Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. III ZR 200/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14351

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:170316UIIIZR200.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 200/15

Verkündet am:

17. März 2016

Kiefer

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 13 Abs. 1 Satz 2; ZPO §
253 Abs. 2 Nr. 2

a)
Die Klagefrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] wird nur durch eine den [X.] des §
253 Abs. 2 ZPO genügende Klageschrift gewahrt.
b)
Durch eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke oder sonstige Anlagen können die zwingenden Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO grundsätzlich nur dann erfüllt werden, wenn diese dem Gericht mit der [X.] vorgelegt werden oder zumindest bereits vorliegen.
c)
Im [X.] genügt die ausschließliche Bezugnahme in der [X.] auf
ein von der [X.] selbst erstelltes Schriftstück nicht zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Vielmehr ist hi[X.] grundsätzlich die konkrete Bezugnahme auf einen von einem postulationsfä-higen Anwalt unterschriebenen Schriftsatz erforderlich.
d)
Die Nachholung der Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kann zwar den Mangel der Klageschrift beseitigen. Dies wirkt jedenfalls in den Fällen, in denen die Klage innerhalb einer gesetzlichen Ausschlussfrist erhoben wer-den muss, jedoch erst vom Zeitpunkt der Behebung des Mangels an ([X.], Urteil vom 29. November 1956 -
III ZR 235/55, [X.], 254).
[X.], Urteil vom 17. März 2016 -
III ZR 200/15 -
KG Berlin

[X.]
-

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-

Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2016 durch [X.], [X.], Tombrink
und Reiter sowie die Richterin Dr.
Liebert

für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 12. Juni 2015
wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger macht gegen das beklagte Land einen Anspruch nach dem
Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
([X.])
gel-tend.

Im Zuge eines bei der Staatsanwaltschaft
wegen des Verdachts der Geldwäsche geführten Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wurde
dessen
Wohnung durchsucht. Hierbei wurden sein Rechner mit Festplatte, ein Spei-cherstick sowie ein Schreiben an die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-aufsicht
beschlagnahmt. Kurz darauf wurde das
Ermittlungsverfahren gemäß
§
170 Abs. 2 StPO eingestellt; der Kläger erhielt die beschlagnahmten Sachen zurück.

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Auf Antrag des [X.] stellte
das Amtsgericht fest, dass er
für die Durchsuchung seiner Wohnung und die Beschlagnahme dem
Grunde nach zu entschädigen sei.
Der Beschluss wurde
rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft
belehrte den Kläger über sein Recht, Entschädigung zu verlangen, und über die dafür geltende Sechsmonatsfrist (§ 10 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Der Kläger machte innerhalb der Frist Ansprüche in Höhe von 85.165,26

wegen entgangenen Gewinns sowie in Höhe von 3.962,70

für die Kosten seiner Verteidigung im Ermittlungsverfahren geltend. Die Landesjustizverwaltung gewährte mit [X.] vom 14. Januar 2014 eine Entschädigung von 38,68

und wies den darüber hinausgehenden Antrag zurück. Der Bescheid enthält eine Rechtsmit-telbelehrung, mit der auf die Möglichkeit der Klage und die Klagefrist von drei Monaten nach Zustellung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 [X.]) hingewiesen wird. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18. Januar 2014
zugestellt.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 forderte der spätere Prozessbevoll-mächtigte des [X.] die Landesjustizverwaltung auf, an diesen

Am 17. April 2014 ging beim [X.]
eine von dem Prozessbevoll-mächtigten des [X.] verfasste Klage
gegen das Land
ein. In dem Schriftsatz wurde
folgender Antrag angekündigt:

"Die Bekt-punkten über dem Basiszinssatz der [X.] seit dem 07.02.2014 an den Kläger zu bezahlen."

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Zur Begründung ist lediglich ausgeführt:

"Begründung:
Der Vorgang wird bei der Beklagten unter dem Aktenzeichen [X.] -
4220/E/28/2013 geführt.

Eine Begründung des Antrags wird in Kürze in einem gesonderten Schriftsatz erfolgen."

Anlagen waren dem Schriftsatz nicht beigefügt. Am 30. April 2014 ging beim [X.] ein Schriftsatz vom 28. April 2014 ein, in dem die Klage [X.] wurde.

