Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2003, Az. IX ZR 201/01

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2965

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:22. Mai 2003BürkJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: ja[X.] §§ 14, 19; EStG § 4 Abs. 1 Satz 2a)Ist dem Notar bekannt, daß der Entwurf, den er der Beurkundung eines Hofüber-gabevertrages zugrundelegen soll, von einem Steuerberater stammt, kann er,wenn einer der Beteiligten eine Änderung des Vertrages anregt, gehalten sein,den Beteiligten zu empfehlen, daß sie die Tragweite der Änderung durch [X.] überprüfen lassen, bevor der [X.] [X.])Zum steuerlichen Wert der Entnahme bei der Übertragung von [X.] auf den Hofübernehmer unter Vorbehalt des Nießbrauchs.[X.], [X.]eil vom 22. Mai 2003 - [X.] - [X.] LG Lüneburg- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] Kreft und die [X.], [X.], [X.] und für Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des [X.] vom 27. Juni 2001 im [X.] insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten [X.] ist.Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 2 wird die Berufung des [X.] gegen das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 29. August 2000 zurückgewiesen.Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und [X.] - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - andas Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Ehemann der Klägerin (im folgenden: Erblasser) war [X.] landwirtschaftlichen Betriebes, zu dem unter anderem zwei Flurstückegehörten, die mit Erbbaurechten belastet waren. Diese beiden Grundstücke- 3 -warfen im Jahr ca. 30.000 DM [X.]en ab. Als der Erblasser den Hof [X.]n [X.] (im folgenden: Hofübernehmer) übertragen wollte, ließ er von [X.]m Steuerberater einen Vertragsentwurf fertigen. Dieser sah vor, den Hof mitdem gesamten Betriebsvermögen unter Vorbehalt des lebenslänglichen Nieß-brauchs an den [X.]n zu übertragen.Der Entwurf wurde dem verklagten Notar, der den Vertrag beurkundensollte, vorgelegt. Weil die anderen Kinder des Erblassers gegen die angeblicheBevorzugung des [X.] Bedenken äußerten, fragte der [X.] Beklagten, ob die [X.] aus dem [X.] werden könnten. Dies bejahte der Beklagte. [X.] der am 18. April 1997 beurkundete "[X.], [X.]" die [X.] nicht.Später wertete das Finanzamt diesen Vorgang als Entnahme der [X.] aus dem Betriebsvermögen und veranlagte den Erblasserdementsprechend zur Einkommensteuer. Nachdem im [X.] eine Verringerung der Steuerlast erzielt werden konnte, bezifferte [X.] den durch die Entnahme der Grundstücke entstandenen Steuer-mehraufwand auf 589.014,06 [X.] der Klage hat der Erblasser von dem Beklagten die Zahlung diesesBetrages nebst Zinsen unter der Bedingung, daß der Erblasser die [X.] an den Hofübernehmer zur "Wiedereingliederung in das [X.]" überträgt, verlangt (Klageantrag Ziff. 1) sowie die Feststellung, daßder Beklagte die durch die Wiedereingliederung entstehenden Kosten zu er-statten habe (Klageantrag Ziff. 2). Das [X.] hat die Klage [X.] -Das [X.] hat unter Berücksichtigung eines hälftigen Mit-verschuldens des Erblassers die Zahlungsklage dem Grunde nach zu 50 % fürgerechtfertigt erklärt und festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, [X.] die Hälfte der Kosten zu erstatten, die durch die Übertragung der[X.] auf seinen [X.] entstehen. Dagegen richtet sich, soweitzu seinem Nachteil erkannt worden ist, die Revision des Beklagten. [X.] Revisionsverfahrens ist der Erblasser verstorben und von seiner Ehefraubeerbt worden. Diese hat den Rechtsstreit als Klägerin aufgenommen.Entscheidungsgründe:Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung und teilweise zur Zu-rückweisung der Berufung, im übrigen zur Zurückverweisung.