Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.09.2022, Az. 9 B 2/22

9. Senat | REWIS RS 2022, 6761

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Gegenstand

Beweiswirkung eines elektronischen Empfangsbekenntnisses


Leitsatz

1. Wie das herkömmliche papiergebundene Empfangsbekenntnis erbringt auch das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis gegenüber dem Gericht den vollen Beweis für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt und für den Zeitpunkt dieser Entgegennahme. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Beweisregelung in § 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO (§ 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F.) i. V. m. § 56 Abs. 2 VwGO.

2. Auch beim elektronischen Empfangsbekenntnis besteht dessen Sinn und Zweck darin, die Zustellung eines bestimmten Dokuments nachzuweisen, weshalb dessen Identität sowohl für den abgebenden Rechtsanwalt als auch für das Gericht außer Zweifel stehen muss.

3. Der vom Anwalt an das Gericht übersandte strukturierte Datensatz und nicht seine Visualisierung im jeweils verwendeten Fachverfahren stellt das eigentliche Empfangsbekenntnis dar, an das die gesetzlich bestimmte Nachweiswirkung anknüpft.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 27. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50,90 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen [X.] des [X.]eklagten; seine Anfechtungsklage wurde in erster Instanz abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht ließ die [X.]erufung mit [X.]eschluss vom 17. August 2021 wegen eines Verfahrensfehlers zu und setzte mit [X.]eschluss vom 26. August 2021 den vorläufigen Streitwert fest. Die [X.]eschlüsse wurden dem Prozessbevollmächtigten des [X.] jeweils zusammen mit einem Anschreiben elektronisch übermittelt. Mit dem angefochtenen [X.]eschluss verwarf das Oberverwaltungsgericht die [X.]erufung wegen Versäumung der [X.]erufungsbegründungsfrist ([X.], [X.]eschluss vom 27. Oktober 2021 - 5 A 237/21 - [X.] 2022, 84 ff.): Das vom Prozessbevollmächtigten des [X.] abgegebene elektronische [X.] beweise die Zustellung des [X.] am 27. August 2021; die [X.]eweiswirkung sei unter [X.]erücksichtigung des Prüfvermerks, der Eingangsbestätigung und der [X.] nicht entkräftet. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] macht demgegenüber geltend, er habe das [X.] für den [X.]eschluss über die Festsetzung des vorläufigen Streitwerts abgegeben; der [X.]erufungszulassungsbeschluss sei ihm nicht zugestellt worden.

II

2

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache gestützte [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von [X.]edeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der [X.]eschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

4

Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen,

ob ein elektronisches [X.], das Rechtsanwälten übersandt wird und das selbst nicht erkennen lässt, für welche Dokumente von dem Rechtsanwalt das elektronische [X.] angefordert wird, nach der erfolgten Rücksendung an das Gericht, überhaupt geeignet ist, [X.]eweis dafür zu erbringen darüber, dass ein bestimmtes Dokument an einem bestimmten Datum einem Rechtsanwalt wirksam zugestellt worden ist,

ob in dem Fall, dass das elektronische [X.] nicht erkennen lässt, für welche Dokumente von dem Rechtsanwalt das elektronische [X.] angefordert wird, einem Rechtsanwalt unter Zuhilfenahme von anderen Informationen außerhalb eines elektronischen [X.] unterstellt werden darf, dass ihm ein bestimmtes Dokument wirksam zugestellt worden ist

und

ob dies selbst dann gilt, wenn der Rechtsanwalt ausdrücklich klargestellt hat, dass er das Dokument nicht als zugestellt entgegennimmt,

betreffen, soweit sich ihnen fallübergreifende Aussagen entnehmen lassen, Fragestellungen, die in der Rechtsprechung bereits geklärt sind oder sich auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf der Grundlage des Gesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lassen.

