Bundessozialgericht, Urteil vom 10.03.2015, Az. B 1 AS 1/14 KL

1. Senat | REWIS RS 2015, 14352

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Finanzierung aus Bundesmitteln - zweckgebundene Beteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung - Pauschalzahlungen für die Leistungen für Bildung und Teilhabe - Pauschalzahlungen des Bundes für 2012 - keine nachträgliche Korrektur wegen des Umfangs der tatsächlichen Aufwendungen - Verfassungsmäßigkeit


Leitsatz

1. Die Pauschalzahlungen des Bundes für das Bildungs- und Teilhabepaket im Jahre 2012 an die Bundesländer unterliegen keinen nachträglichen Korrekturen wegen des Umfangs tatsächlich hierfür getätigter Aufwendungen.

2. Die gesetzliche Regelung der Pauschalzahlungen des Bundes für das Bildungs- und Teilhabepaket ist nicht verfassungswidrig.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zu 1) 69 832 461,74 [X.], dem Kläger zu 2) 13 936 949,63 [X.] und dem Kläger zu 3) 21 226 600,92 [X.] jeweils nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 5. August 2014 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 2 500 000 [X.] festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen finanziellen Ausgleich für das sog Bildungs- und Teilhabepaket.

2

Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am [X.] und kulturellen Leben in der [X.], Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach einer differenzierenden, ab 1.1.2011 eingreifenden Übergangsregelung gesondert berücksichtigt (§ 28 Abs 1 S 1 [X.]: nach Maßgabe der Abs 2 bis 7, § 28 [X.] idF [X.] [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453; § 77 [X.], eingefügt durch Art 2 [X.] Gesetz vom 24.3.2011, aaO). Die Berechtigten können danach zusätzlich zu ihrem monatlichen Regelbedarf auch Bedarfe für Bildung und Teilhabe am [X.] und kulturellen Leben in der [X.] beanspruchen. Träger der Leistungen für Bildung und Teilhabe sind die [X.] und kreisfreien Städte (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 2 [X.]) sowie die nach § 6a [X.] zugelassenen kommunalen Träger. Die Umsetzungs- und Finanzierungsverantwortung für die zu erbringenden Bildungs- und Teilhabeleistungen liegt bei den kommunalen Trägern. Entsprechende Leistungen für Bildung und Teilhabe regelt das Bundeskindergeldgesetz (§ 6b [X.]). Die beklagte [X.] sorgt indirekt für eine finanzielle Entlastung der kommunalen Träger hierfür über eine erhöhte, ab dem [X.] variable Beteiligungsquote an den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl § 46 Abs 5 bis 8; § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 [X.]). Bis zum [X.] ist die Beteiligungsquote fest und beträgt 5,4 Prozentpunkte (vgl § 46 Abs 6 S 3 [X.]). Die variable Anpassung erfolgt aufgrund einer Rechtsverordnung (Bundesbeteiligungs-Festlegungsverordnung - BBFestV), die das [X.] ([X.]) mit Zustimmung des Bundesrates erlässt. Es darf die Beteiligungsquote (den Wert nach § 46 Abs 6 S 1 [X.]) erstmalig im [X.] jährlich für das Folgejahr festlegen und für das laufende Jahr rückwirkend anpassen (vgl § 46 Abs 7 S 1 [X.]). Die Beklagte trägt - zwischen den Beteiligten unumstritten - für die [X.] seit 2013 die finanzielle Entlastung der kommunalen Träger auf dieser Grundlage. Der [X.] durch die Kläger erfolgt aufgrund einer Ermächtigung im Rahmen des Verfahrens für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren).

3

Die Beklagte ist der Ansicht, die fixe Beteiligungsquote für 2012 bedeute keine endgültige, sondern eine nur vorläufige Zuordnung von Finanzmitteln. Im [X.] habe auch ein Ausgleich der [X.] stattzufinden, soweit es zu einer solchen 2012 gekommen sei. Die Differenz addiere sich insgesamt für alle Länder auf rund 284,33 [X.] [X.]. Die drei klagenden Bundesländer [X.] (Kläger zu 1), [X.] (Kläger zu 2) und [X.] (Kläger zu 3) sehen dagegen in der fixen Beteiligungsquote für 2012 eine endgültige Zuordnung der Finanzmittel. Bei Erlass der BBFestV 2013 stimmte der Bundesrat dementsprechend dem Entwurf des [X.] nur mit der Maßgabe zu, dass die hiervon abweichenden Regelungen (§ 1 Abs 2 und § 2 [X.] 2013) zu streichen seien (Beschluss vom [X.], [X.]). Die Beklagte hielt dagegen an ihrem Standpunkt fest (Erklärung zu Protokoll, Anlage 35 zum Plenarprotokoll der Sitzung des [X.] vom [X.], [X.] f).