[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe seine Amts-pflichten verletzt. Er hätte den Erblasser vor der Beurkundung auf die Notwen-digkeit einer steuerlichen Überprüfung des abgeänderten [X.] müssen, habe dies aber unterlassen. Durch die vom Finanzamt [X.] als Entnahme aus dem Betriebsvermögen bewertete Herausnahme der[X.] aus dem Übertragungsvertrag sei dem Erblasser ein Scha-den entstanden, welcher der Höhe nach noch festgestellt werden müsse. [X.] in Verwirklichung des ursprünglichen Entwurfs die [X.] un-- 5 -ter Nießbrauchsvorbehalt mit übertragen worden, wäre kein [X.] entstanden. Der Nießbrauchsvorbehalt hätte keine Entnahme darge-stellt, sondern nur zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt. [X.] habe der Erblasser den [X.] zu 50 % mit verursacht; dasMißverständnis, das zu dem Schaden geführt habe, hätten beide Parteien [X.] der erforderlichen Sorgfalt vermeiden können.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in wesentli-chen Punkten nicht stand.1. Allerdings ist dem Berufungsgericht insofern zuzustimmen, als [X.] seine Amtspflichten verletzt hat, indem er den von einem [X.] ausgearbeiteten Entwurf abgeändert hat, ohne zuvor den Beteiligten [X.] empfohlen zu haben, die steuerliche Tragweite der Änderung von [X.] überprüfen zu lassen.a) Zwar erstreckt sich die Rechtsbelehrungspflicht des Notars grund-sätzlich nicht auf steuerliche Nachteile ([X.], [X.]. v. 2. Juni 1981- VI ZR 148/79, [X.], 942, 943). Jedoch kann eine erweiterte Belehrungs-pflicht im Hinblick auf eine in besonderen Umständen des Einzelfalls wurzeln-de, den Beteiligten unbewußte steuerliche Gefahrenlage bestehen, wenn [X.] diese erkennt oder zumindest erkennen kann ([X.], [X.]. v. 14. Mai 1992- [X.], [X.], 1533; v. 13. Juni 1995 - [X.], [X.]). Inhalt und Umfang der Belehrungspflicht hängen davon ab, wie konkretder Notar die drohenden steuerlichen Folgen kennt. Kennt er sie positiv, muß- 6 -er davor warnen ([X.], [X.]. v. 14. Mai 1992 - [X.], aaO). Kennt er siezwar nicht, muß er aber annehmen, daß das geplante Geschäft von allen [X.] nicht erkannte und nicht gewollte steuerliche Auswirkungen habenkönnte, muß er empfehlen, die steuerliche Seite von einem Fachmann über-prüfen zu lassen. Da im vorliegenden Fall der ursprüngliche Entwurf von einemSteuerberater stammte und Hofübergabeverträge regelmäßig steuerliche Rele-vanz haben, konnte sich der Beklagte nicht sicher sein, daß steuerliche Belan-ge durch die Entwurfsänderung nicht berührt würden. In einem solchen Fallschuldet der Notar den Beteiligten den Rat, die steuerliche Tragweite der [X.] durch den steuerlichen Berater überprüfen zu lassen, bevor der [X.] der geänderten Form beurkundet wird.b) Die Revision verweist darauf, das [X.] sei nach [X.] zu dem Ergebnis gelangt, der Beklagte habe den Erblasser nicht soverstehen müssen, daß dieser eine steuerliche Beratung von ihm wünsche.Darüber habe sich das Berufungsgericht nicht ohne Wiederholung der Beweis-aufnahme hinwegsetzen dürfen. Diese Rüge greift nicht durch. Das Berufungs-gericht hat das Beweisergebnis nicht anders gewürdigt, sondern es- zutreffend - lediglich als unerheblich gewertet.c) Der Ansicht der Revision, das Berufungsgericht hätte dem unter [X.] gestellten Vorbringen des Beklagten nachgehen müssen, der [X.] habe vor der Erstellung seines [X.] mehrmals mit dem [X.] darüber gesprochen, daß die Abfindung für die übrigen Kinder aus [X.]m Privatvermögen erfolgen müsse und daß hierfür die [X.]nicht verwendet werden dürften, ist ebensowenig zu folgen. Aus diesem Vor-- 7 -trag ergibt sich nicht, daß dem Erblasser die Entnahmeproblematik geläufigwar.2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht jedoch nichtfest, daß der mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachte Schaden des [X.]s durch diese Pflichtverletzung entstanden [X.]) Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden eine Amtspflichtver-letzung zur Folge hat, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei [X.] Verhalten genommen hätten und wie die Vermögenslage des [X.] sein würde, wenn der Notar nicht die Pflichtverletzung begangen, sondernpflichtgemäß gehandelt hätte. Sofern die Pflichtverletzung in einer Unterlas-sung besteht, muß untersucht werden, wie sich die Dinge bei [X.] entwickelt hätten. Hat der Notar durch [X.] gegen [X.] Amtspflichten verstoßen, ist zu prüfen, wie sich die Vermögenslage des Be-troffenen ohne die pflichtwidrige Handlung darstellen würde (ständige [X.]. zuletzt [X.], [X.]. v. 17. Januar 2002 - [X.], [X.], 516). [X.] obliegt die Darlegungs- und Beweislast dem Kläger (ständige Rspr., vgl.zuletzt [X.], [X.]. v. 25. Oktober 2001 - [X.], [X.], 29, 32); [X.] allerdings nach den Regeln des Anscheinsbeweises gemildert sein (stän-dige Rspr., vgl. [X.], [X.]. v. 6. Juli 2000 - [X.], [X.], 1808, 1809).Ein Anwendungsfall des Anscheinsbeweises ist die Vermutung, daß in der [X.] ein vom Notar oder einem Rechtsberater ausgesprochener Hinweis [X.] befolgt wird ([X.], [X.]. v. 6. Juli 2000 - [X.], aaO). Allerdings [X.] Vermutung nicht weiter als der Rat selbst. Besteht nicht nur eine Mög-lichkeit, auf den Rat verständig zu reagieren, sondern sind mehrere Hand-lungs-weisen gleich naheliegend und bergen sie sämtlich gewisse Risiken oder- 8 -Nachteile in sich, die zu gewichten und gegenüber den Vorteilen abzuwägensind, so bleibt es bei der vollen Beweislast des Geschädigten ([X.], [X.]. [X.] Juli 1992 - [X.], [X.], 1662, 1667; vgl. ferner [X.]Z 123, 311,319).b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht - das beanstandungsfrei [X.] Unterlassung des Beklagten ausgegangen ist - habe [X.] Feststellungen zu der Frage getroffen, wie sich die Vertragsparteien [X.] hätten, wenn der Beklagte seiner Hinweispflicht genügt hätte. Diese Rü-ge ist insofern berechtigt, als die Feststellungen des Berufungsgerichts nichtausreichen, um jetzt schon zur Anwendung des Anscheinsbeweises zu [X.].Der Erblasser hat vorgetragen, die von dem Beklagten zu empfehlendeKonsultation des Steuerberaters hätte ihm - Erblasser - die Kenntnis vermittelt,daß die unterlassene Übertragung der [X.] auf den Hofüber-nehmer sich steuerrechtlich als Entnahme aus dem Betriebsvermögen [X.]; dann hätte er den Hof, wie von dem Steuerberater vorgeschlagen, [X.] - also unter Einbeziehung der beiden Grundstücke, wenngleich unter Nieß-brauchsvorbehalt - übertragen. Das hat der Beklagte unter Hinweis auf [X.] eines weiteren [X.]es des Erblassers bestritten. Dieses [X.] war erheblich. Wie der Zeuge bekundet hat, wurden die Erbpacht-grundstücke deshalb aus dem Hofübergabevertrag herausgenommen, weil [X.] und seine Schwester (die weichenden Erben) befürchteten, "relativ leer"auszugehen. Der Erblasser hätte also - wenn er über die steuerliche Proble-matik aufgeklärt worden wäre - vor der Wahl gestanden, entweder die [X.] Erben "relativ leer" ausgehen zu lassen oder den steuerlichen Nach-- 9 -teil in Kauf zu nehmen. Wie er sich in dieser Situation verhalten hätte, ist nachderzeitigem Sach- und Streitstand nicht eindeutig zu beantworten. Mit welchenSchwierigkeiten