5

Der Sache nach geht es dem Kläger um die [X.]estimmung von Umfang und Inhalt der [X.]eweiskraft eines von einem Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht abgegebenen elektronischen [X.]. Hintergrund ist der Umstand, dass das vom Prozessbevollmächtigten des [X.] auf elektronischem Weg abgegebene [X.] in dem zur Gerichtsakte genommenen Ausdruck als zugestellte Dokumente eine [X.] vom 25. August 2021 und einen [X.]eschluss vom 17. August 2021 angibt, während die am [X.]ildschirm des Rechtsanwalts angezeigte "Vorschau" des elektronischen [X.] ausweislich des von ihm vorgelegten Screenshots die Dokumente "[X.]_Klaeger/Proz.[X.]" und "[X.]eschluss" jeweils ohne Datumsangabe ausweist. Daraus ergeben sich jedoch keine Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung, und zwar weder in [X.]ezug auf die [X.]eweiswirkung des [X.] (dazu 1.) noch hinsichtlich der Identität des in [X.]ezug genommenen Dokuments (dazu 2.). Die Fragen sind im Übrigen nicht entscheidungserheblich (dazu 3.).

6

1. Die [X.]eweiswirkung eines von einem Rechtsanwalt abgegebenen [X.] ist im Grundsatz höchstrichterlich geklärt.

7

a) In [X.]ezug auf das herkömmliche papiergebundene anwaltliche [X.] geht die Rechtsprechung aller obersten [X.]undesgerichte übereinstimmend davon aus, dass das datierte und unterschriebene [X.] den (vollen) [X.]eweis erbringt für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt sowie für den Zeitpunkt der Entgegennahme. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der im [X.] enthaltenen Angaben ist zwar zulässig, setzt aber voraus, dass die [X.]eweiswirkung vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben richtig sein könnten (vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 21. November 2006 - 1 [X.] 162.06 - [X.]uchholz 303 § 418 ZPO Nr. 14 Rn. 2 und vom 11. Oktober 2017 - 1 WN[X.] 3.17 - juris Rn. 6; [X.]GH, [X.]eschlüsse vom 13. Juni 1996 - VII Z[X.] 12/96 - NJW 1996, 2514 <2515> und vom 24. September 2019 - XI Z[X.] 9/19 - juris Rn. 19; [X.]FH, Urteil vom 31. Oktober 2000 - [X.]/00 - NVwZ 2001, 1198; [X.]SG, Urteil vom 21. Dezember 2009 - [X.] 14 [X.]/[X.] - juris Rn. 12; vgl. auch [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 27. März 2001 - 2 [X.]vR 2211/97 - NJW 2001, 1563).

8

Die [X.]eweiswirkung des [X.] folgt aus der in der Zivilprozessordnung enthaltenen besonderen [X.]eweisregel, die nach § 56 Abs. 2 VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gilt. Gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2021 und damit auch im Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Zustellung geltenden Fassung - künftig ZPO a. F. – genügt zum Nachweis der Zustellung an einen Anwalt nach § 174 Abs. 1 ZPO a. F. das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene [X.], das an das Gericht zurückzusenden ist. Entsprechendes bestimmt nunmehr § 175 Abs. 3 ZPO (künftig ZPO n. F., wenn verschiedene Gesetzesfassungen thematisiert werden). Diese gesetzliche [X.]eweisregel (§ 286 Abs. 2 ZPO, vgl. [X.]GH, [X.]eschluss vom 7. Oktober 2021 - IX Z[X.] 41/20 - NJW-RR 2021, 1584 Rn. 10) ist Ausdruck des besonderen Vertrauens, das der Gesetzgeber u. a. der [X.]erufsgruppe der Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege entgegenbringt, und verleiht dem unterschriebenen, datierten und an das Gericht zurückgesandten [X.] eine [X.]eweiswirkung, die der einer Zustellungsurkunde nach § 418 ZPO entspricht (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. Oktober 1993 - 4 [X.] 166.93 - [X.]uchholz 340 § 5 [X.] Nr. 14 zu § 5 Abs. 2 [X.]; [X.]GH, [X.]eschluss vom 16. September 1993 - VII Z[X.] 20.93 - juris Rn. 8 zur bis zum 30. Juni 2002 geltenden Vorgängerfassung in § 212a ZPO; [X.], in: [X.]/[X.], VwGO, Stand Februar 2022, § 56 Rn. 45b).

