Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.07.2018, Az. IV R 39/10

4. Senat | REWIS RS 2018, 5747

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Gegenstand

(Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft (§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG))


Leitsatz

1. Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft gehört zum Gewerbeertrag der Untergesellschaft nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG der Gewinn der Obergesellschaft aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils auch dann, wenn die Obergesellschaft nur in Folge ihrer gewerblichen Beteiligungseinkünfte insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt und an ihr ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind .

2. Der in § 52 Abs. 32a EStG angeordnete zeitliche Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG i.d.F. des JStG 2007 verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 18. August 2010  2 K 94/09 (5) wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

A.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die [X.], ist [X.] der [X.] & Co. KG ([X.]), die im Streitjahr (2002) ein ...-geschäft betrieb.

2

Mit am 12. September und 22. Oktober 2001 unterzeichnetem Kauf- und Abtretungsvertrag übertrug die als Kommanditistin an der [X.] beteiligte W-KG ihren Kommanditanteil mit Wirkung zum 1. Januar 2002 an eine weitere Kommanditistin der [X.], die [X.] Dabei erzielte die W-KG einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... €. Bis zur Mitte des [X.] waren an der W-KG als Komplementäre und Kommanditisten ausschließlich natürliche Personen beteiligt. Am 6. September 2002 traten alle bisherigen Kommanditisten aus der W-KG aus und die [X.] als weitere Komplementärin und die [X.] als Kommanditistin ein. Neben ihrer Beteiligung an der [X.] war die W-KG ausschließlich vermögensverwaltend tätig.

3

Mit Bescheid für 2002 über den [X.] und die Gewerbesteuer vom 24. Januar 2006 setzte das seinerzeit zuständige Finanzamt W ([X.]), dessen Rechtsnachfolger der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) während des Revisionsverfahrens geworden ist, gegenüber der [X.] den [X.] 2002 erklärungsgemäß ohne Berücksichtigung des von der W-KG erzielten Veräußerungsgewinns auf ... € fest.

4

Nach einer bei der [X.] u.a. für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung vertrat das [X.] die Auffassung, dass der Gewinn der W-KG aus der Veräußerung ihres Kommanditanteils zum Gewerbeertrag i.S. des § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung des Art. 5 Nr. 1 des [X.] und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 ([X.], 2715) --GewStG-- gehöre. In seinem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten [X.] vom 9. Juli 2008 setzte das [X.] den [X.] auf ... € fest.

5

Die dagegen mit Zustimmung des [X.] erhobene Sprungklage wies das Finanzgericht ([X.]) Bremen mit Urteil vom 18. August 2010  2 K 94/09 (5) ab.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Der Gewinn der W-KG aus der Veräußerung ihres Kommanditanteils gehöre nicht zum Gewerbeertrag der [X.], weil § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auf die streitbefangene Veräußerung nicht anwendbar sei.

7

Zur Begründung führt die Klägerin u.a. aus, § 7 Satz 2 GewStG verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Darüber hinaus sei diese Norm --entgegen der Ansicht des [X.] im Streitfall sachlich nicht anwendbar. Bei der W-KG handele es sich um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, denn entgegen der Auffassung des [X.] dürfe § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.[X.] ([X.]) 2007 vom 13. Dezember 2006 ([X.], 2878) nicht gemäß § 52 Abs. 32a EStG i.d.F. des [X.] 2007 rückwirkend auf den Streitfall angewendet werden. Vielmehr fänden die im Urteil des [X.] ([X.]) vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01 ([X.]E 207, 466, [X.], 383) vertretenen Rechtsgrundsätze Anwendung, wonach allein die Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ([X.]) an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft bei der [X.] nicht zu insgesamt gewerblichen Einkünften führe. Bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zähle der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wie der von einer unmittelbar an einer Mitunternehmerschaft beteiligten natürlichen Person erzielte Veräußerungsgewinn nicht zum Gewerbeertrag. Der Wortlaut des § 7 Satz 2 GewStG bedürfe jedenfalls bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften einer teleologischen Reduktion. Die Einbeziehung von Gewinnen aus der Veräußerung von [X.] diene ausschließlich dem Zweck, mögliche Steuerumgehungen zu vermeiden. Vermögensverwaltende Personengesellschaften lägen aber nicht in der Zielrichtung des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks, weil diese ohnehin nicht gewerbesteuerpflichtig seien.

