Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.08.2017, Az. III ZR 558/16

3. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 6186

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Gegenstand

Notarhaftung: Verschulden des die Annahme eines Vertragsangebots beurkundenden Notars bei der Verwendung von befristeten Fortgeltungsklauseln


Leitsatz

Zum fehlenden Verschulden des die Annahme eines Vertragsangebotes beurkundenden (Zentral-)Notars bei der Verwendung von befristeten Fortgeltungsklauseln (Abgrenzung BGH, Urteile vom 21. Januar 2016, III ZR 159/15, BGHZ 208, 302, und III ZR 160/15, juris).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] - 4. Zivilsenat - vom 9. November 2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen den beklagten Notar wegen der Verletzung notarieller [X.] Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung geltend.

2

Am 23. April 2008 gab der Kläger ein Kaufangebot betreffend eine Eigentumswohnung in [X.] ab, das von einem [X.] Notar auf der Grundlage eines Entwurfs des Beklagten beurkundet wurde. Sowohl in dem Angebotsentwurf als auch in dem am 23. April 2008 beurkundeten Angebot hieß es unter anderem:

"Das Angebot ist bis zum Ablauf des 19.05.2008 unwiderruflich. Wurde es bis dahin nicht angenommen, kann das Angebot gegenüber dem Verkäufer widerrufen werden. Wird es weder angenommen noch widerrufen, erlischt es mit Ablauf von sechs Monaten ab heute. Für die Rechtzeitigkeit der Annahme kommt es immer nur auf die Beurkundung, nicht auf den Zugang beim Käufer an."

3

Ferner war bestimmt, dass die Annahme des Angebotes vor dem Beklagten beurkundet werden solle. Dieser wurde auch mit dem Vollzug des Kaufvertrags beauftragt.

4

Die Verkäuferin nahm das Angebot durch vom Beklagten beurkundete Erklärung vom 4. Juli 2008 an.

5

Der Kläger wirft, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, dem Beklagten vor, ihn im Zusammenhang mit der Beurkundung der Annahme seines Angebots nicht auf eine mögliche Unwirksamkeit der in dem notariellen Angebot enthaltenen befristeten Fortgeltungsklausel hingewiesen zu haben. Er macht geltend, dass er zum Zeitpunkt der Beurkundung der Annahmeerklärung bereits Zweifel an dem Rechtsgeschäft gehabt habe und von diesem Abstand genommen hätte, wenn er um die mögliche Unwirksamkeit der Fortgeltungsklausel gewusst hätte.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht hat, soweit vorliegend von Bedeutung, ausgeführt:

9

Ein Anspruch des [X.] nach § 19 Abs. 1 [X.] scheide jedenfalls mangels Verschuldens des Beklagten aus. Während der [X.] entschieden habe, ein Notar müsse erkennen, dass die Wirksamkeit einer in einen Angebotsentwurf einbezogenen unbefristeten Fortgeltungsklausel zweifelhaft gewesen sei, sei dies bei befristeten [X.] nicht der Fall. In den einschlägigen Notarhandbüchern werde gerade eine Endfrist - teilweise von einem halben Jahr - empfohlen. Bei dieser Sachlage könne einem Notar kein Vorwurf gemacht werden, wenn er für die Fortgeltungsklausel eine Widerrufsfrist von sechs Monaten wähle.

II.

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Das Berufungsgericht hat zu Recht ein Verschulden des Beklagten verneint. Es kann offen bleiben, ob die vorliegend verwendete befristete Fortgeltungsklausel wegen eines Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB oder § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist und ob der Beklagte im Rahmen einer ihm nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] obliegenden "betreuenden Belehrung" den Kläger hierüber zu belehren hatte (zu entsprechenden [X.] bei unwirksamen unbefristeten [X.] vgl. [X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.], [X.], 302 Rn. 12 ff und [X.], juris Rn. 11 ff). Denn selbst wenn dies zu bejahen sein sollte, war eine - in der unterlassenen Belehrung des [X.] liegende - Amtspflichtverletzung des Beklagten jedenfalls nicht schuldhaft.

