Bundessozialgericht, Urteil vom 09.03.2016, Az. B 14 AS 5/15 R

14. Senat | REWIS RS 2016, 14827

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Gegenstand

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattung von Kosten im Vorverfahren - Rechtsanwaltsvergütung - Bemessung der Geschäftsgebühr für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer von der BA festgesetzten Mahngebühr - Berücksichtigung der der Mahnung zugrunde liegenden Zahlungsaufforderung - Arbeitslosengeld II


Leitsatz

Bei der Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr kann die Höhe der der Mahnung zugrunde liegenden Zahlungsaufforderung als gebührenerheblicher Umstand zu berücksichtigen sein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2015 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. März 2014 zurückgewiesen.

Die [X.] der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen Kosten für das Revisions- und das Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der von der beklagten [X.] zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr.

2

Die im Bezug ergänzender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] stehende Klägerin war von der beklagten [X.] unter Verhängung einer Mahngebühr von 7,85 [X.] aufgefordert worden, innerhalb einer Woche einen Gesamtbetrag von 1520,63 [X.] zu zahlen, der seit dem [X.] fällig sei und aus Bescheiden des zuständigen Jobcenters resultiere. Bleibe die Zahlung aus, werde die mit weiteren Kosten verbundene zwangsweise Einziehung veranlasst (Schreiben vom 23.10.2011). Die Klägerin erhob vertreten durch einen Rechtsanwalt Widerspruch gegen "die Mahnung" und machte geltend, die Bescheide seien ihr nicht bekannt und mangels Fälligkeit sei die Erhebung von Mahngebühren nicht statthaft (Widerspruch vom 27.10.2011). Dem folgend hob die Beklagte die Festsetzung der Mahngebühr auf und anerkannte dem Grunde nach die Übernahme der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden (Abhilfebescheid vom 27.7.2012).

3

Während der Bevollmächtigte der Klägerin im nachfolgenden Erstattungsverfahren unter Einbeziehung ua einer Geschäftsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ([X.]) iVm [X.] ([X.]) zum [X.] in Höhe von 240 [X.] Kosten von 309,40 [X.] geltend gemacht hat, anerkannte die Beklagte unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 40 [X.] einen Betrag von 57,12 [X.] als notwendige Aufwendungen. Die Erhebung einer Geschäftsgebühr von 240 [X.] sei unbillig und daher für sie nicht verbindlich. Bei einer Mahngebühr von 7,85 [X.] seien die rechtliche Schwierigkeit, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit weit unterdurchschnittlich (Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.11.2012 und Widerspruchsbescheid vom 3.12.2012).

4

Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Ansatz einer Geschäftsgebühr von 120 [X.] weitere 109,48 [X.] zu gewähren (Geschäftsgebühr 120 [X.]; Post- und Telekommunikationspauschale 20 [X.]; Umsatzsteuer 26,60 [X.] abzüglich bereits [X.] 57,12 [X.]) und die Klage abgewiesen, soweit sie darüber hinaus auf Erstattung des vollen Mehrbetrags bis zur geltend gemachten Forderung von 309,40 [X.] gerichtet war (Urteil vom 17.3.2014). Das L[X.] hat das Urteil des [X.] auf die von ihm zugelassene Berufung der Beklagten geändert und diese unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen zur Erstattung weiterer 61,88 [X.] verurteilt (Urteil vom 29.1.2015): Zwar sei - anders als das [X.] angenommen hatte - auch die Bedeutung der Angelegenheit gering gewesen, weil nur auf die Höhe der Mahngebühr und nicht auch auf deren mittelbare Wirkungen abgestellt werden dürfe. Jedoch habe der enge Zeitrahmen für die Zahlung von einer Woche zu einem kurzfristigen Beratungsbedarf geführt und faktisch die Monatsfrist für die Erstellung des Widerspruchs auf wenige Tage verkürzt, weshalb eine Geschäftsgebühr in Höhe des doppelten Mindestsatzes angemessen sei (Geschäftsgebühr 80 [X.]; Post- und Telekommunikationspauschale 20 [X.]; Umsatzsteuer 19 [X.] abzüglich 57,12 [X.]).