der Erblasser rechnen mußte, wenn es dabei blieb, daß [X.] Erben "relativ leer" ausgehen würden, ist unbekannt. Ungeklärt istzum einen, ob der Erblasser dann, wenn er den Betrieb als Einheit auf [X.] übertrug, noch andere, wenngleich vielleicht [X.] besaß, die er den weichenden Erben zur [X.] anbieten können. Zum andern ist offen, ob die weichenden Erben sich [X.] Abfindung in geringerer Höhe eingelassen hätten. Offen ist zudem dieweitere Frage, ob der Erblasser, nur um Steuern zu sparen, einen ernstenKonflikt mit den weichenden Erben in Kauf genommen hätte. Falls die [X.] aus damaliger Sicht benötigt wurden, um die [X.] abzufinden, war es unvermeidbar, jene Grundstücke in das Privatvermö-gen des Erblassers zu überführen. Die dann eintretende steuerliche Belastungkonnte jedoch unter Umständen vermindert werden, indem der Erblasser [X.] zur Abfindung weichender Erben nach § 14a Abs. 4 EStG in [X.] nahm. Richtigerweise hätte der Steuerberater den Erblasser auch dar-über aufklären müssen, daß bei der von ihm vorgeschlagenen Gestaltungsva-riante - Übertragung des gesamten Betriebsvermögens unter Nießbrauchsvor-halt bezüglich der [X.] - ebenfalls Steuern in beträchtlicher Hö-he anfallen würden (dazu unten c). Dies muß bei der Beantwortung der Frage,wie sich der Erblasser bei ordnungsgemäßer Beratung entschieden hätte, mit-berücksichtigt werden. Falls keine der denkbaren Handlungsmöglichkeiten alsdie "allein vernünftige" angesehen werden kann, sind die Grundsätze des [X.]) Hätte der Erblasser - nach ordnungsgemäßer Beratung durch [X.] und im weiteren durch den Steuerberater - die [X.]unter Vorbehalt eines Nießbrauchs auf den Hofübernehmer übertragen, wäreder mit der Klage geltend gemachte Schaden möglicherweise in derselben Hö-he, jedenfalls aber zum Teil ebenfalls entstanden. Die Ansicht des Berufungs-gerichts, die Bestellung des Nießbrauchs hätte keine Entnahme dargestellt,sondern lediglich zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt, istunzutreffend. Der Erblasser hätte den Nießbrauch entnommen.aa) Für die steuerrechtliche Beurteilung ist wesentlich, daß der gesamtelandwirtschaftliche Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf [X.] übertragen worden wäre, hinsichtlich der beiden zum Betriebs-vermögen gehörenden [X.] allerdings unter dem Vorbehalt [X.] für den Alteigentümer. Die [X.] hätten bis [X.] zum Betriebsvermögen des Erblassers gehört und diesem Ein-künfte aus Land- und Forstwirtschaft in Gestalt des [X.] vermittelt.Nach der Übertragung hätte der Erblasser den [X.] nicht mehr im Rah-men der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern bei den [X.] Vermietung und Verpachtung zu versteuern gehabt. Die Erbbaugrundstük-ke wären nicht mehr zu betrieblichen Zwecken genutzt worden. Ein betriebli-cher Zusammenhang hätte nur noch insoweit bestanden, als die [X.] nach Erlöschen des Nießbrauchs, das heißt nach dem Tode des [X.]s, wieder in den Betrieb eingegliedert worden wären und der [X.]fortan wieder vom Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes vereinnahmtworden [X.] -bb) Ob eine derartige Konstellation zur Entnahme der Grundstücke oderlediglich des Nießbrauchs an diesen aus dem Betriebsvermögen führt, ist inder steuerrechtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum noch nicht geklärt.Eine Entscheidung des [X.] liegt hierzu noch nicht vor (in [X.]