Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.06.2021, Az. B 13 R 17/20 BH

13. Senat | REWIS RS 2021, 4933

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2020 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Der Kläger mit Wohnsitz im [X.] bezieht seit Oktober 1992 eine Pension des [X.] Rentenversicherungsträgers und seit Jan[X.]r 2006 eine Regelaltersrente von der [X.]. Er ist der Auffassung, ihm steht unter Anwendung von Art 4 und 5 der [X.] ([X.]) 883/2004 rückwirkend eine höhere Rente aus der [X.] gesetzlichen Rentenversicherung zu. Nach seiner Argumentation bezöge er mit einem Wohnsitz in [X.] zusätzlich zu seiner Pension und der Regelaltersrente eine Ausgleichszahlung nach [X.] Recht. Diese sei nicht exportierbar. Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben habe die Beklagte ihn aber finanziell so zu stellen, als bezöge er eine solche Ausgleichszahlung. Der Kläger machte einen auf diese Weise begründeten Anspruch auf eine höhere Rente erstmals 2017 ohne Erfolg gegenüber der [X.] geltend (Bescheid vom 12.12.2017; Widerspruchsbescheid vom 8.3.2018; [X.] Gerichtsbescheid vom 7.12.2018 - [X.] R 371/18 -; [X.] Urteil vom 19.3.2019 - L 14 R 753/18). Ein seinerzeit gestellter Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos ([X.] Beschluss vom 3.7.2019 - [X.] R 9/19 BH -; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 29/19 C). Mit der im Wesentlichen gleichen Argumentation hat der Kläger Rechtsbehelfe gegen die Mitteilung der [X.] über die zum [X.] erfolgende Rentenanpassung ergriffen. Das [X.] hat die gegen die klagabweisende erstinstanzliche Entscheidung gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat es [X.] ausgeführt, die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Einen Anspruch auf Zuerkennung einer höheren Rente unter Anwendung von Art 4 und 5 der [X.] ([X.]) 883/2004 könne der Kläger nicht mittels Anfechtung der Rentenanpassungsmittelung geltend machen. Diese enthalte lediglich eine Regelung zur Anpassung an den aktuellen Rentenwert und auch dies erst für den Zeitraum ab dem [X.]. Die Rentenhöhe an sich werde darin nicht neu geregelt. Die Revision gegen seine Entscheidung hat das [X.] nicht zugelassen.

2

Der Kläger hat mit privatschriftlichem Schreiben, das am 5.12.2020 beim [X.] eingegangen ist, die Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines nicht benannten Rechtsanwalts für das Verfahren einer noch einzulegenden Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Er hat seinen Antrag zugleich begründet. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er vorgelegt.

II

3

1. Der PKH-Antrag des [X.] ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem [X.] nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung statthafte und vom Kläger angestrebte Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a [X.]). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 [X.] nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein bestimmter Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Akten des [X.] und derjenigen der [X.] auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des [X.] nicht ersichtlich. Mit der Ablehnung des [X.] entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 [X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

4

a) Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ein zur Vertretung vor dem [X.] zugelassener Prozessbevollmächtigter (vgl § 73 Abs 4 Satz 1 bis 3 [X.]) erfolgreich geltend machen könnte, der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] zu. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine derartige Rechtsfrage stellt sich vorliegend nicht.

5

Es ist insbesondere bereits geklärt, dass eine Anpassungsmitteilung nur die Berechnung des [X.] auf Grund des geänderten aktuellen [X.] (§ 68 [X.]) betrifft und die weiteren Berechnungsfaktoren der Rente nach § 64 [X.] unberührt lässt (vgl zB [X.] Beschluss vom 26.10.2017 - [X.] R 54/17 B - juris Rd[X.] 9; [X.] Beschluss vom 8.11.2018 - [X.] R 22/18 BH - juris Rd[X.] 7; zuletzt [X.] Beschluss vom 17.3.2020 - B 5 R 2/20 BH - juris Rd[X.] 5, jeweils mwN). Ebenso wenig bestehen angesichts der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl [X.] ; Beschluss vom [X.] - 1 BvR 79/09 - [X.]-2600 § 68 [X.] 4; [X.] <Kammer> Beschluss vom [X.], 1 BvR 1247/07 - [X.]-2600 § 68 [X.]) klärungsbedürftige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsvorschriften, die der Rentenanpassung zugrunde liegen.

