Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.04.2022, Az. 7 Ni 28/19 (EP), Verb. m. 7 Ni 35/19 (EP)

7. Senat | REWIS RS 2022, 9895

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Gegenstand

Patentnichtigkeitssache – „Verfahren und Vorrichtung zur programmierbaren Texturverarbeitung“ – Verfahrensverbindung von zwei oder mehreren Nichtigkeitsverfahren – Verfahrensgebühren bei Klageverbindung - Kostenrechnung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent EP 1 177 531

([X.] 07 521)

hier: Erinnerung gegen den Kostenansatz

hat der 7. Senat ([X.]) des [X.] am 26. April 2022 durch die Vorsitzende [X.]in [X.], die [X.]in [X.] und den [X.] Dipl.-Phys. Univ. Dr. Forkel

beschlossen:

Die Erinnerung der Klägerin zu 3 gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung vom 29. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 9. April 2019 hat der Senat die [X.] (EP) und 7 Ni 35/19 (EP), die jeweils Klagen gegen das mit Wirkung auch für den Hoheitsbereich der [X.] erteilte [X.] Patent 1 177 531 mit der Bezeichnung „Method and system for providing programmable texture processing“ (Verfahren und Vorrichtung zur programmierbaren Texturverarbeitung) betrafen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, wobei das Verfahren 7 Ni 28/19 (EP) führte.

2

Die Klägerin zu 3 und Erinnerungsführerin ist den verbundenen Verfahren mit [X.] vom 1. August 2019 als weitere Klägerin beigetreten und hat mit [X.] vom 31. Januar 2020 ihre Klage wieder zurückgenommen; einen Kostenantrag hat die Beklagte insoweit nicht gestellt.

3

Zuvor hatte der Senat mit Beschluss vom 5. Dezember 2019 das weitere, gegen dasselbe [X.] gerichtete [X.] 7 Ni 81/19 (EP) zu den Verfahren 7 Ni 28/19 (EP) und 7 Ni 35/19 (EP) hinzuverbunden; diese Verbindung ist mit Beschluss vom 11. November 2020 wieder aufgehoben worden, nachdem die Klägerin aus dem Verfahren 7 Ni 81/19 (EP) - ehemalige Klägerin zu 4 - ihre Klage zurückgenommen hatte.

4

Mit dem an [X.] Statt am 6. April 2021 zugestellten Urteil hat der Senat das [X.] für nichtig erklärt und ¼ der Gerichtskosten der Klägerin zu 3 auferlegt. In der Begründung des Urteils ist hierzu ausgeführt, dass die Klägerin zu 3, die bereits im Januar 2020 die Klage zurückgenommen habe, im [X.] des Urteils hinsichtlich der Gerichtskosten noch zu berücksichtigen sei, weil die Klagerücknahme nicht den gesamten Streitgegenstand betroffen habe (unter Hinweis auf [X.], 599, [X.]. 69 - Rotierendes Menü; [X.], 1741). Einen Antrag nach § 269 Abs. 4 ZPO, über die Kostenverpflichtung bei Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu entscheiden, habe die Beklagte nicht gestellt; über die außergerichtlichen Kosten sei daher insoweit keine Entscheidung veranlasst. Hinsichtlich der Gerichtskosten sei hingegen gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 308 Abs. 2 ZPO auch ohne Antrag der Beklagten aus den eingangs genannten Gründen eine einheitliche Entscheidung im Urteil zu treffen.

5

Noch vor Zustellung des Urteils haben die Klägerin aus dem Verfahren 7 Ni 35/19 (EP) - Klägerin zu 2 - und die diesem [X.] am 14. September 2020 als weitere Klägerin Beigetretene - Klägerin zu 5 - ihre Klagen am 1. April 2021 zurückgenommen. Berufung gegen das Urteil vom 6. April 2021 ist nicht eingelegt worden. Den Streitwert hat der Senat mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2020 verkündeten Beschluss auf 6.875.000,- € festgesetzt.

6

Die [X.] des [X.] hat mit Kostenrechnung vom 29. Juli 2021 die von der Klägerin zu 3 zu zahlenden Gerichtsgebühren auf insgesamt 59.796,- € festgesetzt. Dabei ist sie unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 6.875.000,- € von einer 4,5-fachen Klagegebühr für jedes der beiden Verfahren 7 Ni 28/19 (EP) und 7 Ni 35/19 (EP) in Höhe von jeweils 119.592,- € ausgegangen, mit einer Gesamtsumme von 239.184,- €, wovon auf die Klägerin zu 3 ein Betrag von ¼ entfalle, nämlich 59.796,- €.

