Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.08.2012, Az. IV R 54/10

4. Senat | REWIS RS 2012, 3537

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Gegenstand

Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Mitunternehmerschaften - Keine gewerbesteuerrechtliche Gleichbehandlung von Kapitalgesellschaften und Mitunternehmerschaften


Leitsatz

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe beginnt erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes erfüllt sind (ständige Rechtsprechung). Dies gilt für Personengesellschaften unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter. Die Einfügung des § 7 Satz 2 GewStG hat zu keiner Änderung dieser rechtlichen Beurteilung geführt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine [X.], die am 16. Juni 2003 (Streitjahr) errichtet und am 8. August desselben Jahres im Handelsregister eingetragen wurde. Komplementärin ist die [X.], alleinige Kommanditistin die [X.]I als Treuhänderin für eine (weitere) [X.]. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Ausübung des [X.], insbesondere die Herstellung, die Be- und Verarbeitung sowie die Konfektionierung von [X.] aller Art, der Handel und der Verkauf von [X.], [X.] und Geräten sowie die Ausführung aller damit im Zusammenhang stehender Dienstleistungen.

2

Am 12. September des [X.] (2003) meldete sich die Klägerin beim Finanzamt H ([X.]) an und gab als Beginn der gewerblichen Tätigkeit den 1. Januar 2004 an. Am 1. Oktober des [X.] stellte sie einen Vertriebsleiter ein. Am 15. Oktober schloss sie einen Mietvertrag für ein Objekt ab, das von der Vermieterin vor Inbetriebnahme noch durch Baumaßnahmen herzurichten war. Am selben Tag gab sie ihre gewerberechtliche Anmeldung ab, in der sie den Beginn ihrer Tätigkeit auf den 1. September des [X.] datierte. Am 20. Oktober des [X.] stellte die Klägerin den Betriebsleiter ein. Mit Wirkung vom 2. Januar 2004 mietete sie ein Küchenplanungsprogramm an. Ihren [X.] eröffnete sie in den angemieteten Räumlichkeiten im Februar 2004. In der Folge erzielte sie Umsätze, insbesondere mit Einbauküchen.

3

Absetzungen für Abnutzung nahm die Klägerin auf die im Streitjahr angeschafften Wirtschaftsgüter nicht vor, da der [X.] der wesentlichen Wirtschaftsgüter mit der Eröffnung des [X.]. In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin einen Gewerbeverlust in Höhe von 107.687 € geltend.

4

Mit [X.] 2003 vom 23. November 2005 setzte das [X.] den [X.] für 2003 auf 0 € fest. Die Feststellung eines vortragsfähigen [X.] in Höhe von 107.687 € lehnte es ab.

5

Nach einer Betriebsprüfung übernahm der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) die Besteuerung der Klägerin.

6

Das [X.] wies den Einspruch gegen den [X.] als unzulässig und den Einspruch gegen die Ablehnung der Feststellung eines vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 2003 als unbegründet zurück.

7

Mit der dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, entgegen der Auffassung des [X.] habe sie sich auch schon im Streitjahr am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass bei ihr entstehende Veräußerungsgewinne nach Einfügung des § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) der Gewerbebesteuerung unterlägen. Insoweit werde sie wie eine Kapitalgesellschaft behandelt, ohne dass sachliche Gründe dafür erkennbar seien, dass sie die Anlaufkosten abweichend von der Rechtslage bei Kapitalgesellschaften nicht abziehen dürfe.

8

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage statt. Zwar hätte die Klage ausgehend von der überkommenen Rechtsprechung keine Aussicht auf Erfolg gehabt, weil die Klägerin im Streitjahr noch nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teilgenommen habe. Durch die Einfügung des § 7 Satz 2 [X.] sei der Gesetzgeber jedoch von der bis dahin geltenden Rechtslage abgewichen. Das Gericht sehe keinen Anlass, warum Personengesellschaften, die der Regelung des § 7 Satz 2 [X.] unterfielen, abweichend von der Regelung für Kapitalgesellschaften ihre im Rahmen der Vorbereitungshandlungen anfallenden Aufwendungen nicht auch gewerbesteuerlich als Betriebsausgaben berücksichtigen könnten. Es sei nicht folgerichtig, Personengesellschaften mit [X.] wie bei der Klägerin zwar im Rahmen der Liquidation, jedoch nicht beim Betriebsausgabenabzug in der Phase der Betriebsaufnahme wie Kapitalgesellschaften zu behandeln.

9

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 725 veröffentlicht.

