Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.08.2012, Az. B 6 KA 3/12 B

6. Senat | REWIS RS 2012, 3937

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Verletzung der normierten Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung durch Berufungsgericht - vertragsärztliche bzw -psychotherapeutische Versorgung - Zulassungsentziehung - Berücksichtigung etwaigen Wohlverhaltens


Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 30. November 2011 wird dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

2

Der 1951 geborene Kläger ist seit 1999 als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in [X.] zugelassen. Seit Jan[X.]r 2003 unterhielt der Kläger zunächst freundschaftliche Beziehungen zu der am 2.12.1987 geborenen, von ihm seit 2000 behandelten [X.] Von April bis Anfang Mai 2003 kam es nach den Feststellungen des [X.] zwischen dem Kläger und [X.] zu sexuellen Kontakten der Art, dass der Kläger der [X.] während der Therapiestunde unter der Bekleidung an die Brüste fasste sowie diese küsste, über der Bekleidung das Geschlechtsteil der [X.] berührte sowie mit [X.] austauschte. Wegen acht tatmehrheitlicher Vergehen des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines [X.] wurde der Kläger mit (rechtskräftigem) Strafbefehl vom 23.10.2003 zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Die [X.]sbehörde teilte dem Kläger daraufhin mit, dass sie diese Verurteilung nicht zum Anlass für die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens wegen Unzuverlässigkeit nehmen werde, jedoch ein weiteres auffälliges Verhalten die Gefahr eines Widerrufs der [X.] nach sich ziehen würde.

3

Der Zulassungsausschuss entzog dem Kläger auf Antrag der Krankenkasse der [X.] sowie nachfolgend auch der zu 1. beigeladenen [X.] die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2007 zurück; es liege eine besonders schwerwiegende gröbliche Pflichtverletzung vor, die auch zur Annahme der Ungeeignetheit führe. Klage und Berufung, mit denen der - weiterhin psychotherapeutisch tätige - Kläger insbesondere geltend gemacht hat, ein Rückfallrisiko sei nach dem vom [X.] eingeholten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. [X.] als gering anzunehmen, zumal er im Dezember 2009 eine Psychotherapie bei dem Psychotherapeuten [X.] begonnen habe, sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.] vom 24.11.2010, Urteil des [X.] vom 30.11.2011).

4

Das [X.] hat ausgeführt, die sexuellen Handlungen an der fünfzehnjährigen Patientin, die gerade seit Ende 2002 besondere Probleme auch aufgrund der Trennung von ihrem Vater gehabt habe, stellten gröbliche [X.] dar, so dass wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Patienten von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nur die Zulassungsentziehung in Betracht gekommen sei. Auch wenn diese Verstöße nunmehr mehr als acht Jahre zurücklägen, habe der Senat weiterhin ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen - eine positive Prognose rechtfertigenden - Verhaltensänderung. Dem Kläger fehle bis heute die Einsicht in den Unrechtsgehalt insbesondere seiner Täterrolle und in die damit verbundene Notwendigkeit der Einstellungs- und Verhaltensänderung. Er habe lediglich auf Entwicklungen während des Verfahrens reagiert, hingegen eine Supervision bis heute nicht konsequent durchgeführt. Auch im Übrigen habe eine Außenkontrolle der Therapie von Mädchen nicht stattgefunden; stattdessen habe der Kläger seine Behandlungen auf Jungen beschränkt, wozu er nicht berechtigt gewesen sei. Therapeutische Hilfe zum Schutz seiner Patienten habe der Kläger seit Ende 2003 nicht mehr in Anspruch genommen; die Therapie bei [X.] im Jahr 2009 stelle sich als Reaktion auf die vom [X.] angeordnete Begutachtung durch Prof. Dr. [X.] dar. Dieser Sachverständige habe darauf verwiesen, dass der Kläger zwar das Unrecht der Tat erkannt, sich dabei aber nicht als der aktiv Planende und Handelnde erlebt habe, sondern als das Opfer einer emotionalen Überflutung. Der Kläger nehme zudem nicht wahr, dass der Sachverständige sein - des [X.] - Rückfallrisiko im Vergleich zu anderen Sex[X.]lstraftätern als sehr gering bewertet, im Vergleich zu anderen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten jedoch zumindest ein so deutlich erhöhtes Risiko gesehen habe, dass er es als problematisch angesehen habe, dass dem Kläger im Falle der Entziehung der Kassenzulassung privat versicherte Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Kontrolle anvertraut würden.

