Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.08.2019, Az. VII ZR 34/18

7. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 4637

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Gegenstand

Bauvertrag: Anpassung des Einheitspreises bei Mengenmehrungen


Leitsatz

1. Wie die Vergütungsanpassung bei Mengenmehrungen vorzunehmen ist, wenn eine Einigung über den neuen Einheitspreis nicht zustande kommt, ist in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht geregelt. Die Bestimmung gibt nur vor, dass bei der von den Parteien zu treffenden Vereinbarung über den neuen Preis Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind. Die VOB/B legt die Verantwortung für die neue Preisbestimmung, durch die etwaigen Störungen des Äquivalenzverhältnisses entgegengewirkt werden soll, damit in die Hände der Vertragsparteien, die unter Berücksichtigung der geänderten Umstände einen neuen Preis aushandeln sollen.

2. Abgesehen von der in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vorgesehenen Einigung auf einen neuen Einheitspreis können die Vertragsparteien sowohl bei Vertragsschluss für den ungewissen Fall, dass Mengenmehrungen im Sinne dieser Bestimmung eintreten, als auch nachträglich, sobald aufgrund konkret eingetretener Mehrmengen ein neuer Einheitspreis verlangt wird, sich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen. Sie können etwa einen bestimmten Maßstab beziehungsweise einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmt werden soll.

3. Haben sich die Parteien nicht insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Elemente der Preisbildung geeinigt, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen ist. Dabei entspricht es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen im von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmten Umfang keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll.

4. Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergibt, dass - wenn nichts anderes vereinbart ist - für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 21. Dezember 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von [X.] aus einer Position eines Einheitspreisvertrags aufgrund einer Mengenmehrung in Anspruch.

2

Der Beklagte beauftragte die Klägerin im Mai 2013 unter Einbeziehung der VOB/B (2009) mit Abbrucharbeiten. Der Beauftragung lag das Angebot der Klägerin vom 2. April 2013 zugrunde, mit dem sie unter anderem die unter Position 02.02.0050 erfasste Leistung "Entsorgung von Bauschutt, Abfallschlüssel-Nummer 170106" (Entsorgung von Bauschutt als Gemisch oder getrennten Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen, Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten) für die vorgegebene Menge von 1 Tonne zu einem Einheitspreis von 462 €/t netto angeboten hatte. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass sie in ihrer [X.] eigene Verladekosten von 40 € pro Tonne und, basierend auf Angeboten der [X.], für Deponie- und Transportkosten 292 € pro Tonne und für die Containerstellung 60 € pro Tonne in Ansatz gebracht und auf diese Fremdkosten jeweils 20 % aufgeschlagen habe.

3

Tatsächlich hatte die Klägerin nicht nur 1 Tonne, sondern 83,92 Tonnen zu entsorgen, weil beim Abbruch Bauschutt angefallen war, der Anhaftungen von Teer und Farbe enthielt und als Bauschutt mit gefährlichen Stoffen entsorgt werden musste. Hierfür beanspruchte die Klägerin mit der Schlussrechnung den Einheitspreis von 462 € pro Tonne, insgesamt 38.771,13 € netto, dies entspricht 46.137,53 € brutto. Der Beklagte verlangte von der Klägerin wegen der Mehrmengen die Vereinbarung eines neuen Preises und Auskunft über die tatsächlichen Kosten der Entsorgung. Dem kam die Klägerin nach und teilte mit, dass sie für den Transport und für die Containerstellung der [X.] 2.296,80 € netto zahlte, was pro Tonne 27,37 € entspricht, und an die [X.] für die Entsorgung auf der Deponie 5.387,66 € netto, mithin pro Tonne 64,20 €, zusammen rund 92 € pro Tonne netto. Auf dieser Grundlage errechnete der Beklagte unter Berücksichtigung des Kalkulationszuschlags der Klägerin auf Fremdkosten von 20 % einen Einheitspreis von 109,88 € pro Tonne und hielt diesen für angemessen; er zahlte hierauf insgesamt 10.973,54 € brutto. Eine Einigung über einen neuen Einheitspreis für die Mehrmengen kam nicht zustande.

