Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.07.2017, Az. 4 Ni 21/12 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2017, 7706

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Klagegebühr bei Verbindung von Nichtigkeitsklagen" – bei Verbindung von Nichtigkeitsklagen bleiben die bis zum Verbindungsbeschluss entstandenen Gebührentatbestände bestehen


Leitsatz

Klagegebühr bei Verbindung von Nichtigkeitsklagen

Erfolgt eine Verbindung von Nichtigkeitsklagen nach § 147 ZPO, so bleiben die bis zum Verbindungsbeschluss entstandenen jeweiligen Gebührentatbestände der Verfahren bestehen; hier die Gebührensätze für die Gerichtsgebühren in zwei Verfahren.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent …

(DE …

hat der 4. Senat ([X.]) des [X.] am 20. Juli 2017 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dipl.- Phys. Univ. Zimmerer

beschlossen:

1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des [X.] trägt die Beklagte.

3. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 16.200,00 €.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 19. März 2013 hat der Senat die Verfahren … und …, die jeweils Klagen gegen das [X.] Patent EP… ([X.]) betrafen, miteinander verbunden, wobei das Ver- fahren … führte. Mit Urteil vom 29. April 2014 hat der Senat das [X.] mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt und der Beklagten und Erinnerungsführerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Senats Berufung eingelegt. Die Berufung hat der [X.] mit Urteil vom 29. November 2016 auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Der Streitwert in der zweiten Instanz ist auf 1.250.000 € festgesetzt worden.

2

Die Kostenbeamtin des [X.] hat ihrer berichtigten Kostenrechnung vom 26. April 2017 für jedes der beiden Verfahren … und …Klagegebühren in Höhe jeweils des 4,5-fachen Satzes zugrunde gelegt.

3

ein [X.] festgesetzt. Dementsprechend sei auch nur eine Gebühr für ein Verfahren erhoben worden. Im Übrigen ergebe sich aus Vergleichsverträgen zwischen den Klägerinnen und der Beklagten, dass für diese Verfahren keine Kostenanträge gestellt werden sollen.

4

Die Beklagte beantragt,

5

eine Berichtigung der Kostenrechnung vom 26. April 2017 und, soweit bereits gezahlt, Rückerstattung des gezahlten Betrags in Höhe von 16.200 € auf das Konto der Beklagten.

6

Die Klägerinnen haben keine Stellungnahme abgegeben.

II.

7

Über die gebührenfreie und fristfreie Erinnerung war gemäß § 11 Abs. 1 PatKostG durch den Senat zu entscheiden, nachdem ihr die Kostenbeamtin nicht abgeholfen hat.

8

In der Sache hat die Kostenbeamtin zutreffend der Berechnung der Kosten für jedes der zwei verbundenen Verfahren jeweils eine Klagegebühr in Höhe des 4,5-fachen Satzes zugrunde gelegt.

9

Bei Verfahrensgebühren, die bei Einleitung des Verfahrens durch Klageerhebung fällig werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 PatKostG), führt auch eine spätere Verbindung zweier oder mehrerer Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung (§ 147 ZPO) nicht rückwirkend dazu, dass die jeweils für die einzelnen Verfahren entrichteten Verfahrensgebühren entfallen oder ermäßigt werden. Hierzu bietet weder das Patentkostengesetz noch das Gerichtskostengesetz eine gesetzliche Grundlage (vgl. hierzu [X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 6. Aufl., S. 89 Rn. 117; [X.] 2012, 289; Busse/[X.], [X.], 8. Aufl., § 81 Rn. 35).

ab dem Verbindungsbeschluss Gerichtsgebühren nur noch einfach an. Dadurch soll gebührenrechtlich belohnt werden, dass sich das Verfahren für das Gericht ab Verbindung ökonomischer gestaltet. Die bereits mit Einreichung der Klagen fällig gewordenen Verfahrensgebühren (4,5-fach unter Verweis auf das GKG vom Streitwert abhängig), die zu diesem Zeitpunkt verfahrensmäßig völlig voneinander unabhängige Verfahren betreffen, deren Verbindung noch nicht absehbar ist, sind darum für jeden einzelnen Kläger angefallen und – weil vor dem Verbindungsbeschluss entstanden – verfallen (vgl. Hövelmann, [X.]. 2004, 59, 61 f.).

Hiergegen spricht nicht die Festsetzung eines gemeinsamen Streitwerts für die verbundenen Verfahren in der Berufungsinstanz vor dem [X.], da der Streitwert für das [X.] sich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Nichtigerklärung des Streitpatents bemisst und deshalb für jede der verbundenen [X.] gleich ist (vgl. hierzu ebenfalls [X.], a. a. O., S. 290).

Eine unzulässige Benachteiligung der Beklagten gemäß Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 19 Abs. 4 GG kann in dem Grundsatz, dass auch bei verbundenen Verfahren für jedes einzelne Verfahren bis zur Verbindung jeweils eigenständig Gerichtsgebühren fällig werden, ebenfalls nicht gesehen werden (vgl. [X.] a. a. O., S. 290).

Aus den vorgenannten Gründen hat die Kostenbeamtin ihrer Kostenrechnung zu Recht für jede Nichtigkeitsklage jeweils Klagegebühren in Höhe des 4,5-fachen Satzes zugrunde gelegt (vgl. [X.] a. a. O., S. 290; Beschl. v. 01.02.2011 5 Ni 109/09, [X.] 128/09).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstand des [X.] bestimmt sich nach dem Interesse der Beklagten an der verfolgten Änderung. Ausgehend von dem strittigen Betrag ergibt dies den festgesetzten Wert von 16.200 €.

Der vorliegende Beschluss ist unanfechtbar, eine Rechtsmittelbelehrung hat daher zu unterbleiben. Nach § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 574 ZPO ist die Rechtsbeschwerde in Kostenfestsetzungsverfahren vor dem [X.], da das Gesetz sie nicht ausdrücklich vorsieht, nur eröffnet, wenn das [X.] sie zugelassen hat (zur Frage der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse über [X.] vgl. [X.] 2013, 427 Rn. 5 ff.). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO war nicht geboten, da die Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind.

Meta

4 Ni 21/12 (EP)

20.07.2017

Bundespatentgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: Ni

§ 59 ZPO § 147 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.07.2017, Az. 4 Ni 21/12 (EP) (REWIS RS 2017, 7706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7706

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X ZR 23/09

4 Ni 13/11

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