1. a) Der pflichtbewusste und gewissenhafte durchschnittliche Notar muss über die für die Ausübung seines Berufs erforderlichen Rechtskenntnisse verfügen. Er hat sich über die Rechtsprechung der obersten Gerichte, die in den amtlichen Sammlungen und den für seine Amtstätigkeit wesentlichen [X.]schriften veröffentlicht ist, unverzüglich zu unterrichten sowie die üblichen Erläuterungsbücher auszuwerten ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 19 und [X.] [X.]O Rn. 18, jeweils mwN; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch der [X.], 3. Aufl., Rn. 2155; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 17 Rn. 26 f). Dagegen würde es die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Notars überspannen, wollte man von ihm verlangen, dass er vereinzelte Stimmen der Literatur zu einem Thema, das mehr am Rande notarieller Amtstätigkeit liegt und nicht Gegenstand breiterer Erörterungen war, bei künftigen einschlägigen Beurkundungen gegenwärtig haben und berücksichtigen muss ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 [X.]O, jeweils mwN; Ganter [X.]O; [X.] [X.]O Rn. 26).

Der Notar hat auch nicht die Pflicht, die künftige Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorauszuahnen. Erkennbare Tendenzen der Rechtsprechung darf er allerdings nicht übersehen ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 20 und [X.] [X.]O Rn. 19; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.], 7. Aufl., § 17 [X.] Rn. 37; [X.] in Schippel/[X.], [X.], 9. Aufl., § 19 Rn. 59; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 85, 94; Schlick, [X.], 322, 326). Dies gilt auch im Hinblick auf künftige Entscheidungen im Bereich der richterlichen Inhaltskontrolle von [X.] ([X.] [X.]O). In diesem Zusammenhang darf zwar die objektiv unrichtige Verwendung neu entwickelter Allgemeiner Geschäftsbedingungen, deren Inhalt zweifelhaft sein kann und durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht klargestellt ist, einem Notar nicht als Verschulden angelastet werden, wenn er nach sorgfältiger Prüfung zu einer aus seiner Sicht keinen Zweifeln unterliegenden Rechtsauffassung gelangt und dies für rechtlich vertretbar gehalten werden kann ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 jeweils [X.]O mwN). Lässt sich indes die Rechtslage nicht klären, darf der Notar das Rechtsgeschäft erst dann beurkunden, wenn die Vertragsparteien auf der Beurkundung bestehen, obwohl er sie über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko belehrt hat ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 jeweils [X.]O mwN; [X.]/[X.] [X.]O Rn. 86; [X.], NJW 2015, 3121, 3122). Der Notar hat in solchen Fällen selbst ohne jegliche Vorgaben seine [X.] zu erkennen und kann sich nicht darauf berufen, Rechtsprechung und Literatur seien zu einem Problemkreis nicht vorhanden ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 jeweils [X.]O und vom 2. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 3495, 3497; [X.] [X.]O).

b) [X.]) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der [X.] im Falle von in den Jahren 2006 bis 2008 beurkundeten Angeboten zum Abschluss von [X.], die eine unbefristete Fortgeltungsklausel enthielten, eine fahrlässige Amtspflichtverletzung eines Notars bejaht, der das [X.] entwickelt sowie die Annahmeerklärung des Verkäufers beurkundet hatte und in dem Angebot als [X.] bestimmt worden war ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 21 ff und [X.] [X.]O Rn. 20 ff). Der [X.] hat angenommen, dass der Notar im Rahmen der von ihm - in Anbetracht eines breiten Meinungsspektrums zur Wirksamkeit von [X.] - durchzuführenden und am Maßstab des § 308 Nr. 1 BGB auszurichtenden sorgfältigen Prüfung der Rechtslage habe erkennen müssen, dass die Wirksamkeit der in den Angebotsentwurf einbezogenen Fortgeltungsklausel jedenfalls angesichts ihrer mangelnden Befristung zweifelhaft gewesen sei ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 27 ff und [X.] [X.]O Rn. 26 ff). Über diese Zweifel habe er den Käufer gemäß § 17 Abs. 1 [X.], § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] belehren müssen, um die weitere Vorgehensweise - etwa die Beurkundung eines erneuten Angebotes des Käufers oder die Abstandnahme vom Vertragsschluss - zu klären. Die Unterlassung einer solchen Belehrung sei [X.] gewesen ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 34 und [X.] [X.]O Rn. 35).

bb) An dieser Rechtsprechung hält der [X.] fest. Die in der Literatur von Notaren beziehungsweise Notarassessoren geübte Kritik [X.], [X.] 2016, 177, 179 f; Grüner, notar 2016, 164 f; [X.], [X.], 269, 270; [X.], [X.] 2016, 719, 721 ff; [X.], NJW 2016, 1328; zustimmend dagegen [X.], [X.], 377695) vermag nicht zu überzeugen.

