Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 10.04.2019, Az. IV ZR 59/18

4. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 8320

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Auslegung der Risikoausschlussklausel einer Rechtsschutzversicherung betreffend Kapitalanlagegeschäfte


Leitsatz

Die in einer Rechtsschutzversicherung enthaltene Ausschlussklausel für "Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung" erfasst auch die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] - 2. Zivilkammer - vom 31. Januar 2018 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 27. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt seinen beklagten Rechtsschutzversicherer auf Gewährung von Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit seinem Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien in Anspruch.

2

Er unterhält bei der Beklagten seit dem 15. Januar 2016 eine Rechtsschutzversicherung, der Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung - gültig ab 1. Oktober 2015 - (im Folgenden nur: [X.]) zugrunde liegen. Darin heißt es unter anderem:

"§ 2 - Für welche Rechtsangelegenheiten gibt es Rechtsschutz?

Je nach Vereinbarung ... umfasst der Versicherungsschutz folgende Leistungsarten:

...

d) Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht

um Ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen, aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen und dinglichen Rechten.

...

§ 3 - Welche Rechtsangelegenheiten umfasst der Rechtsschutz nicht?

In folgenden Fällen haben Sie keinen Versicherungsschutz: ...

(2) ...

g) Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung; ...

§ 4 - Wann entsteht der Anspruch auf eine Rechtsschutzleistung?

(1 )Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls, der nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Ende eingetreten ist.

Der Rechtsschutzfall tritt ein:

a) im [X.] gemäß § 2 a) ...

b) im [X.] für Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht gemäß § 2 k) ...

c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem Sie oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll; ...

...

(4) Es besteht kein Rechtsschutz, wenn

a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1 c) ausgelöst hat; ...

..."

3

Der Kläger hatte mit Versicherungsbeginn 1. Dezember 2004 eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen, für die er nachfolgend Prämienzahlungen in Höhe von 9.550,50 € leistete, ehe er mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Februar 2016 den Widerspruch gemäß § 5a [X.] erklärte und von seinem Lebensversicherer die Erstattung der eingezahlten Prämien nebst Nutzungen begehrte. Mit Schreiben vom 3. März 2016 wies der Lebensversicherer den Widerspruch und das Zahlungsbegehren zurück.

4

Der Kläger bat daraufhin die Beklagte um Deckungsschutz für die erstinstanzliche Geltendmachung des Anspruchs und die vorgerichtliche Auseinandersetzung.

5

Die Beklagte lehnte die erbetene Kostenzusage ab. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Kapitalanlagegeschäften aller Art sei vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Zudem sei der in der Verweigerung der Rückabwicklung der fondsgebundenen Lebensversicherung liegende Verstoß bereits durch die im Jahr 2004 und damit vor Beginn der Rechtsschutzversicherung erteilte Widerspruchsbelehrung "ausgelöst" worden.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet sei und ihn ferner von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen freizustellen habe.

7

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Nebenforderungen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 - [X.], [X.]Z 191, 219 Rn. 8 m.w.[X.]).

9

Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in [X.], 248 veröffentlicht ist, hat der Kläger im versicherten Vertragsrechtsschutz Anspruch auf Versicherungsschutz. Der Rechtsschutzfall liege in versicherter Zeit. Er sei in der Weigerung des [X.] zu sehen, das Wi[X.]pruchsrecht des [X.] anzuerkennen und ihm den geforderten Betrag zurückzuzahlen.

Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Lebensversicherungsvertrag unterliege hierbei nicht dem Ausschluss des § 3 Abs. 2 lit. g) [X.]. Nach der gebotenen engen Auslegung dieses Ausschlusses sei der Versicherungsvertrag - möge er auch bedeutende Züge einer Kapitalanlage tragen - kein Kapitalanlagegeschäft im Sinne der Klausel. Eine fondsgebundene Lebensversicherung erfülle zwar bei wirtschaftlicher Betrachtung die Kriterien einer Kapitalanlage. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nehme einen Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung aber nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - als Kapitalanlage, sondern wesentlich - jedenfalls auch - als Versicherungsvertrag wahr. Dass ein "Mitwirken" eines [X.] - also eine Mischform - ausreichen solle, werde für den Versicherungsnehmer nicht deutlich.