7

Mit [X.] vom 12. August 2021 hat die Klägerin zu 3 gegen die bei ihr am 2. August 2021 eingegangene Kostenrechnung Erinnerung eingelegt. Sie beanstandet, dass ihr zweimal ¼ der Gerichtsgebühren aus dem Streitwert von 6.875.000,- € berechnet worden seien. Richtigerweise sei das Verfahren 7 Ni 28/19 (EP) verbunden mit 7 Ni 35/19 (EP) mit dem Streitwert und der Kostenquote heranzuziehen, wie es ausweislich der Kostengrundentscheidung auch entschieden worden sei; zu einer Kostentragungspflicht in den separaten Ausgangsverfahren sage die Entscheidung nichts. Dieses verbundene Verfahren sei zudem das Verfahren, dem die Klägerin zu 3 mit [X.] vom 1. August 2019 beigetreten sei; die Einzelverfahren 7 Ni 28/19 (EP) und 7 Ni 35/19 (EP) habe es zum Zeitpunkt des Beitritts schon nicht mehr gegeben.

8

Die [X.] hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II.

9

Über die gebührenfreie und nicht fristgebundene Erinnerung ist gemäß § 11 Abs. 1 PatKostG durch den Senat zu entscheiden, nachdem ihr die [X.] nicht abgeholfen hat. Die Erinnerung der Klägerin zu 3 ist zulässig, aber unbegründet. In der Sache hat die [X.] zu Recht der Berechnung der Gerichtskosten für die Klägerin zu 3 für jedes der beiden verbundenen Verfahren jeweils eine Klagegebühr in Höhe des 4,5-fachen Satzes zugrunde gelegt.

1. Ab der Verbindung mehrerer [X.] nach § 147 ZPO besteht zwar nur noch ein Verfahren, für das Gebühren nur noch einmal anfallen können (z. B. B[X.], Beschluss vom 17. November 2011, 3 [X.] (pat) 54/11, B[X.]E 53, 147 – Verfahrensgebühren bei [X.]; B[X.], Beschluss vom 21. Oktober 2015, 5 [X.] (pat) 31/15 u. 5 [X.] (pat) 32/15, B[X.]E 55, 205 – Streitwert bei mehreren Klägern, bezüglich einer nach der Verbindung angefallenen Terminsgebühr; [X.], [X.], 11. Aufl., § 80 Rdn. 91 m. w. N.). Die bis zur Verbindung in jedem einzelnen Verfahren angefallenen Verfahrensgebühren bleiben aber unberührt (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 147 Rdn. 11), somit hier die Klagegebühr. Die für eine Patentnichtigkeitsklage zu entrichtenden Gebühren für das Klageverfahren gemäß § 81 [X.] (Gebührenverzeichnis zu § 2 Abs. 1 PatKostG unter [X.]. Nr. 402 100) werden nämlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 PatKostG grundsätzlich schon bei Einreichung der Klage fällig (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 3 PatKostG Rdn. 12). Daher führt nach ständiger Rechtsprechung auch eine spätere Verbindung zweier oder mehrerer [X.] zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung (§ 147 ZPO) nicht rückwirkend dazu, dass die jeweils für die einzelnen [X.] entrichteten Verfahrensgebühren entfallen oder ermäßigt werden; die bis zum Verbindungsbeschluss entstandenen jeweiligen Gebührenbestände der Verfahren bleiben vielmehr bestehen (vgl. B[X.]E 53, 147 – Verfahrensgebühren bei [X.]; B[X.], Beschluss vom 20. Juli 2017, 4 Ni 21/12 (EP) – Klagegebühr bei Verbindung von Nichtigkeitsklagen).

Hiervon ausgehend bleibt es auch trotz der Verbindung der beiden [X.] (EP) und 7 Ni 35/19 (EP) mit Beschluss vom 9. April 2019 dabei, dass für jedes Einzelverfahren die schon mit Einreichung der jeweiligen Klagen angefallenen Klagegebühren unberührt bleiben und daher beide auch in die Kostenrechnung am Ende des Verfahrens einzubeziehen sind.

2. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zu 3 ihren Klägerbeitritt erst nach der Verbindung der [X.] (EP) und 7 Ni 35/19 (EP) mit [X.] vom 1. August 2019 erklärt hat.