5

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]. Im Rahmen seines Ermessens dürfe ihr Anwalt die mittelbaren Auswirkungen der Mahngebühr bei seiner Gebührenbestimmung sehr wohl berücksichtigen. Weder mit dem Jobcenter noch mit der Beklagten habe sie eine verbindliche Klärung der Angelegenheit erreichen können. Aufgrund der getrennten Zuständigkeiten beim Inkasso der Jobcenter sei regelmäßig unklar, wie der Vollzug einer Forderung gestoppt werden könne. Die Mahngebühr werde dabei als Druckmittel eingesetzt, das deutlich mache, dass das Anwachsen weiterer Kosten bei nicht rechtzeitiger Zahlung nicht verhindert werden könne.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2015 zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 17. März 2014 insgesamt zurückzuweisen.

7

Die Beklagte bekräftigt ihre Auffassung, dass Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin gering gewesen seien, und beantragt,
 die Revision zurückzuweisen und
 das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2015 im Wege der [X.] zu ändern und das Urteil des [X.] vom 17. März zu ändern, soweit sie zur Gewährung weiterer 109,48 [X.] verurteilt worden ist.

8

Insoweit beantragt die Klägerin,
die [X.] zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet, die zulässige [X.] der Beklagten hingegen unbegründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 und [X.]). Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass der Klägerin unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 120 [X.] ein Anspruch auf Erstattung weiterer 109,48 [X.] zusteht. Unter Zurückweisung der [X.] ist deshalb das Urteil des L[X.] aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] zurückzuweisen.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des L[X.] vom 29.1.2015 und des [X.] vom 17.3.2014 sowie der Kostenfestsetzungsbescheid der beklagten [X.] vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.12.2012, soweit die Beklagte dadurch die von ihr zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren auf 57,12 [X.] begrenzt hat und sie vom [X.] zur Erstattung weiterer 109,48 [X.] verurteilt worden ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist dagegen zum einen der weitergehende Erstattungsanspruch in der ursprünglich geltend gemachten Höhe von 309,40 [X.], nachdem das [X.] die den Mehrbetrag von 109,48 [X.] übersteigende Klage abgewiesen hat und die Klägerin dagegen nicht mit Berufung vorgegangen ist. Ebenfalls nicht zu befinden ist über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts iS von § 63 Abs 2 [X.]B X. Hierüber hat die Beklagte zwar anders als von den Vorinstanzen angenommen nicht bereits mit dem [X.] vom 27.7.2012 entschieden. Jedoch hat sie durch die Zuerkennung jedenfalls eines Teils der beanspruchten Kosten mit dem streitbefangenen Kostenfestsetzungsbescheid zumindest konkludent anerkannt, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin notwendig war (vgl etwa B[X.] Urteil vom [X.] - B 13 R 137/08 R - Rd[X.] 12 sowie B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/08 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.] Rd[X.] 13). Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl nur B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.] f).

2. Prozessuale Hindernisse, die einer Sachentscheidung entgegenstünden, liegen nicht vor. Wird wie vorliegend in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (§§ 78 ff [X.]G) gestritten, handelt es sich insbesondere nicht um Kosten des Verfahrens iS von § 144 Abs 4 iVm § 165 Satz 1 [X.]G, bei denen Berufung und Revision nicht statthaft sind (vgl nur B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.] 9 mwN; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/08 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.] Rd[X.]; B[X.] Urteil vom 14.2.2013 - [X.] [X.]/12 R - Rd[X.]). Ebenfalls stand der Berufung nach der Zulassung durch das L[X.] nicht die Wertgrenze von § 144 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 [X.]G entgegen.

3. Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Erstattung weiterer Kosten dem Grunde nach ist § 63 Abs 1 Satz 1 [X.]B X in Verbindung mit dem [X.] vom 27.7.2012 sowie dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.11.2012. Hiernach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat - hier also die [X.] als Rechtsträgerin der die Vollstreckung für das Jobcenter betreibenden Stelle (hierzu zuletzt B[X.] Urteil vom 25.6.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.]3, auch vorgesehen für B[X.]E, Rd[X.]1) -, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs 1 Satz 1 [X.]B X). Dazu rechnen auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, wenn seine Zuziehung im Vorverfahren notwendig war (§ 63 Abs 2 [X.]B X). In diesem Sinne ist mit den Bescheiden vom 27.7.2012 und 13.11.2012 bindend entschieden, dass die Beklagte die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten einschließlich der Gebühren des Bevollmächtigten der Klägerin dem Grunde nach zu erstatten hat.

