Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.12.2017, Az. IX ZR 243/16

9. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 619

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Gegenstand

Rechtsanwaltsgebühr: Gegenstandswert für die Verfahrensgebühr bei zunächst vollumfänglicher Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde und nachfolgender Beschränkung


Leitsatz

Hat der Rechtsanwalt auftragsgemäß gegen ein Berufungsurteil vollumfänglich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese aufgrund einer Rechtsprüfung nachfolgend beschränkt, richtet sich der Gegenstandswert für die Verfahrensgebühr nach der vollen Beschwer seines Mandanten.

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden unter Zurückweisung der Revision der Klägerin und ihrer Anschlussberufung das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2015 und das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 2. September 2016 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des [X.] vom 11. Februar 2015 wird aufrechterhalten, soweit die Klage in Höhe eines 542,80 € nebst Zinsen übersteigenden Betrages abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und der Beklagte verurteilt, 542,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 7. November 2014 an die Klägerin zu zahlen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Revisionsinstanz. Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszugs tragen 54 v. H. die Klägerin und 46 v. H. der Beklagte. Die durch ihre Säumnis im Termin vom 11. Februar 2015 vor dem [X.] entstandenen Kosten hat die Klägerin alleine zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Eine von der Klägerin auf Zahlung von 160.370,04 € erhobene Klage wurde von dem [X.] abgewiesen; auf die Widerklage wurde die Klägerin zur Zahlung von 57.651,86 € verurteilt. Der hiesige Beklagte, ein bei dem [X.] zugelassener Rechtsanwalt, legte im Auftrag der Klägerin Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Im Einverständnis mit der Klägerin beantragte er im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, der Klageforderung in Höhe von 104.874,97 € stattzugeben und die Widerklage abzuweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des [X.]es vom 21. November 2013 ([X.]) unter Festsetzung eines Streitwerts von 162.526,83 € zurückgewiesen.

2

Entsprechend einer Kostenvorschussrechnung des Beklagten vom 17. Februar 2012 über eine 2,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3508 VV RVG hatte die Klägerin einen Nettobetrag von 4.991 € an den Beklagten entrichtet. Die Klägerin meint, der Beklagte habe aufgrund der verbindlichen Streitwertfestsetzung durch den [X.] lediglich eine 2,3-Gebühr aus dem festgesetzten Streitwert von 162.526,83 € verdient.

3

Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, von dem Beklagten Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 1.168,40 €. Das Amtsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil vom 11. Februar 2015 mit der Maßgabe aufgehoben, dass der Beklagte zur Zahlung von 1.168,40 € verurteilt wird. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Versäumnisurteil unter Abweisung der weitergehenden Klage und der Anschlussberufung dahin aufrechterhalten, dass der Beklagte zur Zahlung von 964,40 € an die Klägerin verurteilt wird. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte, die Klage abzuweisen, soweit er zur Zahlung eines 542,80 € übersteigenden Betrages verurteilt wurde. Die Klägerin beantragt, unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten das Ersturteil wieder herzustellen.

Entscheidungsgründe

4

Aufgrund der uneingeschränkten Zulassung durch das Berufungsgericht sind beide Revisionen zulässig. Die Revision des [X.]n hat Erfolg, während die Revision der Klägerin zurückzuweisen ist.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

6

Die Klage sei - auch auf der Grundlage der Rechtsansicht des [X.]n - in Höhe von 542,80 € begründet und die Berufung des [X.]n in Höhe von 42,80 € unbegründet. Der [X.] habe seine Gebühr aus dem Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens vor dem [X.] von 265.312,71 € errechnet. Die dortige Beschwer der Klägerin belaufe sich jedoch mit Rücksicht auf die Klageforderung über 160.370,04 € und die Widerklageforderung von 57.651,86 € auf lediglich 218.021,90 €. Bei Ansatz einer 2,3-Gebühr aus diesem Streitwert errechne sich ein Betrag von 4.448,20 €, so dass der Klägerin im Blick auf ihre Zahlung von 4.991 € jedenfalls ein Erstattungsanspruch über 542,80 € zustehe.

