Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2019, Az. 9 AZR 149/17

9. Senat | REWIS RS 2019, 11221

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben - Ausschlussfrist


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 15. September 2016 - 5 [X.]/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der [X.], Urlaubsansprüche ihres verstorbenen Ehemanns aus den Jahren 2012 und 2013 abzugelten.

2

Die Klägerin ist Erbin ihres am 22. September 2013 nach einer lang andauernden Erkrankung verstorbenen Ehemanns (Erblasser). Dieser war bis zu seinem Tod bei der [X.] auf Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 11. Juni 1980 als [X.] beim [X.] beschäftigt. Sein Monatsgehalt betrug zuletzt 2.659,44 Euro brutto. Auf das Arbeitsverhältnis fanden nach § 2 des [X.] für Arbeiter des [X.] vom 27. Februar 1964 ([X.]) und die diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge Anwendung. Zuletzt richtete sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 ([X.]).

3

Der [X.] in der für den streitigen Zeitraum geltenden Fassung bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

1Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). …

        

(2)     

Im Übrigen gilt das [X.]urlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:

                 

a)    

Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.

                 

b)    

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält die/der Beschäftigte als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1; § 5 [X.] bleibt unberührt.

                 

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig [X.] nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei [X.] für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des [X.], denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend [X.] geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(5)     

Im Übrigen gilt § 26 mit Ausnahme von Absatz 2 Buchst. b entsprechend.

        

…       

        

§ 37   

        

Ausschlussfrist

        

(1)     

1Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. 2Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

        

…“    

        

4

Der Erblasser wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 2012 mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Zum Zeitpunkt seines Todes am 22. September 2013 stand ihm für das [X.] noch ein Arbeitstag Erholungsurlaub zu. Für das [X.] hatte er Anspruch auf 20 Arbeitstage Erholungsurlaub, vier Arbeitstage tariflichen Zusatzurlaub und drei Arbeitstage Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen. Am 1. Oktober 2013 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Sachbearbeiter M um Abgeltung der offenen Urlaubsansprüche des Erblassers. Am 7. Oktober 2013 wiederholte sie diese Bitte telefonisch gegenüber dem Sachbearbeiter Z und bat ggf. um schriftliche Erläuterung der Ablehnung. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des [X.]arbeitsgerichts vom 20. September 2011 (- 9 [X.] -) mit, die Abgeltung von Urlaub setze voraus, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch lebe. Als höchstpersönlicher Anspruch sei der Urlaubsanspruch nicht vererbbar. Mit Schreiben vom 6. Januar und 26. Februar 2015 forderte die Klägerin nochmals erfolglos die Abgeltung der Urlaubsansprüche des Erblassers.

5

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Abgeltung eines [X.] aus dem [X.] und von 27 Urlaubstagen aus dem [X.]. Sie hat die Auffassung vertreten, die Ausschlussfrist des § 37 [X.] finde zwischen den Parteien keine Anwendung. Der Tarifvertrag gelte nur zwischen der Arbeitgeberin und deren Beschäftigten. Zudem verstoße die Berufung der [X.] auf die Ausschlussfrist gegen [X.] und Glauben. Sie habe mit ihrem Schreiben vom 9. Oktober 2013 suggeriert, eine wirksame Geltendmachung iSv. § 37 [X.] sei bereits erfolgt. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, sie - die Klägerin - im Zuge der Gespräche im Oktober 2013 auf das Erfordernis einer schriftlichen Geltendmachung hinzuweisen.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.436,81 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. März 2015 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und die Rechtsauffassung vertreten, der Erbe eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers könne nicht die Abgeltung des diesem vor seinem Tod zustehenden Urlaubs beanspruchen. Dies gelte jedenfalls für den den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigenden Teil des Urlaubs. Ein etwaiger [X.] der Klägerin sei nach § 37 [X.] verfallen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Erstmals mit der Revisionsbegründung hat sie geltend gemacht, die Beklagte schulde ihr, sollte der [X.] verfallen sein, Schadensersatz in Höhe der Klageforderung. Die Beklagte habe die ihr obliegende Nachweispflicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] verletzt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Anspruch der Klägerin gemäß § 1922 Abs. 1 [X.] iVm. § 7 Abs. 4 [X.] auf Abgeltung der Urlaubsansprüche des Erblassers aus den Jahren 2012 und 2013 ist gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] verfallen.