4. Zu den hiernach zu erstattenden Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der Klägerin rechnet entgegen der Auffassung von Beklagter und L[X.] eine Geschäftsgebühr nach [X.]400 des [X.] zum [X.] aF in Höhe von 120 [X.].

a) Die nach § 63 Abs 1 Satz 1 [X.]B X zu erstattenden Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts iS von § 63 Abs 2 [X.]B X sind die gesetzlichen Gebühren (stRspr; vgl nur B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.] 15), die sich nach dem [X.] bemessen (§ 1 Abs 1 Satz 1 [X.]). In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die - wie hier - bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das [X.] nicht anzuwenden wäre, entstehen danach [X.] (§ 3 Abs 2 [X.]), die sich nach dem [X.] der Anlage 1 zum [X.] bestimmen (§ 2 Abs 2 Satz 1 [X.]). Sie umfassen nach [X.]400 des [X.] zum [X.] (hier in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung, vgl Art 5 Abs 1 [X.] sowie Art 8 Satz 2 [X.], aF; seit dem [X.] ersetzt durch [X.]302 [X.] [X.] idF des [X.] des Kostenrechts <2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. [X.]> vom [X.], [X.]) eine Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung II zu [X.]400 [X.] [X.] aF iVm Vorbemerkung 2.3 [X.] zu [X.]300 [X.] [X.]). Sie bestimmte sich in der hier geltenden Fassung innerhalb eines Betragsrahmens von 40 bis 520 [X.], wobei eine Gebühr von mehr als 240 [X.] (so genannte Schwellengebühr) nur gefordert werden konnte, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

b) Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 [X.] die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs 1 Satz 1 [X.]), und zwar bei Rahmengebühren, die sich - wie hier - nicht nach dem Gegenstandswert richten, unter Berücksichtigung auch des [X.] (§ 14 Abs 1 Satz 3 [X.]). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 [X.]).

c) Dass hiernach die ursprüngliche Kostennote des Bevollmächtigten der Klägerin vom [X.] mit einer Geschäftsgebühr nach [X.]400 [X.] [X.] aF in Höhe der Schwellengebühr von 240 [X.] unbillig ist, hat die Beklagte zutreffend - und auch wirksam (vgl [X.] Beschluss vom 20.1.2011 - [X.]/10 -, [X.] 2011, 211 Rd[X.] 10; vgl auch [X.], jurisPR-[X.] 15/2015 [X.] 5) - beanstandet. Anders als mit diesem [X.] zugrunde gelegt (zur Bedeutung und Einordnung der Schwellengebühr grundlegend B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.]4 f mwN) entspricht die mit ihm abgerechnete anwaltliche Tätigkeit von der Bedeutung der Angelegenheit abgesehen (dazu unter e) nach keinem der übrigen in § 14 Abs 1 Satz 1 [X.] angeführten Gesichtspunkte derart einem durchschnittlichen sozialrechtlichen "Normal"-Widerspruchsverfahren, dass sie die Erhebung einer Geschäftsgebühr von 240 [X.] rechtfertigen könnte.

Wie den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des L[X.] (§ 163 [X.]G) zu entnehmen ist, waren vielmehr insbesondere der Umfang der abgerechneten anwaltlichen Tätigkeit, also der benötigte Zeitaufwand (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.]8 ff), unterdurchschnittlich und die Schwierigkeit, also die Intensität der Arbeit (ebenda Rd[X.] 32 ff), ebenfalls allenfalls unterdurchschnittlich. Das Widerspruchsvorbringen erschöpfte sich in dem Vorbringen, die in dem Mahnschreiben angegebenen Bescheide seien "unsererseits nicht bekannt" und die Forderungen daher nicht fällig. Dass dies ein aufwändiges Aktenstudium oder die Anforderung weiterer Unterlagen oder die Prüfung schwieriger Rechtsfragen erfordert hätte, ist nicht zu erkennen. Entsprechendes gilt für die Bestimmung des einzulegenden Rechtsbehelfs, nachdem gegen die Festsetzung der Mahngebühr ungeachtet des um ihre Rechtsqualität zu diesem Zeitpunkt noch geführten Streits (vgl B[X.] Urteil vom 26.5.2011 - [X.] [X.]/10 R - B[X.]E 108, 229 = [X.] 4-4200 § 44b [X.] 3, Rd[X.] 14) ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich der Widerspruch eröffnet war. [X.] waren auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.] 38) und besondere gebührenerhöhende Haftungsrisiken bestanden ebenfalls nicht (vgl ebenda Rd[X.] 39).

