Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. VIII ZR 324/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13521

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:060416UVIIIZR324.12.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 324/12
Verkündet am:

6. April 2016

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 14. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, [X.]
Achilles und Dr.
Schneider,
die Richterin Dr.
Fetzer und [X.]
Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 13. September 2012 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von
Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, ein regionales Energieversorgungsunternehmen, lieferte an die [X.] im Rahmen der Grundversorgung für zwei in D.

gele-gene Immobilien von 1985
(Objekt 1) beziehungsweise 1992 (Objekt 2) bis zum Vertragsende am 28. Februar 2010 leitungsgebunden
Erdgas.
Mit Schreiben vom 12. September 2008
widersprachen die [X.] den von der Klägerin verlangten Preisen und beanstandeten insbesondere die 1
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von der Klägerin bis dahin vorgenommenen und künftig noch vorzunehmenden Preiserhöhungen als unbillig.
Für den Zeitraum vom 15. August 2007 bis zum 28. Februar 2010 er-rechnete die Klägerin für die beiden versorgten Objekte
unter Berücksichtigung der von ihr in diesem Zeitraum vorgenommenen Preiserhöhungen Zahlungs-rückstände
der [X.] von 1.607,82

von 1.863,19

(Objekt 2).
Von diesen
Zahlungsrückständen nimmt die Klägerin die [X.] im Wege der (Teil-)K

(Objekt 1) und 1.398,58

(Objekt 2), jeweils nebst Zinsen, in Anspruch. Bei der Berechnung dieser Forde-rungen legt sie den bis zum 30. September 2007 geltenden Arbeitspreis von 4,47 [X.]ent/kWh netto und nicht die danach erfolgten Preiserhöhungen zugrunde. Sie
vertritt hierzu die Auffassung, jedenfalls dieser Arbeitspreis sei zum [X.]en Preis geworden, weil die [X.] dieser Preisbemessung nicht zeit-nah,
sondern erst mit Schreiben vom 12. September 2008 widersprochen [X.].

Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgen die [X.] ihr Klageabwei-sungsbegehren weiter.
Der [X.] hat das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 23. April 2013 gemäß § 148 ZPO analog im Hinblick auf das beim Gerichtshofs der
[X.] (im Folgenden: Gerichtshof) damals aufgrund des Vorla-gebeschlusses des [X.]s gemäß [X.]. 267 AEUV im Verfahren [X.] anhängige Verfahren [X.]/11 ausgesetzt. In diesem Verfahren ist am 23.
Oktober 2014 die Entscheidung des Gerichtshofs ergangen ([X.]/11 und
[X.]/11, [X.], 849 -
Schulz und Egbringhoff).
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der Klägerin habe auf der Grundlage von § 4 [X.] [X.] von § 5 Abs. 2 [X.] das Recht zugestanden, den [X.] einseitig zu ändern. Sollten sich die genannten Vorschriften in Folge man-gelnder Transparenz als unionsrechtswidrig erweisen, hätte die Klägerin den-noch Anspruch auf die klageweise geltend gemachten Beträge. Denn in diesem Fall bestünde
-
ebenso wie es der [X.] bereits im (Norm-)
Sonderkundenbereich angenommen habe -
auch im [X.], in dem sich der Versorger seiner Lieferverpflichtung nach §
36 Abs. 1 [X.] nicht durch Kündigung entziehen könne, eine Regelungslücke
im Ener-gielieferungsvertrag, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§
133, 157 BGB) dahingehend geschlossen werden müsste, dass die Parteien [X.] hätten, dem Grundversorger ein nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) [X.] einseitiges Preisänderungsrecht einzuräumen.
Der zum 30. September 2007 geltende Arbeitspreis, den die Klägerin ih-ren Forderungen zugrunde lege, könne indes nicht mehr auf seine Billigkeit hin überprüft werden, da die [X.] den danach erfolgten Preisänderungen der Klägerin erstmals mit Schreiben vom 12. September 2008
widersprochen und dort die Unbilligkeit der Preisbemessung gerügt hätten. Aufgrund
dessen sei der zum 30. September 2007 geltende Preis von 4,47 [X.]ent/kWh netto zum ver-7
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einbarten Preis geworden, der einer gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zu-gänglich sei.
II.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen
Begründung kann ein
Anspruch der Klägerin auf Zahlung nicht geleisteter Entgelte
für Gaslieferungen im Zeitraum vom 15. August 2007 bis zum 28. Februar 2010 nicht bejaht wer-den.
[X.] hat das Berufungsgericht angenommen, die [X.] könnten deswegen eine gerichtliche Billigkeitskontrolle des zum 30. September 2007 geltenden [X.] von 4,47 [X.]ent/kWh netto -
auf dessen Grundla-ge die Klägerin die [X.] berechnet -
nicht (mehr) verlangen, weil dieser von der Klägerin in Ausübung eines ihr
zustehenden einseitigen Preis-änderungsrechts bestimmte Preis zum vereinbarten Preis geworden sei. Denn das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der bisher von ihm getroffenen Feststellungen zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin habe den ihrer Berechnung zugrundliegenden
Arbeitspreis von 4,47 [X.]ent/kWh netto aufgrund eines ihr zustehenden einseitigen Preisänderungsrechts bestimmt.
1. Soweit das Berufungsgericht in seiner [X.] das Recht der Klägerin auf einseitige Änderung des Grundversorgungstarifs §
4 Abs. 1, 2
[X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] (in der bis zum 29. Oktober 2014 geltenden Fassung vom 26.
Oktober 2006 [BGBl. I S. 2391], im Folgen-den [X.] aF) entnimmt, trifft dies nicht zu. Denn die dahingehende Ausle-gung der genannten Vorschriften der nationalen Gasversorgungsverordnungen kann für die -
auch hier in Rede stehende -
Zeit ab dem Ablauf der Umset-zungsfrist
der [X.] 2003/55/[X.] (1. Juli 2004) nicht mehr aufrecht er-11
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halten werden, weil eine solche Auslegung nicht mit den [X.] der genannten Richtlinie
vereinbar wäre.
a) Der [X.] hat allerdings in seiner früheren ständigen Rechtsprechung § 4 Abs. 1, 2 [X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] aF ein nach billi-gem Ermessen (§ 315 BGB) bestehendes Preisänderungsrecht des Gasgrund-versorgers entnommen (vgl. nur [X.]surteile vom 13. Juni 2007 -
VIII ZR 36/06, [X.], 315 Rn. 14 ff.; vom 19. November 2008 -
VIII ZR 138/07, [X.], 362 Rn. 26; ebenso [X.], Urteil vom 29. April 2008 -
KZR 2/07, [X.]Z 176, 244 Rn. 26, 29).
b) Indes hat der [X.] nunmehr
im [X.] an das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2014 ([X.]/11 und [X.]/11,
aaO)
entschieden,
dass
§ 4 Abs. 1, 2 [X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] aF ein Preisänderungsrecht nicht entnommen werden kann, weil eine solche Annahme nicht mit den Transparenzanforderungen des [X.]. 3 Abs. 3 Sätze 4 bis
6 in [X.] mit Anhang A der [X.] 2003/55/[X.] (aufgehoben zum 3. März 2011 durch [X.]. 53 der [X.] 2009/73/[X.]) zu vereinbaren ist ([X.]s-urteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], [X.], 2226
Rn. 33, zur [X.] in [X.]Z vorgesehen,
und [X.], juris Rn. 35).
c) Darüber hinaus hat der [X.] in diesen Urteilen die Möglichkeit
einer richtlinienkonformen Auslegung von § 4 Abs.1, 2 [X.] beziehungsweise §
5 Abs. 2 [X.] aF verneint, weil eine solche Auslegung
dem Willen des Gesetz-
und Verordnungsgebers des Jahres 2006 nicht entspräche
([X.]sur-teile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 34 ff.,
und [X.], aaO Rn. 36 ff.; ebenso [X.]surteile vom 9. Dezember 2015 -
VIII ZR 236/12 juris, und [X.], juris; jeweils Rn. 20).

