Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2022, Az. 1 StR 455/21

1. Strafsenat | REWIS RS 2022, 9192

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Gegenstand

Strafverurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes mit anschließender Sicherungsverwahrung: Berücksichtigung der Unterbringungsanordnung bei der Strafzumessung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Juli 2021 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit Vergewaltigung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Schuldspruch weist Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.

3

2. Hingegen begegnet der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das [X.] bei der Festsetzung der Freiheitsstrafe nicht erörtert hat, dass gegen den Angeklagten zugleich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.

4

a) Zu den bei der Strafzumessung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB zu berücksichtigenden Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Angeklagten in der Gesellschaft zu erwarten sind, gehört im Einzelfall auch die Wechselwirkung zwischen der verhängten Strafe und einer Maßregel der Besserung und Sicherung. Die Strafhöhe kann durch diese Wechselwirkung beeinflusst werden; beide Sanktionen müssen nicht nur einzeln, sondern auch zusammen angemessen sein (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Januar 2021 – 2 [X.]/20 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 21. Oktober 2004 – 4 [X.] Rn. 12; vom 29. November 2005 – 5 [X.] Rn. 7 und vom 19. Juni 2008 – 4 [X.] Rn. 18; siehe auch [X.], Urteil vom 5. Februar 2004 – 2 BvR 2029/01, [X.]E 109, 133, 179). Das ist in einer Gesamtschau zu bewerten (vgl. Schäfer/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 724).

5

b) Gemessen daran lassen die Urteilsgründe im vorliegenden Fall nicht erkennen, dass die [X.] bei der Bemessung der Strafe die zugleich angeordnete Sicherungsverwahrung in den Blick genommen hat. Der [X.] vermag deshalb nicht auszuschließen, dass die [X.] bei [X.] Würdigung zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.

6

3. Dies führt zur Aufhebung der Strafe und lässt die formellen Voraussetzungen der – im Übrigen rechtsfehlerfrei angeordneten – Sicherungsverwahrung in Wegfall geraten. Aus diesem Grund war auch diese Maßregel aufzuheben(vgl. [X.], Beschlüsse vom 30. März 2021 – 2 StR 18/21 Rn. 6 und vom 2. Februar 2021 – 2 [X.] Rn. 13).

Raum     

        

Ri[X.] [X.] ist im Urlaub und
deshalb an der Unterschriftsleistung
gehindert.

        

Bär     

                 

Raum   

                 
        

Hohoff     

        

     Pernice     

        

Meta

1 StR 455/21

22.03.2022

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 13. Juli 2021, Az: 20 KLs 458 Js 161197/19

§ 46 Abs 1 S 2 StGB, § 66 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2022, Az. 1 StR 455/21 (REWIS RS 2022, 9192)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9192

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