. [X.], 606, 613 gehörte die vom Vater genutzte Immobilie zum Be-triebsvermögen des [X.]es). Allgemein hat der [X.] entschieden,durch die Bestellung eines Nießbrauchs für einen Betriebsfremden werde dieeigenunternehmerische Verwendung des Grundstücks als Sache beendet; un-erheblich sei, daß der Unternehmer das nießbrauchsbelastete Eigentum andem Grundstück habe ([X.] 1988, 132); bei nicht notwendigem, [X.] Betriebsvermögen reiche es für eine Entnahme aus, daß [X.] des Wirtschaftsgutes mit dem Betrieb erkennbar gelöst werde(BFH-NV 1999, 1075, 1076). Wenn der [X.] als wirtschaft-licher Eigentümer betrachtet würde, wäre ebenfalls von einer Grundstücksent-nahme auszugehen (vgl. zu Bauten auf fremdem Grund und Boden [X.] 2002, 1969). Andererseits hat der [X.] dem Umstand Bedeu-tung beigemessen, daß das Grundstück nach Beendigung des Nießbrauchswieder betrieblichen Zwecken dienen soll ([X.]. [X.], 241, 246). [X.] Auffassung, daß von einer Entnahme des Grundstücks auszugehen sei,haben sich [X.] ([X.], 227, 231) und [X.] ([X.] 1995,362, 366) ausgesprochen. Dazu hat - freilich ohne den Fall der Betriebsüber-tragung anzusprechen - auch [X.] (in: [X.]/[X.]/[X.], EStG15. Aufl. § 4, 5 Rn. 197) geneigt. [X.] ([X.] 1988, 133) und [X.] (in:[X.], EStG 21. Aufl. § 4 Rn. 360 Stichwort "Nießbrauch"), der auf [X.]verweist, haben zwar eine Entnahme des Grundstücks abgelehnt. Sie [X.] den Fall der "[X.]" im Auge gehabt, wobei derganze Betrieb unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen wird, der [X.] 12 -die [X.] an den neuen Eigentümer zurückvermietet und dieserden Betrieb weiterführt; ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Einigkeit bestehtinsoweit, als für den Fall, daß die Lockerung des betrieblichen Zusammen-hangs nicht zwingend für die Entnahme des Grundstücks sprechen sollte, [X.] von einer Entnahme des [X.] auszugehen ist (so [X.] 1990, 1835, 1836; Wüllenkemper [X.] 1991, 101, 104).cc) Der [X.] kann diese Frage nicht offen lassen, sondern muß sieentscheiden. Denn wenn es für die Feststellung der Ursächlichkeit einer nota-riellen Amtspflichtverletzung darauf ankommt, wie die Lage, die bei amts-pflichtgemäßem Verhalten bestanden hätte, rechtlich zu bewerten gewesenwäre, ist grundsätzlich die Auffassung des über den Ersatzanspruch erkennen-den Gerichts maßgeblich (std. Rechtsprechung, vgl. [X.]Z 133, 110, 111 f).dd) Zutreffend ist nach Ansicht des [X.]s die Lösung, daß lediglich [X.] an den Grundstücken, nicht aber die Grundstücke selbstentnommen worden wären. Diese Lösung gewährleistet für alle denkbarenSachverhalte angemessene Ergebnisse. Bei der Ansicht, daß der [X.] eine Grundstücksentnahme darstelle, ist das nicht der Fall.Der Wert dessen, was der Nießbraucher dem Betriebsvermögen [X.], ist abhängig von der Dauer des Nießbrauchs, mithin von der statisti-schen Lebenserwartung des Nießbrauchers im Zeitpunkt der Nießbrauchsbe-stellung. Hat der Nießbraucher nur noch eine geringe Lebenserwartung, sodaß absehbar ist, daß das nießbrauchsbelastete Grundstück alsbald wiederdem Betrieb unbeeinträchtigt zur Verfügung stehen wird, ist es [X.], von einer Entnahme des Grundstücks auszugehen. [X.] 13 -seits nähert sich der Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs um so mehr demWert des Grundstücks an, je höher die restliche Lebenserwartung des Berech-tigten ist. Die Entnahme des Nießbrauchs kann somit im Ergebnis der Entnah-me des Grundstücks gleichkommen, wenn der Nießbraucher im Zeitpunkt derBestellung des [X.] ist und der Eigentümer noch meh-rere Jahrzehnte nicht zu betrieblichen Zwecken über das Grundstück verfügenkann. Gegebenenfalls hat dieses in der Hand des Eigentümers und für [X.] keinen wirtschaftlichen Wert, ist insbesondere auch als potentiellesBeleihungsobjekt uninteressant.Unerheblich für das Ausmaß der Lockerung des betrieblichen Zusam-menhangs ist im vorliegenden Fall die Frage nach der Laufzeit der [X.]