4

Die Beklagte forderte die Kläger auf, für das [X.] zu viel abgerufene Beträge der erhöhten Bundesbeteiligung an den KdU festzustellen, auszuweisen und im Rahmen des nächsten [X.]s zu verrechnen (ua Schreiben vom 22.8. und [X.]). Die Kläger lehnten dies - anders als für das [X.] - gegenüber der Beklagten ab. Die Beklagte entzog ihnen daraufhin - wie angedroht - die Ermächtigung zum [X.] im Rahmen des [X.] (9.4.2014). Wie angekündigt rechnete sie in drei Teilschritten gegen genau bezeichnete Ansprüche der Kläger aus 2014 auf Bundesbeteiligung an den nachgewiesenen und bereinigten Leistungen für KdU mit den nach ihrer Meinung im [X.] überzahlten Beträgen auf, und zwar in Höhe von insgesamt 69 832 461,74 [X.] gegenüber dem Kläger zu 1), 13 936 949,63 [X.] gegenüber dem Kläger zu 2) und 21 226 600,92 [X.] gegenüber dem Kläger zu 3) (Erklärungen vom 23.4.2014).

5

Die Kläger tragen zur Begründung ihrer am 5.8.2014 erhobenen Klage vor, ihre geltend gemachten Ansprüche aus 2014 auf Bundesbeteiligung an den KdU seien nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Beklagte habe keinen aufrechenbaren Erstattungsanspruch gehabt, da für 2012 die fixe Beteiligungsquote gelte.

6

Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zu 1) 69 832 461,74 [X.], dem Kläger zu 2) 13 936 949,63 [X.] und dem Kläger zu 3) 21 226 600,92 [X.] jeweils zuzüglich Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 5. August 2014 zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

8

Sie hält an ihrem Standpunkt fest.

Entscheidungsgründe

9

[X.]ie zulässig in subjektiver [X.]lagehäufung von den klagenden [X.]esländern erhobene [X.]lage (dazu 1.) ist in vollem Umfang begründet (dazu 2.). [X.]er [X.]läger zu 1) hat Anspruch auf Zahlung von 69 832 461,74 [X.], der [X.]läger zu 2) auf Zahlung von 13 936 949,63 [X.] und der [X.]läger zu 3) auf Zahlung von 21 226 600,92 [X.] (dazu 2.). [X.]er erkennende Senat muss das Verfahren nicht wegen Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 46 Abs 6 bis 8 [X.] zur Vorlage nach Art 100 Abs 1 [X.] an das [X.] aussetzen (dazu 3.). Auch die [X.] der [X.]läger sind gegeben (dazu 4.).

1. [X.]as BSG entscheidet nach § 39 Abs 2 S 1 [X.] [X.] im ersten und letzten Rechtszug über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem [X.] und den Ländern in Angelegenheiten des § 51 [X.]. [X.]iese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. [X.]er Streit über den von den [X.]lägern mit der allgemeinen Leistungsklage geltend gemachten Zahlungsanspruch ist öffentlich-rechtlich und nicht verfassungsrechtlicher Art (dazu a). Er betrifft eine Angelegenheit nach § 51 Abs 1 [X.] (dazu b) und ist grundlegender Art (dazu c).