An diesem Ergebnis ändere auch der Zusatz "aller Art" nichts. Diesen werde ein verständiger Versicherungsnehmer so interpretieren, dass zunächst überhaupt ein Kapitalanlagegeschäft im Sinne der Ausschlussklausel anzunehmen sein müsse und erst dann in einem zweiten Schritt klargestellt werde, dass es für den Ausschluss nicht darauf ankomme, welcher "Art" das Kapitalanlagegeschäft sei. Mit der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel sei ein Verständnis dahingehend, dass schon der Begriff des [X.] Geschäfte "aller Art" umfassen solle, also solche, die "irgendwie" Kapital zum Gegenstand hätten, nicht zu vereinbaren. Auch einen in der Rechtssprache umfassenden, in seinen Konturen eindeutigen Begriff des "[X.]", gebe es nicht.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Allerdings ist der Rechtsschutzfall - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - erst in versicherter Zeit durch die Weigerung des [X.] eingetreten, das Wi[X.]pruchsrecht des [X.] anzuerkennen und ihm die verlangten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu erstatten (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2013 - [X.], [X.], 283 Rn. 12 ff.). Der Deckungsanspruch des [X.] scheitert entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daran, dass bereits die in vorvertraglicher [X.] erteilte Wi[X.]pruchsbelehrung des [X.] den ihm angelasteten Verstoß "ausgelöst" habe und deshalb nach § 4 Abs. 4 lit. a) [X.] kein Versicherungsschutz bestehe. Denn die Beklagte kann sich auf die so genannte [X.] in § 4 Abs. 4 lit. a) [X.] nicht berufen, weil diese Klausel intransparent und mithin nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, wie der Senat mit seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urteil vom 4. Juli 2018 ([X.], [X.], 425 Rn. 23 ff.), dem eine wortgleiche Klausel zugrunde lag, entschieden und im Einzelnen begründet hat.

2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das angefochtene Urteil sei in dem letztgenannten Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO). Zwar hat sich das Berufungsgericht mit dem Einwand der Beklagten nicht auseinandergesetzt. Dennoch greift die Rüge nicht durch. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist § 547 Nr. 6 ZPO aus prozesswirtschaftlichen Gründen nicht heranzuziehen, wenn - wie hier - das nicht erörterte Verteidigungsmittel zur Abwehr der Klage ungeeignet ist (vgl. [X.], Urteile vom 21. September 2011 - [X.], [X.], 1356 Rn. 27; zu § 551 Nr. 7 ZPO a.F.; vom 18. Januar 1990 - [X.], NJW 1990, 2199 unter [X.] [juris Rn. 39], insoweit in [X.]Z 110, 104 nicht abgedruckt; vom 24. April 1989 - [X.], [X.], 761 unter 2 [juris Rn. 9]; vom 26. Januar 1983 - [X.], NJW 1983, 2318 unter [X.] [juris Rn. 18]; [X.], Beschluss vom 21. Dezember 1962 - [X.], [X.]Z 39, 333, 338 f.). Mangels Entscheidungserheblichkeit greift auch die Rüge der Revision aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht durch.

3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des [X.] auf Deckungsschutz aber nach § 3 Abs. 2 lit. g) [X.] ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom [X.] auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 2018 - [X.], [X.], 373 Rn. 16; vom 12. Juli 2017 - [X.], [X.], 478 Rn. 26; vom 20. Juli 2016 - [X.], [X.], 462 Rn. 22; vom 6. Juli 2016 - [X.], [X.]Z 211, 51 Rn. 17; vom 23. Juni 1993 - [X.], [X.]Z 123, 83, 85 [juris Rn. 14]; [X.] Rspr.).

Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 14. Juni 2017 - [X.], [X.], 421 Rn. 16; vom 20. Juli 2016 - [X.] aaO; jeweils m.w.[X.]).

b) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ist der Begriff "Kapitalanlagegeschäft" kein fest umrissener Begriff der Rechtssprache in diesem Sinn. Er verweist zwar auf rechtliche Kategorien; die Rechtssprache verbindet mit ihm aber keinen fest umrissenen, begrifflich festgelegten Inhalt (so auch Buschbell in [X.]./Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 7 Rn. 103; [X.] in [X.], [X.] [X.] Versicherungsrecht 4. Aufl. § 27 Rn. 415; jeweils zum Begriff "Kapitalanlage").

