Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.12.2010, Az. B 1 KR 100/10 B

1. Senat | REWIS RS 2010, 61

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Zulässigkeit der Revision - grundsätzliche Bedeutung - Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 27. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die 1945 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem [X.]egehren, 12 557,62 Euro Kosten der am 23.10.2003 wegen Lebermetastasen durchgeführten laserinduzierten Thermotherapie ([X.]) erstattet zu erhalten, bei der [X.] und dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Das [X.] hat das der Klage stattgebende [X.] aufgehoben und zur [X.]egründung ua ausgeführt, die Klägerin habe keinen Naturalleistungsanspruch auf die ambulante [X.]ehandlung mit der neuen Methode [X.] gehabt. Der [X.] habe nämlich die Methode zum Zeitpunkt der [X.]ehandlung nicht positiv empfohlen, wie von § 135 Abs 1 [X.] vorausgesetzt, und die Voraussetzungen eines Systemversagens seien nicht erfüllt gewesen (Hinweis auf [X.], 190 = [X.]-2500 § 27 [X.]). Auch sei eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts (vgl [X.] 115, 25 = [X.]-2500 § 27 [X.]) nicht in [X.]etracht gekommen, da der Klägerin im [X.]ehandlungszeitpunkt eine Standardtherapie zur Verfügung gestanden habe, nämlich die auch für sie vorgesehene und dann von ihr nicht in Anspruch genommene Teilresektion der betroffenen Leberlappen (Urteil vom 27.7.2010).

2

Mit ihrer [X.]eschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil und beruft sich auf Divergenz und grundsätzliche [X.]edeutung.

3

II. Die [X.]eschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre [X.]egründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 [X.] und [X.] SGG.

4

1. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des [X.]erufungsgerichts einerseits und in dem herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar seien sollen (vgl z[X.] [X.]SG [X.]eschluss vom [X.] KR 31/09 [X.] - RdNr 4; [X.]SG [X.]eschluss vom [X.] - [X.] 1 KR 26/10 [X.] - RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das [X.] bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl z[X.] [X.]SG [X.]eschluss vom 15.1.2007 - [X.] 1 KR 149/06 [X.] - RdNr 4; [X.]-1500 § 160 [X.]6 S 44 f mwN). An der Darlegung eines vom [X.] bewusst abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatzes fehlt es. Die Klägerin deutet im [X.] lediglich an, dass das [X.] vermeintlich das Recht in Form der vom [X.] selbst herangezogenen Entscheidungen des [X.] und des [X.]SG nicht zutreffend angewendet habe.

5

2. Die Klägerin legt auch den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.] SGG nicht hinreichend dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von [X.]edeutung ist (vgl z[X.] [X.]-1500 § 160a [X.]1 S 38; [X.]-4100 § 111 [X.] S 1 ff; [X.]-2500 § 240 [X.] f mwN). Die Klägerin richtet ihr [X.]eschwerdevorbringen an diesen Anforderungen nicht aus.

6

           

Die Klägerin formuliert mit folgendem Vorbringen schon keine klare Rechtsfrage:

        

"ob die [X.]ehandlungsmethode [X.], bei der es sich um eine 'neue [X.]ehandlungsmethode' nach § 92 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 135 [X.] handelt und es sich dabei auch um eine allgemein anerkannte wissenschaftliche [X.]ehandlungsmethode für die Spezifik der Tumorerkrankung, wie sie bei der [X.]eschwerdeführerin gegeben ist, handelt, die Kostentragungspflicht nur deshalb verneint wird, weil diese Methode als 'nicht anerkannte Methode' in die Anlage [X.] der [X.] zur [X.]ewertung medizinischer Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden … ausgewiesen wird und dies deshalb, weil die vom [X.]M[X.]F geforderte Vergleichsstudie zu [X.] objektiv nicht erbringbar ist, auch nicht für die Zukunft."

7

Zudem legt die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der allenfalls angedeuteten Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Das [X.]edürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt nämlich, wenn ihre [X.]eantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl z[X.] [X.]SG [X.]eschluss vom 21.10.2010 - [X.] 1 [X.]/10 [X.] - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl z[X.] [X.]SG SozR 1500 § 160a [X.]3 S 19 mwN), was im Rahmen der [X.]eschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist. Daran fehlt es. Die Klägerin legt nicht dar, dass trotz der auch vom [X.] zitierten [X.]SG-Rechtsprechung ([X.], 190 = [X.]-2500 § 27 [X.]) noch Klärungsbedarf verblieben ist, der eine über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung besitzt, weil von einer Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren in einer die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise die Wahrung, Sicherung oder Herstellung von Rechtseinheit oder die Fortbildung des Rechts erwartet werden kann.

8

           

Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Klägerin die Frage formuliert,

        

"ob der [X.] vom 18. Oktober 2005, der die [X.] als [X.] als 'nicht anerkannte Methode' in der Anlage [X.] der [X.] zur [X.]ewertung medizinischer Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden ([X.]U[X.]-[X.]) ausweist, rückwirkend zum Nachteil der [X.]eschwerdeführerin anzuwenden, zulässig ist oder nicht, nachdem der [X.]eschluss des [X.] vom 6. Dezember 2005 ([X.]: 1 [X.]vR 347/98) in seinem Leitsatz auf das Recht abstellt, dass ein gesetzlich Krankenversicherter bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung einen Anspruch auf eine allgemein anerkannte medizinische [X.]ehandlungsmethode hat".

9

Es bedarf keiner Vertiefung, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie nicht dar, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist. Insbesondere setzt sie sich nicht damit auseinander, dass das [X.] in den Gründen seiner Entscheidung gerade nicht auf die am [X.] in [X.] getretenen Richtlinien abgehoben, sondern darauf verwiesen hat, dass weder die gesetzlichen Voraussetzungen des § 135 Abs 1 [X.] erfüllt sind noch ein Fall grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts gegeben ist, weil für die Klägerin eine allgemeinem Standard entsprechende [X.]ehandlungsmethode verfügbar gewesen sei.

3. Der Senat sieht von einer weiteren [X.]egründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 100/10 B

22.12.2010

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Altenburg, 8. Juni 2006, Az: S 14 KN 432/04 KR, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.12.2010, Az. B 1 KR 100/10 B (REWIS RS 2010, 61)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 61

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1 BvR 347/98

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