Das [X.] hat die Klage wegen Versäumung der dreimonatigen Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung
des [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von der Vorinstanz
zu-gelassene Revision des [X.], mit der er die Feststellung der Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil sowie die Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Verhandlung und Entscheidung in der Sache begehrt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ebenso wie das [X.] die Klage für [X.] gehalten. Die mit dem 22. April 2014 ablaufende Klagefrist aus § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] sei nicht gewahrt. Die Klageschrift
sei nicht
geeignet ge-6
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wesen, diese Frist zu wahren, weil der Kläger
den geltend gemachten Anspruch nicht in einer den Anforderungen des § 253 Abs.
2 Nr. 2 ZPO genügenden [X.] hinreichend bestimmt benannt habe. Für die bestimmte Angabe des Gegen-standes und des Grundes des erhobenen Anspruchs im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sei zwar nicht erforderlich, dass der maßgebende Lebenssachverhalt bereits vollständig beschrieben oder der [X.] schlüssig oder [X.] dargelegt sei. Ausreichend sei, wenn der Anspruch als solcher identifi-zierbar sei, wobei die gebotene Individualisierung der [X.] grundsätz-lich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf andere Schriftstücke erfolgen könne. Allerdings genüge es nicht, wenn auf umfangreiche ungeordnete Akten-konvolute verwiesen werde, die erst durchgearbeitet werden müssten, um die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren, oder wenn auf
der Klageschrift nicht beigefügte Anträge und Schriftsätze in anderen Verfahren verwiesen werde.

Die Klageschrift habe keine bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Die Bezugnahme auf Akten des bei dem
Beklagten geführten [X.] genüge
nicht, um den gel-tend gemachten Anspruch zu individualisieren. Die Individualisierung sei [X.] hier, wo der Kläger nur einen Teil der in dem [X.] geltend gemachten Forderung verfolge, nur nach Durcharbeitung der Akten des [X.] möglich, die der Kläger nicht einmal auszugsweise in Kopie seiner [X.] beigefügt habe. Es liege somit eine wegen der Unklarheit der in Bezug genommenen Teilforderung unbestimmte, pauschale Verweisung auf einen in dem Behördenverfahren bei dem
Beklagten geltend gemachten Anspruch vor.

Selbst wenn man die pauschale Bezugnahme auf Akten grundsätzlich genügen lassen würde, wäre dem Kläger vorliegend die erforderliche Individua-lisierung des geltend gemachten Anspruchs nicht geglückt. Es bleibe unklar, 11
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welchen Teilbetrag des von ihm im [X.] geltend gemachten An-spruchs in Höhe von 89.127,96

er in dem Klageverfahren weiterverfolgen [X.]. Erst dem Schriftsatz vom 28. April 2014 sei dies zu entnehmen.

Zu keinem anderen Ergebnis führe die Rechtsprechung des [X.] zu den Bestimmtheitsanforderungen nach § 253 Abs. 2 Nr.
2 ZPO bei [X.], wonach die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht würden, deren Summe den eingeklagten
Teil übersteige, die Verjährung aller Teilansprüche hemme und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe beziehungsweise
in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt würden, nachgeholt werden könne. Eine derartige Rückwirkung komme nicht in Betracht, soweit es um die Wahrung einer gesetzlichen Ausschlussfrist wie der aus § 13 [X.] gehe.

Die Fristwahrung ergebe sich auch nicht aus § 167 ZPO. Die Wirkung des § 167 ZPO könne nur eine formgerechte Klageschrift entfalten, nicht dage-gen eine mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässige Klage.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Mit Recht haben die Vorinstanzen die Klage wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] für die
Klageerhebung gegen die Entscheidung der Landesjustizverwaltung über den Entschädigungsanspruch für unzulässig gehalten. Die Wahrung dieser Frist ist eine besondere Zulässig-keitsvoraussetzung einer solchen Klage (z.B.
[X.], Kommentar zum [X.], 9.
Aufl., § 13 Rn. 5).
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Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klä-ger die (wegen der Osterfeiertage
erst) am 22. April 2014 abgelaufene Klage-frist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht eingehalten
hat. Die
Frist ist durch die am 17.
April 2014 eingegangene Klageschrift
nicht gewahrt
worden, da diese
nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprochen
hat. Die Be-gründung der Klage durch
den am 30. April 2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
hat
nicht zu einer Heilung der Fristversäumnis
geführt.

1.
a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist eine Klage gegen die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung
in dem vorgerichtlichen [X.]
zu erheben. Für die Wahrung der Frist ist zwar
nicht die Zulässigkeit der Klage im Übrigen
notwen-dig, sondern allein die Wirksamkeit der Klageerhebung. Jedoch
setzt auch die-se
voraus, dass die Klage den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 ZPO entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 17. November 1988 -
III ZR 252/87, NJW-RR 1989, 508
zur Verjährungsunterbrechung; siehe auch Senat, Urteil vom 29. November 1956 -
III ZR 235/55, [X.], 254, 256 f). Insoweit gilt für die Wahrung der Klageausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] das [X.] wie für die Hemmung der Verjährung.

