Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 23.08.2010, Az. 2 BvQ 56/10

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2010, 3872

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Ablehnung des Erlasses einer eA: Beschränkung der Einkaufsmöglichkeit eines Gefangenen auf Nutzung eines Bestellzettels anstelle des Sichteinkaufs stellt keinen eine eA rechtfertigenden schweren Nachteil dar


Gründe

1

Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall - auch schon vor Anhängigkeit eines Verfahrens in der Hauptsache - einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

2

Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.] ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. [X.] 93, 181 <186>). Dies gilt nicht nur im Hinblick darauf, dass einstweilige Anordnungen des [X.]s weittragende Folgen haben können (vgl. [X.] 3, 41 <44>; stRspr), sondern auch im Hinblick auf die besondere Funktion und Organisation des [X.]s. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 32 [X.] ist - anders als der von Art. 19 Abs. 4 GG geprägte vorläufige Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren - nicht darauf angelegt, möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutz zu bieten (vgl. [X.] 94, 166 <216 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 3. November 1999 - 2 BvR 2039/99 -, NJW 2000, S. 1399 <1400>). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] kommt danach nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen in Betracht als die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte. Insbesondere sind, wenn eine einstweilige Anordnung zur Abwendung eines geltend gemachten schweren Nachteils erstrebt wird, erheblich strengere Anforderungen an die Schwere des Nachteils zu stellen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. Februar 2009 - 2 BvQ 7/09 -, juris).

3

Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass nach dem anzulegenden strengen Maßstab der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten wäre.

4

Der Antragsteller, der geltend macht, in eigener Person krankheitsbedingt am sogenannten [X.] nur unter Schmerzen teilnehmen zu können, trägt nicht vor und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass ihm neben der Möglichkeit, im Wege der Beauftragung eines Mitgefangenen am sogenannten [X.] teilzunehmen, auch der Einkauf über einen Bestellzettel verwehrt würde. Vielmehr hat das [X.] in seiner Eilentscheidung darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit habe, "unter den von der Antragsgegnerin vorgegebenen Modalitäten am Einkauf teilzunehmen". Der Beschwerdeführer erläutert nicht, um welche Modalitäten es sich dabei handelt. Auf dieser Grundlage kann von einem dem Beschwerdeführer drohenden derart schweren Nachteil, dass ein Eingreifen des [X.]s in Betracht käme, nicht ausgegangen werden. In der vorübergehenden Beschränkung auf die Möglichkeit des [X.] liegt ein solcher Nachteil nicht. Zwar kann es als nachteilig angesehen werden, dass beim Einkauf über einen Bestellzettel die Auswahl der konkreten Waren nach Maßgabe des Bestellzettels nicht durch eine Vertrauensperson des Beschwerdeführers erfolgt, während im Falle des [X.]s durch eine beauftragte Vertrauensperson dieser die Möglichkeit eingeräumt werden kann, innerhalb der [X.] des Beschwerdeführers gewisse Auswahlentscheidungen zu treffen. Dieser Nachteil erreicht jedoch offensichtlich nicht entfernt die Schwere, die ein Eingreifen des [X.]s im Wege der einstweiligen Anordnung rechtfertigen würde.

5

Der Beschwerdeführer wird für etwaige künftige Verfahren auf die Möglichkeit der Verhängung einer [X.] ([ref=[X.]-49ea-8e0b-a87ab6bbd1f5]§ 34 Abs. 2 [X.][/ref]) hingewiesen.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvQ 56/10

23.08.2010

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvQ

GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 23.08.2010, Az. 2 BvQ 56/10 (REWIS RS 2010, 3872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3872

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Referenzen
Wird zitiert von

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1 BvR 2297/10

1 BvQ 34/10

2 BvQ 42/13

1 BvR 1786/12

2 BvQ 26/16

2 BvR 2541/13

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