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d) Auch eine unmittelbare Anwendung der [X.] 2003/55/[X.] kommt im Streitfall nicht in Betracht. Wie der [X.] in den Urteilen vom 28.
Oktober 2015 ([X.], aaO Rn. 62 ff.,
und [X.], aaO Rn.
64 ff.; ebenso [X.]surteile vom 9. Dezember 2015 -
VIII ZR 236/12, aaO, und [X.], aaO; jeweils
Rn. 21) unter Bezugnahme auf die Rechtspre-chung des Gerichtshofs ausgeführt hat, kann sich der Einzelne im [X.] Vertragsverhältnis nur in den Fällen unmittelbar auf die Bestimmungen einer -
wie hier -
nicht oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzten Richt-linie berufen, in denen sein Vertragspartner eine Organisation oder Einrichtung ist, die dem Staat oder dessen Aufsicht untersteht oder mit besonderen Rech-ten ausgestattet ist, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten. Das Berufungsgericht hat im Streitfall jedoch weder festgestellt noch ist es sonst ersichtlich, dass es sich bei der [X.] um eine derartige -
dem Staat zuzurechnende (vgl. [X.]sur-teile vom 9. Dezember 2015 -
VIII ZR 236/12, aaO,
und [X.], aaO; jeweils mwN) -
Organisation oder Einrichtung handelt. Übergangenen Sachvor-trag zeigt die Revision nicht auf.
2. Soweit das Berufungsgericht
in seiner Hilfsbegründung ausführt, dem Energieversorger, der -
wie die Klägerin -
nach § 36 Abs. 1 [X.] verpflichtet sei, Gas in der Grundversorgung zu liefern, stehe ein einseitiges
Preisände-rungsrecht jedenfalls in
ergänzender
Auslegung des [X.] zu, trifft dies zwar
im gedanklichen Ansatz, nicht jedoch in dem vom Berufungs-gericht angenommenen Umfang des Preisänderungsrechts zu.

a) Wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils in den Urteilen vom 28. Oktober 2015 ([X.], aaO Rn. 66 ff., und [X.], aaO Rn.
68 ff.) für [X.] entschieden hat, steht dem Gasversorger in der Grundversorgung von Haushaltskunden bei -
wie hier -
auf unbestimmte 17
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Dauer angelegten Lieferungsverträgen ein Preisänderungsrecht (nur) in engen Grenzen zu. Denn aus der gebotenen und an dem objektiv
zu ermittelnden hy-pothetischen Willen der Vertragsparteien [X.] ergänzenden Ausle-gung (§§ 157, 133 BGB) eines auf unbestimmte Dauer angelegten Energieliefe-rungsvertrags ergibt sich, dass der Grundversorger berechtigt ist, Steigerungen seiner (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben, und er verpflichtet ist, bei einer Tarifanpassung Kostensenkun-gen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der nach dieser Maß-gabe berechtigterweise erhöhte Preis wird zum vereinbarten Preis ([X.]surtei-le vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 84, und [X.], aaO Rn. 86; vom 9. Dezember 2015 -
VIII ZR 236/12, aaO, und [X.], aaO; jeweils
Rn. 22 f.). Anders als es das Berufungsgericht offenbar annimmt, wer-den von dem Preisänderungsrecht Preiserhöhungen, die über die bloße Wei-tergabe
von
(Bezugs-)Kostensteigerungen hinausgehen und der Erzielung ei-nes (zusätzlichen) Gewinns dienen, nicht erfasst
([X.]surteile vom 28. Okto-ber 2015 -
[X.], aaO Rn. 85, und [X.], aaO Rn. 87).
b) Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kunde die Preiserhöhung nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen [X.], in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, bean-standet hat ([X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO, und
VIII ZR
13/12, aaO; jeweils mwN).
Der [X.] hat bereits früher für den Bereich langjährig bestehender (Norm-)Sonderkundenverträge entschieden,
dass in den Fällen, in denen der Kunde (unwirksamen) Preiserhöhungen über einen länge-ren Zeitraum hinweg nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zu-rückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit
der Preiserhöhungen geltend macht, die durch die Unwirksamkeit der [X.] oder deren unwirksame Einbeziehung entstandene Regelungslücke regelmäßig im Wege 20
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der ergänzenden Vertragsauslegung dahin zu füllen
ist, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten [X.] übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat ([X.]surteile vom 14.
März 2012 -
VIII [X.], [X.]Z 192, 372
Rn.
21, 25, und [X.], [X.], 265 Rn. 30; vom 15. April 2015 -
VIII ZR 59/14, [X.]Z 205, 43
Rn. 37 mwN).
Dies gilt sowohl im Falle der Rückforderung als auch im Falle der Rest-forderung von Entgelt für Energielieferungen ([X.]surteile vom 14. März 2012 -
[X.], aaO Rn. 29; vom 25. März 2015 -
VIII [X.], juris Rn. 33, und [X.], juris Rn. 34) und hat zur Folge, dass an die Stelle des we-gen der Unwirksamkeit oder der unwirksamen Einbeziehung der [X.] auf dem Niveau bei Vertragsschluss verharrenden (Anfangs-)
Preises nun die letzte Preiserhöhung des Versorgungsunternehmens tritt, der der
Kunde nicht rechtzeitig widersprochen hat, mithin der danach maßgebliche Preis endgültig an die Stelle des [X.] tritt ([X.]surteil vom 15. April 2015 -
VIII ZR 59/14, aaO).
In den Urteilen vom 28. Oktober 2015 ([X.], aaO Rn. 88, und [X.], aaO Rn. 90) hat der [X.] diese Rechtsprechung auf den Tarifkundenbereich übertragen. Denn es besteht kein sachlicher Grund, den Grundversorger insoweit anders zu behandeln als den Energieversorger im (Norm-)Sonderkundenbereich.
c) Ausgehend hiervon kommt es im Streitfall darauf an, ob die Klägerin den der
Klageforderung zugrundeliegenden und bis zum 30. September 2007 geltenden Preis von 4,47 [X.]ent/kWh netto in Ausübung eines den oben (unter [X.] a, b) dargelegten Maßstäben gerecht werdenden einseitigen Preisänderungs-rechts bestimmt hat. Dies
kann auf der Grundlage der bisher vom Berufungsge-21
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richt getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Für eine zusätzliche
Bil-ligkeitsprüfung
nach § 315 Abs. 3 BGB ist kein Raum (vgl. [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 89, 100, 105,
und [X.], aaO Rn. 100, 102, 107).
3.
Entgegen der Auffassung der Revision besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit nach [X.].
267 Abs. 1 bis 3 AEUV dem Gerichtshof erneut zur Auslegung des [X.]. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der [X.] 2003/55/[X.] im Hinblick darauf vorzulegen, ob die darin enthaltenen [X.] dahingehend auszulegen sind, dass die vom [X.] im [X.] an das Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 ([X.]/11 und
[X.]/11, aaO) in den oben genannten Urteilen vom 28. Oktober 2015 ([X.], aaO Rn. 66 ff., 83, und [X.], aaO Rn. 68 ff., 85) [X.] ergänzende Vertragsauslegung den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt. Die gegenteilige Auffassung der Revision geht aus mehreren Gründen fehl.
a) Die Auslegung des [X.]. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A der [X.] 2003/55/[X.] ist, soweit für die Beurteilung des vorliegenden Falles von Bedeutung, durch das genannte Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 sowie durch die ebenfalls auf Vorlage des [X.]s ergangene Entschei-dung
des
Gerichtshofs
vom
21.
März
2013
([X.]/11, [X.], 2253 -
RWE Vertrieb AG) im Sinne eines acte [X.] geklärt und hier -
wie bereits in den beiden vorbezeichneten sowie in den im [X.] hieran ergangenen weiteren Urteilen des [X.]s -
lediglich auf den Einzelfall anzuwenden (vgl. hierzu etwa [X.], Urteil vom 15. September 2005 -
[X.]-495/03, [X.].
[X.] Rn. 33 -