Dagegen richtet sich die Revision des [X.]. Das Gebot der Folgerichtigkeit werde vom [X.] ([X.]) aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleitet. Danach habe der Gesetzgeber eine durch die Auswahl des [X.] einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen. Davon sei die Auswahl des [X.] zu unterscheiden, bei der dem Gesetzgeber ein weit reichender Ermessensspielraum zur Verfügung stehe. Bei der Frage, ob Betriebsausgaben abziehbar seien, die aus Vorbereitungshandlungen resultierten, gehe es erkennbar um die gesetzgeberische Ausgestaltung des [X.] "stehender Gewerbebetrieb" i.S. des § 2 [X.].

Das [X.] leite aus der in § 7 Satz 2 [X.] festgeschriebenen punktuellen Gleichbehandlung von Mitunternehmerschaften mit Kapitalgesellschaften hinsichtlich des Zeitpunkts der Beendigung der gewerblichen Tätigkeit das gesetzliche Prinzip der grundsätzlichen Gleichbehandlung im Hinblick auf die Dauer der sachlichen Steuerpflicht ab. Die Regelung habe jedoch lediglich den Zweck, missbräuchliche Gestaltungen in Form von steuerneutralen Einlagen von [X.] in eine Personengesellschaft und anschließender steuerfreier Veräußerung der Beteiligung durch eine Kapitalgesellschaft zu verhindern (BTDrucks 14/6882, S. 41). An der Grundkonzeption des [X.], bei der Ermittlung des Gewerbeertrags von Personengesellschaften nur den durch die gewerbliche Tätigkeit erzielten Gewinn heranzuziehen, habe sich dadurch nichts ändern sollen. Im Hinblick auf den --auch mittelbar über § 2 Abs. 4 [X.] aus dem Gesetz ableitbaren-- nach wie vor bestehenden Grundsatz der Beendigung der sachlichen Steuerpflicht mit der Aufgabe der werbenden Tätigkeit müsse in § 7 Satz 2 [X.] eine Ausnahmeregelung gesehen werden, die auf die Einhaltung des Gebots der Folgerichtigkeit überprüft werden müsse (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 22. Juli 2010 IV R 29/07, [X.], 215, [X.], 511, unter [X.] der Gründe).

Es könne auch nicht jede gesetzliche Neuregelung als (ggf. kleiner) Systemwechsel innerhalb einer bestehenden Besteuerungsordnung angesehen werden, der aus verfassungsrechtlichen Gründen eine konsequente Fortführung verlange. Einen solchen Systemwechsel habe das [X.] im Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08 ([X.]E 122, 210, BFH/NV 2009, 338) nur unter der Voraussetzung angenommen, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen werde. Ein derartiger Systemwechsel liege aufgrund des Charakters als punktuelle Missbrauchsbekämpfungsvorschrift bei § 7 Satz 2 [X.] gerade nicht vor.

Selbst wenn man dem nicht folge, könne die Durchbrechung des Prinzips der Folgerichtigkeit gerechtfertigt sein, wenn ein sachlicher Grund vorliege. Das [X.] habe nicht dargelegt, warum die Bekämpfung steuerlichen Missbrauchs bei einer hier angenommenen Ungleichbehandlung dieser Anforderung nicht genüge. Aus dem BFH-Urteil in [X.], 215, [X.], 511 gehe eindeutig hervor, dass die Verhinderung von Steuerumgehungen ein für die Ungleichbehandlung ausreichender sachlicher Grund sei. Zum anderen stehe dem Gesetzgeber nach dem [X.]-Urteil in [X.]E 122, 210, BFH/NV 2009, 338 ebenso wie bei der Bestimmung des [X.] auch bei der Konkretisierung einer Verteilungsentscheidung ein weiter Entscheidungsspielraum zu, der nur durch die "verfassungsrechtlich zurückhaltend zu kontrollierenden Anforderungen des Willkürverbots" beschränkt werde. Für das Willkürverbot komme es aber "nicht auf einen Mangel an dogmatisch überzeugenden oder systematisch richtigen Gründen an, sondern auf den offenkundigen Mangel an jeglicher Sachlichkeit des Grundes". Es liege deshalb gerade keine Willkürentscheidung und damit auch kein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit vor.