4

Das [X.] hat der Klage auf [X.] in Höhe von 1.604,39 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung ihrer [X.] die angefallenen Fremdkosten von rund 92 € pro Tonne zuzüglich eines Zuschlags von 20 % (109,88 €/t) und eigene Verladekosten (40 €/t) verlangen und darum nur einen Einheitspreis von 149,88 € pro Tonne netto für die Mehrmengen in Ansatz bringen.

5

Die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Berücksichtigung eines Abschlags auf die [X.] ihre Forderung auf Vergütung der Mehrmenge zu einem Einheitspreis von nur noch 406 € pro Tonne weiterverfolgt hat, hat lediglich geringfügigen Erfolg dahingehend gehabt, dass das Berufungsgericht einen neuen Einheitspreis von 150,40 € pro Tonne netto angenommen hat.

6

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zweitinstanzlichen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

I.

8

Das [X.]erufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1275 veröffentlicht ist, sieht gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] (2009) für die über 110 % hinausgehende Mehrmenge einen Einheitspreis in Höhe von 150,40 € pro Tonne als berechtigt an. Die Voraussetzungen für eine Preisherabsetzung seien gegeben, weil die Mehrmengen zu Ersparnissen zwar nicht bei den [X.], aber bei den Container- und Transportkosten geführt hätten.

9

Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 [X.]/[X.] sei es sicherzustellen, dass sich Leistung und Gegenleistung auch bei einer Überschreitung der im Einheitspreisvertrag vorgesehenen Mengen angemessen gegenüberstünden. Für die Preisanpassung sei grundsätzlich der ursprüngliche Angebotspreis fortzuschreiben und es seien nicht die tatsächlich entstandenen Fremdkosten maßgeblich. Etwas Anderes gelte aber, wenn - wie hier - der Auftragnehmer seinen Angebotspreis auf der Grundlage von Nachunternehmerpreisen kalkuliert habe, die dann infolge der Mengenüberschreitung hinfällig geworden und von dem Nachunternehmer auch nicht verlangt worden seien.

Dies zu Grunde gelegt sei davon auszugehen, dass die [X.] ihre Leistungen nicht zu 292 € pro Tonne (Transport- und Deponiekosten) sowie 60 € pro Tonne (Containerstellung) angeboten hätte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass zwar die Deponiekosten mit 64,20 € pro Tonne unverändert geblieben wären, die Klägerin aber den Transport (ursprünglich: 292 €/t abzüglich 64,20 €/t = 227,80 €/t) und die Containerstellung zu einem Preis von 27,37 € pro Tonne (insgesamt also für alle drei Positionen rund 92 €/t) angeboten hätte. Die Klägerin hätte einen [X.] von 20 % und ihre eigenen kalkulierten [X.] von 40 € pro Tonne netto hinzugerechnet, so dass sie die hier in Rede stehende Leistung zu einem Einheitspreis in Höhe von 150,40 € pro Tonne netto angeboten hätte.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Klägerin kann von dem [X.]eklagten über den zugesprochenen [X.]etrag hinaus keine weitere Vergütung nach § 631 Abs. 1 [X.]G[X.] i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] verlangen.

1. Im Ergebnis zutreffend hat das [X.]erufungsgericht entschieden, dass der [X.]eklagte für die unter der Position 02.02.0050 des [X.] erfassten Leistungen einen neuen Preis für die den [X.] von einer Tonne um mehr als 10 % überschreitenden Mengen verlangen kann.

a) § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] bestimmt, dass für eine über 10 v.[X.] hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes eines [X.] auf Verlangen ein neuer Preis vereinbart werden muss.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für diese Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] sind gegeben, weil die nach dem [X.] 170106 zu entsorgende Menge [X.]auschutt nicht nur 1 Tonne, sondern 83,92 Tonnen betrug und sich der [X.] so über den Toleranzrahmen von 10 % hinaus erhöhte. Die Mengenmehrung beruhte allein darauf, dass die vorgefundenen Verhältnisse anders als erwartet waren, weshalb sich die Mengenangabe in Ausschreibung und Angebot als zu niedrig erwies. Die Leistung selbst blieb qualitativ gleich. Der Senat hat die gegen diese Fest-stellungen des [X.]erufungsgerichts erhobenen [X.] der Revisionserwiderung geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Entgegen der Auffassung des [X.] ist aufgrund des Einsatzes größerer Container als ursprünglich vorgesehen nicht von einer Leistungsänderung im Sinne von § 2 Abs. 8 [X.]/[X.] auszugehen.

