Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.07.2015, Az. B 1 KR 23/15 B

1. Senat | REWIS RS 2015, 8164

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Gegenstand

(Krankenversicherung - stationäre Behandlung - neue Behandlungsmethode - Prüfmaßstab - Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB 5 - Geltung für ambulante und stationäre Versorgung - keine Änderung an bisheriger Grundkonzeption durch GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG))


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. Januar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, sie zur Behandlung eines Lipödems mit einer stationären Liposuktion beider Oberschenkel zu versorgen, bei der [X.] und den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es fehle an einem wissenschaftlichen Nachweis der Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion im Sinne des § 2 Abs 1 [X.] [X.]. Das [X.] sei auch bei einer stationären Behandlung zu beachten. § 137c [X.] schränke dessen Geltung im stationären Bereich nicht ein (Urteil vom 29.1.2015).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 [X.] SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG).

4

1. Die Klägerin legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB [X.]-1500 § 160a [X.] 21 [X.]8; [X.]-4100 § 111 [X.] S 2 f; [X.]-2500 § 240 [X.] f mwN).

5

Die Klägerin formuliert die Frage,

        

"ob in Bezug auf die Erbringung neuer, für die ambulante Versorgung ausgeschlossener Behandlungsmethoden im stationären Bereich eine Prüfung anhand der für die ambulante Versorgung geltenden Maßstäbe anzustellen ist mit der Folge, dass eine Behandlungsmethode erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, wenn ihre Erprobung abgeschlossen und die Qualität und die Wirksamkeit der Behandlungsmethode in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist, oder ob infolge der unterschiedlichen Ausgestaltung § 137c Abs. 1 [X.] als 'Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt' und des § 135 Abs. 1 [X.] als 'Verbot mit Erlaubnisvorbehalt' unterschiedliche Maßstäbe zur Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit einer Behandlungsmethode im ambulanten oder stationären Versorgungsbereich anwendbar sind, im Bereich der stationären Versorgung ein abgesenkter Maßstab gilt und die Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht erreicht werden müssen".

6

Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB [X.] Beschluss vom 21.10.2010 - [X.] [X.]/10 B - Rd[X.] 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann wieder klärungsbedürftig werden, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB [X.] § 160a [X.]3 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch [X.] Beschluss vom 22.12.2010 - [X.] KR 100/10 B - Juris Rd[X.] 7).

7

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin verweist selbst auf die Rechtsprechung des [X.] ([X.], 167 = [X.]-2500 § 137c [X.]; vgl aber zB auch [X.], 177 = [X.]-2500 § 109 [X.]; [X.] [X.]-2500 § 27 [X.]8; [X.], 257 = [X.]-2500 § 137 [X.] 2; [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.] 29), wonach im Falle einer stationären Behandlung bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c [X.] retrospektiv eine Einzelfallprüfung stattfindet. Dabei ist nach der [X.]-Rechtsprechung der Vorschrift des § 2 Abs 1 [X.] [X.] der einheitliche Prüfungsmaßstab sowohl für den ambulanten als auch für den stationären Bereich zu entnehmen.

8

Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung, dass diese Rechtsprechung nicht auf die ab 1.1.2012 geltende Rechtslage übertragen werden könne. Sie hätte sich in diesem Zusammenhang aber mit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 17.12.2013 ([X.], 95 = [X.]-2500 § 2 [X.] 4) auseinandersetzen müssen, wonach die Änderung des § 137c [X.] und Einfügung der Regelung des § 137e [X.] durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 [X.] 54 und [X.] 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - [X.] - vom 22.12.2011, [X.]) an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert haben und lediglich Raum für den Gemeinsamen [X.] schaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e [X.] zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c [X.] ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e [X.]) noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es - so der erkennende Senat - auch im stationären Sektor beim [X.] des § 2 Abs 1 [X.] [X.] ([X.] aaO Rd[X.]9). Einen über diese Entscheidung des erkennenden Senats hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Klägerin nicht auf.

9

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

3. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 23/15 B

15.07.2015

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Kassel, 21. September 2011, Az: S 12 KR 235/10, Urteil

§ 2 Abs 1 S 3 SGB 5, § 137c Abs 1 SGB 5 vom 22.12.2011, § 137c Abs 2 SGB 5 vom 22.12.2011, § 137e SGB 5 vom 22.12.2011, Art 1 Nr 54 GKV-VStG, Art 1 Nr 56 GKV-VStG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.07.2015, Az. B 1 KR 23/15 B (REWIS RS 2015, 8164)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8164

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