I. Dem Erblasser standen nach den Feststellungen des [X.] zum [X.]punkt seines Todes am 22. September 2013 aus dem [X.] noch ein Arbeitstag Urlaub und aus dem [X.] insgesamt 27 Arbeitstage Urlaub zu. Die Urlaubsansprüche setzten sich aus dem gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 [X.]), tariflichem [X.] (§ 26 Abs. 1 [X.]), tariflichem Zusatzurlaub (§ 27 [X.]) und anteiligem Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung - SGB IX aF) zusammen.

II. Die Klägerin konnte nach § 1922 Abs. 1 [X.] iVm. § 7 Abs. 4 [X.] die Abgeltung des gegenüber dem Erblasser bis zu dessen Tod nicht erfüllten Urlaubsanspruchs verlangen. Im [X.]punkt des Todes endete das Arbeitsverhältnis des Erblassers. Zugleich ging sein Vermögen gemäß § 1922 Abs. 1 [X.] auf die Klägerin als Erbin über. Der Anspruch auf Vergütung als finanzieller Aspekt des dem Erblasser bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch zustehenden Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub ist mit Eintritt des Erbfalls nicht erloschen. Er besteht fort und ist an die Erben abzugelten (§ 7 Abs. 4 [X.]).

1. Für den gesetzlichen Mindesturlaub ergibt dies die richtlinienkonforme Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 [X.] (vgl. [X.]/[X.] NZA 2019, 1, 5; [X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 1 Rn. 23; [X.] 2015, 305, 321; [X.] 2017, 162, 164 f.; [X.]. [X.] 2014, 590, 592; [X.] 2014, 1361, 1362 f.; [X.] [X.] 2017, 79, 82 f.; [X.]/[X.] NJW 2016, 1764, 1765). Der Senat hält an seiner gegenteiligen Rechtsprechung (zuletzt [X.] 18. Oktober 2016 - 9 [X.] 45/16 (A) - und - 9 [X.] 196/16 (A) - jeweils Rn. 14) nicht weiter fest.

a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats stand den Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 [X.] zu, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endete (zuletzt [X.] 18. Oktober 2016 - 9 [X.] 45/16 (A) - und - 9 [X.] 196/16 (A) - jeweils Rn. 14 [X.]). Dem lag im Wesentlichen die Annahme zugrunde, der Urlaubsanspruch nach § 1 [X.] gehe als höchstpersönlicher Anspruch des Arbeitnehmers iSd. § 613 Satz 1 [X.] mit dessen Tod unter. Der Tod führe nicht nur zum Erlöschen des [X.] des Arbeitnehmers, sondern auch zum Untergang des Anspruchs auf Zahlung der Vergütung für die [X.] des nicht genommenen Urlaubs. Vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwerbe der Arbeitnehmer keine [X.], die als Teil seines Vermögens nach § 1922 Abs. 1 [X.] mit dem Erbfall auf die Erben übergehe und sich als Vollrecht, werdendes Recht oder Anwartschaft nach seinem Tod in einen [X.] iSv. § 7 Abs. 4 [X.] umwandeln könne (vgl. [X.] 12. März 2013 - 9 [X.] 532/11 - Rn. 12; 20. September 2011 - 9 [X.] 416/10 - Rn. 14 ff. [X.], [X.]E 139, 168).

b) Mit Beschlüssen vom 18. Oktober 2016 (- 9 [X.] 45/16 (A) - und - 9 [X.] 196/16 (A) -) hat der Senat den [X.] gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersucht, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] oder Art. 31 Abs. 2 GRC dem Erben eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für den dem Arbeitnehmer vor seinem Tod zustehenden Jahresurlaub einräumt.

c) Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 6. November 2018 (- [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]]) in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. dazu insb. [X.] 12. Juni 2014 - [X.] - [[X.]]) erkannt, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers der von ihm erworbene, vor seinem Tod nicht mehr genommene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub untergeht, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub besteht, der im Wege der Erbfolge auf die Rechtsnachfolger des Arbeitnehmers übergehen könnte ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]]).