a) [X.]ie öffentlich-rechtliche Streitigkeit zwischen den Beteiligten ist nicht verfassungsrechtlicher Art (vgl dazu [X.], 42, 43 = [X.] 1500 § 51 [X.]; [X.], 100 = [X.] 4-1100 Art 104a [X.], Rd[X.]2 ff). Maßgebend für das Vorliegen einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit ist, ob der geltend gemachte [X.] in einem Rechtsverhältnis wurzelt, das entscheidend vom Verfassungsrecht geprägt wird (vgl BVerwGE 116, 234, 237 = [X.] 310 § 40 VwGO [X.]) und nicht (oder) durch Normen des einfachen Rechts (vgl [X.]E 109, 1, 6; BVerwGE 128, 99 Rd[X.]5 = [X.] 11 Art 104a [X.] Nr 20). Gegenstand des [X.]lageverfahrens ist nicht eine grundsätzliche Zuordnung verfassungsrechtlicher Finanzlasten. [X.]er Streit zwischen den Beteiligten über die endgültige Zuordnung der Mittel für die Leistungen nach § 28 [X.] und § 6b [X.] für das [X.] betrifft nicht das verfassungsrechtliche Grundverhältnis zwischen [X.] und Ländern, sondern stellt sich als eine lediglich im einfachen Recht wurzelnde Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art dar. [X.]enn es geht um die Auslegung insbesondere der Regelungen des § 46 Abs 5 bis 8 [X.].

b) [X.]ie Streitigkeit betrifft Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende iS von § 51 Abs 1 [X.]. Hierfür sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig. [X.]as streitige Begehren findet nämlich seine Grundlage im [X.] ([X.], 100 = [X.] 4-1100 Art 104a [X.], RdNr 20; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 1.12.2014, § 51 Rd[X.]6).

c) Auch das im Rahmen einer restriktiven Auslegung des § 39 Abs 2 S 1 [X.] erforderliche [X.]riterium der Streitigkeit grundlegender Art, die sich nach ihrem Gegenstand einem Vergleich mit den landläufigen Verwaltungsstreitigkeiten entzieht ([X.], 100 = [X.] 4-1100 Art 104a [X.], RdNr 21 mwN), ist im vorliegenden Fall erfüllt. Es handelt sich um ein Verfahren, dessen Gegenstand durch die Eigenart der [X.]-Länder-Beziehung geprägt ist.

2. [X.]ie [X.]lage ist hinsichtlich der jeweils geltend gemachten Hauptforderung begründet. [X.]ie [X.]läger haben gegen die Beklagte für die betroffenen [X.]räume jeweils die unstreitig und in Einklang mit der Aktenlage berechneten Ansprüche, nämlich Anspruch auf Zahlung von 69 832 461,74 [X.] ([X.]läger zu 1), 13 936 949,63 [X.] ([X.]läger zu 2) und 21 226 600,92 [X.] ([X.]läger zu 3; <dazu a>). [X.]ie Ansprüche erloschen nicht durch Aufrechnung mit Ansprüchen der Beklagten, da ihr kein aufrechenbarer Erstattungsanspruch zustand (dazu b).

a) [X.]ie Beteiligten berechneten die betroffenen Ansprüche der [X.]läger auf [X.]esbeteiligung zutreffend und bejahten zu Recht, dass ihre Voraussetzungen in der geltend gemachten Höhe erfüllt sind. [X.]ie zweckgebundene Beteiligung des [X.]es an den Leistungen für [X.]dU beträgt ab dem [X.] bei den [X.]lägern [X.] der Leistungen. [X.]er Prozentsatz erhöht sich um einen Wert in Prozentpunkten (§ 46 Abs 6 S 1 [X.]), der den Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 28 [X.] sowie nach § 6b [X.] geteilt durch die Gesamtausgaben für die Leistungen für [X.]dU, jeweils des abgeschlossenen Vorjahres, multipliziert mit 100 entspricht (§ 46 [X.] [X.]). [X.]er Wert nach § 46 Abs 6 S 1 [X.] wird gemäß Abs 7 S 1 erstmalig im [X.] jährlich durch Rechtsverordnung des [X.] mit Zustimmung des [X.]esrats für das Folgejahr festgelegt und für das laufende Jahr rückwirkend angepasst. Gemäß § 46 Abs 7 S 2 [X.] wird dabei der Wert nach [X.] für das abgeschlossene Vorjahr zugrunde gelegt. Nach § 46 Abs 8 S 1 [X.] wird der Anteil des [X.]es den Ländern erstattet, wobei der Abruf nach Satz 2 zur Monatsmitte und zum Monatsende zulässig ist. Aus den vom [X.]läger zu 1) nachgewiesenen und bereinigten Leistungen für [X.]dU errechnet sich eine [X.]esbeteiligung von 99 909 516,69 [X.] (16.3. bis 15.4.2014), 98 555 429,43 [X.] (16.4. bis 15.5.2014) und 99 472 902,02 [X.] (16.5. bis 15.6.2014), aus den vom [X.]läger zu 2) nachgewiesenen und teilweise bereinigten Leistungen für [X.]dU eine [X.]esbeteiligung von 13 189 323,74 [X.] (April 2014), 12 944 967,03 [X.] (Mai 2014) und 12 980 244,79 [X.] (Juni 2014) und aus den vom [X.]läger zu 3) nachgewiesenen Leistungen für [X.]dU eine [X.]esbeteiligung von 35 847 354,08 [X.] (16.3. bis 15.4.2014), 32 885 801,29 [X.] (16.4. bis 15.5.2014) und 32 412 306,11 [X.] (16.5. bis 15.6.2014).

