Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.10.2016, Az. B 13 R 337/15 B

13. Senat | REWIS RS 2016, 3230

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Vertretungszwang vor dem BSG - Klagerücknahme - Postulationsfähigkeit


Tenor

Das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 11. August 2015 wird eingestellt.

Der Gerichtsbescheid des [X.] vom 6. November 2013 und das Urteil des [X.] vom 11. August 2015 sind durch Klagerücknahme wirkungslos geworden.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache ist zwischen den Beteiligten die Berücksichtigung von Beiträgen zur Höherversicherung bei der Rentenberechnung streitig gewesen.

2

Das [X.] hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6.11.2013 ([X.]) abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat das L[X.]-Brandenburg mit Urteil vom [X.] (L 17 R 954/13) zurückgewiesen.

3

Der Kläger hat unter der Bezeichnung "Rechtslehrer a.D." mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schreiben vom [X.], beim [X.] eingegangen am 8.9.2015, gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] Beschwerde eingelegt. Auf die Aufforderungen des Berichterstatters [X.] und später von dessen Vertreter [X.], die Voraussetzungen einer Vertretungsbefugnis vor dem [X.] als Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule iS von § 73 [X.] [X.]G nachzuweisen, hat der Kläger diese [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Vor einer Entscheidung hierüber hat er jedoch mit Schreiben vom 25.11.2015, beim [X.] eingegangen am 1.12.2015, die Klage mit dem Aktenzeichen [X.] zurückgenommen. Mit weiterem, am 30.12.2015 eingegangenem Schreiben beantragt der Kläger, die Wirkungslosigkeit der ergangenen Entscheidungen des [X.] und des [X.] zu beschließen. Dabei legt er besonderen Wert darauf, im Rubrum eines solchen Beschlusses als "Rechtslehrer a.D." bezeichnet zu werden. Er verweist hierzu auf die Handhabung in dem ihn betreffenden Beschluss des [X.] vom 31.10.2005 zum Aktenzeichen 24 W 78/04.

4

II. 1. Der Senat kann eine Entscheidung unter Mitwirkung des [X.]s [X.] treffen. Das Ablehnungsgesuch gegenüber diesem [X.] ist rechtsmissbräuchlich, weil es mit Umständen begründet ist, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Umstand rechtfertigen können (vgl [X.] Beschluss vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11 - Juris Rd[X.] 28). Hierzu gehören insbesondere Gesuche, die Handlungen des [X.]s beanstanden, welche nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich ohne weiteres aus der Stellung des [X.]s ergeben ([X.] aaO Rd[X.] 30).

5

So verhält es sich hier. Der Kläger meint, [X.] [X.] unterstelle ihm eine Lüge, wenn er sein Vorbringen, "Rechtslehrer a.D." zu sein, nicht glaube, sondern dafür von ihm einen Nachweis fordere. Die Ermittlung, ob die Voraussetzungen für eine Selbstvertretung des [X.] vor dem [X.] iS von § 73 Abs 4 S 5 iVm Abs 4 [X.], [X.] [X.]G in tatsächlicher Hinsicht vorliegen (diese gehen über die Selbstbezeichnung als "Rechtslehrer a.D." deutlich hinaus), gehört jedoch zu den Handlungen, die das [X.]G dem Berichterstatter eines Verfahrens vor dem [X.] aufgibt (§ 165 iVm § 155 Abs 1, § 106 Abs 3 [X.] [X.]G). Zu dieser Sachverhaltserforschung sind die Beteiligten kraft gesetzlicher Anordnung heranzuziehen (§ 103 [X.] [X.]G); das gilt vor allem dann, wenn die betreffenden Umstände - wie hier - nicht gerichtsbekannt sind. Die Beanstandung eines [X.]s nur deshalb, weil dieser einen Nachweis dafür erbeten hat, dass der Kläger, der sich vor dem [X.] selbst vertreten will, als Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der [X.] oder gleichgestellter [X.] tätig gewesen sei, ist somit offenkundig ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu rechtfertigen.

6

Die weiteren Ablehnungsgesuche des [X.] in Bezug auf die [X.] [X.] und Prof. Dr. S. sind überholt, da diese zwischenzeitlich aus dem Gericht bzw aus dem Senat ausgeschieden sind (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 60 Rd[X.]0b).

7

2. Aufgrund der wirksamen Klagerücknahme ist entsprechend dem Antrag des [X.] gemäß § 102 Abs 3 [X.] [X.]G die Einstellung des Verfahrens durch Beschluss auszusprechen.

