Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.01.2011, Az. X S 37/10 (PKH)

10. Senat | REWIS RS 2011, 10076

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Gegenstand

Vor dem BFH kein Vertretungszwang in PKH-Verfahren


Leitsatz

NV: Für einen PKH-Antrag besteht vor dem BFH kein Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 FGO.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht ([X.]) hat die Klage des [X.], Beschwerdeführers und Antragstellers (Antragsteller) wegen Einkommensteuer 1996 bis 2001 mit Gerichtsbescheid vom 28. Juli 2010 abgewiesen und mit Urteil vom 27. Oktober 2010  7 K 2694/10 festgestellt, dass der am 5. August 2010 zugestellte Gerichtsbescheid als Urteil wirkt. Nach Zustellung der zuletzt ergangenen Vorentscheidung am 3. Dezember 2010 hat der --entgegen einer entsprechenden Belehrung in der angegriffenen [X.]-Entscheidung nicht gemäß § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) vertretene-- Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des [X.] ([X.]) und die Entscheidung beruhe auf massiven Verfahrensmängeln. Eine ausführliche Begründung werde nachgereicht und in Anbetracht der Komplexität der Verletzung von Bundesrecht durch das [X.] werde vorsorglich eine zusätzliche einmonatige Verlängerung der Begründungsfrist beantragt. [X.] der [X.] auf dem [X.] nach § 62 Abs. 4 [X.]O beantrage er zudem vorsorglich Prozesskostenhilfe (PKH). Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Antragsteller nicht vorgelegt.

Entscheidungsgründe

2

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren vor dem [X.] wird abgelehnt.

3

1. Der Antragsteller konnte den Antrag auf Bewilligung von PKH selbst wirksam stellen; für einen derartigen Antrag besteht kein Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 [X.]O ([X.]-Beschluss vom 16. September 2010 [X.] (PKH), [X.]/NV 2010, 2295).

4

2. Das Gesuch um Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist jedoch abzulehnen, weil es der Antragsteller versäumt hat, innerhalb der Rechtsmittelfrist die nach § 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 117 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf den dafür eingeführten Vordrucken sowie entsprechende Belege vorzulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]sbeschluss vom 17. November 2009 [X.]/09 (PKH), [X.]/NV 2010, 232, m.w.N.). Dabei kann sich der Antragsteller nicht auf Unkenntnis berufen, da er sich über die Voraussetzungen einer Bewilligung von PKH grundsätzlich selbst kundig machen muss; die Gerichte treffen insoweit keine besonderen Hinweispflichten (z.B. [X.]-Beschluss vom 1. Juli 2002 [X.]/02, [X.]/NV 2002, 1337).

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3. Zudem bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung (Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision durch das [X.]) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Zwar fehlt die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht schon deshalb, weil der Antragsteller bei Einlegung der Beschwerde --entgegen § 62 Abs. 4 [X.]O-- nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder eine [X.] des § 3 Nr. 2 und 3 des [X.] als Bevollmächtigten vertreten war und demzufolge die Beschwerde unzulässig ist. Denn dem Antragsteller könnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist gewährt werden (§ 56 [X.]O), falls er (durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten) erneut Beschwerde einlegte und gleichzeitig den entsprechenden Wiedereinsetzungsantrag stellte.

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Der angerufene [X.] vermag jedoch bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung des Vortrags des Antragstellers, des Inhalts der vorliegenden Akten und des vom Antragsteller beanstandeten [X.]-Urteils keinen hinlänglichen Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 [X.]O zu erkennen, der eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Der vorliegende Sachverhalt wirft keine über den spezifisch gelagerten Einzelfall hinausreichende allgemein bedeutsame Rechtsfrage auf, welche die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 Alternative 1 [X.]O gebietet. Der [X.] vermag auch nicht zu erkennen, dass das [X.] mit einem bestimmten, in dem angegriffenen Urteil aufgestellten tragenden und abstrakten Rechtssatz von der Entscheidung eines anderen Gerichts zu derselben Rechtsfrage abgewichen wäre (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das [X.]-Urteil infolge schwerwiegender materiell-rechtlicher Fehler objektiv willkürlich erscheint und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. hierzu [X.]-Beschluss vom 30. August 2001 [X.], 80/01, [X.]E 196, 30, [X.] 2001, 837). Schließlich beruht das Urteil auch nicht erkennbar auf einem Verfahrensmangel, der --auf der Grundlage des vom [X.] eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts-- dessen Entscheidung hätte beeinflussen können (zu Letzterem vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 79 und 96, m.w.N. aus der Rechtsprechung des [X.]).

7

4. Soweit der vom Antragsteller gestellte Fristverlängerungsantrag dahin zu verstehen sein sollte, ihm auch Gelegenheit zur weiteren Begründung seines [X.] zu gewähren, ist auch dieser Antrag abzulehnen. Nachdem er nicht --wie erforderlich-- innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einen (vollständigen) [X.] gestellt hat, kommt es auf eine weitergehende Antragsbegründung nicht mehr an.

8

5. Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde stellt der angerufene [X.] bis vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses zurück, um dem Antragsteller die Möglichkeit einzuräumen, zu prüfen, ob er ggf. seine Beschwerde zur Vermeidung des Anfalls höherer Gerichtskosten zurücknehmen möchte.

9

6. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 [X.]O i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO und § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem [X.]).

Meta

X S 37/10 (PKH)

26.01.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

§ 62 Abs 4 FGO, § 115 Abs 2 FGO, § 114 S 1 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.01.2011, Az. X S 37/10 (PKH) (REWIS RS 2011, 10076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10076

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