7

Die Klage sei in Höhe von weiteren 421,60 € begründet, weil der [X.] nur einen Gebührenanspruch über insgesamt 4.026,60 € habe. Es sei nicht auf einen der Beschwer der Klägerin entsprechenden Gegenstandswert von 218.021,90 €, sondern auf den von dem [X.] festgesetzten Streitwert von 162.526,83 € abzustellen. Dieser Wert sei gemäß § 32 [X.] maßgeblich. Die zunächst unbeschränkt eingelegte und erst mit der Begründung beschränkte Nichtzulassungsbeschwerde habe nicht zur Folge, dass der [X.] im gerichtlichen Verfahren über den dort festgesetzten Streitwert hinaus tätig geworden sei. Die umfassende Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde sei nicht im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erfolgt.

8

Der [X.] habe grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Prüfgebühr nach Nr. 2100 [X.] [X.], weil ihm kein isolierter, der Rechtsmittelprüfung vorgeschalteter Prüfauftrag erteilt worden sei. Diese nur durch eine ausdrückliche Gebühre[X.]ereinbarung vermeidbare Rechtsfolge erscheine indes unbillig und nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechend, der keine bewusste Entscheidung getroffen habe, dass der Anwalt für den "überschießenden" Teil der Prüfung keine Vergütung erhalte. Auch der Mandant, der sofort den Auftrag zur Einlegung des Rechtsmittels erteile, erwarte eine umfassende Prüfung der Erfolgsaussichten. Dieses Ergebnis sei aus der Sicht des Mandanten nicht unbillig, weil er redlicherweise nicht davon ausgehen dürfe, dass die Beratungsleistung des Rechtsanwalts insoweit kostenfrei erfolge.

9

Damit errechne sich eine 2,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3506, 3508 [X.] [X.] aus 162.526,83 € über 3.822,60 € und eine 0,75-Gebühr nach Nr. 2100 [X.] [X.] für die Prüfung der Erfolgsaussichten aus 218.021,90 € über 1.450,50 €. Davon sei eine 0,75-Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussichten aus 162.526,83 €, also ein Betrag über 1.246,50 €, abzuziehen. Damit ergebe sich eine Gesamtforderung in Höhe von 4.026,50 €. Im Blick auf die erbrachte Zahlung von 4.991 € bestehe ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin über 964,40 €.

II.

Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand. Dem [X.]n steht gemäß § 2 Abs. 2, Nr. 3508, 3506 [X.] [X.] eine 2,3-Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 218.021,90 € zu, mithin nach § 13 Abs. 1 [X.] in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung ein Betrag von 4.448,20 €. Mit Rücksicht auf die von ihr geleistete Vorschusszahlung über 4.991 € beschränkt sich der Erstattungsanspruch der Klägerin auf 542,80 €.

1. Grundlage des Begehrens der Klägerin ist, wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, ein vertraglicher Anspruch auf Rückgewähr desjenigen Teils des geleisteten Vorschusses, der die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt. Der [X.] hat Vorschüsse und nicht die Bezahlung von schon erbrachten Teilarbeiten erhalten. Die Rückzahlung solcher Vorschüsse richtet sich nicht nach § 812 BGB. Für sie ist § 667 BGB mindestens entsprechend anzuwenden, weil es um Geschäftsbesorgung geht (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB, vgl. [X.], Urteil vom 3. Februar 1988 - [X.], [X.], 763, 764 zur Steuerberatervergütung; AnwKomm-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 9 Rn. 93; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., § 9 Rn. 30; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 9 Rn. 42; [X.]/[X.], [X.], 23. Aufl., § 9 Rn. 22; Göttlich/Mümmler, [X.], 6. Aufl., "Vorschuss 7."; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 9 Rn. 44; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 Rn. 19; offengelassen bei BeckOK-[X.]/v. Seltmann, 2016, § 9 Rn. 23; [X.] in [X.]/Schons/[X.], [X.], 3. Aufl., § 9 Rn. 35).