b) [X.]ie Ansprüche der [X.]läger in Höhe von 69 832 461,74 [X.] ([X.]läger zu 1), 13 936 949,63 [X.] ([X.]läger zu 2) und 21 226 600,92 [X.] ([X.]läger zu 3) erloschen nicht dadurch, dass die Beklagte gegenüber den [X.]lägern in entsprechender Höhe analog § 387 BGB mit einer Gegenforderung aufrechnete (vgl zur Aufrechnung zB BSG [X.] 4-2500 § 264 [X.] Rd[X.]5 f; BSG [X.] 4-2500 § 129 [X.] Rd[X.]1). [X.]ie Aufrechnung ging ins Leere, denn die Beklagte hatte gegen die [X.]läger keinen Anspruch auf Erstattung der für das [X.] gezahlten erhöhten [X.]esbeteiligung in dem Umfang, in welchem die [X.]läger 2012 keine Leistungen für das Bildungs- und Teilhabepaket aufwandten.

[X.]ie Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der Beklagten gegen die [X.]läger wegen Überzahlung eines Erhöhungsanteils der [X.]dU waren nicht erfüllt. [X.]er öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt [X.] voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (stRspr, vgl zB BSG [X.] 4-2500 § 264 [X.] Rd[X.]5). [X.]aran fehlt es. [X.]ie Beklagte zahlte nämlich den [X.]lägern die erhöhte [X.]esbeteiligung (§ 46 Abs 6 [X.]) für das [X.] mit Rechtsgrund. [X.]ie Zahlungspflicht bemaß sich allein nach den ermittelten, zugrunde gelegten [X.]dU der [X.]läger und der gesetzlich festgelegten Beteiligungsquote von 5,4 Prozentpunkten (vgl § 46 Abs 6 S 3 [X.]). Sie bestand dauerhaft unabhängig von den konkreten Aufwendungen der [X.]ommunen in den Ländern der [X.]läger im Jahre 2012 für das Bildungs- und Teilhabepaket. [X.]ie gesetzliche Regelung schließt für diese Leistung der Beklagten für das [X.] - anders als für die [X.] ab 2013 - eine nachträgliche [X.]orrektur aus.

Im Ausgangspunkt sind die Beteiligten zutreffend und in Einklang mit der klaren Gesetzeslage darüber einig, dass sich die Zahlungspflicht der Beklagten zunächst nach den ermittelten, zugrunde gelegten [X.]dU der [X.]läger und der gesetzlich festgelegten Beteiligungsquote von 5,4 Prozentpunkten bemaß (§ 46 Abs 6 S 1 und 3 [X.]). Eine Erstattungsforderung ließe sich bei diesem Ausgangspunkt nur begründen, wenn ein späterer Ausgleichsmechanismus vorgesehen wäre, um den ursprünglich entsprechend der festen Beteiligungsquote errechneten Entlastungsbetrag für die [X.]ommunen [X.] an ihre tatsächlichen Aufwendungen für das Bildungs- und Teilhabepaket anzugleichen. [X.]aran fehlt es.

[X.]as Gesetz sieht einen Ausgleichsmechanismus lediglich für die Leistungen ab 2013 in § 46 Abs 7 [X.] vor. [X.]ie Regelung ermächtigt das [X.], die Beteiligungsquote (den Wert nach § 46 Abs 6 S 1 [X.]) "erstmalig im [X.]" jährlich durch Rechtsverordnung (die [X.]) mit Zustimmung des [X.]esrates für das Folgejahr festzulegen "und für das laufende Jahr rückwirkend" anzupassen (§ 46 Abs 7 S 1 [X.]). [X.]ie erstmalige Festlegung im [X.] für das Folgejahr betrifft schon nach dem klaren Wortlaut, Sinnzusammenhang und Regelungszweck das [X.], die auch rückwirkende Anpassung für das laufende Jahr dagegen das [X.]. Hierzu, um diesen Ausgleich auf der Grundlage einer Rechtsverordnung zu ermöglichen (zutreffend [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 1.11.2014, [X.] § 46 RdNr 84), sind die Gesamtausgaben für das Bildungs- und Teilhabepaket (die Leistungen nach § 28 [X.] sowie nach § 6b [X.]) durch die Länder bis zum 31. März des Folgejahres zu ermitteln und dem [X.] mitzuteilen (§ 46 Abs 8 S 4 [X.]).

