Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.12.2010, Az. B 12 SF 7/10 S

12. Senat | REWIS RS 2010, 781

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Zuständigkeitsbestimmung durch BSG nach § 58 Abs 1 Nr 4 SGG - unmittelbare Anrufung durch Sozialgericht - Streitigkeit über Anwendung von Regelungen über die örtliche Zuständigkeit oder Richtigkeit des dem Verweisungsbeschlusses zugrundeliegenden Subsumtionsvorgangs - Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses)


Tenor

Das [X.] wird zum zuständigen Gericht bestimmt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von Kosten einer Krankenhausbehandlung im Jahr 2007. Die Krankenkasse hat mit einem am [X.] beim [X.] eingegangenen Schreiben Klage wegen Rückforderung dieser von ihr bereits beglichenen Kosten erhoben. Mit Verfügung vom [X.] hat das [X.] die Beteiligten zu einer beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] oder das [X.] angehört. Mit Beschluss vom [X.] hat sich das [X.] für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Anspruchsgrundlage für den streitigen Vergütungsanspruch sei der gem § 112 Abs 2 [X.] abgeschlossene Sicherstellungsvertrag zwischen der [X.] und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen. Dieser sei ein Vertrag auf Landesebene iS des § 57a Abs 3 SGG, sodass sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der ([X.]) Landesregierung richte. Mit Beschluss vom [X.] hat sich das [X.] ebenfalls nach Anhörung der Beteiligten für örtlich unzuständig erklärt und die Streitsache dem BSG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt, weil die Verweisung willkürlich sei oder auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze beruhe und deshalb nicht binde.

2

II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs 1 [X.] SGG durch das BSG liegen vor. Es ist als gemeinsam nächsthöheres Gericht im Sinne dieser Vorschrift zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem [X.] und dem [X.] berufen, nachdem das [X.] seine örtliche Zuständigkeit verneint und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen hat, dieses Gericht sich jedoch ebenfalls nicht für örtlich zuständig hält, sondern weiterhin das [X.] mangels Bindungswirkung als zuständig ansieht. Das [X.] konnte von einem eigenen Verweisungsbeschluss absehen und von seiner Unzuständigkeit ausgehend unmittelbar das BSG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts anrufen (vgl BSG, Beschluss vom 27.5.2004, [X.] SF 6/04 S, [X.] 4-1500 § 57a [X.]).

3

Zum zuständigen Gericht ist das [X.] zu bestimmen, weil dieses an den Verweisungsbeschluss des [X.] vom [X.] gebunden ist.

4

Gemäß § 98 Satz 1 SGG iVm § 17a Abs 2 [X.] ist ein Verweisungsbeschluss wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit für das Gericht, an das verwiesen wurde, bindend. Dies gilt im Interesse des verfassungsrechtlich gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) und einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung grundsätzlich unabhängig von der Verletzung prozessualer oder materieller Vorschriften. Den Streit der beteiligten Gerichte über die Anwendung von Regelungen über die örtliche Zuständigkeit zu entscheiden oder in jedem Einzelfall die Richtigkeit des dem Verweisungsbeschluss zugrundeliegenden Subsumtionsvorgangs zu überprüfen, ist gerade nicht Aufgabe des gemeinsam übergeordneten Gerichts im Verfahren nach § 58 Abs 1 [X.] SGG.

5

Ausnahmsweise kommt dem Verweisungsbeschluss dann keine Bindungswirkung zu, wenn die Verweisung auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze oder einem willkürlichen Verhalten beruht (vgl BSG, Beschlüsse vom 25.2.1999, [X.] SF 9/98 S, [X.] 3-1720 § 17a [X.] ff, vom 27.5.2004, [X.] SF 6/04 S, [X.] 4-1500 § 57a [X.] RdNr 11, vom [X.], [X.]3 SF 4/05 S, [X.] 4-1500 § 58 [X.] RdNr 15, und vom [X.], [X.]2 SF 3/07 S, [X.] 4-1500 § 57 [X.] Rd[X.], sowie [X.] vom 19.12.2001, 1 BvR 814/01, NVwZ - RR 2002, 389; zuletzt Beschlüsse des [X.], [X.]2 SF 7/09 S, und vom [X.], [X.]2 SF 2/10 S). Für eine abweichende Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts in Anwendung dieser strengen Maßstäbe, die das BSG in seiner Rechtsprechung ausgeformt hat, ist vorliegend kein Raum. Zwar hat das [X.] geltend gemacht, dass ein Ausnahmefall vorliege, weil die Verweisung willkürlich sei oder auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze beruhe. Auch unter Berücksichtigung der von ihm benannten Entscheidungen des 1. und des 3. Senats des BSG ist ein Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze jedoch nicht ersichtlich. Die Entscheidung des [X.] ist auch nicht willkürlich. Allein eine möglicherweise fehlerhafte Anwendung des § 57a Abs 3 SGG durch das SG Braunschweig begründet solche Verstöße nicht.

Meta

B 12 SF 7/10 S

03.12.2010

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

vorgehend SG Stuttgart, 2. August 2010, Az: S 10 KR 3138/10, Beschluss

§ 58 Abs 1 Nr 4 SGG, § 98 S 1 SGG, § 17a Abs 2 GVG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.12.2010, Az. B 12 SF 7/10 S (REWIS RS 2010, 781)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 781

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