Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.07.2010, Az. B 5 R 126/10 B

5. Senat | REWIS RS 2010, 5201

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Bezeichnung eines Verfahrensmangels - Warnfunktion des Beweisantrags


Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] ([X.]) einen Anspruch des [X.] auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum [X.] ([X.]) eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>).

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]),

        

-       

das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] ([X.]) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 1 [X.]), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.]) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.], auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können ([X.] SozR 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, [X.], 2009, § 160a Rd[X.] 55).

8

Die Beschwerdebegründung wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Denn der Kläger räumt selbst ein, sein Beweisangebot im Schriftsatz vom [X.] nur "als Anregung formuliert" zu haben. Bloße Beweisanregungen haben prozessual und im Hinblick auf die Aufklärungsrüge aber nicht dieselbe Bedeutung wie ein förmlicher Beweisantrag (vgl [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.] 9 S 20). Denn anders als eine Beweisanregung hat nur ein echter Beweisantrag die Warnfunktion, die es rechtfertigt, einen Verfahrensmangel anzunehmen, wenn das [X.] einem Beweisangebot nicht gefolgt ist (vgl zB [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.] 9, 35; Fichte, [X.] 2000, 653, 654 mwN).

9

Hinzu kommt Folgendes: Wird ein Beweisantrag - wie hier - in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht iS des § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.] übergangen worden, wenn den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass er in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt wurde. Dies ist bei [X.] vertretenen Beteiligten regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise wiederholt wird ([X.] SozR 3-1500 § 160 [X.]5 S 73 mwN). Denn der Beweisantrag soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für unerfüllt hält. Der Kläger behauptet nicht, er habe einen Beweisantrag im prozessrechtlichen Sinne bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, in der er bereits durch seine jetzige Prozessbevollmächtigte vertreten war, durch einen Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten und auf diese Weise die Warnfunktion des Beweisantrags wirksam werden lassen ([X.] SozR 3-1500 § 160 [X.]5 S 73; [X.] SozR 4-1500 § 160 [X.]3 Rd[X.]1).

Soweit er schließlich bemängelt, im Berufungsverfahren "mit Schriftsatz vom [X.] ein Gutachten nach § 109 [X.] unter Angabe des Gutachters" erfolglos beantragt zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass auf eine vermeintliche Verletzung des § 109 [X.] kein Verfahrensfehler gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 5 R 126/10 B

01.07.2010

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Kassel, 17. Dezember 2008, Az: S 7 R 588/05

§ 103 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.07.2010, Az. B 5 R 126/10 B (REWIS RS 2010, 5201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5201

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