Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2012, Az. VIII ZR 236/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9864

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 236/10

vom

24.
Januar 2012

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 148; AEUV Art. 267
a)
Die Aussetzung des Verfahrens ist in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auch ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen an den Ge-richtshof der [X.] grundsätzlich zulässig, wenn die Entschei-dung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage abhängt, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen
Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt wurde (An-schluss an [X.], [X.], 1836; [X.], Beschlüsse vom 5. Juni 1984, 3
[X.], juris Rn. 2
f.; vom 6. November 2002, 5 [X.] (A), juris; [X.], [X.], 734 f.; Fortführung von [X.],
Beschlüsse vom 25. März 1998 -
VIII
ZR 337/97, NJW 1998, 1957; vom 18.
Juli 2000 -
VIII
ZR 323/99, [X.], 20; vom 30. März 2005 -
X
ZB 26/04, [X.]Z 162, 373, 378; [X.], [X.], 1484, 1485).
b)
Eine Aussetzung nach § 148 ZPO (analog) ist auch im Nichtzulassungsbe-schwerdeverfahren möglich ([X.] an [X.], Beschluss vom 6.
April 2004 -
X
ZR 272/02, [X.]Z 158, 372, 374 f.)

[X.], Beschluss vom 24. Januar 2012 -
VIII ZR 236/10 -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24. Januar 2012 durch
den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen [X.], Dr. [X.] und

Dr. [X.] sowie [X.] Bünger
beschlossen:
Das vorliegende Verfahren wird gemäß § 148 ZPO analog bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem dort anhängigen Verfahren [X.]/11 ausgesetzt.

Gründe:
I.
Die Klägerin bezieht von der [X.], einem regionalen Gasversor-gungsunternehmen, seit 1998 leitungsgebunden Erdgas für ihren privaten Haushalt und wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen mehrere Gaspreisanpassungen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hierge-gen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Das Berufungsgericht hat -
ebenso wie das [X.]
-
die Klägerin als Tarifkundin qualifiziert
und vor diesem Hintergrund angenommen, dass
der [X.] ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 [X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] zugestanden habe. Eine Billigkeitskon-trolle der angegriffenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht abgelehnt, da die Klägerin den einseitigen Preisanpassungen der [X.] nicht inner-halb
angemessener
Zeit widersprochen habe.

1
2
-
3
-

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin zunächst unter verschiedenen Gesichtspunkten gegen die Qualifikation des [X.] und bezweifelt ferner, ob die im [X.] geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechte des § 4 [X.] be-ziehungsweise § 5 [X.] den europarechtlichen Transparenzvorgaben ge-nügen.
II.
Das vorliegende Verfahren ist gemäß §
148 ZPO analog bis zu der Ent-scheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem
dort anhängigen Verfahren [X.]/11 auszusetzen.
1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren [X.] ([X.], 1620
ff.) dem Gerichtshof der [X.] (im Folgenden:
Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art.
267 AEUV vorgelegt:
Ist Art.
3 Abs.
3 in Verbindung mit Anhang A Buchst.
b und/oder c der Richtlinie 2003/55/[X.] und des Rates vom 26.
Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der [X.]/[X.] da-hin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht belie-fert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das [X.] seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im [X.] mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch [X.] zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geän-derten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

3
4
5
-
4
-

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich. Soweit die Klägerseite sich in ihrer Stellungnahme
auf den Hinweis des Senats zur
beabsichtigten
Vorgehensweise gegen diese Einschätzung wendet, ver-weist sie lediglich auf ihre Ausführungen zur Begründung der Nichtzulassungs-beschwerde. Diese hat der Senat bereits beim
Erlass des [X.] vom 25. Oktober 2011 berücksichtigt.
3.
Aufgrund der Entscheidungserheblichkeit der unter Ziffer 1 genannten Frage kann der
Senat
in dieser Sache unter Beachtung seiner in
Art. 267 Abs.
3 AEUV enthaltenen [X.] keine abschließende Sachentschei-dung treffen. Eine Vorlage auch dieses Verfahrens an den Gerichtshof würde jedoch dort nicht zu einer schnelleren Beantwortung der maßgeblichen Rechts-frage führen (vgl. hierzu [X.], [X.], 1836, 1837). Hieran ändert nichts,
dass
der Gerichtshof seinerseits das Verfahren [X.]/11 bis nach der Urteils-verkündung in den [X.] und [X.]/11 ausgesetzt hat.
Im Gegenteil würde die Funktion des Gerichtshofs im Vorabentschei-dungsverfahren beeinträchtigt, wenn die gleiche Rechtsfrage mehrfach [X.] würde
(vgl. [X.], Beschluss vom 30. März 2005 -
X
ZB 26/04, [X.]Z 162, 373, 378).
Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV stellt ein grundlegendes Instrument dar, um den Grundsatz des Vorrangs des [X.] vor nationalem Recht zu verwirklichen und die einheitliche An-wendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten ([X.], [X.], 734, 735). Die verbindliche Auslegung des [X.] ist dem Gerichtshof vorbehalten. Da der Gerichtshof aber
kein Rechtsmittelgericht für sämtliche mitgliedschaftlichen Verfahren darstellt ([X.], Beschluss vom 30. März 2005 -
X
ZB 26/04, aaO), genügt es, wenn dort über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage lediglich in einem Verfahren verhandelt und entschieden wird.
6
7
8
-
5
-

4. Der Senat hält es daher für angemessen, das vorliegende Verfahren
gemäß § 148 ZPO analog wegen Vorgreiflichkeit des beim [X.] Rechtsstreits auszusetzen
(zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vgl. auch [X.], aaO S.
1836 f.; [X.], Beschlüsse vom 5. Juni 1984 -
3 [X.], juris; vom 6. November 2002 -
5
[X.] (A), juris; [X.], aaO S. 734 ff.; noch offen gelassen von [X.], Beschluss vom 30. März 2005 -
X
ZB 26/04, aaO).
5.
Eine Aussetzung
nach § 148 ZPO (analog)
ist auch im [X.] möglich (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
April 2004 -
X
ZR 272/02, [X.]Z 158, 372,
374 f.).
Ball
[X.]
Dr. [X.]

Dr. [X.]
Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.01.2010 -
4 [X.]/09 -

O[X.], Entscheidung vom 26.08.2010 -
U 204/10 Kart -

9
10

Meta

VIII ZR 236/10

24.01.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2012, Az. VIII ZR 236/10 (REWIS RS 2012, 9864)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9864

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 158/11 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 158/11 (Bundesgerichtshof)

Verfahrensaussetzung: Zulässigkeit bei Anhängigkeit eines dieselbe Frage betreffenden Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof; Aussetzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren


VIII ZR 162/11 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 236/10 (Bundesgerichtshof)

Verfahrensaussetzung: Zulässigkeit bei Anhängigkeit eines dieselbe Frage betreffenden Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof; Aussetzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren


VIII ZR 13/12 (Bundesgerichtshof)

Aussetzung eines Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit eines beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens: Europarechtskonformität von Bestimmungen der AVBGasV …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.