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und den geänderten [X.] vom 9. Juli 2008 dahin zu ändern, dass der [X.] auf ... € festgesetzt wird.

9

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Der erkennende Senat hat das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 3. Dezember 2013 bis zu einer Entscheidung des [X.] ([X.]) über die gegen das [X.]-Urteil vom 22. Juli 2010 IV R 29/07 ([X.]E 230, 215, [X.], 511) erhobene Verfassungsbeschwerde (Aktenzeichen des [X.] 1 BvR 1236/11) ausgesetzt. Mit Urteil vom 10. April 2018  1 BvR 1236/11 ([X.], 303) hat das [X.] jene Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin hält an ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung fest.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O-- [X.]. § 121 Satz 1 [X.]O).

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O).

I. Zwar knüpft die Ermittlung des [X.] nach § 7 Satz 1 [X.]ewSt[X.] an die Vorschriften des ESt[X.] an. Auch eine unanfechtbare gesonderte und einheitliche Feststellung des einkommensteuerlichen [X.]ewinns ist jedoch für die Festsetzung des [X.] nicht bindend ([X.]-Urteil vom 16. Dezember 2009 IV R 48/07, [X.], 408, [X.], 799, unter [X.], m.w.N.; [X.]/[X.], § 7 [X.]ewSt[X.] Rz 37 f., 47). Deshalb war im Streitfall die Höhe des [X.] der [X.] ungeachtet einer (hier nicht streitgegenständlichen) [X.] 2002 für die [X.] eigenständig zu prüfen.

II. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der [X.]ewinn der W-K[X.] aus der Veräußerung ihres Kommanditanteils an der [X.] im Erhebungszeitraum 2002 gemäß § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] zum [X.]ewerbeertrag der [X.] gehört.

1. Der Rechtsauffassung der Klägerin, der streitbefangene Veräußerungsgewinn [X.] nicht der Regelung des § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.], weil die W-K[X.] im Streitjahr als vermögensverwaltende Personengesellschaft anzusehen sei, ist schon deshalb nicht zu folgen, weil es sich bei der W-K[X.] im Streitjahr nicht um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehandelt hat.

a) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßenden und damit den Senat nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen war die W-K[X.] als [X.] (vgl. nur Beschluss des [X.]roßen Senats des [X.] vom 25. Februar 1991 [X.]rS 7/89, [X.]E 163, 1, [X.] 1991, 691, unter [X.]) an der gewerblich tätigen [X.] beteiligt (doppelstöckige Personengesellschaft). Als solche erzielte die W-K[X.] --auch wenn sie nach den Feststellungen des [X.] selbst keine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.] ausgeübt [X.] aus ihrer Beteiligung an der [X.] gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 ESt[X.] Einkünfte aus [X.]ewerbebetrieb.

b) Diese gewerblichen [X.] führen dazu, dass eine von der W-K[X.] im Streitjahr unternommene (weitere) Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 ESt[X.] i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 [X.] 2007, der gemäß § 52 Abs. 32a ESt[X.] i.d.F. des [X.] 2007 auch auf alle Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden ist, --ggf. von einem im Streitfall nicht vorliegenden Bagatellfall abgesehen-- in vollem Umfang als [X.]ewerbebetrieb gilt. Denn der in § 52 Abs. 32a ESt[X.] i.d.F. des [X.] 2007 angeordnete zeitliche Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 ESt[X.] i.d.F. des [X.] 2007 verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (noch offen gelassen in [X.]-Urteil vom 26. Juni 2014 IV R 5/11, [X.]E 246, 319, [X.] 2014, 972, Rz 10, 28; verneinend auch [X.] Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2007  14 V 1366/07 A([X.]); [X.], ESt[X.], 37. Aufl., § 15 Rz 189). Die gesetzliche Neuregelung entspricht einer bis zu dem [X.]-Urteil in [X.]E 207, 466, [X.] 2005, 383, auf das sich die Klägerin beruft, geübten langjährigen Rechtspraxis. Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass sich ein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand der in dem [X.]-Urteil in [X.]E 207, 466, [X.] 2005, 383 niedergelegten Rechtsauffassung bilden konnte (vgl. dazu BVerf[X.]-Beschluss vom 15. Oktober 2008  1 BvR 1138/06, BVerf[X.]K 14, 338, unter III.1.).

