Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.01.2011, Az. B 5 RS 55/10 B

5. Senat | REWIS RS 2011, 10390

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - gerügter Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht - Darlegungspflicht eines im Berufungsverfahren nicht rechtskundig vertretenen Klägers - sozialgerichtliches Verfahren


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 14. September 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] im Überprüfungsverfahren einen Anspruch des [X.] auf Neufeststellung seiner Altersrente unter Berücksichtigung von Jahresendprämien im [X.]raum vom [X.] bis 30.6.1990 verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum [X.] eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht.

3

[X.] des [X.] ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]).

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]),

        

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das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 1 [X.]), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.]) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren [X.], dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.], auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können ([X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, [X.], 2009, § 160a RdNr 55).

8

Der Kläger behauptet auf Seite 3 der Beschwerdebegründung, er habe im Berufungsverfahren "sinngemäß" einen "Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugen [X.] und [X.] zum Beweis der Tatsache" gestellt, dass ihm "in der [X.] von 1981 bis 1990 beim [X.] in Höhe eines [X.]" gezahlt worden seien. Mit dem Hinweis, er habe diesen Beweisantrag nur "sinngemäß" gestellt, räumt er selbst ein, den Beweisantrag im Berufungsverfahren nicht hinreichend deutlich formuliert zu haben.

9

Allein daran scheitert die [X.] jedoch nicht. Denn die erhöhten Anforderungen an Präzisierung und Formulierung eines [X.] gelten nur, wenn der Beschwerdeführer - anders als hier - bereits in der Berufungsinstanz durch einen rechtskundigen und berufsmäßigen Prozessbevollmächtigten vertreten war ([X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.] RdNr 5 und [X.]3 Rd[X.]1; [X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl. 2010, RdNr 733). Ansonsten sind an Form und Inhalt eines prozessordnungsgemäßen [X.] weniger strenge Anforderungen zu stellen ([X.], Beschlüsse vom [X.] - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4 und vom [X.] - [X.] U 403/05 B - Juris RdNr 5; [X.], [X.] 2007, 328, 331). Hat der unvertretene Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag zu Protokoll erklärt, so lässt sich daraus nicht zwingend schließen, er habe einen solchen Antrag fallen gelassen ([X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.] RdNr 5 mwN). Dass ein Beteiligter im Berufungsverfahren nicht rechtskundig vertreten war, setzt die in § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] normierten Anforderungen an eine [X.] aber keinesfalls außer [X.]. Vielmehr muss auch ein solcher Beteiligter darlegen, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt zu haben, und deshalb angeben, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen sollen, um welchen Sachverhalt weiter aufzuklären ([X.], Beschlüsse vom [X.] - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4 und vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - BeckRS 2010, 71863). Auch ein [X.] Kläger muss dem Berufungsgericht deutlich machen, dass und ggf wo er die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht und deshalb im Berufungsverfahren auf die Sachverhaltsaufklärung hinwirken, deren Unterlassen er nunmehr rügt ([X.], Beschlüsse vom [X.] - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4 und vom [X.] - [X.] U 403/05 B - Juris RdNr 5; [X.], aaO, [X.]). Denn § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] setzt einen Beweisantrag ohne jede Einschränkung voraus. Deshalb ist im [X.] detailliert und nachvollziehbar aufzuzeigen, dass und ggf wodurch diese Voraussetzung zumindest im oben genannten Sinne erfüllt ist. Ebenso wie bei einem vor dem [X.] rechtskundig vertretenen Kläger im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde der Beweisantrag so genau zu bezeichnen ist, dass ihn das Revisionsgericht ohne weiteres auffinden kann (vgl [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 5; [X.]1 RdNr 5), ist bei einem unvertretenen Kläger darzustellen, wann und wie er dem [X.] gegenüber den aus seiner Sicht noch notwendigen Aufklärungsbedarf geltend gemacht hat.

Daran mangelt es hier. Denn der Kläger hat es versäumt, in der Beschwerdebegründung detailliert anzugeben, in welchem Schriftsatz welcher Vortrag zu welchen Tatsachen und Beweismitteln enthalten ist und aus welchen Begleitumständen das Berufungsgericht zwingend auf das (sinngemäße) Vorhandensein des geschilderten [X.] hätte schließen müssen. Hierfür genügte es nicht, im Berufungsverfahren schriftliche Erklärungen der benannten Zeugen vorzulegen.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 5 RS 55/10 B

18.01.2011

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: RS

vorgehend SG Chemnitz, 24. September 2008, Az: S 15 R 670/08

§ 103 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.01.2011, Az. B 5 RS 55/10 B (REWIS RS 2011, 10390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10390

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2 U 80/03

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