Der [X.]eklagte hat die [X.]estimmung eines neuen, herabgesetzten [X.] verlangt. Er muss daher hinsichtlich der Position 02.02.0050, unter der die Transport- und Entsorgungsleistungen zusammengefasst sind, neu bestimmt werden (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 1969 - [X.], [X.] 1969, 655, juris Rn. 32).

b) Entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts ergibt sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] allerdings nicht, dass eine auf die Mengenmehrung kausal zurückzuführende Veränderung der im ursprünglichen Einheitspreis veranschlagten Kosten Voraussetzung für den Anspruch auf [X.]ildung eines neuen [X.] ist (a.[X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 5. Teil Rn. 126), mag eine solche Veränderung auch der Regelfall sein. Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] ist für das Preisanpassungsverlangen nur gefordert, dass eine über 10 v.[X.] hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes festgestellt ist.

2. Verlangt eine [X.] eine Anpassung des [X.], haben die [X.]en gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] unter [X.]erücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten einen neuen Einheitspreis zu vereinbaren. Maßgeblich ist danach in erster Linie die getroffene Einigung der Vertragsparteien auf einen neuen Einheitspreis. Eine solche Einigung ist nicht zustande gekommen.

3. a) Wie die Vergütungsanpassung bei [X.] vorzunehmen ist, wenn eine Einigung über den neuen Einheitspreis nicht zustande kommt, ist in § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] nicht geregelt. Die [X.]estimmung gibt nur vor, dass bei der von den [X.]en zu treffenden Vereinbarung über den neuen Preis Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind. Die [X.]/[X.] legt die Verantwortung für die neue Preisbestimmung, durch die etwaigen Störungen des [X.] entgegengewirkt werden soll, damit in die Hände der Vertragsparteien, die unter [X.]erücksichtigung der geänderten Umstände einen neuen Preis aushandeln sollen. Dies begründet einen vertraglichen Anspruch auf Einwilligung in einen neuen Preis, die [X.]en sind zur Kooperation verpflichtet (vgl. [X.], Urteil vom 14. April 2005 - [X.], [X.], 1152 = NZ[X.]au 2005, 455, juris Rn. 18).

b) Können sich die [X.]en nicht auf einen neuen Einheitspreis verständigen, so entscheidet im Streitfall das angerufene Gericht. Es hat zu prüfen, ob der in Ansatz gebrachte Preis gerechtfertigt ist (vgl. [X.], Urteil vom 14. April 2005 - [X.], [X.], 1152 = NZ[X.]au 2005, 455, juris Rn. 18; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Teile A und [X.], 20. Aufl., § 2 Abs. 3 [X.]/[X.] Rn. 30), wobei auch eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO möglich ist (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 2008 - [X.] Rn. 37, [X.]Z 179, 213). Der neue Preis kann unmittelbar zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden ([X.], Urteil vom 14. April 2005 - [X.], [X.], 1152 = NZ[X.]au 2005, 455, juris Rn. 18).

4. a) Abgesehen von der in § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] vorgesehenen Einigung auf einen neuen Einheitspreis können die Vertragsparteien sowohl bei Vertragsschluss für den ungewissen Fall, dass [X.] im Sinne dieser [X.]estimmung eintreten, als auch nachträglich, sobald aufgrund konkret eingetretener Mehrmengen ein neuer Einheitspreis verlangt wird, sich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen. Sie können etwa einen bestimmten Maßstab beziehungsweise einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] bestimmt werden soll (vgl. [X.], Urteil vom 14. März 2013 - [X.] Rn. 14, [X.]Z 197, 52).

