Bundessozialgericht, Urteil vom 14.07.2022, Az. B 3 KR 2/21 R

3. Senat | REWIS RS 2022, 5118

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - elektronischer Rechtsverkehr - elektronisches Empfangsbekenntnis - sicherer Übermittlungsweg - besonderes elektronisches Anwaltspostfach - Zustellung - Zustellungswille - Nachweis - Beweiswirkung - Zertifikat - Zugangskonto - Webclient - qualifizierte elektronische Signatur - Gegenbeweis - Postfachinhaber - höchstpersönliche Nutzung - unautorisierte Übermittlung durch Sekretariat


Leitsatz

Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist die Beweiswirkung eines über den sicheren Übermittlungsweg eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs versandten elektronischen Empfangsbekenntnisses nicht allein durch den Vortrag durchgreifend entkräftet, dass es dem Gericht vom Sekretariat des Postfachinhabers unautorisiert übermittelt worden sei.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des [X.] vom 8. Mai 2020 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

[X.] steht höheres Krankengeld bei einem rückabgewickelten Altersteilzeitvertrag.

2

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). In dem Ausdruck des beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeforderten elektronischen Empfangsbekenntnisses ist als Datum der Zustellung des Urteils der 7.10.2019 angegeben. Der Prozessbevollmächtigte hat mit [X.] vom 11.11.2019 Berufung eingelegt und vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung beantragt. Die Auszubildende der Kanzlei habe das elektronische Empfangsbekenntnis nach Abruf des Urteils über den Webclient des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ohne Vorlage des Urteils und ohne Rücksprache mit ihm abgegeben. Davon habe er erst nach [X.] am 11.11.2019 Kenntnis erlangt.

3

Das L[X.] hat die Berufung als unzulässig verworfen: Das angefochtene Urteil sei ausweislich des elektronischen Empfangsbekenntnisses am 7.10.2019 zugestellt worden und mithin die Berufung vom 11.11.2019 verfristet. Auch das elektronische Empfangsbekenntnis habe ein voluntatives Element, da die Rücksendung weiter vom Willensakt des Adressaten abhängig sei. Ein solcher sei nach dem Vortrag der Klägerin in der Anwaltskanzlei ihres Prozessbevollmächtigten getroffen worden; auf die tatsächliche Vorlage des Dokuments an ihn komme es dafür nicht an. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil die Klägerin zur Auswahl, Schulung und Überwachung der Auszubildenden nichts vorgetragen habe (Beschluss vom 8.5.2020).

4

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin als Verfahrensfehler die Verletzung von § 151 [X.]G. Das angegriffene Urteil sei ihrem Prozessbevollmächtigten erst mit dessen Kenntnisnahme am 11.11.2019 zugestellt worden. Die Unterzeichnung eines Empfangsbekenntnisses durch Rechtsanwaltsfachangestellte bewirke keine Zustellung (Verweis auf B[X.] vom [X.] [X.]/08 B - [X.] 4-1750 § 174 [X.] 1). Das müsse für elektronische Empfangsbekenntnisse gleichermaßen gelten. Materiell verstoße das Urteil des [X.] gegen Art 3 Abs 1 GG, da ein nachträglich aufgelöstes Wertguthaben beim Krankengeld unberücksichtigt geblieben sei.

5

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des [X.] vom 8. Mai 2020 und das Urteil des [X.] vom 4. September 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr höheres Krankengeld ab dem 4. Dezember 2017 zu zahlen.

6

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

[X.]ie zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Zu Recht hat das [X.] über ihre Berufung durch Prozess- und nicht durch Sachurteil entschieden. Zur Überzeugung auch des Senats entkräften die Angaben zur unautorisierten Übermittlung des vom [X.] angeforderten elektronischen [X.]ses weder durchgreifend dessen Beweiswirkung noch bieten sie einen hinreichenden Grund für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung.