Eine abschließende, gewissermaßen allgemeingültige Bestimmung dessen, was ein "Kapitalanlagegeschäft" ausmacht, gibt es nicht. Schon der ihm innewohnende Begriff der "Kapitalanlage" ist in seinen rechtlichen Konturen nicht eindeutig festgelegt. Zwar verwenden ihn verschiedene gesetzliche Vorschriften allein oder als Bestandteil eines anderen Begriffs ("Kapitalanlagegesellschaft", "[X.]"), wie etwa § 341d HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 [X.], das Kapitalanlagegesetzbuch in seinem Titel, § 54b Abs. 1 Nr. 1 [X.] in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung und § 264a StGB in der amtlichen Überschrift. Er wird aber je nach dem besonderen Regelungsgegenstand des Gesetzes unterschiedlich verstanden. Weder existiert eine einheitliche gesetzliche Definition des Begriffs noch hat sich ein für alle Rechtsgebiete gleichermaßen geltendes Begriffsverständnis herausgebildet. Der Begriff ist damit im Bereich der Rechtssprache nicht genügend fest umrissen (a.A. [X.] r+s 2015, 18, 20 [juris Rn. 35]).

c) Demgemäß kommt es für die Auslegung der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel auf die [X.] und auch auf die Interessen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versicherteninteresse bei [X.] in der Regel dahin geht, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind [X.] nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Mai 2013 - [X.], [X.], 382 Rn. 41; vom 11. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 182, 187 f. [juris Rn. 24]; vom 17. März 1999 - [X.], [X.], 748 unter 2 a [juris Rn. 10]; jeweils m.w.[X.]). Auch nach diesem engen Maßstab greift die Klausel im Streitfall jedoch ein.

aa) Ein verständiger Versicherungsnehmer, der den Wortlaut der Klausel zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt, wird dem Begriff "Kapitalanlagegeschäft" zunächst schon aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs entnehmen, dass es dabei um Verträge geht, die eine Kapitalanlage zum Gegenstand haben (ebenso [X.] r+s 2015, 18, 20 [juris Rn. 34]). Er wird weiter erkennen, dass als Anlage von Kapital allgemein jeglicher Einsatz von zur Verfügung stehendem Geldvermögen angesehen wird, der nicht zum Verbrauch, sondern zum Zwecke des Erhalts oder der Vermehrung dieses Vermögens erfolgt (ähnlich [X.] aaO [juris Rn. 35]; [X.] in [X.], Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 3 [X.] 2010 Rn. 236).

Jedenfalls die Verknüpfung des Begriffs "Kapitalanlagegeschäft" mit dem Zusatz "aller Art" verdeutlicht ihm sodann, dass der Risikoausschluss nicht auf Rechtsgeschäfte, die sich auf bestimmte Gegenstände beziehen, oder auf bestimmte Vertragstypen - z.B. auf den Erwerb typischer Finanzanlagen oder spezieller Anlageprodukte, deren Zweck sich in einer Vermögensanlage erschöpft - beschränkt sein soll. Danach kann sich auch der Abschluss eines Versicherungsvertrages als Anlagegeschäft darstellen, soweit er über eine bloße Risikoabsicherung hinaus auch der Vermögensbildung dient.

bb) Eine Begrenzung der Reichweite der Klausel ist allerdings aufgrund ihres dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Sinns und Zwecks geboten. Dieser besteht darin, die erfahrungsgemäß beson[X.] kostenträchtigen Risiken und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten im Bereich der Kapitalanlagegeschäfte von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der [X.] zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl. Rechtsschutzversicherung Rn. 203; [X.]. in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3. Aufl. § 37 Rn. 334; [X.] in van [X.]/Plote, [X.] 3. Aufl. [X.] 2012 Rn. 51; vgl. auch Senatsurteile vom 28. Mai 2008 - [X.], [X.], 376 Rn. 10; vom 29. September 2004 - [X.], [X.], 1596 unter [X.] b [juris Rn. 30]; jeweils zur sog. [X.]; Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 - [X.], [X.], 23 Rn. 17 zum Ausschluss von [X.]; [X.] in [X.], Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 3 [X.] 2010 Rn. 1). Im Wortlaut des § 3 Abs. 2 lit. g) [X.] findet dies seinen Nie[X.]chlag darin, dass die vom Rechtsschutz ausgeschlossene Streitigkeit gerade "aus" einem Kapitalanlagegeschäft herrühren muss.