(1) Sie beschränkt sich im Wesentlichen darauf, in Abrede zu stellen, dass im Schrifttum bis zum maßgeblichen [X.]raum (2006) zur Zulässigkeit von [X.] ein breites Meinungsspektrum bestanden habe. Auch der Beitrag von [X.] ([X.] 2005, 162, 164 f) sei nicht eindeutig gewesen, da er sich nicht gegen eine ausdrückliche vertragliche Regelung der Fortgeltungsfrist gewandt habe, sondern nur gegen die Konstruktion, unzulässige Bindungsfristen ergänzend als [X.] auszulegen [X.] [X.]O S. 179 unter Berufung auf [X.], [X.] 2013, 887, 892 f; Grüner [X.]O S. 164 ; [X.] [X.]O S. 722; [X.] [X.]O; vgl. auch [X.] [X.]O).

Dies trifft nicht zu. So nahm [X.] ([X.]O S. 164) unmittelbar vor seiner Erörterung der von [X.]/[X.] ([X.] 2004, 331, 336 f) vorgeschlagenen Auslegung auf (ausdrückliche) [X.] Bezug, die im notariellen Schrifttum für die Vertragsgestaltung empfohlen worden seien. Die Folgen der von [X.]/[X.] vorgeschlagenen Lösung, ein weiterhin wirksames Angebot, seien mit der in § 147 Abs. 2 BGB geregelten Rechtsfolge einer verspäteten Annahme kaum vereinbar. Sie benachteiligten den Erwerber erheblich. In der Praxis habe der Lösungsvorschlag "gerade die Folge, die durch § 10 Nr. [X.] (= § 308 Nr. 1 BGB n.F.) verhindert werden" solle ([X.]O S. 165). Diese deutliche Kritik bezieht sich nicht (nur) auf die von [X.]/[X.] vorgeschlagene ergänzende Auslegung, sondern unmissverständlich auch auf die fehlende Vereinbarkeit von ausdrücklichen [X.] mit dem Recht der [X.].

Der Auffassung von [X.] standen diejenigen Autoren gegenüber, die [X.] uneingeschränkt für zulässig hielten (vgl. die Nachweise in den [X.]surteilen vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 24 und [X.] [X.]O Rn. 23). Daneben wurde von Teilen der Literatur empfohlen, für die Fortgeltung des Angebotes einen Endtermin zu setzen, das heißt vertraglich - wie vorliegend - vorzusehen, dass das nach Ablauf der Bindungsfrist fortgeltende Angebot zu einem bestimmten [X.]punkt ohne Widerruf erlischt (vgl. die Nachweise in den [X.]surteilen vom 21. Januar 2016 jeweils [X.]O; vgl. auch [X.] [X.]O S. 892). Damit bestand in der Literatur ein breites Meinungsspektrum zur Wirksamkeit von [X.] - von Bedenken gegen die Wirksamkeit solcher Klauseln über die Empfehlung einer befristeten Fortgeltungsklausel bis hin zum Vorschlag einer unbefristeten Fortgeltungsklausel ([X.]surteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 25 und [X.] [X.]O Rn. 24).

(2) Soweit zugunsten der Zulässigkeit von unbefristeten [X.] "Wertungsparallelen" zu § 177 Abs. 2 BGB und Verbraucherwiderrufsrechten herangezogen werden [X.] [X.]O), vermag auch dies nicht zu überzeugen. Der [X.] hat sich mit den vorgenannten Gesichtspunkten bereits in seinem Urteil vom 21. Januar 2016 ([X.]) befasst und darauf hingewiesen, dass die Konstellationen eines ohne Vertretungsmacht und eines von einem Verbraucher mit Widerrufsrecht geschlossenen Vertrages mit einem bisher lediglich abgegebenen Vertragsangebot tatsächlich und rechtlich nicht vergleichbar sind ([X.]O Rn. 31 f; so auch [X.], Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 - [X.], NJW 2013, 3434 Rn. 23).

