Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.09.2011, Az. B 8 SO 26/11 B

8. Senat | REWIS RS 2011, 3612

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Revisionszulassung - Verfahrensfehler - Verletzung der Amtsermittlungspflicht


Tenor

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 18. Februar 2011 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des [X.], ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin A beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Im Streit ist im Rahmen der dem Kläger gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung ab Dezember 2008.

2

Seine hierauf gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <[X.]> Koblenz vom 5.5.2010; Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Rheinland-Pfalz vom 18.2.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, dass die beim Kläger bestehenden Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung nach § 30 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]) nicht notwendig machten. Dies ergebe sich unter Berücksichtigung der Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen des [X.] von Oktober 2008, aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes der [X.] vom 2.10.2008, der amtsärztlichen Stellungnahme der Kreisverwaltung M vom 19.2.2009 und den Angaben des behandelnden Arztes [X.] vom 17.2.2011. Nach sämtlichen ärztlichen Unterlagen würden als Krankheitsbilder, die einen Grund für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf des [X.] rechtfertigen könnten, die bestehende Übergewichtigkeit bei Bluthochdruck, eine Herzkranzgefäßerkrankung sowie ein Diabetes mellitus angeführt. Weitere oder andere Erkrankungen, die einen ernährungsbedingten Mehraufwand rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Die Erkrankungen bedingten jedoch lediglich eine Vollkosternährung, während eine spezielle Kostform nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht erforderlich sei. Die beim Kläger einzuhaltende Ernährung verursache keinen [X.], sondern könne aus dem Regelsatz bestritten werden.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] hat der Kläger Beschwerde eingelegt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe ([X.]) unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwältin A, beantragt. Er rügt Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>), weil das [X.] seiner Sachaufklärungspflicht nicht genügt und damit den Untersuchungsgrundsatz (§ 103 [X.]G) und seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.]G) verletzt habe. In beiden Instanzen sei zum Nachweis des Vorliegens einer Erkrankung und hierdurch bedingter kostenaufwändiger Ernährung die Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die Vernehmung von [X.] beantragt worden. Den Beweisanträgen habe weder das [X.] noch das [X.] stattgegeben. Dem [X.] hätte sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens aufdrängen müssen, und zwar eines medizinischen Sachverständigengutachtens sowie eines Gutachtens zur Frage der Preisunterschiede, zu Einkaufsmöglichkeiten und Lagerungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung von Haltbarkeit sowie Preisunterschieden bei verschiedenen Packungsgrößen. Die Gutachten hätten entscheidungserheblich einen krankheitsbedingt erhöhten Kostenaufwand bewiesen; auf diesem Mangel beruhe das angefochtene Urteil.

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G gebotenen Weise bezeichnet hat. Der [X.] konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung [X.] nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]G iVm § 169 Satz 3 [X.]G entscheiden.

5

Macht ein Beschwerdeführer das Vorliegen eines [X.] geltend, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen bei der Bezeichnung des [X.] wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel des [X.] (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (B[X.] SozR 1500 § 160a [X.], 24, 34 und 36). Darüber hinaus ist die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des [X.] - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (B[X.] SozR 1500 § 160a [X.] und 36), es sei denn, es würden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß § 202 [X.]G iVm § 547 Zivilprozessordnung (ZPO) der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird. Derartige Revisionsgründe macht der Kläger jedoch nicht geltend.

6

Soweit der beim [X.] bereits anwaltlich vertretene Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht rügt (§ 103 [X.]G), fehlt es bereits an der hinreichenden Bezeichnung eines beim [X.] gestellten Beweisantrags, den § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ausdrücklich verlangt. Der Kläger hat zwar behauptet, Beweisanträge gestellt zu haben; dies allein genügt jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Bezeichnungspflicht des [X.]. Vielmehr müssen die Angaben in der Beschwerdebegründung so gestaltet sein, dass der Beweisantrag (samt Beweisthema und Beweismittel) ohne Weiteres auffindbar ist (vgl nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 9. Aufl 2008, § 160a RdNr 16e mwN).

7

Zudem hätte der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger darlegen müssen, dass er seine Beweisanträge bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] aufrechterhalten hat (B[X.] SozR 1500 § 160 [X.] f). Der Kläger selbst trägt aber nicht einmal vor, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] weiter auf der beantragten Beweiserhebung bestanden habe. Aus diesem Grund ist auch nicht schlüssig die Verletzung des § 62 [X.]G (rechtliches Gehör) gerügt; die Anforderungen des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G (Beweisantrag) und des hierfür erforderlichen Vortrags können durch eine solche Rüge nicht umgangen werden (vgl [X.], [X.], 2. Aufl 2010, RdNr 699 mwN). Im Übrigen lassen die Ausführungen des [X.] keine weiteren eigenständigen Verfahrensrügen erkennen; vielmehr übt der Kläger lediglich Kritik an der Entscheidung des [X.]. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (B[X.] SozR 1500 § 160a Nr 7).

8

Der Antrag des [X.] auf Bewilligung von [X.] unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen; denn gemäß § 73a Abs 1 [X.]G iVm § 114 ZPO kann [X.] nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier - wie dargelegt - nicht der Fall. Mit der Ablehnung der begehrten [X.] entfällt zugleich die Beiordnung seiner Rechtsanwältin im Rahmen der [X.] (§ 73a Abs 1 [X.]G iVm § 121 Abs 1 ZPO).

9

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 8 SO 26/11 B

01.09.2011

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Koblenz, 5. Mai 2010, Az: S 12 SO 93/09, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.09.2011, Az. B 8 SO 26/11 B (REWIS RS 2011, 3612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3612

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