Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.05.2012, Az. B 1 KR 78/11 B

1. Senat | REWIS RS 2012, 6553

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Gegenstand

(Krankenversicherung - Ausgestaltung des Bewertungsverfahrens durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bei neuen Behandlungsmethoden - Antragsrecht des Deutschen Behindertenrats - angemessene Vorkehrung zur Vermeidung der Diskriminierung behinderter Frauen und Mädchen - Nichtbestehen einer allgemeinen Fürsorgepflicht der Krankenkasse in diesem Bereich - sozialgerichtliches Verfahren - Revision - Zulassungsgrund - Diskriminierungsverbot aus UN-Behindertenrechtskonvention entspricht dem Regelungsgehalt des Art 3 Abs 3 S 2 GG - Regelung des Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt - Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden als auch die normative Ausgestaltung des Verfahrens verstoßen nicht gegen Diskriminierungsverbot)


Leitsatz

1. Die Ausgestaltung des Bewertungsverfahrens durch den Gemeinsamen Bundesausschuss mit einem Antragsrecht des Deutschen Behindertenrats ist eine angemessene Vorkehrung zur Vermeidung der Diskriminierung von Frauen und Mädchen mit Behinderungen.

2. Eine allgemeine Fürsorgepflicht der Krankenkasse, auf einen Antrag eines Berechtigten hinzuwirken, besteht neben dem speziell auf die Belange behinderter Menschen zugeschnittenen Antragsrecht des Deutschen Behindertenrats nicht.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 25. August 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte Klägerin ist mit ihrem [X.]egehren, wegen eines Lipödem-Syndroms der [X.]eine im Wege der Kostenerstattung von den Kosten einer ambulanten Liposuktion mit vier [X.]ehandlungseinheiten freigestellt zu werden, in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das [X.] hat ua ausgeführt, die ambulante Liposuktion sei nicht Gegenstand einer Sachleistung, weil eine positive Empfehlung des Gemeinsamen [X.]undesausschusses ([X.]) fehle. Anhaltspunkte für eine grundrechtsorientierte Auslegung, einen Seltenheitsfall oder ein Systemversagen bestünden nicht (Urteil vom 25.8.2011).

2

Mit ihrer [X.]eschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil.

3

II. Die [X.]eschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die [X.]eschwerde ist dementsprechend insgesamt unter [X.] [X.] zurückzuweisen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 1 SGG; vgl [X.]SG [X.]eschluss vom 19.9.2007 - [X.] 1 KR 52/07 [X.]). Die [X.]ezeichnung eines Verfahrensfehlers entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 [X.] SGG abzuleitenden Anforderungen (dazu 1.). Der zulässig geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung liegt nicht vor (dazu 2.).

4

1. Die Klägerin bezeichnet einen Verfahrensmangel nicht ausreichend. Nach § 160 Abs 2 [X.] SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. Gemäß § 160a Abs 2 [X.] SGG muss der Verfahrensfehler bezeichnet werden. Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), legt aber die erforderlichen Umstände einer Pflichtverletzung nicht dar. Auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht kann die Zulassungsbeschwerde nämlich nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist (vgl § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 SGG; [X.]SG [X.]eschluss vom 30.7.2009 - [X.] 1 KR 22/09 [X.] - [X.]). Hierzu enthält die [X.]eschwerdebegründung keinen Vortrag.

5

2. Die Revision ist nach § 160 Abs 2 [X.] SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche [X.]edeutung hat. Die Klägerin legt dies ausreichend dar (vgl § 160a Abs 2 [X.] SGG). Hierzu wirft die Klägerin sinngemäß die entscheidungserhebliche, allgemein bedeutsame sowie ursprünglich klärungsbedürftig gewesene Rechtsfrage auf, ob eine [X.] aufgrund der UN-[X.]ehindertenrechtskonvention (UN-[X.]RK), insbesondere des Art 6 Abs 1 UN-[X.]RK, eine Fürsorgepflicht hat, für einen Antrag (eines hierzu [X.]erechtigten) auf Einleitung eines Verfahrens zur [X.]ewertung der Liposuktion durch den [X.] Sorge zu tragen. Um dem Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.] SGG zu entsprechen, muss die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren indes nicht nur entscheidungserheblich sowie über den Einzelfall hinaus von [X.]edeutung, sondern auch klärungsbedürftig sein (vgl z[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] 21 [X.]8; [X.] 3-4100 § 111 [X.] S 2 f; [X.]SG [X.] 3-2500 § 240 [X.]3 S 151 f mwN; [X.]SG [X.]eschluss vom 19.9.2007 - [X.] 1 KR 52/07 [X.] - Juris Rd[X.] 4 ). Der Rechtssache kommt gemessen an diesen Kriterien keine grundsätzliche [X.]edeutung mehr zu. Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine [X.] eine Fürsorgepflicht hat, für einen Antrag (durch einen [X.]erechtigten) auf Einleitung eines Verfahrens zur [X.]ewertung der Liposuktion durch den [X.] Sorge zu tragen (vgl § 135 Abs 1 S 1 SG[X.] V iVm [X.], 2. Abschn, § 4 Verfahrensordnung des [X.] vom 18.12.2008, [X.]Anz [X.] 84a <[X.]eilage> vom [X.]), wirft keinen Klärungsbedarf (mehr) auf.