2. Unabhängig davon ist § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] nicht dahin auszulegen, dass eine als [X.] an einer anderen Personengesellschaft beteiligte, im Übrigen ihrerseits nur "vermögensverwaltend" tätige Personengesellschaft nicht vom Regelungsgehalt dieser Norm erfasst wird. Dies gilt selbst dann, wenn --wie im [X.] an einer solchen [X.]esellschaft zum Zeitpunkt der Veräußerung des Mitunternehmeranteils ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind.

a) Der im Streitfall anzuwendende § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] ist verfassungsgemäß (BVerf[X.]-Urteil in [X.] 2018, 303). Seine Anwendung auf den Erhebungszeitraum 2002 (Streitjahr) entfaltet zwar unechte Rückwirkung. Anders als die Klägerin meint, wird sie hierdurch jedoch nicht in ihrem verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des [X.]rundgesetzes ([X.][X.]) geschützten Vertrauen verletzt, nicht mit in unzulässiger Weise rückwirkenden [X.]esetzen belastet zu werden (ausführlich dazu BVerf[X.]-Urteil in [X.] 2018, 303, Rz 132 ff.).

b) Nach § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] gehört zum [X.]ewerbeertrag (auch) der [X.]ewinn aus der Veräußerung des Anteils eines [X.]esellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Für mittelbar beteiligte natürliche Personen ist weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach dem in den [X.]esetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Normzweck eine solche Einschränkung ([X.]ewerbesteuerfreiheit) vorgesehen. Vielmehr ist der [X.]ewinn Teil des [X.] der Untergesellschaft, soweit er --wie im [X.] auf eine als Mitunternehmer beteiligte Personengesellschaft (Obergesellschaft) entfällt.

aa) Der ab dem Erhebungszeitraum 2002 und damit auch im Streitjahr anzuwendende § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] sieht bei wörtlicher Auslegung [X.]ewinne, die nicht dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind, als [X.]ewerbeertrag an. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 1. August 2013 IV R 19/11, Rz 15; vom 18. Dezember 2014 IV R 59/11, Rz 12; vom 19. Juli 2018 IV R 31/15, jeweils m.w.N.) sind zwar für solche [X.]ewerbebetriebe, deren Tätigkeit nicht nach § 2 Abs. 2 [X.]ewSt[X.] stets und in vollem Umfang als [X.]ewerbebetrieb gilt, Bestandteile des [X.], die nicht mit dem Wesen der [X.]ewerbesteuer als einer auf den tätigen [X.]ewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen (wie z.B. [X.]ewinne, die nicht --auch nicht nach § 16 Abs. 2 Satz 3 ESt[X.]-- dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind), grundsätzlich aus dem [X.]ewerbeertrag i.S. von § 7 Satz 1 [X.]ewSt[X.] herauszurechnen. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn gewerbesteuerliche Sonderregelungen ihre Einbeziehung ausdrücklich anordnen.

§ 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] enthält eine solche gewerbesteuerrechtliche Sonderregelung für Mitunternehmerschaften. Aus ihrem vorgenannten --insoweit eindeutigen-- Wortlaut (§ 7 Satz 2 letzter Halbsatz [X.]ewSt[X.]) folgt, dass der [X.]ewinn i.S. des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] nur insoweit nicht zum [X.]ewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft gehört, als er auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Soweit der [X.]ewinn auf eine beteiligte Personengesellschaft (Obergesellschaft) entfällt, ist er hingegen Teil des [X.] (vgl. auch [X.]-Urteil in [X.]E 230, 215, [X.] 2011, 511, Rz 52). Dies gilt selbst dann, wenn bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft an der [X.] ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind (vgl. auch z.B. [X.]/ [X.], § 7 [X.]ewSt[X.] Rz 129, m.w.N.; Schnitter in [X.]/ [X.], KSt[X.]/[X.]ewSt[X.]/UmwSt[X.], § 7 [X.]ewSt[X.] Rz 103; [X.] in [X.]/ [X.], [X.]ewerbesteuergesetz, § 7 Rz 323, einschränkend Rz 374a). Schließt danach auch die mittelbare Beteiligung einer natürlichen Person an einer Untergesellschaft die Rechtsfolge des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] nicht aus, so steht dies auch im Einklang mit dem in der Rechtsprechung des [X.] vertretenen [X.]rundsatz, mittelbare Beteiligungen unmittelbaren nicht gleichzusetzen (vgl. Beschluss des [X.]roßen Senats des [X.] in [X.]E 163, 1, [X.] 1991, 691, unter [X.]b aa). Vielmehr bedarf es zu einer solchen [X.]leichstellung einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift, es sei denn, dass sich die [X.]leichstellung aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift eindeutig ergibt (Beschluss des [X.]roßen Senats des [X.] in [X.]E 163, 1, [X.] 1991, 691, unter [X.]b aa). Eine derartige Sonderregelung einer [X.]leichstellung von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen ist dem Wortlaut des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] jedoch --wie ausgeführt-- nicht zu entnehmen.