5

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G), Rechtsprechungsabweichungen ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) sowie Verfahrensmängel ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend.

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

7

Der vom Kläger unter Beachtung der Darlegungsanforderungen (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht liegt vor und führt gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 [X.] [X.]G zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

8

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist [X.] begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Berufungsgericht hat seine in § 103 [X.]G normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es den vom Kläger in seiner Berufungsbegründung gestellten Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen hat. Auf diesem Verfahrensmangel kann die Entscheidung des [X.] beruhen, denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach weiteren Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre (s hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 160 Rd[X.]3 mwN).

9

Der Verfahrensrüge steht nicht entgegen, dass die in der [X.] formulierten Beweisanträge in der Sitzungsniederschrift vom 30.11.2011 nicht protokolliert worden sind. Zwar muss ein Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten worden sein, doch steht der Annahme des [X.] die fehlende Protokollierung zumindest dann nicht entgegen, wenn das [X.] den Beweisantrag im Tatbestand aufgeführt und/oder in den Entscheidungsgründen behandelt hat und damit selbst davon ausgegangen ist, dass der Antrag bis zum Schluss aufrechterhalten wurde (B[X.] Beschluss vom 7.2.2012 - [X.] R 392/10 B, juris Rd[X.]0 mwN; [X.], [X.]b 2007, 328, 332). Dies ist vorliegend der Fall.

Der Kläger hat in seiner [X.] zum einen die Einvernahme des Psychotherapeuten [X.] zum Beweis dafür beantragt, dass der deliktsorientierte Teil der Therapie abgeschlossen und damit auch nach den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. [X.] keine Wiederholungsgefahr mehr gegeben sei, zum anderen die Anhörung des Gutachters Prof. Dr. [X.] dazu, dass seine - des [X.] - charakterlichen Mängel durch einen inneren Reifeprozess inzwischen kompensiert seien. Diesen Beweisanträgen ist das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G), denn es hätte sich - auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung - gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen.

Für die Frage, ob eine Begründung "hinreichend" ist, kommt es darauf an, ob das [X.] objektiv im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu weiterer Sachaufklärung gehalten war, ob es sich also zur beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr des B[X.], vgl zB B[X.] Beschluss vom 19.10.2011 - [X.] R 290/11 B - juris Rd[X.]2 mwN; B[X.] Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - juris Rd[X.]2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 103 Rd[X.]0 sowie § 160 Rd[X.]8d mwN). Soweit der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist, muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch machen, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen (B[X.] aaO). Einen Beweisantrag darf es nur dann ablehnen, wenn es aus seiner rechtlichen Sicht auf die ungeklärte Tatsache nicht ankommt, wenn diese Tatsache als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, wenn die behauptete Tatsache oder ihr Fehlen bereits erwiesen ist oder wenn die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist (vgl B[X.] [X.]-1500 § 160 [X.]2 Rd[X.]0; B[X.] Beschluss vom 19.10.2011 - [X.] R 290/11 B - juris Rd[X.]2; B[X.] Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - juris Rd[X.]2). Keiner dieser Gründe liegt vor.

Das [X.] hat ausgeführt, angesichts des vorgelegten Attestes des [X.] vom 16.11.2011, dem sich entnehmen lasse, dass die psychotherapeutische Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, und in diesem der Therapeut [X.] auch von der Notwendigkeit spreche, dass der Kläger zukünftig keine weiblichen Jugendlichen behandele, um ein geringes Wiederholungsrisiko zu minimieren, sehe der Senat keine Notwendigkeit, bei Prof. Dr. [X.] ein weiteres Gutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass die charakterlichen Mängel des [X.] durch einen inneren Reifeprozess inzwischen kompensiert seien. Dessen bedürfe es auch aus Rechtsgründen nicht, denn selbst wenn das Vorbringen des [X.] zuträfe, wofür das Attest des [X.] gerade nicht spreche, zudem die deliktsorientierte Therapie abgeschlossen wäre und dem Kläger von einem Sachverständigen bescheinigt würde, dass er inzwischen die charakterlichen Mängel ausreichend aufgearbeitet habe, würde erst danach - mit dem Abschluss der eigentlichen Heilbehandlung - die [X.] im Sinne der Rechtsprechung des B[X.] beginnen.