. Diese haben schon vor den hier interessierenden Vorgängen [X.]. Gleichwohl gehörten die Grundstücke zum Betriebsvermögen und warfen- in Gestalt des [X.] - land- und forstwirtschaftliche Einkünfte ab. [X.] das Nießbrauchsrecht, wird dieser Zustand wiederhergestellt.ee) Legt man für die Schadensberechnung zugrunde, daß der [X.] falls er sich bei ordnungsgemäßer Beratung für das ursprüngliche Konzeptentschieden hätte - das Nießbrauchsrecht entnommen hätte, ist zwar kaumzweifelhaft, daß in diesem Fall der [X.] niedriger gewesen wäre,als er vom Finanzamt veranschlagt worden ist. Denn bei der Entnahme [X.] wäre ein [X.] in Höhe des kapitalisierten [X.] angefallen. Dieser wäre - weil der Erblasser im Zeitpunkt der [X.] war, also nur noch eine statistische Lebenserwartung von 14,68Jahren hatte (vgl. Sterbetafeln 1997/99, in: [X.], [X.] -65. Aktualisierung [X.]) - wahrscheinlich geringer gewesen als der [X.] aufgrund der tatsächlich erfolgten Entnahme der Grundstücke.Gleichwohl kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht da-von ausgegangen werden, daß durch den Notarfehler ein Schaden entstandenist. Denn die tatsächlich eingetretene Vermögenslage des Erblassers, die mitderjenigen zu vergleichen ist, die sich aufgrund einer zutreffenden Belehrungergeben hätte, wird nicht nur durch steuerliche Nachteile, sondern möglicher-weise auch durch Vorteile gekennzeichnet.Die Erwägung des Berufungsgerichts, daß über die [X.]"steuerfrei" verfügt werden könne, weil diese sich nicht mehr im Betriebs-, son-dern im Privatvermögen befänden, kann allerdings keinen Vorteil begründen.Dafür ist, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts, zwar nicht maßgeb-lich, daß der Erblasser angeblich nicht beabsichtigt hat, die Grundstücke [X.]. Denn entscheidend ist die objektive Verfügbarkeit der Grundstücke.Nach dem im Zeitpunkt des Schadenseintritts geltenden Rechtszustand hättengemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG die [X.] steuerfrei veräußertwerden können, wenn man nach der Entnahme zehn Jahre zugewartet hätte.Diese Steuervergünstigung wird jedoch - und deshalb ist die Ansicht des [X.] im Ergebnis zutreffend - vom Gesetzgeber beseitigt werden. [X.] hat am 11. April 2003 das Gesetz zum Abbau von Steuervergünsti-gungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) beschlossen (BT-Drucks. 253/03). Nach dessen Art. 1 Nr. 15 werden private [X.] auch in [X.] voll besteuert; die Zehnjahresfrist entfällt. Der [X.] hat noch am gleichen Tag zugestimmt. Wann das Gesetz in [X.] tretenwird, ist noch nicht bekannt. Mit Sicherheit werden aber bis dahin - von der- 15 -Entnahme an gerechnet - keine zehn Jahre vergangen sein. Somit hatte [X.] Erblasser die Möglichkeit noch wird die Klägerin diese erhalten, steuerfreiüber die [X.] zu verfügen.Als Vorteil kommt jedoch in Betracht, daß der Erblasser unter Verwen-dung der [X.] die weichenden Erben hätte befriedigen und [X.] die Steuervergünstigung gemäß § 14a Abs. 4 EStG in Anspruch nehmenkönnen. Gegebenenfalls ist dieser Vorteil bei der Schadensberechnung zu be-rücksichtigen, weil er durch das schädigende Ereignis mitverursacht wurde;Vorteil und Nachteil sind bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rech-nungseinheit verbunden (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Juli 1996 - [X.], 2074, 2076 f; v. 18. November 1999 - [X.], [X.], 193,196). Daß der Erblasser den Vorteil tatsächlich nicht wahrgenommen hat, istunerheblich.Bei der Differenzrechnung ist also auf der einen Seite ("[X.] tatsächlich eingetretene steuerliche Nachteil in Höhe von 589.014,06 DM -möglicherweise gemindert um den Betrag, der unter Ausnutzung des [X.] gemäß § 14a Abs. 4 EStG hätte eingespart werden können - anzusetzen.