bb) Auch aus dem vom [X.]esetzgeber mit der Regelung des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] verfolgten Zweck lässt sich keine [X.]leichstellung von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen natürlicher Personen herleiten.

Die Einführung von § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] sollte die [X.]efahr von Missbrauch beseitigen, die durch einkommen- und körperschaftsteuerliche [X.]estaltungsmöglichkeiten entsteht (vgl. auch z.B. [X.]-Urteil vom 18. Dezember 2014 IV R 59/11, Rz 14, m.w.N.). Es sollte vermieden werden, dass die breitere, schon bisher Veräußerungsgewinne erfassende gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage bei Kapitalgesellschaften dadurch umgangen wird, dass die zu veräußernden Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 Satz 3 ESt[X.] steuerneutral vor ihrer Veräußerung auf eine Personengesellschaft übertragen werden und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft gewerbesteuerfrei veräußert wird (vgl. BTDrucks 14/6882, S. 41; zur --zunächst durch ein redaktionelles Versehen des [X.]esetzgebers geprägten-- Entstehungsgeschichte und Begründung der Norm ausführlich BVerf[X.]-Urteil in [X.] 2018, 303, Rz 11 ff.). Aus dieser Zielrichtung des [X.]esetzes folgt keine [X.]leichstellung von mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen natürlicher Personen an einer Personengesellschaft. Vielmehr sprechen andere [X.]esetzesmaterialien gerade dafür, dass die Norm auch mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung nur die Veräußerungsgewinne bei Mitunternehmerschaften von der [X.]ewerbesteuer steuerfrei lassen soll, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. So wird in BTDrucks 14/7344, S. 12 ausgeführt, dass --soweit eine natürliche Person mittelbar beteiligt [X.] eine Entlastung um die [X.]ewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 ESt[X.] erfolge (zur gleichheitsrechtlichen, für die Bestimmung des [X.]esetzeszwecks allerdings nicht maßgeblichen Bewertung dieser [X.]esetzesbegründung BVerf[X.]-Urteil in [X.] 2018, 303, Rz 118). Die Ergänzung des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] um den letzten Halbsatz "soweit er [der Veräußerungs- oder [X.] § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.]] nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt" sei notwendig, um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften sei es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt ist.

c) Demgegenüber kommt die von der Klägerin begehrte Auslegung des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] im Wege der teleologischen "Extension" oder Reduktion mit dem Ergebnis, dass die Beteiligung einer --abgesehen von einer [X.]en Beteiligung an einer anderen Personengesellschaft-- "vermögensverwaltenden" Personengesellschaft der unmittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person gleichzustellen ist, nicht in Betracht.

aa) "[X.] Extension" --im Ergebnis eine erweiternde [X.]esetzesauslegung oder Analogie (vgl. dazu [X.] in Tipke/ [X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 365)-- setzt eine Regelungslücke voraus (z.B. [X.]-Urteil vom 2. Dezember 2015 V R 25/13, [X.]E 251, 534, [X.] 2017, 547, Rz 37, m.w.N.). Die Norm muss gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig sein. Ihre Ergänzung darf nicht einer vom [X.]esetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Eine teleologische Reduktion zielt darauf ab, den [X.]eltungsbereich einer Norm mit Rücksicht auf ihren [X.]esetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken (z.B. [X.]-Urteil vom 12. Dezember 2007 [X.], [X.]E 219, 498, [X.] 2008, 344, unter [X.] bb, m.w.N.). Auch sie ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom [X.]esetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen.