2. Der [X.] kann gemäß § 2 Abs. 2 [X.], Nr. 3508, 3506 [X.] [X.] eine 2,3-Verfahrensgebühr beanspruchen, die seine gesamte in dem [X.] zugunsten der Klägerin entfaltete Tätigkeit einschließlich der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels abdeckt.

a) Die Gebühren des Rechtsanwalts werden gemäß § 2 Abs. 1 [X.] nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wird durch das Recht oder das Rechtsverhältnis bestimmt, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteilten Auftrags bezieht ([X.], Urteil vom 14. März 2007 - [X.], NJW 2007, 2050 Rn. 15).

b) Im Streitfall war der [X.] mit der Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des [X.] beauftragt, die gemäß § 17 Nr. 9 [X.] eine eigene Angelegenheit bildet und für die im Regelfall zugunsten des Anwalts Gebühren nach Teil 3 [X.] [X.] erwachsen.

aa) Nach der maßgeblichen Regelung der [X.]erkung 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] entstehen Gebührenansprüche nach Teil 3 [X.] [X.], wenn dem Rechtsanwalt - wie hier - ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter erteilt worden ist. Es ist anerkannt, dass der Anwalt im gerichtlichen Verfahren tätig wird, wenn er Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter ist. Es genügt, wenn seine Tätigkeit eine Angelegenheit betrifft, die sich auf ein gerichtliches Verfahren bezieht (BeckOK-[X.]/[X.]/[X.], 2017, § 23 Rn. 4; AnwKomm-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 23 Rn. 8; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 23 Rn. 8). Zum gerichtlichen Verfahren gehören auch alle anwaltlichen Tätigkeiten, die der Vorbereitung und Abwicklung des gerichtlichen Verfahrens dienen und die während der Dauer des Rechtszugs außerhalb des Gerichts entfaltet werden ([X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 23 Rn. 8).

bb) Folglich wird bei Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Prüfung ihrer Erfolgsaussichten von dem einschlägigen Gebührentatbestand der Nr. 3508, 3506 [X.] [X.] erfasst, ohne dass hierfür eine gesonderte Vergütung nach Nr. 2100 ff [X.] [X.] in Betracht kommt.

(1) Es kann offen bleiben, ob Gebühren nach Nr. 2100 ff [X.] [X.] nur entstehen können, solange noch kein konkreter [X.] erteilt worden ist (AnwKomm-[X.]/[X.], 8. Aufl., [X.] 2100 Rn. 25 f sowie Rn. 31; BeckOK-[X.]/v. Seltmann, 2017, [X.] 2100 Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., Nr. 2100 [X.] Rn. 5 f; Hinne in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., [X.] [X.] Nr. 2100-2103 Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., [X.] 2100 Rn. 7; Schons in [X.]/Schons/[X.], [X.], 3. Aufl., [X.]. 3 [X.] Rn. 35, Nr. 2100 [X.] Rn. 26 ff), oder ob sich mit dem Auftrag zur Einlegung eines Rechtsmittels ein Auftrag auf Prüfung der Erfolgsaussichten verbinden kann, der zur Anrechnung der Gebühr nach Nr. 2100 [X.] [X.] auf die Gebühr nach Teil 3 [X.] [X.] führt. Dies könnte zu erwägen sein, wenn ein [X.] noch nicht unbedingt, sondern nur für den Fall erteilt ist, dass die ausdrücklich beauftragte Vorprüfung des Anwalts hinreichende Erfolgsaussichten aufzeigt ([X.]/Müller-Rabe, [X.], 23. Aufl., [X.] 3201 Rn. 39).