aa) Der Gerichtshof geht davon aus, dass der Tod nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des einmal erworbenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führt, der gleichbedeutend mit dem Anspruch auf Freistellung den auf Bezahlung umfasst. Unter seinem finanziellen Aspekt betrachtet sei der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub rein vermögensrechtlicher Natur. Dieser Vermögensbestandteil dürfe den Erben des Arbeitnehmers durch dessen Tod nicht rückwirkend entzogen werden. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] sehe vor, dass der bezahlte [X.] außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden dürfe und stelle damit insbesondere sicher, dass der Arbeitnehmer über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen könne, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit gewährleistet sei. Ende das Arbeitsverhältnis, sei es aber nicht mehr möglich, den bezahlten Jahresurlaub, der dem Arbeitnehmer zugestanden habe, tatsächlich zu nehmen. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit, den Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen, jeder Genuss dieses Anspruchs, selbst in finanzieller Form, verwehrt werde, bestimme Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.], dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für die nicht genommenen Urlaubstage habe. Die Bestimmung stelle für das Entstehen des Anspruchs keine anderen Voraussetzungen auf als diejenigen, dass zum einen das Arbeitsverhältnis beendet sei und zum anderen der Arbeitnehmer nicht den gesamten bezahlten Jahresurlaub genommen habe, auf den er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch hatte. Der Grund für die Beendigung des [X.] für den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung keine Rolle ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]] Rn. 42 bis 48).

bb) Der Gerichtshof hat hervorgehoben, dass eine nationale Regelung nicht anzuwenden sei, wenn sie nicht in diesem Sinne im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC ausgelegt werden könne. Das nationale Gericht habe aber dafür Sorge zu tragen, dass der Rechtsnachfolger des verstorbenen Arbeitnehmers von dem Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den vom Arbeitnehmer gemäß diesen Bestimmungen erworbenen, vor seinem Tod nicht mehr genommenen bezahlten Jahresurlaub erhalte. Stehe dem Rechtsnachfolger in einem Rechtsstreit ein staatlicher Arbeitgeber gegenüber, folge diese Verpflichtung für das nationale Gericht aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und aus Art. 31 Abs. 2 GRC. Stehe ihm ein privater Arbeitgeber gegenüber, folge sie aus Art. 31 Abs. 2 GRC (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]] Rn. 92).

d) Die nationalen Gerichte sind danach gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]] Rn. 66 f.).

aa) Art. 267 AEUV weist dem Gerichtshof zur Verwirklichung der Verträge über die [X.], der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit sowie einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts die Aufgabe der verbindlichen Auslegung der Verträge und Richtlinien zu (vgl. [X.] 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 27, [X.]E 158, 121; 7. August 2012 - 9 [X.] 353/10 - Rn. 26, [X.]E 142, 371). Daraus folgt, dass die nationalen Gerichte die Unionsvorschrift in dieser Auslegung (grundsätzlich) auch auf andere Rechtsverhältnisse als das dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende anwenden können und müssen, und zwar auch auf solche, die vor Erlass der auf das [X.] ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs entstanden sind ([X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 26).

bb) Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines [X.] im Wege der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen. Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des [X.] bestmöglich auszuschöpfen (vgl. [X.] 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 46 f.). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen ([X.] 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 47; 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 29, [X.]E 158, 121; 7. August 2012 - 9 [X.] 353/10 - Rn. 31, [X.]E 142, 371).

e) Die Bestimmungen der §§ 1, 7 Abs. 4 [X.] lassen sich richtlinienkonform auslegen. Damit bedarf es keiner Entscheidung des Senats, ob und inwieweit diese Vorschriften des [X.]es aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs vom 6. November 2018 (- [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]]) wegen Unvereinbarkeit mit Art. 31 Abs. 2 GRC unangewendet bleiben müssten.

aa) Der Wortlaut von § 1 und § 7 Abs. 4 [X.] steht einer richtlinienkonformen Auslegung nicht entgegen, nach der den Erben der [X.] auch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers zusteht. Vielmehr ist der finanzielle Aspekt des Anspruchs auf Erholungsurlaub im [X.] unabdingbar angelegt.

