Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.12.2012, Az. B 13 R 330/12 B

13. Senat | REWIS RS 2012, 408

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - fehlerhafte Beweiswürdigung - abstrakter Rechtssatz - Divergenz


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 23. Februar 2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Das [X.] hat im Urteil vom 23.2.2012 einen Anspruch des [X.] auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim [X.] erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten [X.] die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Rechtsprechungsabweichung sowie Verfahrensmängel geltend.

3

Die Beschwerde des [X.] ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 7.11.2012 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat keinen der gesetzlichen Zulassungsgründe formgerecht bezeichnet (§ 160a Abs 2 [X.] iVm § 160 Abs 2 [X.] bis 3 SGG).

4

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ordnungsgemäß dargelegt.

5

Hierfür ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu benennen und schlüssig darzustellen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl [X.]-1500 § 160 [X.]3 Rd[X.]9, [X.] Rd[X.]; [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 2 ff, [X.], jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich ([X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.]2 Rd[X.] 3 f, [X.]6 Rd[X.] 4 f, [X.] Rd[X.] ff).

6

Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Erfordernissen nicht gerecht. Er führt als Rechtsfrage an,

        

"ob eine Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung grundsätzlich nie mit einer Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vergleichbar ist und deshalb grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die im Rahmen einer Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (wie vom Kläger im Förderverein [X.]/Lübz getan) geleistete Tätigkeiten bzw. Arbeitsleistungen nicht als Ausdruck eines echten Leistungsvermögens für eine Tätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes gelten."

7

Es kann offenbleiben, ob der Kläger damit eine abstrakte Rechtsfrage im Sinne des § 160 Abs 2 [X.] SGG zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer Rechtsvorschrift des Bundesrechts mit höherrangigem Recht formuliert oder vielmehr eine Frage zur zutreffenden Subsumtion in seinem Einzelfall gestellt hat. Denn er bezeichnet weder die Rechtsnorm, deren Auslegung oder Anwendung in einem Revisionsverfahren zu erörtern wäre, noch teilt er den vom [X.] festgestellten Sachverhalt mit, auf dessen Grundlage dies zu erfolgen hätte (§ 163 SGG). Der [X.] kann daher allein anhand der Beschwerdebegründung nicht beurteilen, ob die benannte Frage in einem Revisionsverfahren überhaupt klärungsfähig wäre. Aber auch zum weiteren Klärungsbedarf dieser Frage im Lichte des Wortlauts der einschlägigen Rechtsvorschriften und hierzu bereits vorhandener oberstgerichtlicher Rechtsprechung hat der Kläger nichts dargetan. Sein Hinweis, es sei nicht allein der Kläger, der eine Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung absolviert habe, sondern es gebe viele solcher Einrichtungen, beschreibt allenfalls die Breitenwirkung der Frage, nicht aber deren Klärungsbedürftigkeit.

8

2. Der Kläger hat auch eine Rechtsprechungsabweichung nicht formgerecht bezeichnet.

9

Dies erfordert es, in der Beschwerdebegründung entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil sowie aus einer höchstrichterlichen Entscheidung einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des [X.] auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl [X.]-1500 § 160 [X.]0 Rd[X.] 4; [X.]3 Rd[X.]7). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz ([X.] § 160a [X.]; [X.]-1500 § 160a [X.] f).

Diese Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt:

a) Der Kläger beruft sich zunächst darauf, das [X.] habe im Urteil vom 12.12.1979 (1 RJ 104/78 - [X.] 2200 § 1246 [X.]4) entschieden, dass dem Umstand einer tatsächlichen Arbeitsleistung in einer dem Versicherten zumutbaren Tätigkeit ein weitaus stärkerer Beweiswert zukomme als etwaigen entgegenstehenden medizinischen Befunden. Es kann hier offenbleiben, ob das [X.] in dem bezeichneten Urteil einen solchen Rechtssatz tragend aufgestellt hat (vgl Rd[X.]8 ff des [X.] in Juris - [X.] 2200 § 1246 [X.]4 S 166 f). Denn der Kläger zeigt schon nicht auf, dass die hier angefochtene Berufungsentscheidung tatsächlich einen hiervon abweichenden rechtlichen Obersatz aufgestellt habe. Vielmehr beanstandet er die Beweiswürdigung des [X.] als "schlicht ergebnisorientiert" und "schlicht falsch", weil sie der tatsächlichen Arbeitsleistung bei der Beurteilung seiner Erwerbsfähigkeit "nicht den angemessenen Stellenwert" beigemessen habe. Auf eine (angeblich) fehlerhafte Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) kann eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch aufgrund der Anordnung in § 160 Abs 2 [X.] 3 Teils 2 SGG von vornherein nicht gestützt werden. Diese Beschränkung kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Kläger behauptet, dem als falsch erachteten Ergebnis der Beweiswürdigung des [X.] liege ein abstrakter Rechtssatz bzw eine [X.] zugrunde, die von dem (vermeintlichen) Rechtssatz des [X.] abweiche, ohne konkret aufzuzeigen, dass das [X.] einen solchen abweichenden Rechtssatz selbst aufgestellt hat.