9

b) Für das elektronische [X.] gilt nichts Anderes.

Die Zustellung eines elektronischen Dokuments an einen Rechtsanwalt nach § 174 Abs. 3 ZPO a. F. (§ 173 Abs. 2 ZPO n. F.) wird gemäß § 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. (§ 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO n. F.) durch ein elektronisches [X.] nachgewiesen. Der Gesetzgeber hat auch für den Fall der elektronischen Übermittlung eines Dokuments an einen Rechtsanwalt daran festgehalten, den Nachweis der Zustellung an ein voluntatives Element zu knüpfen und hierfür nicht allein die automatisierte Eingangsbestätigung (ggf. in Verbindung mit einem bestimmten Zeitablauf) ausreichen zu lassen (vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte etwa [X.]iallaß, in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 2, 1. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 1 ff.).

Auch bezüglich des elektronischen [X.] ergibt sich dessen [X.]eweiswirkung aus der ausdrücklichen gesetzlichen [X.]eweisregelung. Soweit das Oberverwaltungsgericht auf die [X.]eweiskraft eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe der § 371a Abs. 1, § 416 ZPO verweist ([X.]A S. 4, [X.] 2022, 84; ebenso auch [X.], [X.]eschlüsse vom 27. September 2019 - 1 [X.]/19 - NJW 2019, 3664 Rn. 8 und vom 21. Februar 2020 - 2 E 340/19 - NVwZ 2020, 735 Rn. 9; [X.], [X.]eschluss vom 10. November 2020 - 2 [X.] 1263/20 - [X.]auR 2021, 520 <521>; OVG [X.]remen, [X.]eschluss vom 29. März 2022 - 2 [X.] 44/22 - juris Rn. 11), sind diese Vorschriften hier allerdings nicht maßgebend, weil es sich bei dem elektronischen [X.] nicht um ein elektronisches Dokument im Sinne des § 371a Abs. 1 ZPO handelt, das (notwendig) mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist ([X.], in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 2, 1. Aufl. 2020, § 371a ZPO Rn. 26.1; [X.]iallaß, in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 2, 1. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 59, 67; vgl. auch [X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 2021 - 13 UF 578/20 - [X.] 2021, 1437 Rn. 13). Darauf kommt es jedoch nicht an.

[X.]ei dem papiergebundenen [X.] folgt - wie ausgeführt - die Nachweiswirkung nicht unmittelbar aus § 416 oder § 418 ZPO, sondern aus der gesetzlichen Festlegung in § 174 ZPO a. F. bzw. § 175 ZPO n. F. Entsprechendes gilt auch für das elektronisch abgegebene [X.], dessen [X.]eweiswirkung in § 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. bzw. § 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO n. F. - im Verwaltungsprozess jeweils i. V. m. § 56 Abs. 2 VwGO - gesetzlich bestimmt ist. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er dem von einem bestimmten Adressatenkreis abgegebenen [X.] im elektronischen Rechtsverkehr im Ergebnis dieselbe [X.]edeutung beimisst wie dem herkömmlichen analogen [X.]. Wie dieses erbringt auch das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene [X.] den vollen [X.]eweis für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt und für den Zeitpunkt dieser Entgegennahme (vgl. nur [X.], [X.]eschlüsse vom 27. September 2019 - 1 [X.]/19 - NJW 2019, 3664 Rn. 8 und vom 21. Februar 2020 - 2 E 340/19 - NVwZ 2020, 735 Rn. 9; [X.], [X.]eschluss vom 10. November 2020 - 2 [X.] 1263/20 - [X.]auR 2021, 520 <521>; OVG [X.]remen, [X.]eschluss vom 29. März 2022 - 2 [X.] 44/22 - juris Rn. 11; Marsch/[X.], in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 3, 1. Aufl. 2020, § 56 VwGO Rn. 26; [X.], in: [X.], ZPO, 34. Aufl. 2022, § 173 Rn. 18; [X.], [X.], 80 f.).

