Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.08.2015, Az. B 5 R 178/15 B

5. Senat | REWIS RS 2015, 6138

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Beweisantrag - gerichtliche Aufklärungspflicht - Amtsermittlung - Warnfunktion


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 11. März 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 11.3.2015 hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1.10.2009 bis zum 31.12.2011 verneint, weil sie in diesem Zeitraum nicht voll erwerbsgemindert gewesen sei.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum [X.] eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] SGG),

-       

das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 [X.] SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 [X.] SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.

7

Rügt der Beschwerdeführer, das [X.] habe die Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, so muss er in der Beschwerdebegründung (1) einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnen, den das Revisionsgericht ohne Weiteres auffinden kann, (2) die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) die Tatumstände darlegen, die den Beweisantrag betreffen und weitere Sachaufklärung erfordert hätten, (4) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5) schildern, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] also von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gekannt hätte (Senatsbeschluss vom 14.4.2009 - B 5 R 206/08 B - NJW 2010, 1229; [X.] SozR 4-1500 § 160a [X.] RdNr 5 mwN und [X.]1 RdNr 5).

8

Die Klägerin trägt vor, sie habe im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 30.1.2015 beantragt,

                 

"dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. K. aufzugeben, eine Sichtung der im Jahr 2010 gefertigten Röntgenaufnahmen vorzunehmen, sich hiermit auseinanderzusetzen und mitzuteilen, ob sich aufgrund der Röntgenaufnahmen ein früherer Leistungsfall begründen lässt."

9

Sie behauptet jedoch jedenfalls nicht, diesen Antrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 11.3.2015 vor dem [X.] durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten zu haben. Der Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält (vgl dazu [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.] und [X.]1 S 52). Diese Warnfunktion des Beweisantrags verfehlen Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind ([X.] SozR 1500 § 160 [X.]; [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.] und [X.]5 S 73). Sie sind nur als Hinweise oder bloße Anregungen zu verstehen ([X.] SozR 3-1500 § 160 [X.] und [X.]5 S 73). Um die Warnfunktion zu aktivieren, muss ein rechtskundig vertretener Beschwerdeführer sein Beweisbegehren deshalb in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] als prozessordnungskonformen "Beweisantrag" iS von § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 SGG wiederholen und protokollieren lassen (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 4 [X.] ZPO). Ohne eine solche förmliche Antragstellung ist regelmäßig davon auszugehen (vgl § 202 [X.] SGG iVm § 295 Abs 1 ZPO), dass er sein Beweisverlangen nicht mehr weiterverfolgt, sondern - wie hier - fallengelassen hat.

Darüber hinaus legt die Beschwerdebegründung weder in nachvollziehbarer Weise den festgestellten Sachverhalt (§ 163 SGG) noch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts dar, so dass auch nicht aufgezeigt ist, dass die angefochtene Entscheidung - ausgehend von der materiellen Rechtsansicht des [X.] - auf dem angeblichen Verfahrensmangel beruhen kann.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 5 R 178/15 B

27.08.2015

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, 11. März 2015, Az: L 3 R 207/12, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 122 SGG, § 202 S 1 SGG, § 160 Abs 4 S 1 ZPO, § 295 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.08.2015, Az. B 5 R 178/15 B (REWIS RS 2015, 6138)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6138

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