Ein solche Verständigung über ein Teilelement liegt vor. Die [X.]en haben sich darüber geeinigt, dass der von der Klägerin ihrer Kalkulation zu Grunde gelegte [X.] in Höhe von 20 % auf Fremdkosten bei der [X.]ildung des neuen [X.] ebenfalls heranzuziehen ist. Die Klägerin hat diesen Zuschlag mit ihrer Klage gefordert. Die [X.]eklagte hat ihrer der Klage entgegengesetzten [X.]erechnung zwar geringere Fremdkosten (Deponie-, Transport- und Containerkosten in Höhe von 92 €/t) zu Grunde gelegt, auf diese aber den geforderten [X.] von 20 % aufgeschlagen. Für die verbleibenden Teilelemente der Preisbildung ist keine Einigung zustande gekommen.

b) Ein den [X.], stillschweigendes Verständnis der [X.]en von der Vertragsklausel des § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] im Hinblick auf einen Gesamtmaßstab für die [X.]estimmung eines neuen [X.], etwa im Sinne einer vorkalkulatorischen Preisfortschreibung (vgl. [X.], Urteil vom 14. März 2013 - [X.] Rn. 14, [X.]Z 197, 52), ist vom [X.]erufungsgericht nicht festgestellt oder sonst zugrunde zu legen.

c) Des Weiteren kann der Maßstab für die [X.]ildung des neuen [X.] nicht durch Rückgriff auf ein allgemeingültiges Verständnis der Regelung durch die beteiligten Verkehrskreise oder eine bestehende Übung bestimmt werden. Die Handhabung in der Praxis folgt unterschiedlichen Ansätzen und differiert zudem zwischen leistungsabhängigen und leistungsunabhängigen Kosten der Leistungserbringung. Rechtsprechung und Literatur zeigen ebenfalls ein uneinheitliches [X.]ild.

aa) Der Senat hat hinsichtlich der Frage, nach welchen Kriterien der neue Einheitspreis bei § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] zu bilden ist, im Urteil vom 20. März 1969 ([X.], [X.] 1969, 655, juris Rn. 34) lediglich ausgeführt, bei der [X.]erechnung des neuen [X.] sei es nicht zulässig, die bisherigen Preisermittlungsgrundlagen ganz außer [X.] zu lassen. Ferner hat er in Fällen, in denen ein nach Maßgabe vorkalkulatorischer Preisfortschreibung gebildeter neuer Einheitspreis in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur [X.]auleistung stand (§ 138 [X.]G[X.]), auf die übliche Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] abgestellt. Dabei musste er allerdings zur [X.]erechnungsmethode nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] nicht Stellung nehmen (vgl. [X.], Urteil vom 14. März 2013 - [X.] Rn. 17, 23, [X.]Z 196, 355; Urteil vom 18. Dezember 2008 - [X.] Rn. 11, 29, [X.]Z 179, 213).