d) Ungeachtet dessen haben die Vorinstanzen entgegen der Auffassung der Beklagten zutreffend entschieden, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin nicht lediglich mit der Mindestgebühr von 40 [X.] nach [X.]400 [X.] [X.] aF abzugelten ist. Dagegen spricht bereits, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wenn auch unterdurchschnittlich, aber nicht weit unterdurchschnittlich war. Weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst ergibt sich, dass ihr Bevollmächtigter bereits vorher mit dem Vorgang befasst war. Nach den Feststellungen des L[X.] sind ungeachtet der Frage ihres Zugangs Widersprüche gegen die dem Mahnschreiben zugrunde liegenden Bescheide nicht ersichtlich. Zur Information ihres Anwalts und zur Beratung der Klägerin war deshalb vor Erhebung des Widerspruchs zumindest eine Besprechung mit der Klägerin durchzuführen, deren Zeitdauer in die Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ebenfalls einzugehen hat (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 21/09 R - B[X.]E 104, 30 = [X.] 4-1935 § 14 [X.], Rd[X.]8).

e) Weiterhin hat das [X.] entgegen der Auffassung der Beklagten und insoweit auch des L[X.] im Ergebnis ebenfalls zutreffend entschieden, dass bei der Bedeutung der Angelegenheit neben der Mahngebühr auch die Zahlungsaufforderung in Bezug auf den Mahnbetrag selbst zu berücksichtigen ist.

Richtig ist zwar, dass Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nur der [X.] über 7,85 [X.] war, weil nur ihm und nicht auch der Mahnung bzw der Zahlungsaufforderung [X.] zukam (vgl zur Mahngebühr nur B[X.] Urteil vom 26.5.2011 - [X.] [X.]/10 R - B[X.]E 108, 229 = [X.] 4-4200 § 44b [X.] 3, Rd[X.] 14; zur Mahnung B[X.] Beschluss vom 5.8.1997 - 11 [X.]r 95/97 - juris Rd[X.] 6; entsprechend zur Vollstreckungsankündigung B[X.] Urteil vom 25.6.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.]3 , ebenfalls vorgesehen für B[X.]E, Rd[X.] 15). [X.] im Verhältnis der Klägerin zu ihrem Anwalt ist das allerdings ohne Bedeutung. Maßgebend in diesem Verhältnis sind nicht die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen dem [X.] als Verwaltungsakt und der Zahlungsaufforderung als Realakt, sondern ausschließlich der Angelegenheitsbegriff des § 15 Abs 2 [X.].

Hiernach sind im Mandatsverhältnis zum Anwalt einer Angelegenheit zuzuordnen und deshalb gemäß § 15 Abs 2 [X.] nur einmal abrechenbar alle auftragsgemäß erbrachten Leistungen, zwischen denen ein innerer Zusammenhang besteht und die sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann ([X.] Urteil vom [X.] - [X.]/09 - NJW 2010, 3035, 3036 Rd[X.] 16). Bei dem engen inneren Zusammenhang zwischen Mahnung auf der einen und erhobener Gebühr auf der anderen Seite (vgl § 19 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 [X.]B II idF des Gesetzes zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.]) ist danach ausgeschlossen, dass das Vorgehen gegen die Mahnung und das gegen die Mahngebühr im Verhältnis zur Klägerin gesondert abzurechnen sein könnte. Ebenso wenig könnte die Klägerin für das Letztere Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz ([X.]) als Ausgleich dafür erhalten, dass die Beklagte nur für einen Teil der Kosten der Rechtsverfolgung auf die Mahnung aufkommt (zu dieser Kompensation für den begrenzten Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 Satz 1 [X.]B X vgl B[X.] Urteil vom 25.6.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.]3 , ebenfalls vorgesehen für B[X.]E, Rd[X.]4 f). [X.] ist die Klägerin vielmehr einem einheitlichem Vergütungsanspruch ihres Anwalts ausgesetzt, in dessen Bemessung im Verhältnis zwischen ihm und ihr nach Maßgabe von § 14 Abs 1 [X.] nach der objektiven Bedeutung der Angelegenheit für sie auch ihr Interesse an der Abwendung der Zwangsvollstreckung eingeht.