2. Die Rechtsprechung des [X.]s zur fahrlässigen Verletzung notarieller [X.] bei unbefristeten [X.] kann indes nicht uneingeschränkt auf die Beurkundung befristeter [X.] übertragen werden. Auf im Jahr 2008 beurkundete [X.], die ein Erlöschen des [X.]es sechs Monate nach seiner Beurkundung bestimmen, treffen die für unbefristete Regelungen angestellten Erwägungen nicht zu.

a) Der [X.] hat - wie ausgeführt - darauf abgestellt, dass [X.] als Alternative zu den nach § 308 Nr. 1 BGB unwirksamen Klauseln mit langer Bindungsfrist entwickelt worden sind, es im fraglichen [X.]raum (2006) noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu unbefristeten [X.] gab und in der Literatur hierzu ein breites Meinungsspektrum vorhanden war. In einer solchen Situation obliegt dem Notar die eigenständige sorgfältige Prüfung der Wirksamkeit der betreffenden Klausel ([X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 24 f und [X.] [X.]O Rn. 23 f).

b) Für den Notar, der - im Jahr 2008 - nicht eine unbefristete, sondern eine befristete Fortgeltungsklausel verwenden wollte, stellte sich das Meinungsbild jedoch an[X.] dar. Lediglich [X.] ([X.]O) hatte Bedenken geäußert, die möglicherweise auf jegliche Art von [X.] bezogen werden konnten. Allerdings betraf seine Kritik den Vorschlag von [X.]/[X.] ([X.]O [X.]), die zuvor - als Alternative zu Klauseln mit langer Bindungsfrist - unbefristete [X.] untersucht und empfohlen hatten. Dementsprechend beanstandete [X.], dass bei [X.] der Erwerber über einen für ihn nicht abschätzbaren [X.]raum mit der Annahme seines Angebots rechnen müsse. Letzteres trifft für befristete [X.] - abhängig von der Länge des durch sie bestimmten [X.]raums, nach dessen Ablauf das Angebot erlischt - nicht in dieser Allgemeinheit zu.

Im Übrigen waren im Schrifttum bis zum [X.]punkt der Beurkundung im Jahr 2008 keine Einwände gegen befristete [X.] erhoben worden. Im Gegenteil wurden sie, soweit Bedenken gegen unbefristete [X.] im Raume standen, sogar empfohlen und zwar ausdrücklich auch mit einer Länge des [X.]raums bis zum Erlöschen des Angebots von - wie vorliegend - bis zu einem halben Jahr ([X.] in [X.] Notarhandbuch, 1. Aufl. [2005], Rn. 797 ff; [X.]. in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl. [2008], Rn. 912; vgl. auch [X.] in [X.] Vertragshandbuch, [X.], 6. Aufl. [2008], S. 178).

Entgegen der Revision galten diese Empfehlungen keineswegs nur für den Fall eines individuellen [X.]. So wollte [X.] (in [X.]/[X.] [X.]O) den - in [X.] Zusammenhang entwickelten - Vorschlag einer unbefristeten Fortgeltungsklausel von [X.]/[X.] ([X.]O Rn. 911 ff) ergänzen. Auch die Ausführungen von [X.] in einem Formularhandbuch ([X.] Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 9. Aufl. [2006], S. 343 f) betrafen Allgemeine Geschäftsbedingungen und ihre Vereinbarkeit mit § 308 Nr. 1 BGB. Die Anmerkungen von [X.] ([X.]O) bezogen sich auf ein zuvor dargestelltes formularmäßiges Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags.