(1) Nach § 1 [X.] hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Das [X.] begründet damit nicht nur einen Freistellungsanspruch, sondern auch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Bezahlung. Das Gesetz verlangt, dass die [X.] der Freistellung von der Arbeitspflicht „bezahlt“ sein muss. § 1 [X.] entspricht insoweit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.], der den Anspruch auf Freistellung und denjenigen auf Zahlung des [X.] als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt ([X.] 10. Februar 2015 - 9 [X.] 455/13 - Rn. 21, [X.]E 150, 355).

(2) § 7 Abs. 4 [X.] sieht vor, dass der Urlaub abzugelten ist, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Die Bestimmung knüpft allein an die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verursachte Unmöglichkeit an, den noch bestehenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers durch bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zu realisieren, ohne bestimmte Beendigungstatbestände auszunehmen. Sie trifft keine Unterscheidung zwischen den Beendigungstatbeständen und enthält keine gesonderte Regelung über das rechtliche Schicksal der [X.] des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. § 7 Abs. 4 [X.] lässt damit seinem Wortlaut nach die Auslegung zu, dass Urlaub abzugelten ist, weil das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet und dadurch unmittelbar („wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses“) die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung eintritt (vgl. [X.] 2017, 162, 165; [X.]/[X.] NZA 2011, 80, 81; aA noch [X.] 20. September 2011 - 9 [X.] 416/10 - Rn. 22 ff., [X.]E 139, 168).

bb) Dieses richtlinenkonforme Verständnis entspricht sowohl dem Sinn und Zweck von § 1 und § 7 Abs. 4 [X.] als auch der Systematik des [X.]es. Die Bestimmungen des § 1 und § 7 Abs. 4 [X.] sollen gewährleisten, dass jeder Arbeitnehmer in regelmäßigem Rhythmus eine gewisse [X.] der Erholung erhält (vgl. [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] 353/10 - Rn. 24, [X.]E 142, 371; 26. Juni 1969 - 5 [X.] 393/68 - zu 1 der Gründe, [X.]E 22, 85) und Urlaubsansprüche nicht über einen langen [X.]raum angesammelt oder allein durch Zahlung von Geld ersetzt werden. Die [X.] des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub ist daher im bestehenden Arbeitsverhältnis fest mit dem Freistellungsanspruch verbunden. Sie darf aufgrund des sich aus § 7 Abs. 4 [X.] ergebenden [X.] nicht isoliert erfüllt werden. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfällt jedoch die Arbeitspflicht und damit die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer durch Freistellung von der Arbeitspflicht Urlaub zu gewähren (vgl. [X.] 10. Februar 2015 - 9 [X.] 455/13 - Rn. 19, [X.]E 150, 355). Die Bindung des Anspruchs auf Bezahlung an den Freistellungsanspruch und seine zeitliche Begrenzung nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 und Abs. 3 [X.] wird aufgelöst. § 7 Abs. 4 [X.] bestimmt als spezialgesetzliche Regelung des [X.] die Rechtsfolgen der Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und verdrängt damit die allgemeinen Regelungen der §§ 275 ff. [X.], die ansonsten bei Unmöglichkeit von Leistungen gelten ([X.] 20. September 2011 - 9 [X.] 416/10 - Rn. 23 [X.], [X.]E 139, 168). Während der Freistellungsanspruch infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses untergeht, erhält § 7 Abs. 4 [X.] die [X.] des Urlaubsanspruchs als [X.] selbstständig aufrecht. Der aus Freistellung von der Arbeitspflicht und Bezahlung zusammengesetzte Urlaubsanspruch wandelt sich in einen Anspruch auf Abgeltung des noch nicht erfüllten Urlaubs. Diese Umwandlung erfolgt, ohne dass der finanzielle Aspekt des originären Urlaubsanspruchs zunächst erlischt. Das [X.] bietet demgegenüber keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Anspruch auf Bezahlung als Bestandteil des Urlaubsanspruchs solle erst zu einem späteren [X.]punkt als der Freistellungsanspruch entstehen oder der Tod des Arbeitnehmers führe als Sonderfall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum Verlust des erworbenen Zahlungsanspruchs.