[X.] ist die steuerliche Belastung, die hypothetisch - bei [X.] der ursprünglichen Konzeption - eingetreten wäre ("Soll-Situation").Die Höhe dieser Belastung hängt von der Bewertung des entnommenen [X.] ab. Wird nach allgemeinen Grundsätzen bewertet, ist die [X.] (30.000 DM) mit dem von der statistischen Lebenserwartung des [X.]s (14,68) abhängigen Diskontierungsfaktor zu multiplizieren (vgl. etwaZeller/Stöber, [X.] 17. Aufl. [X.] 3). Dabei dürfte sich ein Be-trag von über 300.000 DM ergeben. Schon deswegen, weil zu dem bei der "[X.]- 16 -Situation" möglicherweise zu berücksichtigenden Abzugsposten Feststellungenfehlen, kann der [X.] nicht ausschließen, daß der Vergleich der "[X.]" mit der"Soll-Situation" keine Differenz ergibt.3. Entgegen der Ansicht der Revision liegt kein [X.] nach § 839 Abs. 3 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.] vor.Der Erblasser hat die Steuerbescheide mit dem Einspruch [X.] einen Teilerfolg erzielt. Die Revision macht geltend, daß der [X.] unwirksam gewesen sei; damit will sie , soweit erkennbar, zum Aus-druck bringen, daß der Erblasser durch eine finanzgerichtliche Klage die [X.] ganz hätte beseitigen können. Nach herrschender Meinung ist ei-ne Entnahme ein tatsächlicher Geschäftsvorfall. Liegt der Entnahme [X.] zugrunde, ändert dessen Unwirksamkeit an der [X.]. Nach einer Mindermeinung (Giloy [X.] 1987, 25, 27) kann die [X.] des Rechtsgeschäfts zwar in den von § 41 Abs. 1 Satz 2 [X.] (Stich-tagsprinzip) gezogenen Grenzen berücksichtigt werden. Grenze ist das Wirt-schaftsjahr. Welcher Auffassung zu folgen ist, kann hier jedoch offenbleiben.Denn die Revision macht nicht geltend, daß der Erblasser innerhalb desselbenWirtschaftsjahres eine gerichtliche Korrektur hätte erreichen können.Die Revision meint, auf jeden Fall hätten die Vertragsparteien den Über-gabevertrag rückwirkend aufheben und so die steuerliche Belastung vermeidenkönnen. Diese Ansicht ist unzutreffend. Nach allgemeiner Auffassung führt dieAufhebung des der Entnahme zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts lediglich zueiner Wiedereinlage ([X.]. [X.], 736; [X.], in: [X.], § 4 EStGRn. 336; Giloy [X.] 1987, 25, 26).- 17 -4. Bei der Festlegung der Mitverschuldensquote (§ 254 BGB) sindRechtsfehler zu Lasten des Beklagten nicht ersichtlich.Die Abwägung des Mitverschuldens ist Sache des Tatrichters. Daß die-ser erhebliche Umstände übersehen habe, ist nicht dargetan.Falls der Erblasser in den Genuß des Freibetrages nach § 14a Abs. 4EStG gekommen wäre, wenn er die [X.] - die er nach seinemeigenen Vortrag nur deshalb aus dem Hofübergabevertrag herausgenommenhat, um die weichenden Erben damit abzufinden - dieser Absicht gemäß ver-wendet hätte, ist dies im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. [X.] ist dieser Umstand im Wege der Vorteilsausgleichung zu [X.] (vgl. oben 2 c ee). Er darf nicht [X.] über das Mitverschuldenzur Minderung des [X.] führen.5. Mit Recht beanstandet die Revision jedoch die Fassung des [X.] zu 1, dem das Berufungsgericht dem Grunde nach stattgegeben hat. [X.] erstrebt die Klägerin unzulässigerweise (vgl. [X.]/[X.], ZPO 23. [X.] § 128 Rn. 20 und § 253 Rn. 1) eine von einer außerprozessualen Bedin-gung abhängige Verurteilung des Beklagten. Entgegen der von der Revisi-onserwiderung vorgetragenen Ansicht handelt es sich nicht um ein Tatbe-standsmerkmal des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Der einge-tretene [X.] ist unabhängig davon, ob die Klägerin die [X.] zur Wiedereingliederung in das Betriebsvermögen auf den [X.]