Die von der Revision selbst herangezogenen kritischen Stimmen aus - indes nach dem vorliegend maßgeblichen Beurkundungszeitraum erschienenen - Notar- und Formularhandbüchern betrafen überwiegend nicht die zulässige Länge von Fristen in [X.], sondern in [X.] ([X.] in [X.] Notarhandbuch, 3. Aufl. [2012], Rn. 766 f unter Hinweis auf [X.], Urteil vom 11. Juni 2010 - [X.], [X.] 2010, 913 Rn. 1, 6; Gebele in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. [2009], Teil III, [X.]. [X.], Rn. 5), die - an[X.] als [X.] - einen Widerruf des Angebots innerhalb der Bindungsfrist nicht zulassen und daher die Dispositionsfreiheit des Anbietenden stärker einschränken als [X.]. Soweit befristete [X.] erörtert wurden, wurden sie für den Fall, dass sie ein Erlöschen des Angebotes sechs Monate nach seiner Beurkundung bestimmen, für zulässig gehalten ([X.] [X.]O Rn. 767). Die von der Revision angeführten obergerichtlichen Entscheidungen aus der [X.] vor 2008 betrafen ebenfalls nur die Länge von [X.] ([X.], Urteil vom 26. Juni 2003 - 19 U 512/03, juris Rn. 15, 22; [X.], Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 U 118/03, juris Rn. 26, 34 ff).

c) Dem Beklagten stellte sich mithin im Jahr 2008 eine Situation dar, in der zwar die Wirksamkeit von [X.] noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen war, die Literatur indes nahezu einhellig jedenfalls befristete [X.] für zulässig hielt. Angesichts dieses [X.] durfte sich der Beklagte auf die kritisch nachvollziehende Lektüre der zu [X.] vorhandenen Literatur beschränken und aufgrund dessen die Rechtslage für geklärt halten. Eine darüber hinausgehende Prüfung der Wirksamkeit der Klausel war von ihm hingegen - an[X.] als im Fall einer unbefristeten Fortgeltungsklausel - nicht zu fordern.

Zwar sind befristete [X.] mit einer sehr langen Frist, nach deren Ablauf das Angebot (erst) erlischt, unbefristeten [X.] ähnlich. Es mag daher nahe gelegen haben, angesichts des breiten Meinungsbildes zur Wirksamkeit unbefristeter [X.] auch die Wirksamkeit von sehr lang befristeten [X.] einer weitergehenden Prüfung zu unterziehen. Denn auch für sie gilt, dass sie dem Verwender eine Annahme noch lange nach der Angebotserklärung ermöglichen und der Anbietende daher für eine sehr lange [X.] nach Abgabe seines Angebotes in der Ungewissheit gehalten wird, ob der von ihm gewünschte Vertrag zu Stande kommt (vgl. [X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 26 und [X.] [X.]O Rn. 25). Letzteres trifft indes auf befristete [X.] mit kürzeren Fristen nicht in gleichem Maße zu. Innerhalb eines [X.]raums von - wie vorliegend - sechs Monaten nach Abgabe des notariellen Kaufangebotes wird der Anbietende in der Regel sein Angebot nicht schon vergessen und von einer gegen Ende der Frist erfolgenden Annahme durch den Verkäufer überrascht (vgl. [X.], Urteile vom 21. Januar 2016 - [X.] [X.]O Rn. 29 und [X.] Rn. 28).

d) Dem Beklagten mussten sich nach alledem Zweifel an einer Wirksamkeit der vorliegenden Klausel nicht aufdrängen. Veranlassung zu einer über den kritischen Nachvollzug des seinerzeitigen [X.] hinausgehenden Prüfung bestand nicht. Eine etwaige - in der unterlassenen Belehrung des [X.] über eine in Betracht kommende Unwirksamkeit der Klausel und damit des Angebotes des [X.] liegende - Amtspflichtverletzung des Beklagten war daher jedenfalls nicht schuldhaft.

[X.]     

      

Seiters     

      

Tombrink

      

Remmert     

      

Reiter     

      

Meta

III ZR 558/16

24.08.2017

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Nürnberg, 9. November 2016, Az: 4 U 2385/15

§ 14 Abs 1 S 2 BNotO, § 19 BNotO, § 17 Abs 1 S 1 BeurkG, § 308 Nr 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.08.2017, Az. III ZR 558/16 (REWIS RS 2017, 6186)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 3161 MDR 2017, 1422-1423 WM2018,386 REWIS RS 2017, 6186

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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