2. Der finanzielle Aspekt des dem Erblasser nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF zustehenden Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen ist als [X.] ebenfalls Bestandteil der Erbmasse geworden. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF haben schwerbehinderte Menschen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub. Der Vorschrift liegt derselbe Urlaubsbegriff zugrunde wie § 1 [X.]. Auf den Anspruch nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF sind die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung, Kürzung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden. Der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen teilt das rechtliche Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs, es sei denn, tarifliche oder einzelvertragliche Bestimmungen sehen für den Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen vor (st. Rspr., zB [X.] 13. Dezember 2011 - 9 [X.] 399/10 - Rn. 40 [X.], [X.]E 140, 133). Er ist daher abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers endet.

3. Die Grundsätze über die Vererbbarkeit des finanziellen Aspekts des gesetzlichen Mindesturlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers gelten ebenso für den tariflichen [X.] nach § 26 [X.] und den tariflichen Zusatzurlaub nach § 27 [X.].

a) Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] begründeten Anspruch auf [X.] von vier Wochen übersteigen, frei regeln (vgl. [X.] 3. Mai 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 34 ff. [X.]; [X.] 14. Februar 2017 - 9 [X.] 386/16 - Rn. 14). Dies schließt die Möglichkeit ein, das vollständige Erlöschen des tariflichen Mehr- und Zusatzurlaubs zu bestimmen, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis verstirbt, und damit die Vererbbarkeit der [X.] des Urlaubsanspruchs auszuschließen. Für einen vom [X.] abweichenden Regelungswillen der Tarifvertragsparteien müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehr- und Zusatzurlaub auszugehen (vgl. [X.] 14. Februar 2017 - 9 [X.] 386/16 - Rn. 15 [X.]). Der eigenständige, dem Gleichlauf der Urlaubsansprüche entgegenstehende Regelungswille muss sich auf den jeweils in Rede stehenden Regelungsgegenstand beziehen. Es genügt nicht, wenn in einem Tarifvertrag von Regelungen des [X.]es abgewichen wird, die mit den im Streit stehenden Regelungen nicht in einem inneren Zusammenhang stehen.

b) In §§ 26, 27 [X.] hat ein vom Gesetzesrecht abweichender Regelungswille der Tarifvertragsparteien für die hier in Rede stehenden Regelungsgegenstände keinen Niederschlag gefunden. Abweichungen ergeben sich hinsichtlich des [X.] (vgl. [X.] 22. Mai 2012 - 9 [X.] 575/10 - Rn. 11), nicht jedoch hinsichtlich des Urlaubsbegriffs, des Erlöschens der Urlaubsansprüche oder des Verlusts des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis verstirbt. Weder § 26 [X.] noch § 27 [X.] lässt sich entnehmen, der [X.] des tariflichen Mehr- und Zusatzurlaubs solle kein Vermögenswert zukommen. Die allgemeine Bezugnahme auf die Bestimmungen des [X.]es in § 26 Abs. 2 [X.] und § 27 Abs. 5 iVm. § 26 Abs. 2 [X.] deutet vielmehr darauf hin, dass dem [X.] kein eigenständiger Urlaubsbegriff, sondern der des § 1 [X.] zugrunde liegt. Gesonderte Regelungen über das Schicksal des finanziellen Aspekts des Urlaubsanspruchs im Falle des Versterbens des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis enthält der [X.] nicht. Auch hinsichtlich des [X.] haben die Tarifvertragsparteien nicht zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem tariflichen Mehr- und Zusatzurlaub differenziert. Soweit § 26 Abs. 2 [X.] und § 27 Abs. 5 iVm. § 26 Abs. 2 [X.] vom [X.] abweichende Regelungen enthalten, stehen diese nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Frage des [X.] der [X.] des tariflichen Mehr- und Zusatzurlaubs.

4. Der Klägerin stand damit nach § 1922 Abs. 1 [X.] iVm. § 7 Abs. 4 [X.] ein [X.] iHv. 3.436,81 Euro brutto zu. Einwendungen gegen die Berechnung des Anspruchs hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

III. Der Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin ist gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] erloschen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist hat die Klägerin nicht gewahrt.

1. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfasst „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Zu diesen gehört aufgrund fehlender sachlicher Einschränkungen der tariflichen Ausschlussfrist ua. der Anspruch auf Urlaubsabgeltung (vgl. [X.] 13. Dezember 2011 - 9 [X.] 399/10 - Rn. 17, [X.]E 140, 133).

2. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch einer tariflichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. [X.] 16. Dezember 2014 - 9 [X.] 295/13 - Rn. 28, [X.]E 150, 207; 9. August 2011 - 9 [X.] 365/10 - Rn. 14 ff., [X.]E 139, 1). Dies gilt auch für den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs (vgl. ausf. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] 475/10 - Rn. 32 ff. [X.]). Dem steht weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch die vom [X.] vorgenommene und für den Senat nach Art. 267 AEUV verbindliche Auslegung der Richtlinie 2003/88/[X.] entgegen (vgl. ausf. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] 365/10 - Rn. 22 ff. [X.]).

3. Die Klägerin hatte die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu beachten, obwohl sie nicht in einem Arbeitsverhältnis zur [X.] stand und selbst nicht tarifgebunden ist. Dies folgt aus dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 [X.]). Danach ist mit dem Tod des Erblassers nicht nur dessen Vermögen als Ganzes auf die Klägerin als Erbin übergegangen, sondern sie ist als Rechtsnachfolgerin zugleich in sämtliche Rechtsverhältnisse des Erblassers in dem Zustand eingetreten, in welchem sie sich zum [X.]punkt seines Todes befanden (vgl. [X.] 20. September 2011 - 9 [X.] 416/10 - Rn. 41 ff. [X.], [X.]E 139, 168; 7. Oktober 1981 - 4 [X.] 173/81 - [X.]E 36, 274). Bei einem Fortleben des Erblassers wäre der Urlaubsabgeltungsanspruch von diesem aufgrund bestehender Tarifgebundenheit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Meidung seines Verfalls unter Beachtung der tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen gewesen. Mit dem Tod des Erblassers stand der Klägerin der Anspruch auf Bezahlung des Urlaubs nach § 1922 Abs. 1 [X.] als ein mit einer Ausschlussfrist behafteter [X.] zu. Der zeitliche Bestand und die Art und Weise der Geltendmachung des Zahlungsanspruchs wurden durch die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmt (vgl. [X.] 23. März 2011 - 5 [X.] 7/10 - Rn. 31, [X.]E 137, 249; 25. Mai 2005 - 5 [X.] 572/04 - zu II der Gründe, [X.]E 115, 19). Für den Bestand des streitgegenständlichen [X.], der der Klägerin allein aus übergegangenem Recht zustand, war das Fehlen einer - eigenen - Tarifgebundenheit der Klägerin unerheblich (vgl. [X.] 7. Oktober 1981 - 4 [X.] 173/81 -).

4. Die Klägerin hat die tarifliche Ausschlussfrist nicht gewahrt.

a) Die Ausschlussfrist begann mit Fälligkeit des Anspruchs am 23. September 2013 zu laufen.

aa) Der Erblasser ist am Sonntag, dem 22. September 2013, verstorben. Der [X.] entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Wegfall des [X.]. Er wird grundsätzlich gleichzeitig fällig (vgl. [X.] 17. Oktober 2017 - 9 [X.] 80/17 - Rn. 29 [X.]). Die Klägerin konnte als Rechtsnachfolgerin des Erblassers erst am 23. September 2013 von der [X.] die Erfüllung des Anspruchs verlangen, denn dessen Fälligkeit hat sich nach § 193 [X.] auf den nächsten Werktag verschoben (vgl. [X.] 19. November 2014 - 5 [X.] 121/13 - Rn. 32 [X.], [X.]E 150, 88).

bb) Die Fälligkeit des Anspruchs ist nicht aufgrund der Stellung der Klägerin als Erbin erst zu einem späteren [X.]punkt eingetreten. Besondere Umstände können zu einem Auseinanderfallen von Entstehung und Fälligkeit eines Anspruchs führen. Sie liegen beispielsweise vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist etwa der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (vgl. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] 475/10 - Rn. 37). Solche besonderen Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen; sie sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr bestätigen die Gespräche der Klägerin mit Mitarbeitern der [X.] am 1. und 7. Oktober 2013, dass ihr die anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt waren und es ihr möglich gewesen wäre, den nunmehr erhobenen Anspruch fristgerecht gegenüber der [X.] schriftlich geltend zu machen.