b) Soweit der Kläger eine Divergenz des [X.]s zum Urteil des [X.] vom 24.4.1996 ([X.]E 78, 163 = [X.] 3-2600 § 44 [X.] 6) geltend macht, weil diese Entscheidungen Obersätze zur Berücksichtigung nicht auf dem "normalen" Arbeitsmarkt erbrachter Tätigkeiten bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit enthielten, die sich "signifikant" unterschieden, hat er schon nicht aufgezeigt, dass die genannten Entscheidungen zu derselben Rechtslage ergangen sind (vgl § 44 Abs 2 S 1 SGB VI in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung bzw § 43 Abs 2 S 2, [X.] [X.] SGB VI in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung). Zudem hat er nicht hinreichend dargestellt, dass die Entscheidung des [X.] auf der behaupteten Abweichung beruhe. Denn wenn nach seinen Ausführungen einerseits das [X.] klargestellt habe, dass die Tätigkeit eines Behinderten in einer Werkstatt für Behinderte für sich allein noch nicht bedeute, dass er auch erwerbsunfähig sei, während das [X.] andererseits darauf abgestellt habe, dass eine Tätigkeit außerhalb des "normalen" Arbeitsmarktes zwingend zur Annahme fehlender Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und damit zur Erwerbsunfähigkeit führe, so kann die Entscheidung des [X.] auf diesen unterschiedlichen Maßstäben nur beruhen, wenn eine Zugrundelegung der Kriterien des [X.] (vgl [X.]E 78, 163, 166 = [X.] 3-2600 § 44 [X.] 6 S 13) im Fall des [X.] zu einem abweichenden Ergebnis führen würde. Ausführungen hierzu enthält die Beschwerdebegründung jedoch nicht.

3. Schließlich ist auch ein Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet.

Wer die Zulassung der Revision wegen eines [X.] begehrt, hat in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau zu benennen. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] 3 Rd[X.] 4, [X.] 21 Rd[X.] 4 - jeweils mwN; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, [X.] Rd[X.] 202 ff). Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Teils 3 SGG).

Die Verfahrensrüge in der Beschwerdebegründung vom 7.11.2012 wird dem nicht gerecht. Zwar rügt der Kläger, das [X.] habe seine Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 103 SGG) verletzt, weil es die Frage des Eintritts des [X.] nicht weiter gutachterlich habe klären lassen, obgleich er in der mündlichen Verhandlung "durch Stellung eines entsprechenden Beweisantrages" nochmals darauf hingewiesen habe, dass hierzu weiter ermittelt werden müsse. Er gibt aber bereits den von ihm gestellten Antrag nicht wieder, so dass nicht beurteilt werden kann, ob es sich dabei um einen formgerechten Beweisantrag oder nur um eine Beweisanregung gehandelt hat (s hierzu [X.]sbeschluss vom 12.12.2003 - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 3 Rd[X.] f; [X.]-1500 § 160a [X.] 21 Rd[X.] f). Zudem fehlen jegliche Ausführungen zu dem voraussichtlichen Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme sowie zu der Frage, inwiefern die angefochtene Entscheidung des [X.] hierauf beruhen könne (vgl [X.] aaO).

Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Meta

B 13 R 330/12 B

12.12.2012

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Schwerin, 5. November 2009, Az: S 1 R 281/07

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 103 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 43 SGB 6

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.12.2012, Az. B 13 R 330/12 B (REWIS RS 2012, 408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 408

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 13 R 40/12 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Amtsermittlungspflicht - Rente wegen Erwerbsminderung - Verweisungstätigkeit - verschlossener Arbeitsmarkt


B 13 R 73/16 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - hinreichende Sachverhaltsdarstellung


B 12 KR 78/13 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache - Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage - Ermittlung ausländischen …


B 12 KR 102/13 B (Bundessozialgericht)

(Nichtzulassungsbeschwerde - Verstoß der Vorinstanz gegen das Schriftformerfordernis des § 151 Abs 1 SGG - …


B 12 KR 42/15 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Bezeichnung der Divergenz - Ausführungen zum Widerspruch im Grundsätzlichen - Nichtgenügen eines Rechtsirrtums …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.