Das [X.] beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Im Streitfall würden etwaige Veräußerungsgewinne, also Gewinne, die nicht im laufenden Gewerbebetrieb entstünden, dennoch zur Gewerbesteuer herangezogen, weil diese aufgrund der Beteiligungsverhältnisse ausschließlich auf nicht natürliche Personen entfielen. Für die unterschiedliche gewerbesteuerliche Behandlung von Anlaufkosten bei Kapitalgesellschaften einerseits und Personenhandelsgesellschaften andererseits allein aufgrund der Rechtsform bestünde keine Rechtfertigung. Missbräuchliche Gestaltungen lägen im Streitfall nicht vor.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 121 i.V.m. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Entscheidungsgründe

[X.] Die Revision des [X.] ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Betriebsausgaben, die vor Aufnahme der werbenden Tätigkeit einer Mitunternehmerschaft entstanden sind, sind auch dann nicht bei der Ermittlung des [X.] zu berücksichtigen, wenn die unmittelbar beteiligten Mitunternehmer nicht natürliche Personen sind.

1. Nach § 2 Abs. 1 [X.] unterliegt der Gewerbesteuer (nur) der stehende Gewerbebetrieb.

a) Nach ständiger Rechtsprechung beginnt deshalb die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 [X.] fallenden Gewerbebetriebe erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist (u.a. [X.]-Urteile vom 14. April 2011 IV R 52/09, [X.], 257, [X.], 929, unter [X.] der Gründe; vom 5. März 1998 IV R 23/97, [X.], 142, [X.] 1998, 745, unter l.a der Gründe). Während die Einkommensteuer als [X.] sämtliche betrieblichen Vorgänge beginnend mit der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebes erfasst (vgl. [X.]-Urteile vom 10. Dezember 1992 XI R 45/88, [X.], 487, [X.] 1993, 538; vom 7. April 1992 VIII R 34/91, [X.] 1992, 797), ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn ([X.]-Urteil in [X.], 142, [X.] 1998, 745, unter l.a der Gründe, m.w.[X.]). Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer (u.a. [X.]-Urteil vom 17. März 2010 IV R 41/07, [X.], 381, [X.] 2010, 977, unter [X.] der Gründe, m.w.[X.]).

b) Maßgebend für den Beginn des Gewerbebetriebes i.S. des § 2 Abs. 1 [X.] ist der Beginn der werbenden Tätigkeit (ständige Rechtsprechung, Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, [X.]E 141, 405, [X.] 1984, 751; [X.]-Urteile vom 26. März 1985 VIII R 260/81, [X.]E 143, 368, [X.] 1985, 433; vom 11. März 1982 IV R 25/79, [X.]E 136, 204, [X.] 1982, 707; vom 24. April 1980 IV R 68/77, [X.]E 131, 70, [X.] 1980, 658). Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, so dass das Unternehmen sich daran mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann ([X.]-Urteil in [X.], 142, [X.] 1998, 745, unter l.a der Gründe, m.w.[X.]). Zu den bloßen, [X.] noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen werden z.B. die Anmietung eines Geschäftslokals, die Errichtung eines Fabrikgebäudes oder eines Hotels, mit dessen Betrieb erst nach dessen Fertigstellung begonnen wird, und Ähnliches gezählt (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 143, 368, [X.] 1985, 433; vom 5. November 1957 I 325/56 U, [X.]E 65, 559, [X.]I 1957, 448; vom 22. November 1994 VIII R 44/92, [X.]E 176, 138, [X.] 1995, 900).

c) Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein ([X.]-Urteile in [X.], 257, [X.], 929, unter [X.] der Gründe; in [X.], 142, [X.] 1998, 745, unter l.a der Gründe, m.w.[X.]).

d) Diese Rechtsgrundsätze gelten gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften, und zwar unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter ([X.]-Urteil in [X.], 142, [X.] 1998, 745, unter l.b der Gründe).

2. Danach war vorliegend ein vortragsfähiger [X.] nicht festzustellen. Die Klägerin hat im Streitjahr noch nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teilgenommen, wie sich aus den Feststellungen des [X.] ergibt, gegen die die Klägerin [X.] nicht vorgebracht hat und die deshalb das Revisionsgericht binden (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

3. Entgegen der Ansicht des [X.] führt die Einfügung des § 7 Satz 2 [X.] zu keiner Änderung dieser rechtlichen Beurteilung.

a) Nach § 7 Satz 2 [X.] gehören Veräußerungs- oder [X.] bei [X.] zum Gewerbeertrag, soweit sie auf eine nicht natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfallen. Das [X.] hat daraus abgeleitet, dass korrespondierend auch vorbereitende Betriebsausgaben bei der Ermittlung des [X.] berücksichtigt werden müssten. Dem kann sich der erkennende Senat jedoch nicht anschließen. Die für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze können --anders als das [X.] meint-- nicht auf [X.] übertragen werden, auch wenn daran nur Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer beteiligt sind. Das folgt aus Inhalt und Zweck des § 7 Satz 2 [X.] sowie der systematischen Stellung dieser Regelung.