Dem wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass in Bezug auf Verträge, die neben dem [X.] auch anderen Zwecken dienen, nur solche Streitigkeiten unter den Ausschluss fallen, die ihren Ursprung jedenfalls auch in dem Anlagecharakter des Geschäftes haben. Diese Einschränkung beugt zugleich einer uferlosen Ausdehnung der Klausel vor und trägt dem Grundsatz enger Auslegung von [X.] Rechnung.

cc) In dieser engen Auslegung ist die Klausel nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Nr. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Intransparenz oder der Aushöhlung des [X.] des Versicherers unwirksam (vgl. zu entsprechenden Bedenken: [X.]/[X.], § 307 Rn. 168 [Stand: 1. Februar 2019]; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.], 3. Aufl. § 37 Rn. 333; Looschel[X.] in [X.]./Paffenholz, [X.] [2014] § 3 Rn. 130; die Wirksamkeit der Klausel ebenfalls bejahend dagegen [X.] r+s 2015, 18).

dd) Gemäß diesen Grundsätzen wird der im Streitfall vom Kläger verfolgte Anspruch gegen seinen Lebensversicherer vom [X.]. g) [X.] erfas[X.]

In der Rechtsprechung des Senats ist auch in anderem Zusammenhang anerkannt, dass Lebensversicherungsverträge bei wirtschaftlicher Betrachtung im Einzelfall als Anlagegeschäfte angesehen werden können (grundlegend Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 39 Rn. 53; zur fondsgebundenen Versicherung: Senatsurteil vom 5. April 2017 - [X.], [X.], 677 Rn. 15 ff.). Ebenso hat der Senat bereits ausgeführt, dass die mit Gewinnchancen, aber auch mit Verlustrisiken verbundene Kapitalanlage neben der Risikoabsicherung ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Versicherungsnehmer ist, wenn er sich für eine fondsgebundene Lebensversicherung entscheidet (vgl. Senatsurteile vom 21. März 2018 - [X.], [X.], 233 Rn. 16; vom 11. November 2015 - [X.], [X.], 20 Rn. 37). Nicht an[X.] als bei der unmittelbaren Beteiligung an Fondsgesellschaften, die im allgemeinen Sprachgebrauch wie in der Rechtsprechung als Kapitalanlagegeschäft bezeichnet wird (vgl. etwa [X.], Urteil vom 14. Mai 2013 - [X.], [X.], 386 Rn. 29), wohnt einer solchen Beteiligung deshalb das spezifische Risiko inne, das der Erwerber insbesondere bei einem mangelnden wirtschaftlichen Erfolg des Fonds nach rechtlichen Lösungsmöglichkeiten vom Vertrage Ausschau hält. Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung eines derartigen Vertrages nach Wi[X.]pruch gemäß § 5a [X.] stellt sich daher als Streitigkeit aus einem Kapitalanlagegeschäft im Sinne der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel dar.

Felsch     

        

Harsdorf-Gebhardt     

        

Lehmann

        

Dr. Brockmöller      

        

Dr. Bußmann      

        

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.] 45a, 76133 [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Meta

IV ZR 59/18

10.04.2019

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 31. Januar 2018, Az: 2 S 1925/17, Urteil

§ 3 Abs 2 Buchst g ARB, § 5a VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 10.04.2019, Az. IV ZR 59/18 (REWIS RS 2019, 8320)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 805-806 WM2019,1011 NJW 2019, 2172 REWIS RS 2019, 8320


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IV ZR 59/18

Bundesgerichtshof, IV ZR 59/18, 10.04.2019.


Az. 2 S 1925/17

LG Nürnberg-Fürth, 2 S 1925/17, 31.01.2018.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 S 1925/17 (LG Nürnberg-Fürth)

Kein Deckungsausschluss für fondsgebundene Lebensversicherungen und Vorvertraglichkeit in der Rechtsschutzversicherung


IV ZR 200/16 (Bundesgerichtshof)

Rechtsschutzversicherung: Intransparenz der so genannten Vorerstreckungsklausel


I-6 U 78/14 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


IV ZR 312/21 (Bundesgerichtshof)

Rechtsschutz für Geltendmachung eines Direktanspruchs gegen Berufshaftpflichtversicherer


IV ZR 23/12 (Bundesgerichtshof)

Deckungsprozess gegen die Rechtsschutzversicherung: Festlegung des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalls bei beabsichtigtem Aktivprozess nach Widerspruch gegen den …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.