Zu den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gehört außer einem bestimmten Antrag die bestimmte Angabe des Gegenstan-des und des Grundes des erhobenen Anspruchs. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt in der Klageschrift vollständig [X.] oder der [X.] schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist ([X.], Urteile
vom 17. Juli 2003 -
I [X.], NJW-RR 2004, 639, 640 und
vom 11. Februar 2004 -
VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216). Eine 17
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ohne jede Tatsachenangabe erhobene Klage ist indessen unzulässig ([X.]/
[X.], ZPO, 22. Aufl., § 253 Rn. 52;
[X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., § 253 Rn. 67; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 253 Rn. 82).
Die
gebotene Individualisierung der
[X.] kann grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf der Klageschrift beigefügte Anlagen erfolgen
([X.], Urteile vom 17. Juli 2003
aaO und vom 11. Februar 2004, aaO), wobei die Gerichte nicht verpflichtet sind, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolu-te von sich aus durchzuarbeiten, um so die Ansprüche zu konkretisieren (z.B. [X.], Urteile vom 17. Juli 2003 aaO und vom 2. Juli 2007 -
II ZR 111/05, [X.], 69 Rn. 25). Anlagen können zudem
grundsätzlich lediglich zur Erläute-rung und Konkretisierung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht vollständig ersetzen
([X.], Urteil vom 2. Juli 2007 aaO; Beschluss vom 11. April 2013 -
VII ZR 44/12, [X.] 2013, 08691 Rn. 14; [X.]/
Schütze/[X.], aaO
Rn. 156; MüKoZPO/[X.], aaO
Rn.
32).

Eine ordnungsgemäße Klageschrift im Sinne von § 253 ZPO muss im [X.] nach §§ 78, 130
Nr.
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ZPO überdies
auch hinsichtlich der in §
253 Abs. 2 ZPO zwingend vorgeschriebenen Erfordernisse von einem Rechtsanwalt unterzeichnet
sein
(vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1956
-
III ZR 235/55, [X.], 254, 256). Die Bezugnahme auf Schriftsätze eines Nebenverfahrens (z.B. über Prozesskostenhilfe oder vorläufigen Rechtsschutz)
oder eines [X.] setzt deshalb,
soweit sie zur Wahrung der Vo-raussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich sind,
in [X.] jedenfalls voraus, dass die Schreiben
von einem postulationsfähigen An-walt stammen
([X.], Urteile
vom 2. März 1979 -
I [X.], [X.], 764 mit Ausnahme für einen zum Bestandteil des Gerichtsbeschlusses gewordenen Schriftsatz in einem vorangegangenen
Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und vom 8. Februar 1996 -
IX ZR 107/95, NJW 1996, 1351; siehe auch Beschluss vom 30. Oktober
1984 -
IX ZB 103/84, [X.] 1984, 20
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30374442
für die Berufungsbegründung). Die Bezugnahme auf eine von der [X.] selbst gegebene Begründung in einem früher verfassten Schriftstück reicht dagegen
grundsätzlich nicht aus
(vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1956, aaO; [X.], aaO
Rn. 11; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, aaO
Rn.
157;
MüKoZPO/[X.]t aaO, Rn. 33; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 253
Rn. 12b;
anders für die Bezugnahme auf die Anspruchsbegrün-dung bei vorangegangenem Mahnverfahren: [X.], Urteil vom 24. Mai 1982 -
VIII ZR 181/81, [X.]Z 84, 136, 138 ff).

b)
Nach diesen Maßgaben genügt die von dem Prozessbevollmächtigten des [X.]
am
17. April 2014 eingereichte Klageschrift den
Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. Sie beinhaltet
keine ausreichend bestimmte An-gabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs.

aa) Die Klageschrift selbst enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Ihr lässt sich auch nicht andeutungsweise entnehmen, aus welchem Grund der Kläger die Zahlung von 33.280,27

geltend macht. Die Bezugnahme auf das Akten-zeichen, unter dem der -
noch nicht einmal seiner groben inhaltlichen Thematik nach bezeichnete
-
Vorgang bei "der Beklagten"
geführt werde, besagt über den Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs nichts.

bb) Eine
ausreichend bestimmte
Angabe
des Gegenstandes und Grun-des des erhobenen Anspruchs
ergibt sich auch nicht durch den Verweis
auf
die Akte des außergerichtlichen [X.]. Um die Voraussetzungen des
§
253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch eine
Bezugnahme auf andere Schriftstücke
und sonstige Anlagen
zu erfüllen, ist es erforderlich, dass die konkret zu bezeich-nenden Schriftstücke dem Gericht mit der Klageschrift vorgelegt werden oder zumindest bereits vorliegen. Die Klageschrift enthält jedoch schon keine kon-21
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krete Bezugnahme auf bestimmte Schriftstücke, sondern nur einen allgemeinen Verweis auf das behördliche Aktenzeichen. Zudem waren der Klageschrift keine Anlagen beigefügt.