Weder die Befugnis zur Festlegung für das Folgejahr noch zur rückwirkenden Anpassung für das laufende Jahr erstrecken sich nach der Gesamtsystematik auf das [X.]. [X.]enn das [X.] legt - so das Gesetz - dabei jeweils den Wert der Gesamtausgaben für die Leistungen für das Bildungs- und Teilhabepaket nach § 46 [X.] [X.] des abgeschlossenen Vorjahres geteilt durch die Gesamtausgaben für die zweckgebundenen [X.]dU-Leistungen des [X.]es (§ 46 Abs 5 S 1 [X.]) des abgeschlossenen Vorjahres multipliziert mit 100 zugrunde (§ 46 Abs 7 S 2 [X.]). [X.]er Wert nach § 46 [X.] [X.] beträgt bis zum [X.] 5,4 Prozentpunkte; § 46 Abs 7 [X.] bleibt unberührt (§ 46 Abs 6 S 3 [X.]). Für die rückwirkende Anpassung wird die [X.]ifferenz zwischen dem Wert nach § 46 Abs 7 S 2 [X.] und dem für das abgeschlossene Vorjahr festgelegten Wert nach § 46 Abs 6 S 1 [X.] im laufenden Jahr zeitnah ausgeglichen (§ 46 Abs 7 S 3 [X.]). Eine [X.]ifferenz zwischen dem Wert nach § 46 Abs 7 S 2 [X.] und dem für das abgeschlossene Vorjahr festgelegten Wert nach § 46 Abs 6 S 1 [X.] kann wegen der Fixierung der Quote in § 46 Abs 6 S 3 Halbs 1 [X.] für das [X.] nicht entstehen. [X.]ass trotz der genannten Fixierung der Quote "§ 46 Abs 7 [X.] unberührt" bleibt (§ 46 Abs 6 S 3 [X.]), dient der Möglichkeit, die Beteiligungsquote (den Wert nach § 46 Abs 6 S 1 [X.]) erstmalig im [X.] jährlich durch die [X.] mit Zustimmung des [X.]esrates für das Folgejahr festzulegen und "für das laufende Jahr rückwirkend" anzupassen. [X.]em folgt auch überwiegend die Literatur (vgl [X.] in Adolph, [X.]/[X.]/AsylbLG, Stand 11/2014, § 46 [X.] RdNr 61, 64 f; [X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 46 RdNr 25; [X.]napp in [X.]/[X.]/Radüge, jurisP[X.]-[X.], Stand Online-[X.]ommentierung 10.3.2015, § 46 Rd[X.]6, 84; [X.] in [X.], [X.], Stand 1.12.2014, § 46 RdNr 55; [X.] in [X.], [X.] für die Praxis, Stand August 2014, § 46 [X.] RdNr 55, 58; [X.] in [X.], [X.]/[X.], Stand 1.10.2013, § 46 RdNr 82; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 1.11.2014, [X.] § 46 Rd[X.]4, 76; [X.] in [X.]/Zink, [X.], Stand Jan[X.]r 2014, § 46 RdNr 49).

Soweit die Beklagte demgegenüber meint und ihrem ursprünglichen Entwurf der [X.] 2013 zugrunde gelegt hat, dass die [X.]ifferenzen zwischen dem rückwirkend zum Jahresanfang gültigen und dem für das abgeschlossene Vorjahr festgelegten Wert auch für das abgeschlossene Vorjahr auszugleichen seien ([X.] unter Hinweis auf § 46 Abs 7 S 3 [X.]), findet diese Auffassung im Gesetz keine Stütze. [X.]ie von der Beklagten angeregte Einvernahme von Zeugen erübrigt sich. Über die im Gesetz angelegten Grundentscheidungen, [X.] und [X.] darf der erkennende Senat bei seiner Auslegung nicht hinweggehen. [X.]onkrete Vorstellungen, die von Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern der gesetzgebenden [X.]örperschaften über die nähere Bedeutung oder Reichweite einer einzelnen Bestimmung, eines [X.] oder eines Begriffs und ihrer Handhabung wie Wirkung geäußert werden, stellen für die Gerichte jedenfalls nicht eine bindende Anleitung dar, so erhellend sie im Einzelfall für die Sinnermittlung auch sein mögen. Sie sind als solche nicht schon Inhalt des Gesetzes (vgl [X.]E 54, 277, 297, unter [X.] 1 = Juris RdNr 60 mwN).