8

1. a) Nach § 174 Abs 1 ZPO (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Normfassung des [X.] mit den Gerichten vom 10.10.2013, [X.]) iVm § 63 Abs 2 Satz 2 [X.]G (in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung des [X.] vom 12.12.2007, [X.] 2840, geändert durch das Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von [X.] vom 12.6.2008, [X.] 1000) kann einem Anwalt ein Schriftstück gegen [X.] zugestellt werden. Unter anderem Rechtsanwälten kann auch ein elektronisches [X.]okument zugestellt werden (§ 174 Abs 3 Satz 1 ZPO). [X.]afür ist das [X.]okument auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 65a Abs 4 [X.]G zu übermitteln und gegen unbefugte Kenntnisnahme [X.]ritter zu schützen. [X.]azu haben unter anderem Rechtsanwälte einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer [X.]okumente zu eröffnen (§ 174 Abs 3 Satz 3 und Satz 4 ZPO). Sicherer Übermittlungsweg im Verhältnis von Rechtsanwälten und Gerichten in diesem Sinne ist unter anderem der zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a [X.] oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts (§ 65a Abs 4 [X.] [X.]G idF des [X.] mit den Gerichten vom 10.10.2013, [X.]), wofür die Bundesrechtsanwaltskammer für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit einrichtet (§ 31a Abs 1 Satz 1 [X.] idF des Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 12.5.2017, [X.] 1121).

9

b) Entscheidend für eine wirksame Zustellung ist, dass das in Zustellabsicht übersandte Schriftstück vom Empfänger mit dem Willen entgegengenommen wird, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen (stRspr; vgl nur B[X.] vom [X.] [X.]/08 B - [X.] 4-1750 § 174 [X.], juris Rd[X.]0 f; B[X.] vom [X.] R 3/19 R - NJW 2020, 422 Rd[X.] 7; [X.] vom 16.3.1994 - [X.] 159/93 - NJW 1994, 2295; [X.] vom 20.7.2006 - I ZB 39/05 - NJW 2007, 600 Rd[X.] 7; [X.] vom 14.5.2020 - 2 B 14.19 - juris Rd[X.]2). Für den Nachweis dessen genügt beim Postweg das mit [X.]atum und Unterschrift des Adressaten versehene [X.], das an das Gericht zurückzusenden ist (§ 174 Abs 4 Satz 1 ZPO). Für die Zustellung elektronischer [X.]okumente galt in der zum Zeitpunkt der Zustellung hier maßgebenden Fassung: "[X.]ie Zustellung nach Absatz 3 wird durch ein elektronisches [X.] nachgewiesen. [X.]as elektronische [X.] ist in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln. Hierfür ist ein vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellter strukturierter [X.]atensatz zu nutzen." 174 Abs 4 Satz 3 bis 5 ZPO).

c) Ein datiertes und (in Schriftform) unterschriebenes, auf dem Postweg zurückgesandtes [X.] erbringt als Privaturkunde nach § 416 ZPO Beweis für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt und für den Zeitpunkt dieser Entgegennahme (B[X.] vom [X.] [X.]/08 B - [X.] 4-1750 § 174 [X.]; B[X.] vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] 51 Rd[X.]8; [X.] vom [X.]/06 - [X.]E 216, 481). Wer diese Urkunde nicht gegen sich gelten lassen will, muss - und kann - sie in dem Sinne (vollständig) entkräften, dass die Möglichkeit, die Angaben könnten richtig sein, als ausgeschlossen erscheint (stRspr; vgl nur B[X.] vom [X.] - B 3 P 3/02 R - [X.] 3-1500 § 164 [X.]3; [X.] vom 24.4.2001 - VI ZR 258/00 - juris Rd[X.]1; [X.] vom 14.5.2020 - 2 B 14.19 - juris Rd[X.]4; vgl auch [X.] vom 27.3.2001 - 2 BvR 2211/97 - NJW 2001, 1563). [X.]as gilt für auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelte elektronische [X.]se ebenso (vgl OVG des [X.] vom 27.9.2019 - 1 [X.] 155/19 - juris Rd[X.] 8; [X.] vom 19.12.2019 - 2 [X.] - juris Rd[X.]; [X.] vom 10.11.2020 - 2 B 1263/20 - juris Rd[X.] 7; OVG Bremen vom 27.4.2021 - 1 LA 149/21 - juris Rd[X.] 3 zu der entsprechenden Regelung des § 55a VwGO, jeweils unter Verweis unmittelbar auf § 371a Abs 1 Satz 1 ZPO; im Ergebnis ebenso unter Verweis auf § 371 Abs 1 Satz 2 ZPO [X.] in [X.], § 371a ZPO Rd[X.]6.4 und 26.1, Stand der Einzelkommentierung 11.5.2022; zweifelnd hinsichtlich der Maßgeblichkeit von § 371a Abs 1 Satz 1 ZPO auch [X.] in [X.], § 174 ZPO Rd[X.] 67, Stand der Einzelkommentierung 1.9.2020).

2. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist die Beweiswirkung eines über den sicheren Übermittlungsweg eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs versandten elektronischen [X.]ses nicht allein durch den Vortrag durchgreifend entkräftet, dass es dem Gericht vom [X.] unautorisiert übermittelt worden sei.

a) [X.]as besondere Vertrauen in die Authentizität der von Rechtsanwälten über ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach an die Gerichte übermittelten elektronischen [X.]okumente - also derer, die nicht mit einer (zusätzlichen Aufwand erfordernden) qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind - stützt sich nach der gesetzlichen Konzeption maßgeblich auf die Erwartung, dass dieser Übermittlungsweg von den Inhabern des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ausschließlich selbst genutzt wird und demzufolge die das [X.]okument (nur einfach) signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (vgl eingehend [X.] vom 5.6.2020 - 10 [X.] 53/20 - [X.]E 171, 28 Rd[X.]7 ff; B[X.] vom 18.11.2020 - B 1 KR 1/20 B - [X.] 4-1500 § 65a [X.] 6 Rd[X.]1; B[X.] vom [X.] R 198/21 B - juris Rd[X.]0; [X.] vom 12.10.2021 - 8 C 4.21 - juris Rd[X.] 4 ff; ebenso etwa [X.] in [X.], 1. Überarbeitung, § 130a ZPO Rd[X.]60, Stand der Einzelkommentierung 13.6.2022; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 65a Rd[X.] 9a).

Rechtlich ist demgemäß zur Absicherung dessen ausdrücklich bestimmt, dass die [X.] das für den Zugang zu ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach erzeugte Zertifikat keiner weiteren Person überlassen dürfen und die dem Zertifikat zugehörige [X.] geheim zu halten haben (§ 26 Abs 1 [X.]). [X.]em korrespondierend darf anderen Personen Zugang zu einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nur gewährt werden über deren (schon vorhandenes) eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach oder ein vom [X.] gesondert [X.] (§ 23 Abs 2 Satz 2 [X.]), jeweils unter Verwendung des der anderen Person zugeordneten (eigenen) Zertifikats und der zugehörigen [X.] (§ 23 Abs 2 Satz 3 [X.]).

Entsprechend ermöglicht daher technisch der Webclient des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs die Abgabe eines elektronischen [X.]ses ohne qualifizierte elektronische Signatur nur dem, der sich als Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs angemeldet hat, an das die Aufforderung zur Abgabe des (elektronischen) [X.]ses gerichtet war ([X.], [X.] 2019, 277, 278). Ebenso ist technisch nachvollziehbar, ob das elektronische [X.]okument von der verantwortenden Person selbst aus ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt oder ob der Versand aus einem anderen Postfach vorgenommen worden ist ([X.], https://ervjustiz.de/eine-de-brak-safe-id-macht-noch-keinen-sicheren-uebermittlungsweg, abgerufen am 15.6.2022), was die empfangenden Gerichte bei der Übermittlung eines nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehenen elektronischen [X.]okuments im Interesse der Verfahrensbeteiligten zu prüfen haben (vgl nur B[X.] vom 18.11.2020 - B 1 KR 1/20 B - [X.] 4-1500 § 65a [X.] 6 Rd[X.]0; ebenso zu § 130a [X.] 2 ZPO: [X.] vom 5.6.2020 - 10 [X.] 53/20 - [X.]E 171, 28 Rd[X.] 32; zu § 55a [X.] 2 VwGO: [X.] vom 12.10.2021 - 8 C 4.21 - juris Rd[X.] 4 ff).