2. Die vom Kläger formulierten Fragen betreffen die Identität des Dokuments, dessen Zustellung durch das abgegebene [X.] nachgewiesen werden soll. Auch insoweit besteht jedoch kein grundsätzlicher Klärungsbedarf.

a) Die gesetzlichen Regelungen enthalten keine konkreten Vorgaben zum Inhalt eines [X.] und zur [X.]eschreibung des Dokuments, um dessen Zustellung es geht. In der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs ist geklärt, dass das zuzustellende Schriftstück in dem [X.] derart zu bezeichnen ist, dass seine Identität außer Zweifel steht; Unrichtigkeiten oder Ungenauigkeiten etwa in den Angaben der Parteien oder beim Datum des Schriftstücks sind unschädlich, solange dem Zusammenhang nach tatsächlich keine Zweifel daran bestehen, auf welches Dokument sich das [X.] bezieht (vgl. nur [X.]GH, [X.]eschluss vom 12. März 1969 - IV Z[X.] 3/69 - NJW 1969, 1297; Urteil vom 11. Februar 2022 - [X.] - NJW 2022, 1816 Rn. 16). Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des [X.], die Zustellung gerade dieses Dokuments nachzuweisen. Danach muss der Rechtsanwalt erkennen können, für welches Schriftstück er die Zustellung bestätigt, und das Gericht muss das zurückgesandte und unterschriebene [X.] sicher zuordnen können. Für den Verwaltungsprozess, in dem nach der Verweisungsnorm des § 56 Abs. 2 VwGO dieselben Zustellungsvorschriften Anwendung finden und in dem dem [X.] dieselbe [X.]edeutung zukommt wie im Zivilprozess, gelten keine anderen Anforderungen. Mit der in der Rechtsprechung gängigen Formulierung, das datierte und unterzeichnete [X.] erbringe den vollen [X.]eweis für die Entgegennahme "des darin bezeichneten" Schriftstücks oder Dokuments (vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. Oktober 2017 - 1 WN[X.] 3.17 - juris Rn. 6; [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 27. März 2001 - 2 [X.]vR 2211/97 - NJW 2001, 1563; [X.]GH, [X.]eschlüsse vom 16. September 1993 - VII Z[X.] 20/93 - juris Rn. 8 und vom 24. September 2019 - XI Z[X.] 9/19 - juris Rn. 19), wird dieses Erfordernis zum Ausdruck gebracht.

b) Diese zum analogen [X.] entwickelten Grundsätze finden auch auf das elektronische [X.] Anwendung. Auch hier besteht dessen Sinn und Zweck darin, die elektronische Zustellung eines bestimmten Dokuments nachzuweisen, weshalb dessen Identität sowohl für den abgebenden Rechtsanwalt als auch für das Gericht außer Zweifel stehen muss.

In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Form der Abgabe eines elektronischen [X.] von der eines analogen [X.] grundlegend unterscheidet und dies nicht nur den Übermittlungsweg betrifft, sondern das elektronische [X.] selbst. Dieses ist gemäß § 174 Abs. 4 Satz 4 und 5 ZPO a. F. (vgl. auch § 173 Abs. 3 Satz 2 ZPO n. F.) in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln, wobei ein vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellter strukturierter Datensatz zu nutzen ist. Die Abgabe des elektronischen [X.] erfolgt somit nicht durch Ausfüllen oder Ergänzung einer vom Gericht übermittelten Vorlage oder Datei und deren elektronischer Übersendung, sondern durch die Erzeugung eines strukturierten maschinenlesbaren Datensatzes. Dieser vom Anwalt an das Gericht übersandte Datensatz stellt das eigentliche [X.] dar (vgl. auch [X.]iallaß, in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 2, 1. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 47, 53; [X.], in: [X.], ZPO, 34. Aufl. 2022, § 173 Rn. 13), an das die gesetzlich bestimmte Nachweiswirkung anknüpft.