6

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ließe sich auch nicht mit Blick auf europarechtliche Vorgaben darlegen, die der Kläger in den Vordergrund seines Vorbringens stellt. Es fehlt bereits an der erforderlichen Klärungsfähigkeit etwaiger damit verbundener Fragen. Das [X.] müsste darüber im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheiden (vgl zum Merkmal der Klärungsfähigkeit etwa [X.] Beschluss vom 5.8.2020 - B 12 KR 4/20 BH - juris Rd[X.]1). Da die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung ausschließlich die Erhöhung der Rente auf Grund des geänderten aktuellen [X.] zum [X.] betrifft, ist die vom Kläger begehrte Festsetzung einer höheren Rente unter Anwendung von Art 4 und 5 der [X.] ([X.]) 883/2004 nicht Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheids. Zudem sind die vorliegend in den Raum gestellten Fragen zu deren Regelungsinhalt nicht klärungsbedürftig, wie der Senat bereits bezogen auf das erste Klageverfahren des [X.] ausgeführt hat (Beschluss vom 3.7.2019 - [X.] R 9/19 BH - juris Rd[X.]0).

7

b) Es spricht nichts dafür, dass ein beim [X.] zugelassener Prozessbevollmächtigter mit Erfolg den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) geltend machen könnte. Die angefochtene Entscheidung des [X.] ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.

8

c) Es ist nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]), auf dem die Entscheidung des [X.] beruhen kann, in zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das [X.] den Streitgegenstand fehlerhaft verkannt habe (Verstoß gegen § 123 [X.]). Nach § 123 [X.] entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und vor allem bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden; erforderlichenfalls muss der Antrag ausgelegt werden (vgl nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 123 Rd[X.] 3 mwN). Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass das [X.] das Klagebegehren des [X.] entgegen den Wortlaut seines in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] selbst gestellten [X.] verkannt haben könnte. Insbesondere ist das [X.] nicht von einem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Ausgleichszulage nach [X.] Recht ausgegangen. Es hat vielmehr erkannt, dass der Kläger die Gewährung einer höheren Rente nach [X.] Recht begehrt, die ihn dem Betrag nach so stellen würde, als bezöge er eine solche Ausgleichszahlung.

9

Es spricht auch nichts dafür, dass der Kläger, wie er meint, in seinem aus Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG abgeleiteten Verfahrensgrundrecht auf ein objektiv willkürfreies Verfahren verletzt worden sein könnte. Ein Richterspruch ist nur dann willkürlich und verstößt damit gegen Art 3 Abs 1 GG, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht; hiervon kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl zuletzt etwa [X.] <Kammer> Beschluss vom 23.1.2008 - 2 BvR 364/07 - juris Rd[X.]9 mwN). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das [X.] diese verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht beachtet haben könnte. Dass es nicht näher auf Art 4 und 5 [X.] ([X.]) 883/2004 oder andere europarechtliche Regelungen eingegangen ist, hat nicht auf sachfremden Erwägung beruht. Dies findet seinen Grund vielmehr in dem - sogar mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimmenden - Rechtsstandpunkt des [X.] zum Regelungsinhalt der angegriffenen Rentenanpassungsmitteilung.

Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass das [X.] das aus Art 2 Abs 1 GG abgeleitete Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren verletzt haben könnte (vgl zu dessen Rechtsinhalt zB [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] P 1/21 BH - juris Rd[X.]0). Auch der Kläger trägt hierzu nichts vor, abgesehen von der bloßen Behauptung, er fühle sich in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Dass der Kläger das Urteil des [X.] offensichtlich für falsch hält, kann auch unter keinem anderen Gesichtspunkt zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl etwa [X.] Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - [X.]-1500 § 160 [X.]2 Rd[X.] 4; [X.] Beschluss vom 21.4.2020 - [X.] R 44/19 B - juris Rd[X.] 8; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 96/10 - [X.]-1500 § 178a [X.]1 Rd[X.]8 mwN).

Falls der Kläger mit seinem Vorbringen, er fechte "all die vorangegangenen gerichtlichen Entscheidungen" an, zudem die Bewilligung von PKH für - nicht weiter konkretisierte - Rechtsbehelfe gegen das Urteil des [X.] vom 19.3.2019 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 7.12.2018 beantragen will, ist auch ein solcher weitergehender Antrag abzulehnen. [X.] Rechtsbehelfen gegen diese inzwischen rechtskräftigen Entscheidungen (§ 202 Satz 1 [X.] iVm § 705 ZPO) fehlt unter jedem Aspekt die für eine PKH-Bewilligung erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht.

Meta

B 13 R 17/20 BH

16.06.2021

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG München, 5. Mai 2020, Az: S 21 R 1347/19

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.06.2021, Az. B 13 R 17/20 BH (REWIS RS 2021, 4933)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4933

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1 BvR 96/10

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