(2) Ist jedoch - wie im Streitfall - der konkrete Auftrag erteilt worden, das Rechtsmittel einzulegen und eine Sach- und Rechtsprüfung erst danach vorzunehmen, ist grundsätzlich keine außergerichtliche Prüfung geschuldet und daher kein Vergütungstatbestand nach Nr. 2100 ff [X.] [X.] erfüllt. Vielmehr ist eine Vergütung ausschließlich nach Teil 3 [X.] [X.] geschuldet, wenn der Rechtsanwalt nach unbedingt erteiltem [X.], aber noch vor Einlegung des Rechtsmittels eine Prüfung der Rechtslage vornimmt und dem Mandanten zur nur teilweisen Durchführung rät. In gleicher Weise wird die Entstehung von Gebühren nach Teil 3 [X.] [X.] zu Recht befürwortet, wenn bei einem unbedingt erteilten [X.] zur Klageerhebung später tatsächlich nur ein niedrigerer Betrag geltend gemacht wird (AnwKomm-[X.]/[X.]/[X.], 8. Aufl., § 33 Rn. 11; AnwKomm-[X.]/[X.], aaO, [X.] 2100 Rn. 31; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., [X.] Vorb. 3 Rn. 31; [X.], [X.] 2012, 387 f), etwa in Fällen der Teilerfüllung vor Klageeinreichung ([X.] in [X.]/Schons/[X.], [X.], 3. Aufl., § 33 Rn. 9), oder wenn - wie in vorliegender Sache - ein uneingeschränkt eingelegtes Rechtsmittel entsprechend dem Inhalt der Rechtsmittelbegründung nur beschränkt durchgeführt wird ([X.]/[X.]/[X.], aaO, [X.] Vorb. 3 Rn. 36). Wird der Rechtsanwalt mit einem unbedingten [X.] versehen, übernimmt er die volle Verantwortung für die Einlegung, sachgerechte Prüfung und Durchführung des Rechtsmittelverfahrens.

cc) Die Gebühr entsteht bereits, sobald der Anwalt nach Auftragserteilung irgendeine Tätigkeit zur Ausführung des prozessbezogenen Auftrags vorgenommen hat ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., Nr. 3506-3509 [X.] Rn. 5). Die Verfahrensgebühr wird jedenfalls durch die Einlegung der Beschwerde ausgelöst (vgl. [X.], [X.] 2010, 164). Darum war hier im Blick auf den vollen Streitwert ein gerichtliches Verfahren gegeben (vgl. [X.] in [X.]/Schons/[X.], aaO § 33 Rn. 9).

3. Die 2,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3508, 3506 [X.] [X.] berechnet sich vorliegend nach einem Gegenstandswert von 218.021,90 €.

a) In gerichtlichen Verfahren bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Gegenstandswert grundsätzlich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Dabei handelt es sich um solche Anwaltsgebühren, die durch eine Tätigkeit des Anwalts in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sind. Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung gemäß § 32 Abs. 1 [X.], der dem früheren § 9 [X.] inhaltlich entspricht (BT-Drucks. 15/1971, [X.]), auch für die Gebühren des Anwalts maßgeblich (vgl. [X.], Beschluss vom 4. April 2013 - [X.], [X.] Rn. 2; vom 26. September 2013 - [X.], [X.], 2098 Rn. 2).

b) Dies gilt uneingeschränkt nur dann, wenn der Gegenstand der gerichtlichen mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist (BT-Drucks. 2/2545, [X.]; [X.] in [X.]/Schons/[X.], [X.], 2. Aufl., § 32 Rn. 1). Voraussetzung für die Anwendung des § 32 Abs. 1 [X.] ist demgemäß, dass sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auftragsgemäß auf denselben Gegenstand bezogen hat, der auch der gerichtlichen Tätigkeit zugrunde lag ([X.], Beschluss vom 30. September 1968 - [X.], NJW 1968, 2334; Urteil vom 11. November 1976 - [X.], Rpfleger 1977, 59, 60; BVerwG, Beschluss vom 20. Oktober 2005 - 8 [X.]/04, [X.] Rn. 4). Fehlt es daran, ist der Rechtsanwalt nicht gehindert, für seine auf einem umfassenderen Auftrag beruhenden Tätigkeiten Gebühren entsprechend seiner weitergehenden Tätigkeit gegen seinen Mandanten geltend zu machen (vgl. [X.], Beschluss vom 26. September 2013, aaO Rn. 4). Dass die für die Gerichtskosten erfolgte [X.] für den Rechtsanwalt nur insoweit maßgebend ist, als der Gegenstand der gerichtlichen und der anwaltlichen Tätigkeit übereinstimmt, brauchte nach Auffassung des Gesetzgebers nicht besonders hervorgehoben zu werden, weil dies einhellig angenommen wird (BT-Drucks. 2/2545, [X.]).

