigen könnte ein bloßes Aufliegen einer Gitterroststrebe auf der [X.] das Merkmal 1.11 ohnehin nicht erfüllen, da nicht nur die [X.], sondern auch die [X.] an den Grillrost formschlüssig angepasst sein soll. Der über das Merkmal 1.12 geforderte unverrückbare Einbau des [X.] muss aber nicht ausschließlich über die formschlüssige Anpassung des Deckels an den Grillrost gewährleistet werden. Auch ein Zusammenwirken mit anderen Bauteilen, wie dem [X.], ist vom [X.] umschlossen.

Über das Merkmal 2.12 des Patentanspruchs 2 ist definiert, dass der Deckel parabolisch fest mit dem Grillrost verschweißt ist. Unter den [X.] lässt sich eine parabolische im Sinne von einer geschwungenen Schweißnaht zur Verbindung von Deckel und Grillrost verstehen. Mit Blick auf Figur 5 der Streitpatentschrift genügen aber auch mehrere entlang eines parabolisch geschwungenen Gitterrosts gesetzte Schweißpunkte zur Ausbildung einer [X.]n Verschweißung.

II.

Das Streitpatent ist in der erteilten Fassung nicht rechtsbeständig.

Der [X.] der unzulässigen Erweiterung ist gegeben, da sowohl Patentanspruch 1 als auch Patentanspruch 2 gemäß der erteilten Fassung die Ursprungsoffenbarung überschreiten, wobei es hier, da das Streitpatent auf einer Teilanmeldung beruht, auf die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen der [X.] 10 2011 114 563.3 ankommt (s. [X.] [X.]011 114 563 [X.], eingereicht als [X.] und Kopien aus der [X.], eingereicht als [X.] 3).

1. Die Merkmale 1.1 bis 1.11 des Patentanspruchs 1 sind ursprungsoffenbart, nicht aber das Merkmal 1.12.

Den Absätzen [0001] und [0003] der [X.] ist in Verbindung mit dem ursprünglichen Patentanspruch 1 entnehmbar, dass die ursprünglichen Unterlagen neben einem Verfahren auch eine Vorrichtung zum gerichteten und geregelten Erzeugen von Wärme betreffen sollen (Merkmal 1.1).

Im ursprünglichen Patentanspruch 1 und im Absatz [0003] der [X.] ist beschrieben, dass die Vorrichtung eine in sich abgeschlossene, mittig stehende Wärmequelle umfassen soll. Dass dabei als Wärmequelle ein [X.] zum Befüllen mit Holzkohle oder einem anderen kohleartigen Brennstoff dienen kann, geht aus den Absätzen [0001] und [0016] der [X.] und dem ursprünglichen Patentanspruch 2 hervor (Merkmal 1.2).

Einen Deckel des [X.] mit [X.] gemäß Merkmal 1.3 offenbart Absatz [0011] der [X.]. Die weiteren im Absatz [0011] genannten gegenständlichen Merkmale des Deckels finden sich im Merkmal 1.11 wieder, so dass keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliegt.

Aus dem Absatz [0011] in Verbindung mit Figur 3 der [X.] geht ein [X.] als Teil der Vorrichtung hervor (Merkmal 1.4). Das weitere Merkmal 1.5, wonach das [X.] mit einem [X.]-Rand dicht auf dem [X.] aufliegt, ist im ursprünglichen Patentanspruch 1 in Verbindung mit Figur 3 offenbart, wobei der Fachmann in dem im Patentanspruch 1 angegebenen Verteilteller den [X.] aus Absatz [0011] bzw. der Figur 3 erkennt.

Die Merkmale 1.6 und 1.7 eines [X.]-Bodens mit systematischer Lochstruktur und einer darunter liegenden Hohlraumstruktur gehen aus dem Absatz [0009] in Verbindung mit den Figuren 1, 4 der [X.] sowie den ursprünglichen Patentansprüchen 1 und 4 hervor.

Ein Elektrolüfter zum stufenlosen Regeln der Luftzufuhr in Form eines geführten Luftstroms gemäß Merkmal 1.8 ist im Absatz [0011] der [X.] in Verbindung mit dem ursprünglichen Patentanspruch 1 beschrieben.

Das Merkmal 1.9 ist im Absatz [0009] der [X.] in Verbindung mit den ursprünglichen Patentansprüchen 1 und 4 offenbart, wobei der im Absatz [0009] angegebene Aufnahmeteller mit dem Verteilteller aus Patentanspruch 1 bzw. dem [X.] des Absatzes [0011] oder dem Teller aus Patentanspruch 4 gleichzusetzen ist.