b) § 7 Satz 2 [X.] regelt (nur) die Voraussetzungen, unter denen Veräußerungs- und [X.] bei [X.] in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind. Die in § 2 [X.] geregelte sachliche Gewerbesteuerpflicht wird dabei --wie allgemein für die Ermittlung des [X.]-- vorausgesetzt.

aa) § 7 Satz 2 [X.] betrifft seinem eindeutigen Wortlaut nach nur Veräußerungs- und [X.]. Eine darüber hinausgehende Regelung enthält die Vorschrift nicht, weder für vorweggenommene Betriebsausgaben (oder Gewinne) noch für den Beginn (oder das Ende) der sachlichen Gewerbesteuerpflicht.

[X.]) Der beschränkte Regelungsbereich entspricht dem Zweck der Vorschrift. Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung verhindern, dass Kapitalgesellschaften einzelne Wirtschaftsgüter, deren Veräußerung bei ihnen der Gewerbesteuer unterliegt, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern (BTDrucks 14/6882, S. 41; zur Entstehung der Regelung s. im Einzelnen [X.]-Urteil in [X.]E 230, 215, [X.], 511, unter [X.] bis e der Gründe). Eine über den Wortlaut hinausgehende, ausdehnende Auslegung der Vorschrift lässt sich mit diesem Zweck nicht vereinbaren.

cc) Gegen die Einbeziehung vorweggenommener Betriebsausgaben in die Ermittlung des [X.] bei [X.] aufgrund der Sonderregelung des § 7 Satz 2 [X.] spricht auch die systematische Stellung dieser Vorschrift.

(1) Ausschlaggebend für die Frage, ab (bzw. bis zu) welchem Zeitpunkt Betriebsausgaben bei der Ermittlung des [X.] zu berücksichtigen sind, ist der Beginn (bzw. das Ende) der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Diese Frage betrifft die Abgrenzung des [X.] der Gewerbesteuer und richtet sich nach § 2 Abs. 1 [X.] (s. oben unter [X.]a). § 7 [X.] regelt dagegen die Ermittlung des [X.], setzt also voraus, dass ein (werbender) Gewerbebetrieb i.S. des § 2 [X.] besteht. Das gilt auch dann, wenn die Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) nicht originär gewerblich tätig, sondern gewerblich geprägt ist (vgl. [X.]-Urteil vom 20. November 2003 IV R 5/02, [X.]E 204, 471, [X.] 2004, 464, unter [X.] der Gründe).

(2) § 7 Satz 2 [X.] hat dem entsprechend hinsichtlich des Beginns (und des Endes) der sachlichen Gewerbesteuerpflicht zu keiner Änderung geführt. Das ergibt sich bereits aus der Regelung selbst. Denn § 7 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] lässt sich entnehmen, dass die in § 7 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] genannten Veräußerungs- und [X.] (weiterhin) nicht zum Gewerbeertrag gehören, soweit sie auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfallen. Der Zeitpunkt des Beginns (und des Endes) der sachlichen Gewerbesteuerpflicht kann jedoch für eine Mitunternehmerschaft nur einheitlich beurteilt werden, auch wenn zu den unmittelbar beteiligten Mitunternehmern sowohl natürliche als auch nicht natürliche Personen gehören. Der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht einer Mitunternehmerschaft kann deshalb nicht davon abhängen, ob die unmittelbar beteiligten Mitunternehmer natürliche Personen sind oder nicht.

(3) Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass vorweggenommene Betriebsausgaben --wie das [X.] meint-- unter dem Gesichtspunkt der Folgerichtigkeit korrespondierend zu den nach § 7 Satz 2 [X.] steuerpflichtigen Veräußerungs- und [X.]n in die Ermittlung des [X.] einzubeziehen seien.

(a) Die bei nicht natürlichen Personen als unmittelbar beteiligten Mitunternehmern anfallenden Veräußerungs- und [X.] entsprechen --anders als das [X.] angenommen hat-- in aller Regel nicht etwaigen, bei der Ermittlung des [X.] nicht zu berücksichtigenden vorweggenommenen Betriebsausgaben. Zum einen ist bereits ungewiss, ob sich stille Reserven --soweit sie Überhaupt im Einzelfall auf vorweggenommenen Betriebsausgaben beruhen-- (erst) in späteren Veräußerungs- oder [X.]n realisieren.