6

Das [X.]edürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt nämlich, wenn ihre [X.]eantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" ([X.]SG [X.] 3-2500 § 75 [X.] 8 [X.]4; [X.]SG [X.] 3-1500 § 146 [X.] 2 S 6 und § 160a [X.] 21 [X.]8; [X.]SG [X.]eschluss vom 21.10.2010 - [X.] 1 [X.]/10 [X.] - Rd[X.] 7; [X.]SG [X.]eschluss vom 22.12.2010 - [X.] 1 KR 100/10 [X.] - Juris Rd[X.] 7). Der erkennende Senat hat - wie vom [X.] ausgeführt - bereits entschieden, dass ein Anspruch auf die neue [X.]ehandlungsmethode der ambulanten ärztlichen Liposuktion zu Lasten der [X.] nicht in [X.]etracht kommt, solange der [X.] die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen hat (§ 135 Abs 1 S 1 [X.] SG[X.] V) oder ein Ausnahmefall vorliegt, in welchem die positive Empfehlung entbehrlich ist ([X.]SG [X.] 4-2500 § 13 [X.]9 Rd[X.]3 ff ). Der hier allein in [X.]etracht kommende Ausnahmefall des Systemversagens setzt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats voraus, dass das Verfahren vor dem [X.] trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (vgl dazu [X.]SGE 97, 190 = [X.] 4-2500 § 27 [X.]2, Rd[X.]7 f mwN - [X.]). Abgesehen davon, dass schon in tatsächlicher Sicht nicht ersichtlich ist, aufgrund welcher neueren oder schon vorhandenen, aber bislang nicht berücksichtigten medizinischen Erkenntnisse die antragsberechtigten Stellen es versäumt hätten, einen Antrag zu stellen, bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass eine solche Fürsorgepflicht nicht besteht. Ein Klärungsbedarf ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht (mehr) unter [X.]erücksichtigung des Art 25 (dazu a) oder des Art 6 (dazu b) der UN-[X.]RK, der seit dem [X.] völkerrechtliche Verbindlichkeit für [X.] gemäß Art 45 Abs 2 UN-[X.]RK und innerstaatlich der Rang eines [X.]undesgesetzes zukommt (näher dazu [X.]SG Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.] 4-1100 Art 3 [X.] 69 Rd[X.]9 f, zur [X.] auch in [X.]SGE vorgesehen).

7

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist aus Art 25 UN-[X.]RK keine eigenständige, über die Rechtsprechung des [X.]SG zum Systemversagen hinausgehende Pflicht der [X.] abzuleiten, für die Einleitung eines [X.]ewertungsverfahrens Sorge zu tragen. Ein über das gesetzlich Geregelte hinausgehender Anspruch auf die formelle Einleitung eines ergebnisoffenen [X.]-Prüfungsverfahrens ergibt sich weder aus Art 25 S 1 und 2 UN-[X.]RK noch aus Art 25 [X.] [X.]uchst f UN-[X.]RK.