Der über dem [X.] befindliche Gitterrost des Merkmals 1.10 geht aus dem ursprünglichen Patentanspruch 3 in Verbindung mit dem ursprünglichen Patentanspruch 1 und Absatz [0001] der [X.] hervor.

Das Merkmal 1.11 geht auf Absatz [0011] in Verbindung mit dem Absatz [0001] der [X.] und auf den ursprünglichen Patentanspruch 1 zurück. In Absatz [0011] ist definiert: "Der Deckel hat eine bestimmte Form und Systematik, welcher … an der Grillrostauflage formschlüssig angepasst und arretiert wird". Diese Breite ist entsprechend im Merkmal 1.11 des Anspruchs 1 beansprucht.

Jedoch liegt eine unzulässige Erweiterung des erteilten Patentanspruchs 1 hinsichtlich des Merkmals 1.12 vor, wonach unter Arretierung des Grillrosts ein unverrückbarer Einbau des [X.] sichergestellt sein soll. Denn die gemäß der [X.] der [X.] mit dem unverrückbaren Einbau einhergehenden weiteren Merkmale, die mit diesem in untrennbarem Zusammenhang stehen, fehlen im erteilten Anspruch 1.

Der in Merkmal 1.12 definierte unverrückbare Einbau geht zurück auf den ursprünglichen Patentanspruch 2. [X.]ur an dieser Stelle ist in den maßgeblichen Anmeldeunterlagen der [X.] offenbart, wie eine Vorrichtung zur gesicherten, geregelten und gerichteten gleichmäßigen Erzeugung von Grillwärme in einem [X.] ausgestaltet sein muss, um den unverrückbaren Einbau des [X.] sicherzustellen. Der ursprüngliche Patentanspruch 2 hat zwar grammatikalische und sprachliche Mängel, er lässt sich aber im Zusammenhang mit der Gesamtoffenbarung erschließen. Der Anspruch sieht ein standardisiertes und festgelegtes Kaliber und [X.] vor. Durch diese Maße ergibt sich eine stabilisierende Arretierung des [X.]s und dem gegenüberliegenden eigens geformten Deckels unter Arretierung des Rostes, was einen unverrückbaren Einbau sicherstellt. [X.]ur unter Berücksichtigung der beiden Maße Kaliber und [X.] (des [X.]) lässt sich der unverrückbare Einbau realisieren. Sie sind hierzu zwangsläufig notwendig und daher wesentliche Merkmale. Das Weglassen dieser Merkmale im Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung stellt daher eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar. Eine solche liegt nämlich u.a. vor bei einer Beschränkung auf einen Gegenstand, der ursprünglich nur in Kombination mit anderen Merkmalen offenbart war. Dabei ist die ursprüngliche [X.] nicht ein Reservoir, aus dem nach Belieben Merkmale neu kombiniert werden können (vgl. [X.], 60 [X.]. 31 – [X.]). Vielmehr sind nur solche Zwischenverallgemeinerungen zulässig, die der zuständige Fachmann dem ursprünglichen Inhalt explizit oder implizit, aber unmittelbar und eindeutig entnimmt (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., Einleitung Rn. 127 ff. m.w.[X.]). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall, da - wie ausgeführt - die Merkmale "Kaliber" und "[X.]" für den unverrückbaren Einbau des Rostes zwingend erforderlich sind.

2. Der Patentanspruch 2 der erteilten Fassung ist im Hinblick auf sein Merkmal 1.3 unzulässig geändert.

Die Merkmale 2.11, 2.12 und 2.13 sind auf einen oben gewölbten, mittig auf das [X.] aufsetzbaren Deckel gerichtet, der parabolisch fest mit dem Grillrost verschweißt ist. Ein solcher Deckel geht aus dem ursprünglichen Patentanspruch 8 hervor. Gemäß Merkmal 1.3 soll der Deckel zusätzlich eine [X.] aufweisen. Die Ausgestaltung des Deckels mit [X.] betrifft die Ausführungsform des Patentanspruchs 1 mit einer formschlüssigen Festlegung des mittels der [X.] vom [X.] abnehmbaren Deckels am Grillrost bei Arretierung des Grillrosts. Die Ausführungsform gemäß dem ursprünglichen Patentanspruch 8 mit am Grillrost verschweißtem Deckel ist nur ohne [X.] offenbart. Die allgemeine Lehre, einen Deckel grundsätzlich mit [X.] auszuführen, ist der [X.] ebenfalls nicht zu entnehmen, zumal bei am Grillrost angeschweißtem Deckel dieser nur über den Grillrost vom [X.] abgehoben werden kann und demnach eine [X.] funktionslos wäre.