bb) § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] zeigt indes --wie [X.] keine Regelungslücke auf. Die Norm führt auch zu keinem offenkundig sinnwidrigen Ergebnis, soweit sie unberücksichtigt lässt, inwieweit bei doppelstöckigen Personengesellschaften eine als [X.] beteiligte Obergesellschaft --von ihren gewerblichen [X.]n abgesehen-- "vermögensverwaltend" tätig ist. Der Normzweck der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt es, dass auch nicht weiter zu prüfen ist, welchen Tätigkeiten eine [X.] beteiligte Personengesellschaft ihrerseits nachgeht und ob sie ohne die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 ESt[X.] vermögensverwaltend tätig wäre. Zudem gilt auch in dieser Situation, dass eine einschränkende Auslegung des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] auch vor dem Hintergrund, dass die Norm zur Missbrauchsbekämpfung eingeführt wurde, nicht geboten ist (vgl. auch Schnitter in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 7 [X.]ewSt[X.] Rz 103). Denn es ist auch insoweit nicht ersichtlich, dass der [X.]esetzgeber bei [X.] beteiligten Personengesellschaften noch weiter nach der Qualifikation der von diesen selbst ausgeübten Tätigkeiten differenzieren wollte.

d) Wenn von der gewerbesteuerrechtlichen Sonderregelung des § 7 Satz 2 [X.]ewSt[X.] (nur) unmittelbar an einer Mitunternehmerschaft beteiligte natürliche Personen ausgenommen sind, begegnet dies auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie das BVerf[X.] mit Urteil in [X.] 2018, 303 (Rz 112 ff.) entschieden hat, wird Art. 3 Abs. 1 [X.][X.] nicht dadurch verletzt, dass § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] den [X.]ewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebsanteils eines Mitunternehmers der [X.]ewerbesteuer unterwirft, davon aber den Veräußerungsgewinn ausnimmt, der auf natürliche Personen entfällt, die unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind. Ausgehend von der legitimen Zielsetzung, steuerliche Umgehungsstrategien in diesem Bereich zu unterbinden, durfte der [X.]esetzgeber bei unmittelbar beteiligten natürlichen Personen ein von vornherein geringeres Umgehungspotential als bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften annehmen (näher BVerf[X.]-Urteil in [X.] 2018, 303, Rz 119 ff.; [X.]-Urteil in [X.]E 230, 215, [X.] 2011, 511, Rz 53 ff.). Diese Typisierungsbefugnis des [X.]esetzgebers umfasst auch [X.] beteiligte Personengesellschaften, die in dem von der Klägerin verstandenen Sinne "vermögensverwaltend" sind.

3. Nach diesen Maßstäben ist das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass das [X.] zu Recht den von der veräußernden Kommanditistin --der W-K[X.]-- im Erhebungszeitraum 2002 erzielten Veräußerungsgewinn als [X.]ewerbeertrag bei der [X.] erfasst hat.

Die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 Nr. 2 [X.]ewSt[X.] liegen im Streitfall vor. Die W-K[X.] war [X.] des Betriebs der [X.] (vgl. [X.]). Die Höhe des anlässlich der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils der W-K[X.] erzielten Veräußerungsgewinns ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, so dass der Senat von weiteren Ausführungen absieht. Schließlich ist dem [X.] auch darin zuzustimmen, dass der [X.]ewinn aus der Veräußerung des streitbefangenen Mitunternehmeranteils zum [X.]ewerbeertrag der [X.] für den Erhebungszeitraum 2002 gehört. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der 1. Januar 2002, zu dem der Kommanditanteil der W-K[X.] auf die W-[X.]mbH übertragen worden ist.

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 39/10

19.07.2018

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Bremen, 18. August 2010, Az: 2 K 94/09 (5), Urteil

§ 7 S 2 Nr 2 GewStG vom 23.07.2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 EStG 2002, § 15 Abs 3 Nr 1 Alt 2 EStG vom 13.12.2006, § 52 Abs 32a EStG vom 13.12.2006, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.07.2018, Az. IV R 39/10 (REWIS RS 2018, 5747)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5747

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