Soweit das [X.] die Ablehnung des [X.] damit begründet hat, dass dieser ins Leere gehe, weil die [X.] grundsätzlich erst mit Abschluss der Heilbehandlung beginne, steht diese Rechtsauffassung nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des B[X.]. Zu Recht macht der Kläger geltend, dass der vom [X.] aufgestellte Rechtssatz nicht mit der Rechtsprechung des B[X.] vereinbar ist, wonach die Zeitspanne des sogenannten "[X.]" mit der letzten Verwaltungsentscheidung - dh ab Entscheidung des [X.] - beginnt.

Das B[X.] hat mit seiner Rechtsprechung zur Berücksichtigung etwaigen [X.] nach einer Zulassungsentziehung den Zeitpunkt der für die Beurteilung maßgeblichen Sach- und Rechtslage von dem bei [X.] üblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung auf einen späteren Zeitpunkt - dem der letzten Verhandlung vor dem [X.] - verlagert (vgl B[X.]E 93, 269 = [X.]-2500 § 95 [X.], Rd[X.]3 f). Nach dieser Rechtsprechung (B[X.] [X.]-2500 § 95 [X.]2 Rd[X.]6 ff; vgl dazu auch B[X.] [X.]-5520 § 21 [X.] Rd[X.]9 sowie - zuletzt - B[X.] Urteil vom 21.3.2012 - B 6 [X.] 22/11 R - RdNr 54 f) ist bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen [X.] wieder aufgebaut worden ist und somit eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint (zu dieser Ausnahme vom sonst maßgeblichen Zeitpunkt vgl zB B[X.]E 73, 234, 236 = [X.]-2500 § 95 [X.] f; B[X.]E 93, 269 = [X.]-2500 § 95 [X.], Rd[X.]3, 15 f).

Danach beginnt die [X.]frist mit dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl zB B[X.] Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 [X.] 20/07 B - juris Rd[X.]3: im Regelfall nach ca fünf Jahren ab der Verhandlung des [X.]). Indem das [X.] den Beginn des [X.]zeitraums auf den Abschluss eines [X.] verlegt, verknüpft es in nicht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang stehender Weise den Beginn des [X.]zeitraums und die inhaltliche (prognostische) Überprüfung des [X.]. Zwar mag es Fälle geben, in denen einer positiven Prognose der Umstand entgegensteht, dass eine begonnene und erforderliche Therapie noch nicht zum Abschluss gekommen ist und der bisherige Verlauf des [X.] noch keine Beurteilung zulässt. Es wäre aber unverhältnismäßig (zur Verhältnismäßigkeit s zB B[X.] [X.]-2500 § 95 [X.]2 Rd[X.]6), auch nach Abschluss einer Therapie und damit unabhängig von einer ggf zu prognostizierenden (positiven) Verhaltensänderung regelhaft das Verstreichen einer (erst) daran anschließenden fünfjährigen "Bewährungszeit" zu fordern. Im Übrigen führte dies vom Ausgangspunkt der Senatsrechtsprechung - dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage - fort.