b) Die Klägerin hat den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht fristgerecht iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] geltend gemacht.

aa) Mit den innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] am 1. und 7. Oktober 2013 an die Mitarbeiter der [X.] gerichteten mündlichen Aufforderungen, die Beklagte möge den Urlaub des Erblassers an sie abgelten, wahrte die Klägerin die tarifliche Ausschlussfrist nicht. Der Tarifvertrag verlangt eine schriftliche Geltendmachung. Zur Einhaltung der Ausschlussfrist und des [X.]s des § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] bedarf es zwar nicht der Schriftform nach § 126 Abs. 1 [X.], sondern es reicht die Textform des § 126b [X.] aus (vgl. [X.] 7. Juli 2010 - 4 [X.] 549/08 - Rn. 88 ff., [X.]E 135, 80). Eine mündliche Geltendmachung genügt jedoch dem [X.] nicht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Aufforderungen der Klägerin - insbesondere hinsichtlich der Spezifizierung ihrer Forderung - die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung des [X.]s iSd. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] inhaltlich erfüllten (vgl. hierzu [X.] 18. Februar 2016 - 6 [X.] 700/14 - Rn. 45, [X.]E 154, 118; 16. Januar 2013 - 10 [X.] 863/11 - Rn. 24, [X.]E 144, 210).

bb) Zum [X.]punkt der schriftlichen Geltendmachung durch die Klägerin mit Schreiben vom 6. Januar und 26. Februar 2015 war der Anspruch bereits verfallen. Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] lief sechs Monate nach Fälligkeit des [X.] am Montag, dem 24. März 2014, - der 23. März 2014 war ein Sonntag - ab (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, § 193 [X.]).

5. Die Berufung der [X.] auf den Verfall des Anspruchs ist nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 [X.]).

a) Ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, kann nach § 242 [X.] zum Verlust eines Rechts führen. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt etwa vor, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist oder wenn der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die diesen zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten ([X.] 19. November 2014 - 5 [X.] 121/13 - Rn. 36 [X.], [X.]E 150, 88). Gleiches gilt, wenn der Schuldner den Eindruck erweckt hat, der Anspruch werde auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt (vgl. [X.] 28. Juni 2018 - 8 [X.] 141/16 - Rn. 38 [X.]).

b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

aa) Die Würdigung des [X.], die Beklagte habe mit dem [X.] vom 9. Oktober 2013 weder auf eine schriftliche Geltendmachung verzichtet noch die Klägerin hiervon abgehalten, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

(1) Das Schreiben vom 9. Oktober 2013 enthält nichttypische Erklärungen. Deren Auslegung ist grundsätzlich den [X.] vorbehalten. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. [X.] 18. Juli 2017 - 9 [X.] 850/16 - Rn. 16).

(2) Das [X.] hat angenommen, mit dem Schreiben vom 9. Oktober 2013 habe die Beklagte lediglich der Bitte der Klägerin entsprochen, ihre Ablehnungsgründe zu erläutern. Dem Wortlaut des Schreibens könne nicht entnommen werden, die Beklagte akzeptiere die mündlichen Aufforderungen der Klägerin als formgerechte Geltendmachung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Auch biete das [X.] keinerlei Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigten, die Beklagte habe die Klägerin damit von einer schriftlichen Gelendmachung abgehalten.

(3) Diese Auslegung durch das [X.] hält dem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab stand. Das [X.] hat weder gegen Auslegungsgrundsätze und -regeln verstoßen noch wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen. Soweit die Revision rügt, die Beklagte habe, indem sie als Behörde mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 den Urlaubsabgeltungsanspruch verbindlich abgelehnt habe, die Klägerin von der schriftlichen Geltendmachung abgehalten und objektiv den Eindruck erweckt, die Klägerin habe durch die mündlichen Abgeltungsverlangen vom 1. und 7. Oktober 2013 den Anspruch bereits wirksam geltend gemacht, setzt sie lediglich ihre Würdigung an die Stelle der rechtlich möglichen Würdigung des [X.]. Damit kann jedoch die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen durch das Berufungsgericht nicht mit Erfolg angegriffen werden (vgl. [X.] 21. Dezember 2017 - 6 [X.] 863/16 - Rn. 27, [X.]E 161, 231; 12. November 2013 - 1 [X.] 475/12 - Rn. 20).