Das gebietet es, im kostenerstattungsrechtlichen Verhältnis zwischen Klägerin und beklagter [X.] bei der Bedeutung der Sache auch diese Wirkungen des erfolgreichen Widerspruchs gegen den [X.] als von seinen Folgen umfasst ("Soweit der Widerspruch erfolgreich ist" <§ 63 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.]B X>) zu berücksichtigen. Das ist insofern sachgerecht, als die Beklagte zum einen vornehmlich durch die kurz bemessene Zahlungsaufforderung Anlass für das Vorgehen gegen die Mahnung und den [X.] gegeben hat. Zum anderen sind die Mahngebühr und die Mahnung schon rechtlich insoweit miteinander verknüpft, als die Gebühr als Entgelt für die Amtshandlung (vgl § 19 Abs 1 Satz 1 VwVG) der Mahnung erhoben wird und sie deshalb - von der korrekten Bemessung abgesehen (vgl § 19 Abs 2 Satz 2 und 3 VwVG) - nur rechtmäßig ist, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl § 3 Abs 2 VwVG) und mithin auch die Mahnung gemäß § 3 Abs 3 VwVG ergehen darf. Weiter sind Mahngebühr und Mahnung auch in ihren tatsächlichen Wirkungen aufeinander bezogen, indem durch die Erhebung der Gebühr - wenn auch noch mit relativ niedrigem Betrag - die Dringlichkeit der alsbaldigen Zahlung und die nachteiligen Folgen ("Hierdurch entstehen weitere Kosten, die die Forderung unnötig erhöhen") für den Fall verdeutlicht werden, dass nicht fristgerecht bezahlt wird. Schließlich steht dem die Grenze des § 63 Abs 1 Satz 1 [X.]B X auch nicht insoweit entgegen, als durch die Beschränkung der Kostenerstattung auf die förmlichen Rechtsbehelfe nicht jegliche Ersatzansprüche im Hinblick auf das nichtförmliche Verwaltungshandeln ausgeschlossen werden, sondern nur für diesen Anwendungsbereich eine Sonderregelung zu § 839 BGB begründet werden sollte (vgl BT-Drucks 7/910 [X.] zum Entwurf des § 80 VwVfG , dem § 63 [X.]B X im Wesentlichen nachgebildet ist).

f) Unter Einbeziehung des [X.] als gebührenerheblichen Umstand hat das [X.] die Geschäftsgebühr nach [X.]400 des [X.] zum [X.] aF nach den Kriterien des § 14 Abs 1 [X.] - unterdurchschnittlicher Zeitaufwand, allenfalls unterdurchschnittliche Schwierigkeit, unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse, durchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit und kein zur Erhöhung führendes Haftungsrisiko - im Einzelfall hier im Ergebnis zu Recht mit 120 [X.] angesetzt. Zwar war der Streit über die angedrohte Vollstreckung nicht vorentscheidend für den dauerhaften Bestand der zu vollstreckenden Forderungen. Insofern rechtfertigt sich ein Abschlag gegenüber der Bedeutung eines solchen Betrags in einer Hauptsachestreitigkeit. Gleichwohl hatte der Streit angesichts des Gesamtbetrags der Mahnsumme und der Mittel, die der Klägerin und ihren Töchtern monatlich zur Verfügung standen, keine nur unterdurchschnittliche Bedeutung. Sie war schließlich auch nicht deshalb relativiert, weil über den Bestand der der Mahnung zugrunde gelegten Rückforderungsbescheide bereits in anderen Verfahren zu entscheiden und daher über die Durchsetzbarkeit der Forderung nicht im Wesentlichen im Rahmen des Mahnverfahrens zu befinden gewesen wäre und deshalb - was hier nicht zu entscheiden ist - der Abwendung der Zwangsvollstreckung geringere Bedeutung beizumessen sein könnte.

5. Hinzu kommen die zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitigen Auslagentatbestände nach [X.] 7002 [X.] [X.] und [X.] 7008 [X.] [X.], woraus sich der vom [X.] zuerkannte Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 166,60 [X.] (57,12 [X.] zuzüglich des Mehrbetrags von 109,48 [X.]) ergibt.

6. [X.] folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 5/15 R

09.03.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG München, 17. März 2014, Az: S 54 AS 11/13, Urteil

§ 63 Abs 1 S 1 SGB 10, § 63 Abs 2 SGB 10, § 1 Abs 1 S 1 RVG, § 3 Abs 2 RVG, § 2 Abs 2 S 1 RVG, § 14 Abs 1 RVG, § 15 Abs 2 RVG, Nr 2400 RVG-VV vom 22.09.2005, Vorbem 2.4 Abs 2 RVG-VV vom 22.09.2005, Nr 2302 RVG-VV, Vorbem 2.3 Abs 3 RVG-VV, § 3 Abs 2 VwVG, § 3 Abs 3 VwVG, § 19 VwVG, § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB 2 vom 24.03.2011

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.03.2016, Az. B 14 AS 5/15 R (REWIS RS 2016, 14827)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14827

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V ZB 216/10

VI ZR 261/09

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