8

Art 25 S 1 und 2 UN-[X.]RK sind nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfen der Umsetzung durch den Gesetzgeber. Nach Art 25 S 1 UN-[X.]RK erkennen die Vertragsstaaten - wie in der [X.]eschwerdebegründung zitiert - an, dass Menschen mit [X.]ehinderungen das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund der [X.]ehinderung haben. Zudem haben die Vertragsstaaten alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit [X.]ehinderungen Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten haben. Hiermit können nach dem für das Übereinkommen verbindlichen [X.] und [X.] Wortlaut - Art 50 UN-[X.]RK - auch Gesundheitsleistungen gemeint sein ("access … to health services that are gender-sensitive"; "l'accès à des services de santé qui prennent en compte les sexospécificités"), einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation (Art 25 S 2 UN-[X.]RK). Auf Letzteres nimmt die Klägerin inhaltlich insoweit [X.]ezug als sie sinngemäß meint, die von ihr begehrte Liposuktion sei wegen der psychosozialen Auswirkungen des Lipödems bei Frauen eine geschlechtsspezifische Gesundheitsleistung. Der erkennende Senat hat indes zu Art 25 [X.] [X.]uchst b iVm S 1 und 2UN-[X.]RK zwischenzeitlich - nach Ablauf der [X.]eschwerdebegründungsfrist - entschieden, dass diese Normen [X.] sind. Nichts anderes gilt für die isolierte [X.]etrachtung des Art 25 S 1 und 2 UN-[X.]RK.

9

Art 25 [X.] [X.]uchst f UN-[X.]RK ist demgegenüber zwar [X.], wird aber durch die gesetzliche Regelung des Antragsverfahrens für Entscheidungen nach § 135 Abs 1 SG[X.] V nicht verletzt. Durch die Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass das Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 UN-[X.]RK unmittelbar anwendbares Recht ist ([X.]SG Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.] 4-1100 Art 3 [X.] 69 Rd[X.] 29, zur [X.] auch in [X.]SGE vorgesehen). Das trifft auch auf Art 25 [X.] [X.]uchst f UN-[X.]RK zu. Danach verhindern die Vertragsstaaten die diskriminierende Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung oder -leistungen oder von Nahrungsmitteln und Flüssigkeiten aufgrund von [X.]ehinderung. Die rechtliche Reichweite dieses speziellen, auf die Gesundheit bezogenen Diskriminierungsverbots ist ebenfalls - mittelbar durch die Rechtsprechung zum allgemeinen Diskriminierungsverbot - geklärt. Es ergänzt das allgemeine Verbot der Diskriminierung aufgrund von [X.]ehinderung des Art 5 Abs 2 UN-[X.]RK und wiederholt es bereichsspezifisch. Das unmittelbar anwendbare allgemeine Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 UN-[X.]RK entspricht für die Leistungsbestimmungen der [X.] im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des Art 3 Abs 3 S 2 GG ([X.]SG Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.] 4-1100 Art 3 [X.] 69 Rd[X.]0 f, zur [X.] auch in [X.]SGE vorgesehen). Dies ist auf Art 25 [X.] [X.]uchst f UN-[X.]RK übertragbar.

Sowohl die Regelung des Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt für die Einführung neuer Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden für die vertragsärztliche Versorgung als auch die normative Ausgestaltung seines Verfahrens, insbesondere auch seine Einleitung (vgl § 92 Abs 1 S 2 [X.]; § 135 Abs 1 S 1 [X.]; § 140f Abs 2 S 5 SG[X.] V; [X.], 2. Abschn § [X.]), verstoßen nicht gegen das aufgezeigte Diskriminierungsverbot. Die Regelungen knüpfen nicht an eine [X.]ehinderung im konventionsrechtlichen Sinne an, sondern an Krankheiten als solche, die weder zu [X.]ehinderungen führen müssen noch bereits eingetretene [X.]ehinderungen voraussetzen. Allerdings sind noch nicht oder nicht ausreichend diagnostizier- oder therapierbare schwere Erkrankungen faktisch regelmäßig mit daraus resultierenden [X.]ehinderungen der Erkrankten assoziiert.

Soweit die angegriffene Regelung indes zugleich behinderte Menschen iS des Art 3 Abs 3 S 2 GG oder des Art 1 Abs 2 UN-[X.]RK trifft, ist sie wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des [X.]-Leistungskatalogs gerechtfertigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass die [X.] den Versicherten Leistungen nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SG[X.] V) unter [X.]eachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SG[X.] V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 S 1 SG[X.] V), und hierbei grundsätzlich Qualität und Wirksamkeit der Leistungen einem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 [X.] SG[X.] V) unterwirft, das er durch die Regelungen über die Einführung neuer Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden absichert. Auch die Regelungen über die betroffenen Verfahrensvorschriften müssen sich an den unmittelbar anwendbaren [X.]estimmungen der UN-[X.]RK messen lassen, weil sie die Möglichkeiten eines geregelten Erkenntnisprozesses mit verbindlichen Folgen für die Gesundheitsversorgung und -leistungen behinderter Menschen beschränken. Hierbei ist die Regelung des Art 2 UN-[X.]RK zu berücksichtigen. Danach erfasst der konventionsrechtliche [X.]egriff der "Diskriminierung aufgrund von [X.]ehinderung" auch die Versagung "angemessener Vorkehrungen". Auch dies hat die Rechtsprechung des erkennenden Senats geklärt (vgl [X.]SG Urteil vom 6.3.2012 - [X.] 1 KR 10/11 R - [X.] 4-1100 Art 3 [X.] 69 Rd[X.]2 ff, zur [X.] auch in [X.]SGE vorgesehen).