überträgt oder [X.] -6. Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 2 ist die Klage bereits jetzt [X.]. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß der Beklagte ihr auchnur teilweise die Kosten für die nachträgliche Eingliederung der [X.] in das Betriebsvermögen ersetzt.Insofern hat die Klägerin keinen Schaden dargetan (vgl. oben 2.). [X.] der [X.] in das Betriebsvermögen ist nicht erfor-derlich, um die steuerlichen Nachteile auszuräumen. Wenn die Grundstückewieder in das Betriebsvermögen eingegliedert werden, ändert das an der [X.] nichts. Die Entnahme wird nicht rückwirkend beseitigt; es kommt lediglichzu einer Wiedereinlage (vgl. oben 3.).Des weiteren ist unerheblich, ob der Erblasser bei richtiger Belehrungdurch den Beklagten die [X.] nicht vom Betriebsvermögen ge-trennt hätte. Gegebenenfalls würde dies nur deutlich machen, daß dem [X.] die Vermeidung der steuerlichen Nachteile wichtiger war als die Erlan-gung der Möglichkeit, über die [X.] verfügen zu können. [X.] steuerlichen Nachteile dadurch ausgeglichen werden, daß der [X.] dem Klageantrag Ziff. 1 Schadensersatz leistet, besteht kein - jedenfallskein von dem Beklagten zu verantwortender - Anlaß mehr, die [X.] in das Betriebsvermögen zu überführen.Allerdings wäre die Übertragung der [X.] mitsamt demsonstigen Betrieb im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge in einer Ur-kunde möglicherweise kostengünstiger gewesen als die nunmehr beabsichtigte- 19 -isolierte und eine neue Beurkundung erfordernde Übertragung. Darauf wird [X.] indes nicht gestützt.II[X.] Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). [X.] des Klageantrags Ziff. 2 ist die Sache zur Endentscheidung reif; inso-fern ist die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende [X.]eil erster In-stanz zurückzuweisen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Im übrigen ist die [X.] das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).Dieses wird zu prüfen haben, ob der Erblasser, wenn er ordnungsgemäß [X.] worden wäre, die [X.] mit dem sonstigen Betriebsvermö-gen auf den Hofübernehmer übertragen hätte. Dabei wird es auch zu berück-sichtigen haben, daß die bisherige Fassung des Klageantrags Ziff. 1 eher da-gegen spricht, weil sie darauf hindeutet, daß der Erblasser die [X.] nur dann in das Betriebsvermögen wiedereingliedern wollte, wenn [X.] Erben aus der von dem Beklagten erhofften Schadensersatzlei-stung abgefunden werden konnten. Falls sich das Berufungsgericht davonüberzeugt, daß die [X.] unter Nießbrauchsvorbehalt auf [X.] übertragen worden wären, wird es prüfen müssen, ob in [X.] Falle die Vermögenslage des Erblassers besser gewesen wäre als siesich nach der "[X.]Situation" tatsächlich darstellt. Dazu wird das Berufungsge-richt, bezogen auf die statistische (restliche) Lebenserwartung des Erblassersim Zeitpunkt der Beurkundung, den [X.] in Höhe des kapitalisier-ten [X.] ermitteln müssen. Schließlich muß geklärt werden, ob [X.] den Freibetrag gemäß § 14a Abs. 4 [X.] hätte in Anspruch nehmen- 20 -können, wenn er die [X.] zur Abfindung der weichenden Erbenverwendet hätte. Gegebenenfalls muß dieser Vorteil beziffert werden.KreftKirchhofFischerRichter am [X.] ˆist erkrankt und des-halb verhindert, [X.] beizufügen.[X.]

Meta

IX ZR 201/01

22.05.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2003, Az. IX ZR 201/01 (REWIS RS 2003, 2965)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2965

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