Inter-modal Transports; [X.], GmbHR 2013, 598, 600; [X.]surteil vom 16.
September 2015 -
VIII ZR 17/15, [X.], 2058 Rn. 33).
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-
Der Gerichtshof hat im Urteil vom 23. Oktober 2014 ([X.]/11 und
[X.]/11, aaO Rn. 44) hervorgehoben, dass zum einen die Interessen der Kunden und das aus [X.]. 3 Abs. 3 der [X.] 2003/55/[X.] in Bezug auf die Transparenz folgende Erfordernis eines hohen Verbraucherschutzes, zum anderen aber auch die besondere Situation und die wirtschaftlichen Interessen der als
Versorger letzter Instanz im Sinne der vorgenannten [X.] insoweit zu berücksichtigen seien, als sie sich die andere Vertragspartei nicht aussuchen und den Vertrag nicht beliebig beenden könnten (vgl. hierzu [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 72 f., und [X.], aaO Rn. 74 f.). Dementsprechend hatte der [X.] bereits im Urteil vom 21. März 2013 ([X.]/11, aaO Rn. 46 -
RWE Ver-trieb AG) ausgeführt, sowohl aus Nr.
2 Buchst. b Abs. 2 und d
des Anhangs der Richtlinie 93/13/EWG [Klausel-Richtlinie] als auch aus Anhang A Buchst. b der [X.] 2003/55/[X.] ergebe sich, dass der [X.] im Rah-men von unbefristeten Verträgen wie [X.]n das Bestehen eines berechtigten Interesses des Versorgungsunternehmens an der [X.] einer Änderung der Entgelte für seine Leistung anerkannt habe (vgl. hierzu [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn. 76, 79, und
[X.], aaO Rn. 78, 81).
Die vorbezeichneten rechtlich geschützten Interessen in einen angemes-senen Ausgleich zu bringen, ist -
wovon ersichtlich auch der Gerichtshof aus-geht -
Aufgabe des nationalen Rechts. Die vom [X.] auf dieser Grundlage in den Urteilen vom 28. Oktober 2015 für die Gasgrundversorgung [X.] ergänzende Vertragsauslegung nimmt diesen Ausgleich vor und trägt zu-gleich dem Ziel sowohl des nationalen als auch des [X.] Energiewirt-schaftsrechts Rechnung, eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten (siehe hierzu [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO
Rn. 76 ff., und [X.], aaO Rn. 78 ff.; jeweils mwN). Sowohl das Gleich-25
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-
12
-
gewicht von Leistung und Gegenleistung bei unbefristeten [X.] als auch die Sicherheit der Energieversorgung, bei der es sich um ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges handelt ([X.]E 30, 292, 323 f. mwN; [X.], [X.] Kommentar zum Energierecht, Band
1, [X.], 3. Aufl., § 36 [X.] Rn. 1), wären gefähr-det, wenn der Grundversorger nicht berechtigt wäre, Steigerungen der eigenen (Bezugs-)Kosten während der Vertragslaufzeit an den Kunden weiterzugeben (siehe hierzu [X.]surteile vom 28.
Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn.
72
ff., 79, 82, und [X.], aaO Rn.
74 ff., 81, 84; jeweils mwN).
b) Einer erneuten Vorlage an den Gerichtshof bedarf es zudem auch deshalb nicht, weil nach den vom [X.] in den Urteilen vom 28. Oktober 2015 ([X.], aaO Rn. 34 ff., und [X.], aaO Rn. 36 ff.) aufgezeigten Grundsätzen
eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Abs. 1 und 2
[X.] und des § 5 Abs. 2 [X.] aF
nicht in Betracht kommt.
Aufgrund dieses -
ausschließlich der Beurteilung des nationalen Gerichts unterliegenden (vgl. nur [X.], Urteil vom 27. Februar 2014 -
[X.]-351/12, [X.], 473 Rn. 35 mwN -
OSA, sowie die Schlussanträge der Generalanwältin im [X.]/10, juris Rn. 153 -
S[X.]F [X.]) -
Umstands ist der [X.] angesichts der durch das nationale Recht gezogenen Grenzen schon mangels Entscheidungserheblichkeit der (weiteren) Auslegung des Unionsrechts nicht zu einer (erneuten) Vorlage an den [X.] nach [X.]. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV gehalten (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juni 2011 -
[X.]-65/09 und [X.]/09, [X.]. 2011 [X.] -
Gebr. [X.] und [X.]; [X.], GmbHR 2013, 598, 601; [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2015
-
KZR 17/14, [X.], 304
Rn. 68; Schlussanträge der Generalanwältin in den Vorabentscheidungsverfahren [X.]/10, juris Rn. 26 -
DR und [X.], und [X.]/10, aaO -
S[X.]F [X.]), zumal -
wie der [X.] 27
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13
-
ebenfalls entschieden hat -
auch eine unmittelbare Anwendung der [X.] des [X.]. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der [X.] 2003/55/[X.] auf den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (vgl. [X.]surteile vom 28. Oktober 2015 -
[X.], aaO Rn.
62
ff., und [X.], aaO Rn. 64 ff.).
III.
Nach allem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Aufgrund des Widerspruchs der [X.] vom 12. September 2008 ge-gen die bis dahin von der Klägerin
vorgenommenen Preisänderungen wird das Berufungsgericht -
gegebenenfalls unter Berücksichtigung ergänzenden Sach-vortrags der Parteien hierzu -
zu prüfen haben, ob sämtliche vom Widerspruch erfassten Preisbestimmungen der Klägerin bis hin zu dem der
Klageforderung zugrundliegenden Arbeitspreis von 4,47 [X.]ent/kWh netto unter Beachtung der oben (unter [X.], a, b) dargestellten Grundsätze erfolgt sind. Dabei sind alle ein-seitigen Preisbestimmungen der Klägerin in den Blick zu nehmen, die von Jah-

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14
-
resrechnungen erfasst werden, die den [X.] im Zeitraum vom 12.
September 2005
bis zum 30. September 2007 zugegangen sind.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider

Dr. Fetzer
Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.01.2012 -
46 [X.] 6089/11 (XI) -

LG Oldenburg, Entscheidung vom 13.09.2012 -
9 [X.]/12 -

Meta

VIII ZR 324/12

06.04.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. VIII ZR 324/12 (REWIS RS 2016, 13521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13521

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