bb) Nach herrschender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur ist bei der Preisbildung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] die ursprüngliche Kalkulation des Auftragnehmers zu berücksichtigen und sind ihre Einzelbestandteile unter [X.]erücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten fort-zuschreiben (vorkalkulatorische Preisfortschreibung), wodurch das [X.] bei der [X.]ildung des neuen [X.] beibehalten werden soll ([X.], Urteil vom 30. Dezember 2014 - 17 U 83/13, juris Rn. 43; [X.], Urteil vom 13. März 2013 - 12 U 74/12, [X.], 1280 = NZ[X.]au 2013, 373, juris Rn. 37; [X.], Urteil vom 15. Dezember 2011 - 5 U 934/11, juris Rn. 11; OLG [X.]randenburg, Urteil vom 14. Dezember 2011 - 4 U 113/10, [X.], 1400, juris Rn. 60; [X.], Urteil vom 25. November 2011 - 1 U 571/10, juris Rn. 44; [X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 5. Teil Rn. 125; [X.]/[X.]artsch in [X.]/[X.], Der öffentliche [X.]auauftrag, 3. Aufl., Teil 4, Rn. 163 ff.; [X.]/[X.]/[X.], [X.], Teile A und [X.], 20. Aufl., § 2 Abs. 3 [X.]/[X.] Rn. 19 ff.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 2 [X.]/[X.] Rn. 117 ff.; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Teile A und [X.], 6. Aufl., § 2 [X.]/[X.] Rn. 213 ff.; [X.]eckOK [X.]/[X.]/[X.], Stand: 31. Januar 2019, § 2 Abs. 3 Rn. 20 ff.; [X.]eck'scher [X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 2 Abs. 3 Rn. 14 ff.; [X.]/[X.], [X.]/[X.], 6. Aufl., § 2 Rn. 146). Je nach [X.] des Auftragnehmers und Detailliertheit seiner [X.] finden sich in der Literatur dabei allerdings weit aus-differenzierte [X.]erechnungsmethoden, wobei in Einzelfragen, etwa hinsichtlich des Umgangs mit nicht auskömmlichen beziehungsweise überhöhten oder spekulativen Einheitspreisen oder mit Kalkulationsirrtümern, viel Streit herrscht (vgl. nur [X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 5. Teil Rn. 125 ff.; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Teile A und [X.], 6. Aufl., § 2 [X.]/[X.] Rn. 213 ff.; [X.]eck'scher [X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 2 Abs. 5 Rn. 51 ff.).

cc) Nach anderen Ansichten soll für die [X.]estimmung des neuen [X.] entsprechend dem Rechtsgedanken des § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] auf ortsübliche, angemessene Marktpreise oder auf die tatsächlich angefallenen Kosten bei Ausführung zuzüglich angemessener Zuschläge abgestellt werden (vgl. [X.], [X.], 411; [X.], [X.], 380; [X.], [X.], 182; zum [X.] im Übrigen [X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 5. Teil Rn. 134; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Teile A und [X.], § 2 [X.]/[X.] Rn. 213 ff.).

5. a) Da § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] keinen Maßstab zur Einheitspreisbildung beinhaltet, die [X.]en sich auf einen entsprechenden Maßstab nicht geeinigt haben und er auch nicht aus einem allgemeingültiges Verständnis der Regelung durch die beteiligten Verkehrskreise oder eine bestehende Übung folgt, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 [X.]G[X.] zu schließen ist (vgl. [X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 5. Teil Rn. 141). Auch Allgemeine Geschäftsbedingungen können eine planwidrige Regelungslücke enthalten und einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sein ([X.], Urteil vom 20. April 2017 - [X.] Rn. 25 m.w.N., [X.]Z 214, 340).

Danach ist entscheidend, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten ([X.], Urteil vom 17. Mai 2018 - [X.] Rn. 30, [X.], 1403 = NZ[X.]au 2018, 524; Urteil vom 15. November 2012 - [X.] Rn. 16, [X.], 236). Zu fragen ist also, welchen Maßstab die [X.]en zur [X.]estimmung des neuen [X.] vertraglich zu Grunde gelegt hätten, wenn sie seinerzeit vorhergesehen hätten, dass sie sich nicht auf einen neuen Einheitspreis für die relevanten Mehrmengen einigen können. Dabei entspricht es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen im von § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] bestimmten Umfang keine der Vertragsparteien eine [X.]esser- oder Schlechterstellung erfahren soll. Dies setzt voraus, dass keine [X.] von der unerwarteten Mengenmehrung zum Nachteil der anderen [X.] profitiert. Auch muss eine redliche Regelung eine gleichmäßige Verteilung des in der Unvorhersehbarkeit der Mengenmehrung liegenden wirtschaftlichen Risikos gewährleisten. Es gilt auf Seiten des Auftragnehmers eine nicht auskömmliche Vergütung zu vermeiden und auf Seiten des Auftraggebers eine übermäßige [X.]elastung zu verhindern.

b) Dies zu Grunde gelegt ergibt die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der [X.]en nach [X.] und Glauben, dass, wenn nichts anderes vereinbart ist, für die [X.]emessung des neuen [X.] bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] die tatsächlich erforderlichen Kosten der über 10 v.[X.] hinausgehenden Leistungsbestandteile zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind.

