Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.10.2016, Az. B 1 KR 74/16 B

1. Senat | REWIS RS 2016, 3828

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Aussetzung des Verfahrens


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 27. Juli 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, ihr 3225 Euro Kosten für die Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten sowie 468,72 Euro für die Behandlung mit Dronabinol zu erstatten und sie zur Schmerztherapie zukünftig mit Medizinal-Cannabisblüten zu versorgen, bei der [X.] und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das [X.] ua ausgeführt, für Medizinal-Cannabisblüten in Form eines Rezepturarzneimittels fehle es an einer befürwortenden Entscheidung des Gemeinsamen [X.]. Ein Systemversagen liege ebenso wenig vor wie ein Seltenheitsfall. Es bestehe auch keine notstandsähnliche Situation, die eine grundrechtsorientierte Erweiterung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertige. Bezüglich der Kosten für die Behandlung mit Dronabinol sei die Klage unzulässig. Es fehle an einer Verwaltungsentscheidung der [X.] (Urteil vom [X.]).

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 [X.] iVm § 169 [X.] [X.] zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 [X.] [X.] abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des Verfahrensfehlers und der grundsätzlichen Bedeutung.

4

1. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.] und § 128 Abs 1 S 1 [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB [X.] § 160a [X.], 24, 36). Hieran fehlt es.

5

Als Verfahrensmangel macht die Klägerin eine unterbliebene Aussetzung des Verfahrens geltend. Zur Rüge eines Verstoßes gegen die [X.] des § 114 [X.] muss dargetan werden, dass das grundsätzlich eingeräumte Ermessen im besonderen Streitfall auf null reduziert und das Gericht zu einer Aussetzung des Verfahrens verpflichtet war (vgl [X.] vom 13.11.2006 - [X.] R 423/06 B - Juris; [X.] vom 19.7.2006 - B 11a [X.] 7/06 B - Juris). Die Klägerin macht zwar geltend, das [X.] habe das Verfahren aussetzen "müssen", weil Leistungen "in Kürze" angesichts der beabsichtigten Änderung des § 31 SGB V (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom [X.], BT-Drucks 18/8965) zu bewilligen seien. Sie legt aber nicht dar, dass anders eine Sachentscheidung nicht möglich gewesen sei (vgl zu dieser Voraussetzung für eine Ermessensreduzierung auf null BSG, aaO, unter Hinweis auf BVerwG Beschluss vom 17.12.1992 - 4 [X.]/92 = [X.] 310 § 94 VwGO [X.]). Ihrem Vortrag kann vielmehr entnommen werden, dass die Entscheidung des [X.] mit der geltenden Rechtslage im Einklang steht. Es ist auch nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht behauptet, dass das bezeichnete [X.] entfalten wird (vgl Art 6 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften, aaO, [X.]). Schließlich fehlt jede Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen des § 31 Abs 6 SGB V in der Fassung des Gesetzentwurfs. Die Klägerin behauptet lediglich, dass Leistungen "in Kürze, also Anfang des Jahres 2017, bewilligt werden müssen".

6

2. Die Klägerin legt auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 [X.]) nicht hinreichend dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB [X.]-1500 § 160a Nr 21 [X.]8; [X.]-4100 § 111 [X.]; s auch [X.]-2500 § 240 [X.]3 S 151 f mwN).

7

Die Klägerin formuliert als Frage,

        

"inwieweit verabschiedete Gesetzesentwürfe, die eigentlich nur noch der 'formalen' Bestätigung des [X.] bedürfen, bei aktuellen Entscheidungen völlig außer [X.] gelassen werden dürfen?"

8

Die Klägerin wirft damit aber schon keine konkrete Rechtsfrage auf. Die Frage ist derart allgemein gehalten, dass sie nicht zur Grundlage der weiteren Prüfung taugt, inwieweit die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit dargelegt hat (vgl dazu [X.] vom [X.] KR 93/15 B - RdNr 9 mwN, nicht veröffentlicht). Zudem erläutert sie auch die Entscheidungserheblichkeit der Frage nicht ansatzweise.

9

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 1 KR 74/16 B

18.10.2016

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Mannheim, 30. Oktober 2015, Az: S 4 KR 1947/15, Gerichtsbescheid

§ 114 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.10.2016, Az. B 1 KR 74/16 B (REWIS RS 2016, 3828)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3828

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