Die beteiligten Normgeber haben indessen dem Ziel, Diskriminierung aufgrund von [X.]ehinderung zu vermeiden, bei der Ausgestaltung des Verfahrens Rechnung getragen. Sie haben nämlich neben allen anderen Antragsberechtigten auch dem Deutschen [X.]ehindertenrat in [X.]ezug auf Verfahren zur [X.]ewertung von neuen Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden ein Antragsrecht zugebilligt (§ 140f Abs 2 S 5 SG[X.] V). Als maßgebliche Organisation für die Wahrnehmung der Interessen behinderter Menschen ist der Deutsche [X.]ehindertenrat berechtigt, das Verfahren der [X.]ewertung neuer Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden einzuleiten ([X.], 2. Abschn § 4 Abs 2 [X.]uchst d Spiegelstrich 2 VerfO iVm § 2 Abs 1 [X.] Patientenbeteiligungsverordnung). Eine allgemeine Fürsorgepflicht der [X.], auf einen Antrag eines [X.]erechtigten hinzuwirken, ist neben dem speziell auf die [X.]elange behinderter Menschen zugeschnittenen Antragsrecht der genannten Patientenorganisation nicht erforderlich.

b) Die Rechtsfrage, ob eine [X.] eine Fürsorgepflicht hat, für einen Antrag (durch einen [X.]erechtigten) auf Einleitung eines Verfahrens zur [X.]ewertung der Liposuktion durch den [X.] Sorge zu tragen, wirft nach diesen Grundsätzen auch im Hinblick auf die Regelung des geltend gemachten Art 6 UN-[X.]RK keinen Klärungsbedarf (mehr) auf. Nach Art 6 Abs 1 UN-[X.]RK erkennen die Vertragsparteien an, dass Frauen und Mädchen mit [X.]ehinderungen mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind, und in dieser Hinsicht Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt genießen können. Die Regelung ist im Zusammenhang mit Art 6 Abs 2 UN-[X.]RK zu sehen, wonach die Vertragsstaaten alle geeigneten Maßnahmen zur Sicherung der vollen Entfaltung, der Förderung und der Stärkung der Autonomie der Frauen treffen, um zu garantieren, dass sie die in diesem Übereinkommen genannten Menschenrechte und Grundfreiheiten ausüben und genießen können. Selbst wenn hiernach dem Konventionstext ein auf Frauen und Mädchen mit [X.]ehinderung bezogenes unmittelbar anwendbares bereichsspezifisches Diskriminierungsverbot zu entnehmen sein sollte, hätte der nationale Normgeber für das Verfahren zur [X.]ewertung neuer Untersuchungs- und [X.]ehandlungsmethoden durch das Antragsrecht des Deutschen [X.]ehindertenrats eine angemessene Vorkehrung im Sinne von Art 2 UN-[X.]RK getroffen.

3. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 78/11 B

10.05.2012

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Darmstadt, 25. August 2010, Az: S 13 KR 163/10

Art 3 Abs 3 S 2 GG, Art 1 UNBehRÜbk, Art 2 UNBehRÜbk, Art 5 Abs 2 UNBehRÜbk, Art 6 Abs 1 UNBehRÜbk, Art 25 S 1 UNBehRÜbk, Art 25 S 2 UNBehRÜbk, Art 25 S 3 Buchst b UNBehRÜbk, Art 25 S 3 Buchst f UNBehRÜbk, § 91 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB 5, § 135 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5, § 140f Abs 2 S 5 SGB 5, § 2 PatBeteiligungsV, MVVRL, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.05.2012, Az. B 1 KR 78/11 B (REWIS RS 2012, 6553)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6553

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