Für die hier noch umstrittenen Preisbestandteile in Gestalt der leistungsabhängigen Kosten bedeutet das, dass auf die durch den Einsatz der Nach-unternehmer unmittelbar verursachten Kosten, deren Erforderlichkeit außer Streit steht, zurückgegriffen werden kann. Hinsichtlich des [X.]s ist hingegen die Vereinbarung der [X.]en maßgeblich.

c) Dieser Maßstab der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bewirkt für den in § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] nicht geregelten Fall, dass die dort vorgesehene Einigung der [X.]en als Reaktion auf die eingetretene Mengenmehrung weder bezogen auf einen konkreten Preis noch auf einen Maßstab zur Preisbildung zustande kommt, einen bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen der Vertragsparteien.

aa) Zunächst spricht für eine Anknüpfung an die tatsächlich erforderlichen Kosten, dass diese ohne Weiteres ermittelt werden können und insofern eine realistische [X.]ewertung ermöglichen. Diese für den Zeitpunkt des Anfalls der Mehrmengen vorzunehmende [X.]ewertung bildet die Kostenwirklichkeit am sichersten ab. Ihr gebührt darum der Vorzug vor der hypothetischen Über-legung, welchen Einheitspreis der Auftragnehmer angeboten beziehungsweise die [X.]en zur Zeit des oft länger zurückliegenden Vertragsschlusses wohl vereinbart hätten, hätten sie die Mengenmehrung damals bedacht und einen höheren [X.] zugrunde gelegt.

bb) Die Anknüpfung an die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge stellt sich für keine der Vertragsparteien als zum Nachteil der anderen [X.] wirkender Vorteil dar. Der Auftragnehmer erhält so für die relevanten Mehrmengen eine auskömmliche Vergütung. Es wider-spräche [X.] und Glauben, würde er aufgrund der nicht vorhergesehenen Mengenmehrung auf Kosten seines Vertragspartners einen über die angemessenen Zuschläge hinausgehenden Gewinn erwirtschaften oder der Auftraggeber von einem infolge der Mengenmehrung für den Auftragnehmer [X.] oder unwirtschaftlich gewordenen Preis profitieren.

Entgegen der Auffassung der Revision hat die Klägerin darum auch keinen Anspruch darauf, dass ihr unternehmerische Gewinne uneingeschränkt verbleiben, die sich aus der Möglichkeit ergeben, die relevanten Mehrmengen im Vergleich zu ihrer [X.] günstiger an Nachunternehmer zu beauftragen. Den Interessen der Klägerin wird durch den vereinbarten [X.] von 20 % auf die erforderlichen Fremdkosten hinreichend Rechnung getragen.

cc) Es bedarf des Rückgriffes auf die vorkalkulatorische Preisfortschreibung nicht, um der Störung des [X.] adäquat zu begegnen. Das Preisanpassungsverlangen betrifft nur die relevanten Mehrmengen, während die im Wettbewerb zustande gekommene Vergütungsvereinbarung im Übrigen unangetastet bleibt, denn für die angebotene beziehungsweise im Vertrag vereinbarte Menge zuzüglich des [X.] von 10 % verbleibt es bei der vereinbarten Vergütung. Die der Anwendung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] folgende Aufspaltung der [X.] in zwei Teile trägt dem Grundgedanken Rechnung, dass für die im Vertrag aufgelisteten Mengen die Vertragsparteien einen Preis verbindlich festgelegt haben, welchen sie bezogen auf diese [X.] und in der Gesamtschau als [X.] von Leistung und Gegenleistung für angemessen hielten. An diesem müssen sie sich festhalten lassen. Für die [X.]estimmung des neuen Preises gilt das [X.] aber gerade nicht mehr. Soweit die [X.]efürworter der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung darauf abstellen, dass das [X.] erhalten bleiben und den vertraglichen Abreden zur Wirksamkeit verholfen werden soll, sieht die Regelung in § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] nach ihrem Wortlaut gerade nicht vor, dass der für die ursprünglich erwartete [X.] vereinbarte Preis, wenn auch in angepasster Form, für die diesen Rahmen überschreitende [X.] fortgelten soll. Vielmehr kann der neue Einheitspreis selbständig und losgelöst davon bestimmt werden.