Für die Klägerin zu 3 ist zwar erst mit ihrem Beitritt bzw. mit Zustellung ihres Beitrittsschriftsatzes an die Beklagte ein Prozessrechtsverhältnis begründet worden (vgl. [X.]/[X.], a. a. O, § 263 Rdn. 26), doch hat sie mit ihrem Beitritt ersichtlich keine neue, selbständige Nichtigkeitsklage erhoben, sondern sich einem bestehenden Klageverfahren angeschlossen, hier den verbundenen [X.] (EP) und 7 Ni 35/19 (EP). Und weil es sich nicht um eine neue, selbständige Nichtigkeitsklage, sondern um eine Parteierweiterung auf Klägerseite in einem laufenden [X.] handelt, ist mit dem Beitritt nicht gesondert eine neue Klagegebühr fällig geworden. Die ständige Rechtsprechung, wonach nur eine Klagegebühr zu zahlen ist, wenn mehrere Kläger gegen dasselbe [X.] eine gemeinsame Klage mit demselben Klageantrag und demselben [X.] erheben (vgl. [X.], 348 – Bodenbearbeitungsmaschine; GRUR 2021, 45 – Signalumsetzung; [X.], Urteil vom 16. März 2021 – [X.], [X.]. 58; B[X.]E 53, 147, 149 – Verfahrensgebühren bei [X.]; B[X.], Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 5 [X.] (pat) 103/14 (unter II.A), [X.] 2016, 150, 152 – Erstattungsfähigkeit der Kosten für mehrere Anwälte), wird nach regelmäßiger Praxis der Senate des [X.] auch für den Fall herangezogen, dass eine gemeinsame Klage erst aufgrund eines später erklärten Beitritts eines Klägers zu einem laufenden [X.] entsteht (vgl. B[X.]E 32, 204 = [X.], 435 – Zusätzlicher Kläger; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 81 Rdn. 68).

Da für die Klägerin zu 3 aus den vorgenannten Gründen mit ihrem Beitritt keine gesonderte Klagegebühr angefallen ist, sondern sie an den Klagegebühren der [X.], zu denen vorliegend der Beitritt erfolgt ist, teilhat, hat sie auch gebührenmäßig deren prozessuale Lage zum Zeitpunkt ihres Beitritts hinzunehmen, wonach die für die [X.] schon vor der Verbindung jeweils angefallenen Klagegebühren von der Verbindung unberührt geblieben sind, wie unter 1. ausgeführt worden ist. Die beiden [X.] (EP) und 7 Ni 35/19 (EP) mit ihren jeweiligen Klagegebühren sind daher in der Kostenrechnung zu Recht berücksichtigt worden. Der Kostenvorteil des Beitritts ist der Klägerin zu 3 gleichwohl erhalten geblieben, denn zum Zeitpunkt der Kostenentscheidung lagen bei insgesamt vier Klageparteien nur zwei Nichtigkeitsklagen vor, für die Klagegebühren angefallen sind.

3. Eine Kostenentscheidung in dem Verfahren über die Erinnerung gemäß § 11 Abs. 1 PatKostG ist nicht veranlasst. Denn in diesem Verfahren stehen sich nicht die an der Hauptsache beteiligten Parteien als Gegner gegenüber, sondern nur der Erinnerungsführer gegenüber der Staatskasse; es geht um die Entrichtung der Gerichtskosten, bei denen es sich um eine öffentlich-rechtliche Abgabe handelt (vgl. zum [X.], Kostenrecht, 51. Aufl., [X.] § 66 Rdn. 1). In § 66 Abs. 8 Satz 2 [X.] ist daher ausdrücklich bestimmt, dass Kosten nicht erstattet werden, so dass eine Kostenentscheidung nicht erforderlich ist, ebenso wenig eine Wertfestsetzung für das Erinnerungsverfahren (vgl. [X.]/[X.]/Fölsch, [X.] Gesamtes Kostenrecht, 1. Aufl., § 66 [X.] Rdn. 130). Die für die Erinnerung gegen den Kostenansatz im patentgerichtlichen Verfahren maßgebliche Vorschrift des § 11 Abs. 1 PatKostG enthält zwar weder eine dem § 66 Abs. 8 Satz 2 [X.] entsprechende noch eine sonstige Regelung über eine Kostentragung. Aus den vorgenannten Besonderheiten des Verfahrens über eine gegen den Kostenansatz des Gerichts gerichtete Erinnerung, die verfahrensrechtlich nicht die andere Partei zum Gegner hat, folgt jedoch auch für das Erinnerungsverfahren über den Kostenansatz nach § 11 Abs. 1 PatKostG, dessen Fassung sich im Übrigen auch an der Regelung im Gerichtskostengesetz orientiert hat (vgl. Gesetzesbegründung zu § 11 PatKostG, [X.] 2002, 36 ff., 43), dass keine Grundlage für eine Kostenentscheidung besteht.

4. Die vorliegende Entscheidung ist unanfechtbar (§ 11 Abs. 3 PatKostG).

Meta

7 Ni 28/19 (EP), Verb. m. 7 Ni 35/19 (EP)

26.04.2022

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: Ni

§ 81 PatG, § 3 Abs 1 Nr 4 PatKostG, § 147 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.04.2022, Az. 7 Ni 28/19 (EP), Verb. m. 7 Ni 35/19 (EP) (REWIS RS 2022, 9895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9895

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