(b) Zum anderen sind auch Veräußerungs- und [X.] von nicht natürlichen Personen als unmittelbar beteiligten Mitunternehmern nur dann gewerbesteuerpflichtig, wenn sie in einem "werbenden" Gewerbebetrieb, also während des Bestehens der sachlichen Gewerbesteuerpflicht anfallen. So verhält es sich nicht, wenn (nur) die sachliche Gewerbesteuerpflicht infolge eines Strukturwandels ohne Aufdeckung der stillen Reserven endet.

c) Entgegen der Ansicht des [X.] können die für Kapitalgesellschaften geltenden Regelungen auf [X.], an denen Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer beteiligt sind, nicht übertragen werden.

aa) Die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften gilt --anders als die der Personengesellschaften und [X.] nach der ausdrücklichen Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Die Gewerbesteuerpflicht knüpft danach allein an die Rechtsform an. Deshalb gehören bei Kapitalgesellschaften auch Gewinne aus der Veräußerung und der Aufgabe eines Betriebes oder eines Teilbetriebes zum Gewerbeertrag (u.a. [X.]-Urteile in [X.]E 230, 215, [X.], 511, unter [X.]B.1.a der Gründe, m.w.[X.]; vom 5. September 2001 I R 27/01, [X.]E 196, 293, [X.] 2002, 155, unter [X.]2. der Gründe, m.w.[X.]). Diese Regelung lässt sich auch dann nicht auf Personengesellschaften ([X.]) übertragen, wenn daran ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt sind (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 141, 405, [X.] 1984, 751, unter [X.] der Gründe, zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes).

[X.]) Die Ermittlung des [X.] von [X.] weicht wegen des für diese Gesellschaften ertragsteuerlich maßgeblichen Transparenzprinzips grundsätzlich --nicht nur in der Frage, ob vorweggenommene Betriebsausgaben oder Veräußerungs- und [X.] einzubeziehen sind-- von der Ermittlung des [X.] bei Kapitalgesellschaften ab. So umfasst bei Personengesellschaften ([X.]) der Gewinn aus Gewerbebetrieb und damit auch der Gewerbeertrag nach § 7 [X.] nicht nur die Gesamthandsbilanz, sondern auch Sonder- und Ergänzungsbilanzen (u.a. [X.]-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, [X.]E 220, 495, [X.] 2008, 742, unter [X.] aa der Gründe, m.w.[X.]; Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, [X.]E 171, 246, [X.] 1993, 616, unter C.I[X.]6.b [X.] der Gründe). Das angefochtene Urteil greift daher zu kurz, soweit es (allein) aus der Besteuerung der Veräußerungs- und [X.] eine gewerbesteuerliche Gleichbehandlung der [X.], an denen Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer beteiligt sind, mit Kapitalgesellschaften ableitet.

d) Die unterschiedliche gewerbesteuerliche Behandlung der Kapitalgesellschaften einerseits und der [X.] mit nicht natürlichen Personen als unmittelbar beteiligten Mitunternehmern andererseits verstößt --anders als das [X.] meint-- auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Folgerichtigkeit.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und [X.] unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an [X.] reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des [X.] als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Die mit der Wahl des [X.] einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber allerdings unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtiger bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen [X.] folgerichtig umzusetzen. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (ständige Rechtsprechung des [X.], z.B. [X.]-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, [X.]E 120, 1, zu [X.], mit zahlreichen Nachweisen; [X.]-Urteil in [X.]E 230, 215, [X.], 511, unter [X.]B.2.a der Gründe).