3. [X.]er erkennende Senat sieht sich nicht gehalten, das Verfahren auszusetzen und dem [X.] nach Art 100 Abs 1 [X.] vorzulegen, weil er sich nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 46 Abs 6 bis 8 [X.] überzeugen kann. Nach Art 104a [X.] [X.] können [X.]esgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, bestimmen, dass die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom [X.] getragen werden. [X.]ie Regelung des § 46 Abs 5 bis 8 [X.] betrifft ein solches [X.]esgesetz. [X.]er erkennende Senat folgt schon aus formalen Gründen (dazu a) nicht den teilweise im Schrifttum anklingenden Zweifeln am Geldleistungscharakter der betroffenen Leistungen des [X.] (vgl zB [X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 46 RdNr 25, der aber den "Umweg" über die Anknüpfung an [X.]dU-Leistungen für verfassungskonform ansieht, vgl ebenda, RdNr 21). Auch inhaltliche Gründe sprechen hierfür (dazu b).

a) Formal bezieht sich die Gesetzesregelung unzweifelhaft auf eine Regelung über die Tragung von Geldleistungen, nämlich die Erhöhung des Anteils der [X.]ostenübernahme für [X.]dU durch den [X.]. In diesem Sinne bestimmt § 46 Abs 5 [X.], dass für [X.]dU Geldleistungen zum Teil vom [X.] getragen werden. [X.]ie Vorgängerregelung 46 Abs 1, 5 bis 10 [X.] aF) hat das [X.] bereits als verfassungskonform angesehen (vgl [X.]E 119, 331 = [X.] 4-4200 § 44b [X.], Rd[X.]37 ff). [X.]ie Erhöhung des [X.] der [X.]dU aufgrund der Regelungen des § 46 Abs 6 bis 8 [X.] im Rahmen eines politischen [X.]ompromisses vermag deren Verfassungswidrigkeit nicht zu begründen (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 1.11.2014, [X.] § 46 Rd[X.]1). [X.]enn es verbleibt unverändert insgesamt bei einer Teiltragung der als Geldleistungen ausgestalteten [X.]dU durch den [X.].

b) Es sprechen zudem gute Gründe dafür, dass inhaltlich die Erhöhung des [X.] der [X.]dU mittelbar auf eine Geldleistung iS von Art 104a [X.] [X.] zielt. Weder das [X.] noch die obersten Gerichtshöfe des [X.]es haben bisher in ihrer Rechtsprechung die genaue Reichweite dieses Begriffs konkretisiert. Sie ist in der Literatur höchst streitig. Übereinstimmung besteht dort lediglich im Grundsatz, dass reine Sach- und [X.]ienstleistungen nicht unter den Begriff der "Geldleistung" fallen (vgl zB [X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 46 RdNr 21; [X.] in Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2014, Art 104a RdNr 27; [X.] in [X.]reier, [X.], 2. Aufl 2008, Art 104a RdNr 27; [X.] in v. Mangoldt[X.]/[X.], [X.] III, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 84; [X.] in [X.] [X.]omm zum [X.], Stand Juli 2014, Art 104a Rd[X.]94). Schon wenn ein [X.]esgesetz neben Geldleistungen auch andere Leistungen gewährt, gehen die Ansichten auseinander (vgl zB zum Erfordernis einer genauen Abgrenzung zur Berechnung der Quoten oder zur Zulässigkeit von Pauschalierungen [X.] in [X.]reier, [X.], 2. Aufl 2008, Art 104a RdNr 27 mwN in Fn [X.]19). Ausgehend vom Regelungszweck, [X.]larheit über die genaue Höhe des Geldbetrags der Leistungen zu haben, beziehen [X.] auch mit den Geldleistungen assoziierte oder diese im Sinne eines Surrogats ersetzende Sach- und [X.]ienstleistungen ein, wenn sie aus Gründen der Missbrauchsverhinderung nicht als Geldleistungen, sondern als Sach- oder [X.]ienstleistungen gewährt werden (vgl dazu zB [X.] in Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2014, Art 104a RdNr 27 ; [X.], [X.]VBl 1996, 1020, 1024; F. [X.]irchhof, Gutachten [X.] für den 61. [X.]eutschen Juristentag 1996, 62 ff).