Der Aufbau dieses Datensatzes bestimmt sich nach dem [X.]-Fachmodul "[X.].EE[X.]" ([X.], [X.], 2713 <2716>). [X.] ist ein zur Realisierung des elektronischen Rechtsverkehrs entwickelter Datensatz, der grundlegende Festlegungen für den Austausch strukturierter Daten zwischen den Prozessbeteiligten enthält und aus einer Reihe von [X.] (Extensible Markup [X.], also fest definierten Datenfeldern im [X.]-Format besteht (vgl. die Darstellung auf der offiziellen Website [X.] der [X.]und-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz unter [X.]). Die dem elektronischen Dokument bei der Übermittlung beigefügte [X.] im Dateiformat [X.] (vgl. § 2 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische [X.]ehördenpostfach - [X.] - [X.]) beschreibt den Inhalt der Sendung in strukturierter maschinenlesbarer Form und dient der automatisierten Weiterverarbeitung des [X.] durch Übernahme in das IT-System des Empfängers.

Im Falle eines elektronischen [X.] hat dieser Datensatz keine bloße [X.]egleitfunktion, sondern stellt selbst das [X.] und damit das Hauptdokument dar. Dass ein elektronisches [X.] angefordert wird, ergibt sich aus dem vom Gericht zusammen mit der elektronischen Nachricht übersandten [X.]-Datensatz. Dieser enthält in den Meta-Daten zu dem betreffenden Dokument die Zeile "true</tns:ruecksendung_EE[X.]_erforderlich>"; wird kein elektronisches [X.] angefordert, ist das Wort "true" durch "false" ersetzt. Die Anforderung wird von der Softwareanwendung des Empfängers erkannt, woraufhin diese nach den inhaltlichen Vorgaben des [X.]-Fachmoduls "[X.].EE[X.]" einen neuen [X.]-Datensatz generiert. Das elektronische [X.] hat einen automatisch erzeugten Inhalt nach dem Schema des [X.]-Fachmoduls, wobei die Konkretisierung des [X.] ebenso wie die Frage, ob die Zustellung bestätigt oder aus bestimmten Gründen zurückgewiesen wird, von einer entsprechenden Willensentscheidung des Zustellungsempfängers abhängt. Das [X.] wird dabei nachrichten- und nicht dokumentbezogen abgegeben, bezieht sich also auf alle mit der Eingangsnachricht übermittelten Dokumente (vgl. zum Ganzen näher Müller, [X.], 2713 <2716 ff.>; derselbe, [X.]RAK-Mitteilungen 6/2019, 277 ff.; derselbe, [X.], 6. Aufl. 2021, [X.] ff. und - speziell zum besonderen Anwaltspostfach beA - S. 411 ff.).

Der Inhalt dieser automatisch erzeugten Nachricht besteht aus einer dem vorgegebenen Schema folgenden Aneinanderreihung verschiedener Informationen in untereinander gesetzten Zeilen, die optisch schwierig zu erfassen und daher wenig verständlich sind (vgl. etwa die Abbildungen bei [X.], [X.], 2713 <2716 f.>). Eine "Übersetzung" in eine benutzerfreundliche, menschenlesbare Fassung erfolgt durch die jeweiligen Gerichts- oder Anwaltsfachverfahren mittels Stylesheet in der im jeweiligen Fachverfahren vorgesehenen Form auf der Grundlage der Informationen, die in der das elektronische [X.] anfordernden Nachricht vom Absender hinterlegt wurden, sowie den Angaben des Empfängers zu Zeitpunkt und [X.]estätigung der Zustellung (vgl. etwa die Gegenüberstellung von [X.]-Schema und Stylesheet bei [X.], [X.], 6. Aufl. 2021, [X.] f.).

Auf diese Form der Visualisierung zielt der Kläger mit der Formulierung in seinen Grundsatzfragen, dass das elektronische [X.] nicht erkennen lasse, für welche Dokumente es angefordert werde. Er bezieht sich damit auf die Darstellung in der von ihm verwendeten Anwaltssoftware, die ausweislich des vorgelegten Screenshots das [X.] etwas anders wiedergibt als das im gerichtlichen Fachverfahren erzeugte [X.] und unter der Überschrift "[X.]ezeichnung" den [X.] ohne Datum angibt. Dass eine derartige Darstellung des elektronischen [X.] nicht ungewöhnlich ist, belegen etwa die beispielhaften Abbildungen in der Fachliteratur, die ähnliche [X.]se zeigen (vgl. nur [X.], [X.], 6. Aufl. 2021, [X.]). Auf diese Einzelheiten kommt es im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht an.