Eine Vorrichtung mit einem die Merkmale 1.3 und 2.12 aufweisenden Deckel stellt somit eine technische Lehre dar, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen konnte. Somit wird etwas beansprucht, von dem der Fachmann aufgrund der ursprünglichen [X.] nicht erkennen kann, dass es von vornherein von dem [X.] umfasst sein soll.

[X.]ach Auffassung des Senats liegt  zudem ein [X.] vor, da das Merkmal der [X.] nicht zu einer Konkretisierung der Lehre führt, den Deckel fest mit dem Grillrost mittels einer parabolischen Schweißverbindung zu verbinden, sondern eine Erweiterung um einen neuen technischen Aspekt darstellt (vgl. [X.], 40 – Winkelmesseinrichtung; [X.], 571 - Zigarettenpackung).

3. Der [X.] der unzulässigen Erweiterung erfasst auch die abhängigen Patentansprüche 3 bis 5 der erteilten Fassung, die sich auf die Patentansprüche 1 und 2 rückbeziehen und damit ebenfalls von der vorstehend ausgeführten unzulässigen Erweiterung hinsichtlich Merkmal 1.12 in Anspruch 1 und hinsichtlich Merkmal 1.3 in Verbindung mit Merkmal 2.12 in Anspruch 2 betroffen sind.

4. Bei der gegebenen Ausgangslage kann sowohl die Frage der Ausführbarkeit als auch die Frage der Patentfähigkeit dahinstehen, da dadurch der [X.] der unzulässigen Erweiterung in Bezug auf das Streitpatent in der erteilten Fassung nicht überwunden werden kann.

III.

Das Streitpatent kann auch nicht erfolgreich in der Fassung einer der Hilfsanträge verteidigt werden.

1. Die [X.] bis 5 haben keinen Erfolg, weil der Schutzbereich ihres Patentanspruchs 1 gegenüber dem Streitpatent gemäß erteilter Fassung unzulässig erweitert ist, so dass das Streitpatent in diesen Fassungen nicht in zulässiger Weise verteidigt werden kann.

In allen Verfahren nach Patenterteilung, d.h. auch im [X.]ichtigkeitsverfahren (vgl. § 22 Absatz 1 [X.]), ist eine Erweiterung des Schutzbereichs des Patents unzulässig. Eine Erweiterung des Schutzbereichs liegt vor, wenn der Schutzbereich des geänderten bzw. geändert verteidigten Patents über den Schutzbereich des erteilten Patents hinausgeht. Dies ist vorliegend der Fall. Denn in der Fassung des Streitpatents gemäß den [X.] 1 bis 5 sind zusätzlich Merkmale aufgenommen, die zwar in der [X.], aber nicht mehr im erteilten Patent offenbart sind.

Im jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß den [X.] 1 bis 5 ist zusätzlich die Formulierung "…das [X.] ein festgelegtes Kaliber und/sowie [X.] hat und…" aufgenommen, die zu einer Schutzbereichserweiterung führt.

Die zusätzlich aufgenommenen Merkmale "Kaliber" und "[X.]" gehen auf den Anspruch 2 der [X.] zurück ([X.] 10 2011 114 563 [X.]), und werden in Bezug auf den unverrückbaren Einbau des [X.] (siehe Merkmal 1.12) eingeführt. Diese Merkmale sind weder den Ansprüchen, noch den Figuren oder der Beschreibung des Streitpatents in der erteilten Fassung zu entnehmen. Der Fachmann liest die fehlenden Merkmale Kaliber und [X.] auch nicht mit.

Aufgrund der Zäsurwirkung der Patenterteilung ist die erneute Aufnahme der betreffenden Merkmale in den Patentanspruch 1 nicht zulässig.