So liegt der Fall hier, auch wenn nach § 29 Abs 1 S 2 [X.] nur die Leistungen nach § 28 Abs 3 und 4 [X.] durch Geldleistungen, die Leistungen zur [X.]eckung der Bedarfe nach § 28 Abs 2 und 5 bis 7 dagegen durch (geldwerte) Sach- und [X.]ienstleistungen erbracht werden. [X.]ie dem [X.] systemfremden unbaren Leistungsformen sollen sicherstellen, dass die Leistungen bei den [X.]indern und Jugendlichen auch tatsächlich ankommen (vgl BT-[X.]rucks 17/3404 [X.] zu § 29) und keine zweckwidrige Verwendung erfolgt. Leistungen zur [X.]eckung der Bedarfe nach § 28 Abs 2 und 5 bis 7 [X.] werden deshalb (insbesondere) in Form von personalisierten Gutscheinen oder [X.]irektzahlungen an Anbieter von Leistungen zur [X.]eckung dieser Bedarfe erbracht (§ 29 Abs 1 S 1 [X.]). [X.]irektzahlungen an Anbieter sind im Ergebnis nichts anderes als Geldleistungen, die - vergleichbar mit der Zahlung der [X.]osten der Unterkunft an den Vermieter in Fällen des § 22 Abs 7 S 2 [X.] - nur den Umweg über den Leistungsberechtigten vermeiden. Gutscheine werden weder als Geld- noch als Sachleistungen q[X.]lifiziert (vgl [X.] Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - Juris Rd[X.]34; s auch § 10 Abs 3 [X.]). Sie haben einen konkreten Wert und stellen sich lediglich als unbare Abrechnung dar, die der wirtschaftlichen [X.]ispositionsfreiheit des Leistungsempfängers stärker entgegenkommen als dies bei [X.] der Fall ist. [X.]ementsprechend gelten die Leistungen mit der Ausgabe des jeweiligen Gutscheins als erbracht (§ 29 Abs 2 S 1 [X.]). Anders als bei "echten" Sachleistungen trifft den Träger der Grundsicherung für die Bereitstellung eines hinreichenden Leistungsangebots auch kein eigenständiger Sicherstellungsauftrag (BT-[X.]rucks 17/3404 [X.] zu § 30 Abs 1 S 1).

4. [X.]en [X.]lägern stehen im Rahmen des hier streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs, der nicht das [X.], sondern allein die ([X.] der Leistungen im Innenverhältnis betrifft (vgl entsprechend [X.] 114, 55 = [X.] 4-4200 § 6b [X.], RdNr 52; [X.], 100 = [X.] 4-1100 Art 104a [X.], RdNr 57 f; BVerwG Urteil vom 24.7.2008 - 7 A 2/07 - NVwZ 2009, 599), auch die beantragten Prozesszinsen gemäß § 288 Abs 1, § 291 BGB zu.

5. [X.]ie [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [X.] iVm § 154 Abs 1 VwGO. [X.]ie Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 [X.] iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1, [X.] und Abs 4 G[X.]G.

Meta

B 1 AS 1/14 KL

10.03.2015

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

§ 46 Abs 5 S 1 SGB 2, § 46 Abs 5 S 3 SGB 2, § 46 Abs 6 S 1 SGB 2, § 46 Abs 6 S 2 SGB 2, § 46 Abs 6 S 3 SGB 2, § 46 Abs 7 S 1 SGB 2, § 46 Abs 7 S 2 SGB 2, § 46 Abs 7 S 3 SGB 2, § 46 Abs 8 S 1 SGB 2, § 46 Abs 8 S 2 SGB 2, § 28 SGB 2, § 29 Abs 1 SGB 2, § 6b BKGG 1996, § 387 BGB, Art 104a Abs 3 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.03.2015, Az. B 1 AS 1/14 KL (REWIS RS 2015, 14352)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14352

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