bb) Der [X.] ist die Berufung auf die tarifliche Ausschlussfrist auch nicht verwehrt, weil sie verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin auf diese hinzuweisen. Eine Hinweispflicht bestand bereits deshalb nicht, weil § 2 des zwischen dem Erblasser und der [X.] geschlossenen Arbeitsvertrags, den die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Erblassers gegen sich gelten lassen muss, auf den [X.] und die diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge Bezug nimmt. Die Bezugnahmeklausel erfasst den [X.] (vgl. [X.] 15. März 2011 - 9 [X.] 799/09 - Rn. 16, [X.]E 137, 221). Der [X.] wurde durch den Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des [X.] und der Länder vom 6. Dezember 1995 ([X.]) ersetzt. An die Stelle des [X.] in der Fassung des [X.] Nr. 4 vom 31. Januar 2003 trat am 1. Oktober 2005 der [X.].

cc) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellte, die Beklagte wäre ihren Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz, die nach dem Anwendungsbereich des Gesetzes allein gegenüber dem Erblasser als Arbeitnehmer der [X.] bestanden (§ 1 [X.]), nicht nachgekommen, begründete dies nicht den Einwand eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens.

(1) Verstößt ein Arbeitgeber gegen die in § 2 oder § 3 Satz 1 [X.] normierten Nachweispflichten, hindert ihn dies - für sich genommen - nicht, die Erfüllung eines vom Arbeitnehmer erhobenen Anspruchs unter Berufung auf die Ausschlussfrist abzulehnen, wenn die Voraussetzungen eines individuellen Rechtsmissbrauchs nicht erfüllt sind (vgl. [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 368/13 - Rn. 36, [X.]E 151, 170; 21. Februar 2012 - 9 [X.] 486/10 - Rn. 30).

(2) Danach lägen auch bei einer Verletzung von Nachweispflichten durch die Beklagte die Voraussetzungen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht vor. Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte für einen individuellen Rechtsmissbrauch der [X.] aufgezeigt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

IV. Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz nach § 280 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 [X.] Schadensersatz in Höhe der Klageforderung wegen Verletzung von Nachweispflichten iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch die Beklagte verlangt, liegt eine unzulässige Klageerweiterung in der Revisionsinstanz vor. Die Schadensersatzklage, die die Klägerin hilfsweise für den Fall der gerichtlichen Feststellung des Erlöschens des [X.] wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] erhoben hat, betrifft einen neuen Streitgegenstand. Eine Klageerweiterung ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig, weil das Revisionsgericht nach § 559 ZPO an das [X.] und die Feststellungen im Berufungsverfahren gebunden ist (vgl. [X.] 18. September 2012 - 9 [X.] 1/11 - Rn. 13). Feststellungen des [X.] zum geltend gemachten Schadensersatzanspruch sind nicht getroffen. Hierauf hat die Klägerin den [X.] in den Vorinstanzen auch nicht gestützt. Sie hat lediglich vorgetragen, der [X.] sei es versagt, sich auf die tarifliche Ausschlussfrist zu berufen, weil sie es unterlassen habe, auf diese hinzuweisen.

V. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    Weber     

        

        

        

    Stang    

        

    Matth. [X.]    

                 

Meta

9 AZR 149/17

22.01.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Kiel, 16. Dezember 2015, Az: 4 Ca 1102 c/15, Urteil

Art 7 EGRL 88/2003, § 7 Abs 4 BUrlG, § 1922 Abs 1 BGB, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, § 26 TVöD, § 27 TVöD, § 37 Abs 1 S 1 TVöD, § 125 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2019, Az. 9 AZR 149/17 (REWIS RS 2019, 11221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 11221

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 45/16 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaubsabgeltung - Tod im laufenden Arbeitsverhältnis


3 Sa 21/15 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


9 AZR 10/17 (Bundesarbeitsgericht)

Ruhendes Arbeitsverhältnis - Kürzung des Urlaubsanspruchs - Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben


9 AZR 170/14 (Bundesarbeitsgericht)

Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs


11 Sa 537/15 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 463/19

7 Sa 940/20

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.