Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 30.08.2017, Az. 1 BvR 2266/16

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2017, 5973

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Bloße Verweisung auf Rspr eines Landesverfassungsgerichts erfüllt nicht die Anforderungen der §§ 23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG an eine substantiierte Beschwerdebegründung - sowie zu den Substantiierungsanforderungen bei der Rüge einer Verletzung des Willkürverbots durch eine letztinstanzliche, nicht begründungspflichtige Entscheidung


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die [X.]beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein sozialgerichtliches Verfahren wegen eines vorrangigen Anspruchs der Beschwerdeführerin gegenüber ihrem Ehemann auf einen Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360a Abs. 4 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch.

2

Mit der [X.]beschwerde rügt die Beschwerdeführerin unter anderem einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Sie stützt sich vornehmlich auf die Entscheidung des [X.] vom 29. Juni 2016 - [X.]. 42-VI-15 -, wonach das Willkürverbot auch dann verletzt sein kann, wenn eine gerichtliche Entscheidung nicht oder nicht angemessen begründet ist.

3

Die Voraussetzungen für die Annahme der [X.]beschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 [X.]) liegen nicht vor. Der [X.]beschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a [X.]). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung des als verletzt bezeichneten Grundrechts angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]).

4

Die [X.]beschwerde ist nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] entsprechend begründet. Eine diesen Anforderungen genügende Begründung der [X.]beschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. [X.] 81, 208 <214>; 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>; 113, 29 <44>). Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten [X.]beschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. [X.] 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; 88, 40 <45>). Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. [X.] 78, 320 <329>; 99, 84 <87>; 115, 166 <179 f.>). Liegt zu den mit der [X.]beschwerde aufgeworfenen [X.]fragen Rechtsprechung des [X.] bereits vor, so ist der behauptete [X.] in Auseinandersetzung mit den vom [X.] entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 101, 331 <345 f.>; 123, 186 <234>; 130, 1 <21>).

5

Die Beschwerdeführerin benennt lediglich die nach ihrer Ansicht verletzten Normen des Grundgesetzes und legt die Rechtsprechung des [X.] dar. Im Rahmen einer den Vorgaben der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügenden Begründung der [X.]beschwerde hätte sie jedoch zum Schutzbereich des als verletzt gerügten Grundrechts, zum behaupteten Eingriff, zu der aus ihrer Sicht fehlenden verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Eingriffs und insbesondere zu den bislang vom [X.] zum Willkürverbot entwickelten Maßstäben ausführen müssen (vgl. [X.] 130, 1 <21>). Letztendlich setzt die Beschwerdeführerin lediglich das fachgerichtliche Verfahren in Gestalt der [X.]beschwerde fort.

6

Im Weiteren war der verfahrensgegenständliche Beschluss des [X.] über die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unanfechtbar (§ 177 Sozialgerichtsgesetz - [X.]) und bedurfte deshalb gemäß § 142 Abs. 2 Satz 1 [X.] keiner Begründung (Knittel, in: [X.], Sozialgerichtsgesetz, 37. EL. 2017, § 73a [X.], Rn. 65). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist auch von [X.] wegen bei einer mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbaren letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung eine Begründung nicht geboten. Dem Grundgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass jede gerichtliche Entscheidung mit einer Begründung zu versehen ist (vgl. [X.] 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>). Im Rahmen einer den Vorgaben der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügenden Begründung der [X.]beschwerde hätte die Beschwerdeführerin demnach substantiiert und schlüssig darlegen müssen, inwiefern ein Verstoß gegen das Willkürverbot durch eine unangemessene Begründung einer gerichtlichen Entscheidung auch dann vorliegen kann, wenn zwar zur Begründung dieser Entscheidung keine gesetzliche Pflicht besteht, das Gericht sie aber gleichwohl mit einer Begründung versieht. Hierzu verhält sich die [X.]beschwerde jedoch nicht.

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2266/16

30.08.2017

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 23. August 2016, Az: L 1 R 564/15, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 142 Abs 2 S 1 SGG, § 177 SGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 30.08.2017, Az. 1 BvR 2266/16 (REWIS RS 2017, 5973)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5973

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