dd) Gegenüber der Auffassung, es sei in den Fällen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 [X.]/[X.] der Maßstab der üblichen Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] anzuwenden, verspricht die Anknüpfung an denjenigen der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge ein redlicheres Ergebnis. Die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge etwa für [X.]austellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten und Gewinn sind der speziellere und damit gerechtere Maßstab, weil dadurch den [X.]esonderheiten des konkreten Einzelfalls Rechnung getragen werden kann.

d) Danach sind als tatsächliche Kosten für die den Toleranzrahmen von 10 % übersteigenden Mehrleistungen die von dem [X.]erufungsgericht festgestellten Kosten für Containerstellung, Transport und Deponie in Gesamthöhe von 92 € pro Tonne - mithin zuzüglich des Zuschlags von 20 % 110,40 € pro Tonne - sowie die eigenen [X.] der Klägerin in Höhe von 40 € pro Tonne anzusetzen (gesamt: 150,40 €/t). Rechtsfehler zum Nachteil der Revisionsklägerin sind insoweit nicht erkennbar. Die Erforderlichkeit dieser Kosten steht zwischen den [X.]en außer Streit.

6. Danach bleibt die Revision ohne Erfolg, weil der vom [X.]erufungsgericht als angemessen bestimmte Einheitspreis von 150,40 € pro Tonne für die über 1,1 Tonnen hinausgehenden Mengen gerechtfertigt ist.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Graßnack     

      

Sacher

      

[X.]orris     

      

[X.]renneisen     

      

[X.]erichtigungsbeschluss vom 18. September 2019

Tenor:

Das Urteil des Senats vom 8. August 2019 - [X.]/18 - wird im Rubrum dahin berichtigt, dass das beklagte Land vertreten wird durch das N.             [X.]amt für [X.]au und Liegenschaften, W.     straße 4, [X.]      .

Gründe:

Das Senatsurteil vom 8. August 2019 ist hinsichtlich der Vertreterbezeichnung auf [X.]eklagtenseite offenbar unrichtig, § 319 ZPO. Durch [X.]eschluss der N.              [X.]regierung vom 24. Mai 2017 (Nds. M[X.]l. Nr. 23/2017, [X.]) ist die dort als Vertreterin des [X.] angegebene [X.] bereits mit Ablauf des 1. Oktober 2017 aufgelöst und zugleich mit Wirkung vom 2. Oktober 2017 das N.             [X.]amt für [X.]au und Liegenschaften (N.   ) als Rechtsnachfolger der [X.] als für Hochbau, Liegenschaftsverwaltung und Staatserbschaftsangelegenheiten zuständiger Stelle errichtet worden. Diese Änderung des Vertretungsverhältnisses ist offenbar, da sie sich aus der vorgenannten Veröffentlichung im N.              Ministerialblatt, die der [X.]eklagte mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 22. August 2019 vorgelegt hat, ergibt. Die Klägerin hat erklärt, dass gegen die mit diesem Schriftsatz zugleich beantragte [X.]erichtigung des [X.] vom 8. August 2019 keine Einwände bestehen.

[X.]     

  

Graßnack     

  

Sacher

  

[X.]orris     

  

[X.]renneisen     

  

Meta

VII ZR 34/18

08.08.2019

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 21. Dezember 2017, Az: 7 U 105/17, Urteil

§ 2 Abs 3 Nr 2 VOB B 2009, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.08.2019, Az. VII ZR 34/18 (REWIS RS 2019, 4637)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 1186-1187 REWIS RS 2019, 4637


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VII ZR 34/18

Bundesgerichtshof, VII ZR 34/18, 08.08.2019.


Az. 7 U 105/17

Oberlandesgericht Celle, 7 U 105/17, 21.12.2017.


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