b) Setzt sich ein Inhaber eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs über die Verpflichtung zur ausschließlich eigenen - höchstpersönlichen - Nutzung durch Überlassung des nur für seinen Zugang erzeugten Zertifikats und der dazugehörigen [X.] an [X.]ritte oder auf andere Weise bewusst hinweg, muss er sich in diesem [X.] das von einem [X.]ritten abgegebene elektronische [X.] auch dann wie ein eigenes zurechnen lassen, wenn die Abgabe ohne seine Kenntnis erfolgt ist. Insoweit liegt es anders als bei von [X.]ritten unterschriebenen [X.]sen (so etwa bei B[X.] vom [X.] [X.]/08 B - [X.] 4-1750 § 174 [X.]) oder einer durch [X.] hergestellten Unterschrift (so im Falle von [X.] vom 15.11.1988 - [X.] - NJW 1989, 838). Bis zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs waren die beteiligten Rechtsanwälte wie der Rechtsverkehr geschützt durch das Schriftformerfordernis und die daraus abgeleiteten Anforderungen an die höchstpersönliche und eigenhändige Unterschriftsleistung. Im elektronischen Rechtsverkehr ist dies abgelöst durch die Sicherungen entweder der qualifizierten elektronischen Signatur oder - wie hier - der vom Gesetzgeber im Interesse einer gesteigerten Akzeptanz der elektronischen Kommunikation begründeten Möglichkeit der Übermittlung von [X.]okumenten aus besonderen elektronischen Anwaltspostfächern. Im Interesse des Rechtsverkehrs an der strikten Verlässlichkeit der mit einem elektronischen [X.] abgegebenen Erklärung kann sich ein [X.] deshalb nicht auf die Unbeachtlichkeit von Erklärungen berufen, die er unter Verstoß gegen die Sicherheitsanforderungen des elektronischen Rechtsverkehrs selbst ermöglicht hat. Verhält es sich so, hat er sich eine von [X.]ritten abgegebene Erklärung vielmehr so zurechnen lassen, als habe er sie selbst abgegeben und im Vorhinein - durch die nicht vorgesehene Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit für den [X.]ritten - autorisiert.

c) Ob es hier so lag, bedurfte indes keiner weiteren Aufklärung. Ständiger Rechtsprechung zufolge entfällt die Beweiswirkung eines anwaltlichen [X.]ses (nur), wenn sein Inhalt vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben richtig sein können. [X.]agegen ist der Gegenbeweis nicht schon geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (stRspr; vgl nur [X.] vom 19.4.2012 - IX ZB 303/11 - juris Rd[X.] 6 mwN; vgl auch [X.] vom 27.3.2001 - 2 BvR 2211/97 - NJW 2001, 1563, juris Rd[X.]0). In diesem Sinne kann die Möglichkeit, dass die Angaben, die in einem über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach abgegebenen elektronischen [X.] angeführt sind, zutreffend sind, in dem aufgezeigten rechtlichen Zusammenhang nur dann hinreichend sicher ausgeschlossen werden, wenn nach den Umständen kein Zweifel daran bestehen kann, dass der [X.] keine Verantwortung für die unberechtigte Nutzung seines Postfachs zu tragen hat. [X.]avon vermochte sich der Senat hier nicht zu überzeugen.

[X.]ass das streitbefangene elektronische [X.] aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach des Prozessbevollmächtigten der Klägerin übermittelt worden ist, wie vom [X.] festgestellt, hat ihr Bevollmächtigter ausschließlich damit erklärt, dass seine Auszubildende die Abgabe des elektronischen [X.]ses durch Mausklick veranlasst habe. Wie es dazu gekommen ist, inwiefern sie sich den Zugang eigenmächtig verschafft oder ob er - der Prozessbevollmächtigte - ihr die Möglichkeit selbst eingeräumt hat, ist zu keinem Zeitpunkt erläutert worden, obschon das nach der Rechtslage nahe gelegen hätte und die maßgeblichen Umstände allein in seiner Sphäre liegen. [X.]as reicht für eine durchgreifende Entkräftung der Beweiswirkungen des elektronischen [X.]ses in dem aufgezeigten Regelungsgefüge nicht aus.

3. Gründe für eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung sind hiernach ebenfalls nicht zu erkennen; muss sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die in dem elektronischen [X.] enthaltene Erklärung zurechnen lassen, ist die Versäumung der Berufungsfrist nicht unverschuldet.

[X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Schütze                [X.]

Meta

B 3 KR 2/21 R

14.07.2022

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Regensburg, 4. September 2019, Az: S 14 KR 1017/18, Urteil

§ 65a Abs 4 SGG, § 63 Abs 2 S 2 SGG vom 12.06.2008, § 174 Abs 1 ZPO vom 10.10.2013, § 174 Abs 3 S 1 ZPO vom 10.10.2013, § 174 Abs 3 S 3 ZPO vom 10.10.2013, § 174 Abs 3 S 4 ZPO vom 10.10.2013, § 174 Abs 4 S 1 ZPO vom 10.10.2013, § 416 ZPO, § 31a BRAO, § 23 Abs 2 S 2 RAVPV, § 23 Abs 2 S 3 RAVPV, § 26 Abs 1 RAVPV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.07.2022, Az. B 3 KR 2/21 R (REWIS RS 2022, 5118)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5118

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10 AZN 53/20

IX ZB 303/11

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