[X.] ist der Verweis des [X.] darauf, dass der Vorgang und der Akteninhalt dem Beklagten
bekannt gewesen seien
und deshalb nach § 253 Abs. 4 i.V.m.
§
131 Abs. 3 ZPO keine Vorlagepflicht bestanden habe, jedenfalls aber der Verstoß gegen die Vorlagepflicht nur zur Folge gehabt habe, dass der Kläger nach § 142 ZPO zur Vorlage der Anlagen habe verpflichtet werden kön-nen.
§ 253 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 131 Abs. 3 ZPO regeln nicht, dass die [X.] von Schriftstücken
zur Klageschrift gegenüber dem Gericht -
zumal im Anwendungsbereich des §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO
-
unterbleiben kann. Vielmehr sind
Regelungsgegenstand des § 131 Abs. 3 ZPO, auf den §
253 Abs. 4 ZPO verweist, die Voraussetzungen, unter denen die Beifügung von Abschriften von Urkunden für den Gegner entbehrlich ist. § 142 Abs. 1 ZPO ist ebenfalls nicht einschlägig. Die darin vorgesehene
Anordnung einer Urkundenvorlegung darf nicht zum bloßen Zweck der Informationsgewinnung für das Gericht erfolgen, worauf die von der Revision für den vorliegenden Fall befürwortete Anwendung der Vorschrift hinauslaufen würde. Vielmehr setzt eine Anordnung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO einen schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrag der [X.] voraus
([X.], Urteil vom 26. Juni 2007 -
XI ZR 277/05, [X.]Z 173, 23 Rn. 20
a.E.).
Hieran fehlt es.

cc) Hinzu kommt, dass im [X.] nach den oben dargelegten Maßstäben grundsätzlich die konkrete Bezugnahme auf einen von einem postu-lationsfähigen Anwalt unterschriebenen Schriftsatz erforderlich ist. Auch hieran fehlt es vorliegend. Die in der Klageschrift in Bezug genommenen
Verwaltungs-akten enthalten keine den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genü-24
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gende anwaltlich verfasste Darstellung von Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs.
Der Kläger hat die Forderung
im [X.] selbst geltend gemacht. Die nach Abschluss des vorgerichtlichen Verfahrens verfasste anwaltliche Zahlungsaufforderung vom 22. Januar 2014 enthält [X.] keine bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen An-spruchs im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, sondern lediglich eine Aufforde-u-

dd) Da die Klageschrift
weder selbst noch durch die Bezugnahme auf die Akten des außergerichtlichen [X.] die Voraussetzungen des §
253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
erfüllt, kommt es auf die im Verfahren weiter erörterte Frage
nicht mehr an, ob die hinreichende Bestimmtheit
von Gegenstand und Grund der Klage
auch wegen der Geltendmachung einer
von dem im Betrags-verfahren geforderten Betrag abweichenden [X.] fehlt.

2.
Die nachträgliche Begründung der Klage durch den am 30. April 2014 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz
führt nicht dazu, dass die Klage-frist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] gewahrt ist. Dieser Schriftsatz
enthält zwar eine ausreichende Begründung, die den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt und den geltend gemachten Anspruch hinreichend individualisiert. Der Schriftsatz ist aber erst nach Ablauf der Frist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] bei Gericht eingegangen. Die nachträgliche, den Anforderungen des § 253 Abs.
2 Nr. 2 ZPO entsprechende Begründung der Klage konnte zwar den Man-gel der Klageschrift beseitigen. Dies wirkt jedenfalls in den Fällen, in denen die Klage innerhalb einer gesetzlichen Ausschlussfrist erhoben werden muss und ein wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften wie
§ 253 Abs. 2 ZPO [X.] Mangel der Klageschrift vorliegt, jedoch erst vom Zeitpunkt der Be-26
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hebung des Mangels an (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1956 -
III ZR 235/55, [X.], 254, 257; [X.], [X.] 9998, 24047; [X.]/Voit/Foerste, ZPO, 12. Aufl., § 253 Rn.
5a; [X.], ZPO, 22.
Aufl. § 253 Rn.
11 und
61; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4. Aufl., §
253 Rn. 161; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 253 Rn. 23).