c) An einer solchen Übereinstimmung von anwaltlicher und gerichtlicher Tätigkeit fehlt es, wenn sich der Streitwert für die gerichtlichen Gebühren aufgrund einer nachträglichen Beschränkung gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers richtet, der Anwalt jedoch zuvor durch auftragsgemäße Einlegung eines unbeschränkten Rechtsmittels und volle Sachprüfung im gerichtlichen Verfahren eine weitergehende Tätigkeit entfaltet hat. Gemäß § 47 Abs. 3 GKG ist der gerichtliche Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde unbeschränkt eingelegt und nachträglich beschränkt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG grundsätzlich nach dem Antrag und nicht nach der Beschwer des Rechtsmittelführers. Fehlt es an einem beschränkten Antrag, ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG die gesamte Beschwer des Rechtsmittelführers maßgeblich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nicht weiterverfolgt oder zurückgenommen wird ([X.], Beschluss vom 27. Juli 2011 - [X.], [X.] Rn. 3). Die Festsetzung des Streitwerts für die gerichtlichen Gebühren nach den [X.] gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG findet in Fällen nachträglicher Beschränkung eines Rechtsmittels ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass der Rechtsmittelführer keine Gebührennachteile dadurch erleiden soll, dass er die ihm durch die Begründungsfristen eingeräumte Überlegungsfrist ausnützt (BT-Drucks. 2/2545, [X.] zu Nr. 11; vgl. [X.], Beschluss vom 14. Februar 1978 - [X.], [X.]Z 70, 365, 370 f). Es handelt sich insoweit um eine gesetzliche Beschränkung des staatlichen Gebührenanspruches für die gerichtliche Tätigkeit. Hiervon zu unterscheiden ist der Gebührenanspruch des Anwalts, der sich nach dem Gegenstand seiner Tätigkeit bemisst. Der Anwalt kann hinsichtlich seines [X.] aber nicht schlechter stehen, wenn er anstelle eines Verzichts auf eine Antragstellung nur einen beschränkten Antrag stellt (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Februar 1951 - [X.]/50, [X.]Z 1, 205, 208 f).

d) Deckt sich der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit nicht mit der anwaltlichen Tätigkeit, kann in Einklang mit der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 1 [X.] (BT-Drucks. 2/2545, [X.]) eine gesonderte Festsetzung nach § 33 [X.] erfolgen (vgl. [X.], [X.] 1981, 923; BayObLG, [X.] 1982, 1510; [X.] [X.] 1991, 835; [X.]/[X.], [X.], 23. Aufl., § 32 Rn. 4; AnwKomm-[X.]/[X.]/[X.], 2014, § 32 Rn. 10; [X.] in [X.]/Schons/[X.], [X.], 3. Aufl., § 32 Rn. 15). Der Anwalt kann, soweit seine Tätigkeit im Rahmen der Festsetzung der Gerichtsgebühren unberücksichtigt bleibt, eine abweichende Festsetzung eines Gegenstandswerts beanspruchen. Die [X.] richtet sich nach der auftragsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistung (vgl. [X.], [X.] 1989, 852; [X.], [X.], 185). Infolge der Abweichung berechnen sich die Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts in dem gerichtlichen Verfahren dann nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert, sondern nach dem gemäß § 33 [X.] selbständig festzusetzenden Wert des Gegenstands seiner Tätigkeit (BayObLG, aaO; [X.], aaO). Die Norm schließt damit eine Lücke in allen Fällen, in denen die [X.] der gerichtlichen und der anwaltlichen Tätigkeit voneinander abweichen ([X.]/[X.], [X.], 23. Aufl., § 33 Rn. 3).