[X.]) Nach ständiger, vom [X.] nicht beanstandeter Rechtsprechung des [X.] liegt in der an die Rechtsform anknüpfenden unterschiedlichen [X.]en Behandlung von Kapitalgesellschaften einerseits und [X.] andererseits keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung (u.a. [X.]-Beschluss vom 24. März 2010  1 BvR 2130/09, [X.] 2010, 1231, unter I[X.]2.b der Gründe; [X.]-Urteile in [X.]E 204, 471, [X.] 2004, 464, unter I.2.d der Gründe; in [X.]E 196, 293, [X.] 2002, 155, unter [X.]2. der Gründe, jeweils m.w.[X.]). Grund dafür ist, dass Kapitalgesellschaften gegenüber natürlichen Personen und Personengesellschaften in wesentlichen Punkten Besonderheiten aufweisen, die es als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen, sie ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit als Gewerbebetrieb zu behandeln (u.a. [X.]-Urteil in [X.]E 204, 471, [X.] 2004, 464, unter I.2.d der Gründe). Sie sind mit einem bestimmten Mindestkapital ausgestattet (§ 7 des Aktiengesetzes --AktG--, § 5 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) und als juristische Personen in ihrem Bestand von Art und Zahl ihrer Mitglieder unabhängig (§ 1 AktG, § 13 Abs. 1 GmbHG). Damit erweisen sie sich als Gebilde mit [X.] und der damit verbundenen Bestimmung zu wirtschaftlicher Betätigung ([X.]-Urteil in [X.]E 204, 471, [X.] 2004, 464, unter I.2.d der Gründe).

cc) Allerdings führt § 7 Satz 2 [X.] dazu, dass Veräußerungs- und [X.] bei [X.], soweit sie nicht auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen, in den Gewerbeertrag einbezogen und damit wie entsprechende Gewinne bei Kapitalgesellschaften behandelt werden, während es hinsichtlich vorweggenommener Betriebsausgaben an einer entsprechenden, zu einer Gleichbehandlung führenden Regelung fehlt (s. oben unter [X.]3.). Eine Gleichbehandlung ist jedoch nicht von Verfassungs wegen geboten.

(1) Wie dargelegt, handelt es sich bei § 7 Satz 2 [X.] um eine Vorschrift, die verhindern soll, dass Kapitalgesellschaften Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft gewerbesteuerfrei veräußern können (BTDrucks 14/6882, S. 41; s. oben unter [X.]3.b [X.]). Diese Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (im Einzelnen s. [X.]-Urteil in [X.]E 230, 215, [X.], 511, unter [X.]B.2. der Gründe). Soweit der Gesetzgeber damit die Besteuerung der Veräußerungs- und [X.] der betroffenen Personengesellschaften an diejenige der Kapitalgesellschaften angleicht, bewegt er sich innerhalb des Rahmens bereits vorhandener Gestaltungen bei der Erfassung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 120, 1, zu C.[X.]3.c aa, zur [X.] in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).

(2) Es entspricht --anders als das [X.] meint-- nicht dem Gebot der Folgerichtigkeit, nach Einfügung des § 7 Satz 2 [X.] [X.], soweit daran (nur) Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer beteiligt sind, gewerbesteuerlich auch hinsichtlich der vorweggenommenen Betriebsausgaben den Kapitalgesellschaften gleichzustellen.

Diese Auffassung verkennt zum einen den Charakter des § 7 Satz 2 [X.] als --punktuelle-- Vorschrift zur Missbrauchsverhinderung; insoweit hat das [X.] zu Recht darauf hingewiesen, dass in einer solchen Ausnahmevorschrift kein grundsätzlicher Systemwechsel gesehen werden kann (vgl. zur Frage des Systemwechsels [X.]-Urteil in [X.]E 122, 210, [X.] 2009, 338, unter C.[X.]5. der Gründe).

Zum anderen lässt die vom [X.] zu Grunde gelegte Auslegung die aus der Anknüpfung an die Art der Mitunternehmer als natürliche oder juristische Person folgende weiter reichende Ungleichbehandlung der [X.] bei der Abgrenzung der subjektiven Gewerbesteuerpflicht unberücksichtigt. Ebenso wenig berücksichtigt hat das [X.] die besonderen Abgrenzungsprobleme, die sich ergeben würden, wenn neben natürlichen Personen andere Personen als Mitunternehmer unmittelbar beteiligt sind, oder wenn es zu einem Wechsel zwischen derartigen Mitunternehmern käme. Das [X.] verkennt damit die Befugnis des Gesetzgebers, grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten, die sich aus der jeder gesetzlichen Regelung immanenten Notwendigkeit zur Verallgemeinerung ergeben, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 122, 210, [X.] 2009, 338, unter [X.]b [X.] der Gründe).

4. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das [X.] hat zu Recht die Feststellung eines vortragsfähigen [X.]es auf den 31. Dezember 2003 abgelehnt.

Meta

IV R 54/10

30.08.2012

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. November 2010, Az: 7 K 1993/06, Urteil

§ 2 Abs 1 GewStG 2002, § 7 S 2 GewStG 2002, Art 3 Abs 1 GG, § 6 Abs 5 S 3 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.08.2012, Az. IV R 54/10 (REWIS RS 2012, 3537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3537

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