Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.01.2017, Az. B 4 SF 40/16 S

4. Senat | REWIS RS 2017, 17843

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts bei streitiger Zuständigkeit - Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses - fehlerhafte Gesetzesauslegung


Tenor

Das [X.] wird zum zuständigen Gericht bestimmt.

Gründe

1

I. Im Streit ist, ob die Klägerin, die im Bezirk des [X.] wohnt, ihre Tätigkeit in einem Pflege- und Behindertenheim ([X.] mit Sitz in [X.]) [X.] im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid der Beklagten hat die Klägerin vor dem [X.] [X.]lm Klage erhoben, welches sich nach Anhörung der Beteiligten für örtlich unzuständig erklärt und unter Hinweis auf den Wohnsitz der Klägerin den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen hat (Beschluss vom 11.7.2016). Das [X.] hat sich ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und - ohne seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen - den Rechtsstreit wiederum an das [X.] [X.]lm zurückverwiesen (Beschluss vom 5.12.2016). Das [X.] [X.]lm hat den Rechtsstreit ausgesetzt und dem [X.] des örtlich zuständigen [X.] vorgelegt (Beschluss vom 21.12.2016). Das [X.] habe die Bindungswirkung des Beschlusses vom 11.7.2016 zu beachten, sodass eine erneute Verweisung an das [X.] [X.]lm nicht in Betracht komme.

2

II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs 1 [X.] [X.]G durch das B[X.] liegen vor. Danach wird das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsame nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Sowohl das [X.] [X.]lm als auch das [X.] haben sich jeweils iS des § 58 Abs 1 [X.] [X.]G für unzuständig erklärt.

3

Zum zuständigen Gericht ist das [X.] zu bestimmen, weil dieses an den Verweisungsbeschluss des [X.] [X.]lm vom 11.7.2016 gebunden ist. Gemäß § 98 [X.] [X.]G iVm § 17a Abs 2 [X.] ist ein Verweisungsbeschluss wegen örtlicher oder sachlicher [X.]nzuständigkeit für das Gericht, an das verwiesen wurde, bindend. Dies gilt im Interesse des verfassungsrechtlich gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) und einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung grundsätzlich unabhängig von der Verletzung prozessualer oder materieller Vorschriften. Den Streit der beteiligten Gerichte über die Anwendung von Regelungen über die Zuständigkeit zu entscheiden oder in jedem Einzelfall die Richtigkeit des dem Verweisungsbeschluss zugrundeliegenden Subsumtionsvorgangs zu überprüfen, ist gerade nicht Aufgabe des gemeinsam übergeordneten Gerichts im Verfahren nach § 58 Abs 1 [X.] [X.]G (B[X.] Beschluss vom 18.7.2012 - B 12 SF 5/12 S - Juris RdNr 5).

4

Einem Verweisungsbeschluss kommt ausnahmsweise nur dann keine Bindungswirkung zu, wenn die Verweisung auf der Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze oder auf [X.] Verhalten beruht (vgl nur B[X.] Beschluss vom 25.2.1999 - B 1 SF 9/98 S - [X.] 3-1720 § 17a Nr 11 [X.]9 ff; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 12 SF 16/12 S - mwN). Anhaltspunkte hierfür liegen nicht vor. Auch wenn sich der Verweisungsbeschluss des [X.] [X.]lm wegen § 57 Abs 7 [X.]G, der durch das 5. [X.]B IV-ÄndG vom 15.4.2015 ([X.]) eingefügt wurde und am 22.4.2015 in [X.] getreten ist, als rechtswidrig darstellen dürfte, ist er nach § 98 S 2 [X.]G verbindlich. Als willkürlich - und damit unbeachtlich - kann ein Richterspruch nur dann angesehen werden, wenn er unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl [X.] Beschluss vom 19.12.2001 - 1 BvR 814/01 - Juris RdNr 17). Eine fehlerhafte Gesetzesauslegung, die hier ihre [X.]rsache darin hat, dass eine neue Sonderregelung übersehen und deshalb § 57 Abs 1 [X.]G als allgemeine Regelung zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit herangezogen wurde, macht den Beschluss des [X.] [X.]lm nicht willkürlich.

Meta

B 4 SF 40/16 S

05.01.2017

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

vorgehend SG Ulm, 21. Dezember 2016, Az: S 10 R 4064/16, Beschluss

§ 58 Abs 1 Nr 4 SGG, § 98 S 1 SGG, § 98 S 2 SGG, § 17a Abs 2 GVG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.01.2017, Az. B 4 SF 40/16 S (REWIS RS 2017, 17843)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17843

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