Etwas anderes ergibt sich nicht aus
der Rechtsprechung des [X.], nach der bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere [X.] geltend gemacht werden, deren Summe den eingeklagten
Teil über-steigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe beziehungsweise
in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilan-sprüche verfolgt werden, nachgeholt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 6. Mai 2014 -
II ZR 217/13, NJW 2014, 3298 Rn. 16 mwN).
Um eine
Teilklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, geht es hier nicht. Die Klageschrift widerspricht nicht deshalb den Anforderungen des
§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil eine nicht hinreichend bestimmte Teilklage
vorlag, sondern, weil jeglicher Vortrag zu Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs fehlte. Für die hier entscheidende und zu verneinende Frage, ob durch eine nachträgliche hinreichend bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund der Klage eine rückwirkende Heilung dieses Mangels eintritt, ist die Rechtspre-chung zur Verjährungshemmung bei [X.] ohne Relevanz.

3.
Schließlich teilt der Senat auch nicht die von der Revision geäußerten
-
allerdings nicht weiter erläuterten und, soweit ersichtlich, auch
in der Recht-sprechung und Literatur bislang nicht erwogenen -
Bedenken gegen die Verein-barkeit
der Länge der in § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] geregelten Ausschlussfrist von drei Monaten ab Zustellung der Verwaltungsentscheidung
mit Art. 14 Abs. 1 GG.
Die Ausschlussfrist stellt eine gesetzliche Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. [X.] 70, 28
29
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13

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278, 285 ff zu § 42 Abs. 2 Satz 3 EStG in der 1978 geltenden Fassung:
[X.] auf Lohnsteuerjahresausgleich; [X.], [X.] 2016, 41339 Rn. 13 f zur Ausschlussfrist des
§ 2 des Vormünder-
und Be-treuervergütungsgesetzes). Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigen-tümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und ist dabei an den Grundsatz der [X.] gebunden (z.B. [X.], [X.] aaO Rn. 14 mwN; vgl. auch [X.] aaO [X.]). Diesen Anforderungen genügt § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Die Bestimmung dient dem
Zweck der Rechtssicherheit und dem
legitimen
öf-fentlichen Interesse an einer möglichst raschen endgültigen Abwicklung des Entschädigungsverfahrens
und soll verhindern, dass der Berechtigte die Gel-tendmachung eines Entschädigungsanspruchs unangemessen verzögern kann. Sie besteht nicht nur im
fiskalischen Interesse, [X.] nach einer gewissen Zeit abzuschließen
und dem Staat alsbald einen Überblick über be-stehende Entschädigungspflichten zu verschaffen, sondern dient auch der Vermeidung von [X.] (Senat, Urteil vom
8. Juni 1989 -
III ZR 82/88, [X.]Z 108, 14, 19 mwN zu § 12 [X.]; siehe
auch Senat, Urteil vom 11.
März 1976 -
III ZR 113/74, NJW 1976, 1218, 1220 zu den in
§§ 9, 12 [X.] bestimmten Fristen). Die in der Vorschrift bestimmte Frist von drei Monaten ab Zustellung der Entscheidung der Landesjustizverwaltung ist ausreichend lange, um andererseits den
schutzwürdigen Interessen des Entschädigungsberechtig-ten Rechnung zu tragen. So ist diese Frist deutlich länger als etwa die einmona-tigen Klagefristen des § 74 Abs. 1 VwGO, die für die gerichtliche Geltendma-chung von Rechten gelten, die in ihrem
grundrechtlichen Gewicht
oftmals de-nen auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafver-folgungsmaßnahmen mindestens gleichkommen. Auch wenn bei
Versäumung
der Klagefristen des § 74 Abs. 1 VwGO, anders als im Fall der Nichteinhaltung -

14

-

der Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] (vgl. [X.], Kommentar zum
[X.], 9. Aufl., § 13 Rn. 8),
eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in [X.] kommt, zeigt der Vergleich, dass die Fristlänge des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Interessen des [X.] hinreichend wahrt. Hinzu tritt im konkreten Fall, dass die Landesjustizverwaltung den Kläger in dem an-gefochtenen Bescheid über die Frist belehrt hat, so dass eine geeignete [X.] getroffen wurde, den Berechtigten vor einem [X.] infolge Fristversäumung zu bewahren (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 1976 aaO).

[X.]
[X.]

Tombrink

Reiter

Liebert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.10.2014 -
86 [X.]/14 -

KG Berlin, Entscheidung vom 12.06.2015 -
9 [X.] -

Meta

III ZR 200/15

17.03.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. III ZR 200/15 (REWIS RS 2016, 14351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14351

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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