8

a) Nach § 102 Abs 1 [X.] [X.]G kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Rücknahme ist hier rechtzeitig erfolgt. Insoweit kann dahinstehen, ob der Kläger die speziellen Voraussetzungen für die Vertretungsbefugnis eines Rechtslehrers nach § 73 [X.] [X.]G tatsächlich erfüllt und damit die Beschwerde unter Beachtung des Vertretungszwangs vor dem [X.] (§ 73 Abs 4 [X.]G) formgerecht eingelegt hat. Auch eine ggf unzulässig eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hemmt den Eintritt der Rechtskraft. Das Urteil des [X.] wird erst mit der Verwerfung der Beschwerde gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.]G rechtskräftig (§ 160a Abs 4 [X.] [X.]G). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das eingelegte Rechtsmittel an sich statthaft und fristgerecht eingelegt ist (vgl [X.] Beschluss vom 24.10.1983 - GmS-OGB 1/83 - [X.], 353). Ist demnach die Klagerücknahme auch noch während des beim [X.] anhängigen Beschwerdeverfahrens zulässig, so wird sie mit der Erklärung gegenüber diesem Gericht wirksam (vgl [X.] Beschluss vom 27.9.1983 - 8 BK 16/82 - [X.] 1500 § 102 [X.] 5 [X.]1; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 102 Rd[X.] 7a).

9

Auch für die Wirksamkeit der Rücknahme der Klage kommt es nicht darauf an, ob der Kläger vor dem [X.] postulationsfähig ist. Der Kläger, der die Nichtzulassungsbeschwerde selbst eingelegt hat, kann in einem "actus contrarius" diese oder auch die Klage selbst wieder zurücknehmen ([X.] Urteil vom 23.9.1982 - 8 RK 19/82 - Juris Rd[X.]8, insoweit in [X.]E 54, 104, 105 sowie in [X.] 2100 § 57 [X.] nicht abgedruckt).

b) Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 Abs 1 [X.] [X.]G). Gemäß § 202 [X.] [X.]G iVm § 269 Abs 3 [X.] ZPO werden - abgesehen von [X.] nach § 192 Abs 1, Abs 3 [X.] [X.]G - in der Sache bereits ergangene Entscheidungen mit der Klagerücknahme wirkungslos (vgl § 269 Abs 4 [X.] ZPO, § 92 Abs 3 [X.] VwGO; s auch [X.] Beschluss vom 14.10.1992 - [X.] - Juris Rd[X.] 4).

3. Nach § 102 Abs 3 [X.]G ist auch über die Kosten zu entscheiden, soweit diese entstanden sind. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 [X.]G und berücksichtigt insbesondere die mangelnden Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde zum Zeitpunkt der Klagerücknahme (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 3 zu § 193 [X.]G).

4. Dieser Beschluss ergeht ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 3 [X.]G) und somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher [X.] (§ 12 Abs 1 [X.] iVm § 40 [X.], § 33 Abs 1 [X.] [X.]G); er ist unanfechtbar (§ 102 Abs 3 [X.] [X.]G). Entgegen dem Ansinnen des [X.] ist für eine Angabe seines Standes oder Gewerbes (vgl § 130 [X.] ZPO) im Rubrum dieses Beschlusses kein Raum. Denn das Gesetz sieht eine Bezeichnung der Beteiligten in gerichtlichen Entscheidungen lediglich "nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren" vor (s § 136 Abs 1 [X.] [X.]G, der auch für Beschlüsse sinngemäß anzuwenden ist - vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 142 Rd[X.] 9).

Meta

B 13 R 337/15 B

27.10.2016

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Berlin, 6. November 2013, Az: S 1 R 4971/11, Gerichtsbescheid

§ 73 Abs 2 S 1 SGG, § 73 Abs 4 S 1 SGG, § 73 Abs 4 S 2 SGG, § 73 Abs 4 S 5 SGG, § 102 Abs 1 S 2 SGG, § 102 Abs 3 S 1 SGG, § 103 S 1 Halbs 2 SGG, § 106 Abs 3 SGG, § 136 Abs 1 Nr 1 SGG, § 160 SGG, § 160a SGG, § 130 Nr 1 ZPO, § 269 Abs 3 S 1 Halbs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.10.2016, Az. B 13 R 337/15 B (REWIS RS 2016, 3230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3230

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 2853/11

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