e) Anerkannt ist die Anwendbarkeit des § 33 [X.] für eine Vielzahl von Fallgestaltungen: Die Vorschrift greift etwa bei Betreuung mehrerer Mandanten hinsichtlich unterschiedlicher Gegenstände ([X.], Beschluss vom 25. Juni 2009 - [X.], [X.]), bei unterwertiger Beteiligung eines Streitgenossen ([X.], Beschluss vom 16. Juni 2016 - [X.], [X.] 2017, 136 Rn. 2), bei Vertretung eines Miterben im Erbscheinerteilungsverfahren und nur teilweiser Inanspruchnahme der Erbschaft ([X.], Beschluss vom 30. September 1968 - [X.], NJW 1968, 2334) wie auch bei Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen mehrere Gegner, die später hinsichtlich eines Gegners ausdrücklich beschränkt wird ([X.], Beschluss vom 5. Februar 2009 - [X.], [X.]). Das Verfahren nach § 33 [X.] ist ausnahmsweise ausgeschlossen, soweit die betroffenen Ansprüche niemals gerichtshängig geworden sind, wenn etwa bei unbedingt erteiltem [X.] lediglich niedrigere Ansprüche anhängig gemacht werden (vgl. AnwKomm-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 33 Rn. 11 mit Beispielen). In der vorliegenden Fallgestaltung genügt hingegen die Feststellung des sich in der Einlegung eines unbeschränkten Rechtsmittels manifestierenden unbedingten [X.]es, so dass der Gegenstandswert ohne weiteres aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelklägers bestimmt werden kann.

f) Die gemäß § 33 [X.] vorzunehmende besondere [X.] für die Rechtsanwaltsgebühren ist zwar in dem Ausgangsverfahren unterblieben. Sie ist jedoch keine Voraussetzung einer Gebührenklage.

aa) Die [X.] nach § 33 Abs. 1 [X.] ist als Antragsverfahren ausgestaltet. Bedeutung entfaltet sie insbesondere in Verfahren auf Festsetzung von Ansprüchen gegen den Mandanten nach § 11 [X.] sowie gegen den Gegner gemäß § 103 ZPO. Begehrt der Rechtsanwalt eine Festsetzung gemäß § 11 Abs. 1 [X.], ist dieses Verfahren gemäß § 11 Abs. 4 [X.] bis zu einer gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auszusetzen, wenn der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten wird (vgl. [X.], Kostengesetze, [X.], 47. Aufl., § 33 Rn. 3 [X.]: "bei der Festsetzung streitig"). Ein solches Verfahren liegt hier nicht vor.

bb) Eine Abweichung des anwaltlichen Gegenstandswerts von dem gerichtlichen Streitwert ist im Streitfall gegeben.

Der Gegenstandswert richtet sich nach dem Wert, der die Grundlage für den Auftrag zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bildet ([X.] in [X.]/Schons/[X.], [X.], 3. Aufl., Nr. 3508, 3509 Rn. 6). Der dem [X.]n unbeschränkt erteilte [X.] erstreckte sich auf die gesamte durch das Urteil des [X.] zum Nachteil der Klägerin begründete Beschwer in Höhe von 218.021,90 €. Dementsprechend hat der [X.] zunächst eine unbeschränkte Beschwerde eingelegt. Der [X.] hat, weil der Klägerin an einem vollständigen Obsiegen gelegen war, die Erfolgsaussichten für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der gesamten Beschwer von 218.021,90 € geprüft, aber nach dem Ergebnis seiner Begutachtung die Beschwerde im Ei[X.]ernehmen mit der Klägerin auf den Betrag von 162.526,83 € begrenzt.

III.

Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Revision des [X.]n als begründet erweist, ist die angefochtene Entscheidung unter Zurückweisung der Revision der Klägerin entsprechend abzuändern.

Kayser     

      

Gehrlein     

      

Grupp 

      

Möhring     

      

Schoppmeyer     

      

Meta

IX ZR 243/16

14.12.2017

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Karlsruhe, 2. September 2016, Az: 9 S 228/15

§ 32 Abs 1 RVG, § 33 Abs 1 RVG, Nr 3506 RVG-VV, Nr 3508 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.12.2017, Az. IX ZR 243/16 (REWIS RS 2017, 619)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 724-725 REWIS RS 2017, 619

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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