Die Zäsurwirkung bedeutet positiv, dass ein Patent im Umfang des Tenors erteilt ist und negativ, dass auf sonstige Gegenstände, die die Anmeldung enthielt, kein Patent erteilt ist. Ist antragsgemäß erteilt worden, kann der Patentinhaber später nicht auf den nicht erteilten Überschuss zurückgreifen. Das bedeutet, dass der Patentinhaber auf ursprünglich Offenbartes, aber nicht [X.] nicht mehr zurückkommen kann. Die Aufnahme von ursprünglich Offenbartem, aber nicht Patentiertem in das Patent würde eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des Patents in einem späteren Einspruchsverfahren gemäß § 22 Absatz 1 [X.] darstellen (vgl. [X.]/Rudloff-Schäffer, [X.], 11. Aufl., § 49 Rn. 25; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 22 Rn. 12 unter a). Für das [X.]ichtigkeitsverfahren muss das genauso gelten, nämlich, dass die Aufnahme eines derartigen Merkmals zu einer Schutzbereichserweiterung i.S.v. § 22 Absatz 1 [X.] führt. Ansonsten würde die Zäsurwirkung der Patenterteilung unterlaufen. Hierfür sprechen auch die allgemeinen Erwägungen, wonach das Patentnichtigkeitsverfahren der [X.]ichtigerklärung eines Patents dient, soweit bei ihm ein gesetzlich vorgesehener und geltend gemachter [X.] vorliegt, und in diesem Umfang dem Patentinhaber die in der Sache veranlassten Verteidigungsmöglichkeiten einräumt, "es dient aber nicht darüber hinaus der Gestaltung des Patents; diese Funktion ist vielmehr einzig dem Patenterteilungsverfahren zugewiesen" (so [X.], 145 – elektronisches Modul, juris [X.]. 41 [X.] unter Verweis auf [X.], 262, 266 – Düngerstreuer).

Die im [X.]ichtigkeitsverfahren mögliche Beschränkung des Patents ist im Übrigen von der Rechtsprechung im Hinblick darauf für zulässig erachtet worden, dass der Patentinhaber auf diese Weise eine Beschränkung des Prozessstoffs herbeiführen könne, ohne dass er den vom Gesetz dafür an sich vorgegebenen Weg des [X.] (§ 64 [X.]) beschreiten muss (vgl. [X.], 8, 11 f. – [X.], seither st. Rspr., vgl. Busse/Keukenschrijver, [X.], 9. Aufl., § 82 Rn. 104), und im Rahmen des [X.] wird eine Beschränkung mit Merkmalen, die zwar ursprungsoffenbart, aber nicht mehr im erteilten Patent vorhanden sind, in der Kommentarliteratur einhellig für unzulässig erachtet (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.[X.], § 64 Rn. 24: "Dabei ist von der erteilten Fassung des Patents auszugehen; auf ein Merkmal, das darin nicht (mehr) enthalten ist, kann nicht zurückgegriffen werden, …"; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 64 Rn. 34: "Auf ein Merkmal, das zwar in den ursprünglichen Unterlagen enthalten war, das aber den [X.] nicht mehr zu entnehmen war, kann nicht zurückgegriffen werden."). Wenn im Patentnichtigkeitsverfahren Patentansprüche der erteilten Fassung beschränkt verteidigt werden, liegt indes die gleiche Ausgangslage wie im [X.] vor.

2. Auch Hilfsantrag 6 führt nicht zu einer erfolgreichen Verteidigung des Streitpatents, weil sein Patentanspruch 1 – ebenso wie Anspruch 1 der erteilten Fassung – unzulässig erweitert ist.

So stellt das Weglassen der beiden Maße "Kaliber" und "[X.]" des [X.] im Patentanspruch 1 des [X.] wiederum eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar, denn durch diese Maße wird der geforderte unverrückbare Einbau sichergestellt und sie stellen somit wesentliche Merkmale dar (vgl. Abschnitt II.1). Die zusätzlich in das Merkmal 1.11 aufgenommene Formulierung "…zwischen dem [X.] und dem gegenüberliegenden eigens geformten Deckel stabilisierend arretiert…" vermag daher die gestrichenen Maßangaben für Kaliber und [X.] weder zu umschreiben noch in ihrer Bedeutung zu ersetzen. Darüber hinaus ist diese Formulierung im ursprünglichen Anspruch 2 nicht offenbart, denn in diesem Anspruch bezieht sich die "stabilisierende Arretierung" nicht auf den Deckel, sondern auf das standardisierte und festgelegte Kaliber und [X.].

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Absatz 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO.

[X.] beruht auf § 99 Absatz 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

7 Ni 24/20

10.05.2023

Bundespatentgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 38 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 10.05.2023, Az. 7 Ni 24/20 (REWIS RS 2023, 3408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3408

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