Wie ausgeführt, besteht das abgegebene elektronische [X.] aus dem vom Anwalt generierten und an das Gericht übermittelten strukturierten Datensatz; an dessen Inhalt knüpft die gesetzlich festgeschriebene Nachweiswirkung des § 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. (§ 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO n. F.) an. Dieser Datensatz enthält selbst keine "[X.]ezeichnung" des übermittelten Dokuments, sondern nimmt [X.]ezug auf die [X.] der vom Rechtsanwalt empfangenen Nachricht, mit der das [X.] angefordert wurde ([X.], in: [X.], ZPO, 34. Aufl. 2022, § 173 Rn. 15; vgl. auch die vom Kläger zitierte Darstellung von [X.], [X.] vom 8. April 2021), und wird bei Eingang des [X.] bei Gericht automatisiert dieser Nachricht zugeordnet. Dies ermöglicht die sichere Identifizierung des Dokuments, dessen Zustellung durch das elektronische [X.] nachgewiesen werden soll, und erfüllt damit die Funktion der "[X.]ezeichnung" des Dokuments in einem papiergebundenen [X.]. Auf der Grundlage eines Abgleichs der [X.]s kann ggf. der Gegenbeweis gegen die Richtigkeit des elektronischen [X.] geführt werden (vgl. [X.], in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 2, 1. Aufl. 2020, § 371 ZPO Rn. 18.4 und § 371a ZPO Rn. 26.2).

Auch wenn danach das elektronische [X.] für sich allein wenig aussagekräftig erscheinen mag und in seinem visualisierten Erscheinungsbild je nach der verwendeten Software variieren kann, ergeben sich daraus in der Anwendungspraxis des elektronischen Rechtsverkehrs keine unzumutbaren Erschwernisse oder Risiken. Die Anforderung des elektronischen [X.] ist - wie ausgeführt - in dem der übermittelten Nachricht beigefügten [X.]-Datensatz enthalten und damit mit dem zuzustellenden Dokument untrennbar verbunden. Durch Öffnen der Nachricht, für die die [X.] die Abgabe eines [X.] als erforderlich anzeigt, kann sich der Empfänger zuverlässig Kenntnis von deren Inhalt verschaffen, ohne dass insoweit eine Verwechslungsgefahr besteht. Die Sichtung des mit der [X.]anforderung übersandten Dokuments (ggf. auch mehrerer Dokumente) stellt keine gegenüber der Papierform zusätzliche Anforderung dar, sondern ist schon im Hinblick auf die anwaltliche Sorgfaltspflicht geboten. Denn der Rechtsanwalt muss sich vergewissern, dass der Zustellung des Dokuments kein Ablehnungsgrund entgegensteht, und darf das angeforderte [X.] erst abgeben, wenn er geprüft hat, ob durch die Zustellung Fristen ausgelöst und diese ordnungsgemäß notiert worden sind (vgl. allgemein [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. Juni 2011 - 1 [X.] 7.11 - juris Rn. 5; speziell zum elektronischen [X.] [X.], [X.]eschluss vom 27. September 2021 - 8 A 1144/21 - juris Rn. 17 f.). Die Abgabe des [X.] selbst setzt sodann die Willensentscheidung des Empfängers voraus, das Dokument als zugestellt entgegenzunehmen (oder aber Zustellungsfehler zu benennen); zudem muss das Zustellungsdatum eingetragen werden. Darin liegt die vom Kläger geforderte Mitwirkung des Rechtsanwalts, ohne dessen aktives Zutun ein elektronisches [X.] nicht ausgelöst wird (vgl. auch [X.], [X.]eschluss vom 20. Mai 2021 - 11 A 481/21.A - juris Rn. 7; [X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 2021 - 13 UF 578/20 - [X.] 2021, 1437 Rn. 12). Auf der Grundlage des geschilderten Willensakts wird das elektronische [X.] dann automatisiert aus der verwendeten Software heraus erzeugt und dem Gericht übermittelt. Mit dieser Übersendung wird die empfangsbereite Entgegennahme der Nachricht dokumentiert (vgl. [X.]iallaß, in: [X.]/[X.], jurisPK-ERV [X.]and 2, 1. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 50). Um welche Nachricht es dabei geht, wird bei Eingang des [X.] vom gerichtlichen Fachverfahren erkannt und lässt sich durch die Wiedergabe der [X.] der anfordernden Nachricht auch nachträglich zuverlässig identifizieren.

3. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen und technischen Zusammenhänge sind die formulierten Grundsatzfragen im Übrigen vorliegend auch nicht entscheidungserheblich. Soweit sie darauf abstellen, dass das elektronische [X.] nicht erkennen lasse, für welche Dokumente es angefordert werde, geht der damit unterstellte Sachverhalt an dem geschilderten technischen Ablauf, der aus den zwei Schritten der Anforderung und der Abgabe des [X.] besteht, vorbei und setzt zu Unrecht die Darstellung des vom Kläger eingereichten Screenshots mit dem eigentlichen [X.] gleich.

Anders als die erste Grundsatzfrage formuliert, wird dem Rechtsanwalt vom Gericht kein ([X.]) elektronisches [X.] übersandt. Die [X.]anforderung ist vielmehr [X.]estandteil des der Nachricht beigefügten [X.]-Datensatzes und bezieht sich auf alle mit dieser Nachricht übersandten Dokumente. Für den [X.] ist damit erkennbar, zu welcher Nachricht die Anforderung gehört und um welche Dokumente es dabei geht.

Das vom Prozessbevollmächtigten des [X.] abgegebene [X.] ließ ebenfalls erkennen, wofür es abgegeben wurde. Der erzeugte und dem Gericht übermittelte strukturierte Datensatz bezog sich auf die [X.] der mit der [X.]anforderung verbundenen Nachricht. Wie ausgeführt, ist es nicht notwendig, dass das elektronische [X.] selbst das zugestellte Dokument konkretisierend etwa unter Angabe des Datums beschreibt und dies bei der Visualisierung sichtbar macht, zumal die Einzelheiten der Darstellung von der Software des Empfängers abhängen, auf die das absendende Gericht keinen Einfluss hat. So beschreibt die vom Prozessbevollmächtigten des [X.] vorgelegte Ansicht des [X.] in seiner Anwaltssoftware die zugestellten Dokumente mit [X.] ohne Datum, enthält aber zusätzlich Datum und Identifikationsnummer der Nachricht, für die das elektronische [X.] abgegeben wurde. Abgebildet ist zudem die [X.]-Struktur der signierten Nachricht, aus der sich ebenfalls Erstellungszeitpunkt und [X.] der Sendung ergeben, auf die sich das [X.] bezieht. Diese Identifikationsnummer ist nach den vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zu den vorliegend maßgeblichen [X.]en der elektronischen Übermittlung des [X.] zuzuordnen. Aus diesen Informationen hätte der Prozessbevollmächtigte des [X.] im Übrigen ersehen können, dass die mit dem [X.] beantwortete Nachricht des Gerichts vom 25. August 2021 stammte und sich schon deshalb nicht auf den erst am 26. August 2021 gefassten Streitwertbeschluss beziehen konnte.

4. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Meta

9 B 2/22

19.09.2022

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 27. Oktober 2021, Az: 5 A 237/21, Beschluss

§ 56 Abs 2 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 173 Abs 2 ZPO, § 173 Abs 3 ZPO, § 175 Abs 3 ZPO, § 286 Abs 2 ZPO, § 416 ZPO, § 418 ZPO, § 174 Abs 3 ZPO vom 01.12.2021, § 174 Abs 4 S 1 ZPO vom 01.12.2021, § 174 Abs 4 S 3 ZPO vom 01.12.2021

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.09.2022, Az. 9 B 2/22 (REWIS RS 2022, 6761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6761 NJW 2023, 703 REWIS RS 2022, 6761

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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