Zwar ist die Frage, ob ein Mangel des Verfahrens vorliegt, nach der materiell-rechtlichen Entscheidung des Berufungsgerichts zu beurteilen ([X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, [X.] Rd[X.]0 mwN), sodass ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nur dann in Betracht kommt, wenn sich das [X.] aufgrund seiner eigenen (materiell-rechtlichen) Rechtsauffassung gedrängt sehen musste, den beantragten Beweis zu erheben (B[X.] [X.]-1500 § 160a [X.] RdNr 5, 9; [X.], [X.]b 2007, 328, 332). Dies führt jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass das [X.] ohne Verfahrensverstoß von einer weiteren Beweiserhebung absehen durfte, weil es aus seiner - wenn auch insoweit fehlerhaften - Sicht auf deren Ergebnis nicht ankam und somit die Begründung der Ablehnung "hinreichend" ist. Denn auch wenn es - zum einen - die Ablehnung der Beweisanträge auf die (unzutreffende) Auffassung gestützt hat, dass der erforderliche [X.]zeitraum noch nicht abgelaufen sei, hat es gleichwohl den materiell-rechtlichen Teil seiner Entscheidung - die Zurückweisung der Berufung und damit die Bestätigung der die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entziehenden Entscheidung des Beklagten - nicht hierauf, sondern - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats - auf fortbestehende Zweifel an einer nachhaltigen, eine positive rechtfertigende Verhaltensänderung gestützt. Nach der vom [X.] in Bezug genommenen Rechtsprechung des B[X.] ist das Wohlverhalten nicht an einen bloßen Zeitablauf geknüpft (vgl B[X.] [X.]-5520 § 21 [X.] Rd[X.]0), sondern ein Wohlverhalten setzt eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (vgl B[X.] [X.]-5520 § 21 [X.] Rd[X.]9 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso B[X.] vom 27.6.2007 - B 6 [X.] 20/07 B - Juris Rd[X.]3). Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die vom Kläger beantragten Beweiserhebungen zu Ergebnissen geführt hätten, die für diese Prognose von Bedeutung wären und auch die Entscheidung des [X.] beeinflusst hätten. Dies gilt umso mehr, als auch der Sachverständige Prof. Dr. [X.] in seinem - zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] gut zwei Jahre zurückliegenden - Gutachten ausgeführt hat, dass "evtl. nach zwei bis drei Jahren, bezugnehmend auf die Einschätzung durch den behandelnden forensischen Therapeut" eine abschließende Entscheidung erfolgen könne.

Soweit das Berufungsgericht das Attest des Herrn [X.] dahingehend interpretiert hat, dass die Behandlung des [X.] noch andauere, und aus diesem Grund von seiner Einvernahme zu der Frage abgesehen hat, ob der deliktsorientierte Teil der Therapie abgeschlossen ist, stellt dies im Übrigen keine hinreichende Begründung für das Nichtbefolgen des Beweisantrags, sondern eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar. Denn selbst wenn das Attest in dem vom [X.] angenommenen Sinne zu interpretieren wäre, wäre damit nicht die Frage beantwortet, ob dies ggf für den deliktsorientierten Teil der Therapie anders zu sehen ist.

Der Senat hat zur Beschleunigung des seit sechs Jahren anhängigen Verfahrens von der durch § 160a Abs 5 [X.]G eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Kläger auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz beruft. Denn das B[X.] kann die angefochtene Entscheidung auch in diesen Fällen wegen eines [X.] aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverweisen, wenn der Verfahrensmangel selbst bei Zulassung der Revision voraussichtlich zur Zurückweisung führen würde (B[X.] Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B, juris RdNr 5 mwN; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 160a Rd[X.]9d mwN).

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

                          

Meta

B 6 KA 3/12 B

15.08.2012

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 24. November 2010, Az: S 1 KA 1070/07, Urteil

§ 103 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 95 Abs 6 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.08.2012, Az. B 6 KA 3/12 B (REWIS RS 2012, 3937)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3937

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 6 KA 49/10 B (Bundessozialgericht)

Vertragszahnärztliche Versorgung - Wiederzulassung nach vorangegangener Zulassungsentziehung - Wiedererlangung der erforderlichen Eignung nicht nur durch …


B 6 KA 49/11 R (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - Zulassungsentziehung - Beurteilung nach Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - Würdigung …


B 6 KA 36/15 B (Bundessozialgericht)

Vertragsarzt - Zulassungsentziehung wegen Verletzung der Fortbildungspflicht - gröbliche Pflichtverletzung - kein Verschuldenserfordernis - Berücksichtigung …


B 6 KA 58/13 B (Bundessozialgericht)

Vertrags(zahn)ärztliche Versorgung - Zulassungsentziehung - gröbliche Pflichtverletzung - keine Relativierung durch lange Zeitdauer - Begriff …


B 6 KA 6/13 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Voraussetzung für Rüge einer Rechtsprechungsabweichung - Zulassungsentziehung - Vertrags(zahn)arzt - Unrechtseinsicht - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.