Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2021, Az. 2 StR 18/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2021, 7340

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Gegenstand

Strafzumessung: Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen der verhängten Strafe und einer Maßregel der Besserung und Sicherung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1. September 2020 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 28 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Schuldspruch weist Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.

3

2. Hingegen begegnet der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das [X.] weder bei der Festsetzung der Einzelstrafen noch bei der Bildung der Gesamtstrafe erörtert hat, dass gegen den Angeklagten zugleich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.

4

a) Zu den bei der Strafzumessung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB zu berücksichtigenden Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Angeklagten in der Gesellschaft zu erwarten sind, kann auch die Wechselwirkung zwischen der verhängten Strafe und einer Maßregel der Besserung und Sicherung gehören. Zwar besteht nicht in jedem Fall eine Abhängigkeit dergestalt, dass Freiheitsstrafe und Maßregel eine getrennte Beurteilung ausschließen würden (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1994 - 3 StR 679/93, [X.]R StGB § 66 Strafausspruch 1). Die Strafhöhe kann indes durch diese Wechselwirkung beeinflusst werden; beide Sanktionen müssen nicht nur einzeln, sondern auch zusammen angemessen sein (vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 21. Januar 2021 - 2 [X.]/20; vgl. auch [X.], Urteile vom 21. Oktober 2004 - 4 [X.], [X.], 39; vom 29. November 2005 - 5 [X.], [X.], 105; vom 19. Juni 2008 - 4 [X.], [X.], 3008; vgl. auch [X.], Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01, [X.]E 109, 133, 179).

5

b) Gemessen daran lassen die Urteilsgründe im vorliegenden Fall nicht erkennen, dass die [X.] bei der Bemessung die zugleich angeordnete Sicherungsverwahrung in den Blick genommen hat. Dies wäre hier jedoch gerade mit Blick auf die hohen Einzelstrafen und vor dem Hintergrund einer nur formelhaft begründeten Gesamtstrafe geboten gewesen, weshalb der [X.] nicht ausschließen kann, dass die [X.] bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu niedrigen Gesamtstrafen gelangt wäre.

6

3. Dies führt zur Aufhebung der Einzelstrafen und auch des Gesamtstrafenausspruchs, und lässt die formellen Voraussetzungen der - im Übrigen rechtsfehlerfrei angeordneten - Sicherungsverwahrung in Wegfall geraten. Aus diesem Grund war auch diese Maßregel aufzuheben (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Februar 2021 - 2 StR 461/20).

Franke     

        

Krehl     

        

Eschelbach

        

Zeng     

        

Meyberg     

   

Meta

2 StR 18/21

30.03.2021

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 1. September 2020, Az: 22 KLs 6/20

§ 46 Abs 1 S 2 StGB, § 66 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2021, Az. 2 StR 18/21 (REWIS RS 2021, 7340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7340

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