Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.2023, Az. XI ZR 257/21

11. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 329

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Gegenstand

Zinsanpassung bei Prämiensparverträgen


Leitsatz

1. Bei Prämiensparverträgen, bei denen die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zum 15. Sparjahr steigen, sind im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) für die vorzunehmenden Zinsanpassungen ein langfristiger Referenzzinssatz und die Verhältnismethode maßgebend. Der als Referenz heranzuziehende Marktzinssatz oder die als Referenz heranzuziehende Umlaufrendite ist vom Oberlandesgericht mit sachverständiger Hilfe zu bestimmen und hat widerzuspiegeln, dass es sich bei den Prämiensparverträgen um eine risikolose Anlageform handelt (Bestätigung BGH, Urteil vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, BGHZ 185, 166 Rn. 22 f., 26 f., BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08, WM 2011, 306 Rn. 22, 25 und BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, BGHZ 231, 215 Rn. 85, 95 ff.).

2. Zur Verfahrensbeschleunigung kann gemäß § 411a ZPO die schriftliche Begutachtung durch die Verwertung eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

Tenor

Auf die Revision des Musterklägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 31. März 2021 in der Fassung des Beschlusses vom 26. Mai 2021 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Abweisung des [X.] und des ersten [X.] 2 aufgehoben sowie hinsichtlich der zu dem [X.] 3 getroffenen Feststellung teilweise abgeändert.

Auf die Revision der [X.] wird das vorbezeichnete Urteil hinsichtlich der zum zweiten Hilfsantrag des [X.]s 2 getroffenen Feststellung aufgehoben.

Es wird folgende Feststellung getroffen:

Die [X.] ist verpflichtet, die Zinsänderung in den Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" monatlich vorzunehmen und dabei das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende relative Verhältnis zwischen dem bei Vertragsschluss vereinbarten variablen Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Sinne des [X.]s 2 zu wahren ([X.] 3).

Hinsichtlich des [X.]s 2 wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der [X.], ein seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtung in die Liste nach § 4 [X.] eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus [X.] (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die [X.].

2

Die [X.] bzw. deren Rechtsvorgänger (nachfolgend einheitlich: [X.]) schloss seit Anfang der 1990er Jahre bis zum Anfang dieses Jahrhunderts mit Verbrauchern Sparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach - bis zu 50% der jährlichen Spareinlage ab dem 15. Sparjahr - gestaffelte verzinsliche Prämie vorsahen. Die [X.] enthielten keine konkreten Bestimmungen zur Änderung des variablen Zinssatzes. In ihnen heißt es u.a.:

"Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit …% p.a. verzinst."

oder

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalender-/Sparjahres […]."

3

In den in die Sparverträge einbezogenen "Bedingungen für den [X.]" der [X.]n heißt es u.a.:

"3. Verzinsung

3.1 Zinshöhe

Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im [X.] bekannt gegebenen Zinssatz. Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes, unabhängig von einer Kündigungsfrist, mit der Änderung des [X.] in [X.], sofern nichts anderes vereinbart ist.

4. Kündigung

Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate. …"

4

Der [X.] hält die Regelungen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge von der [X.]n vorgenommene Verzinsung für zu niedrig.

5

Mit der Musterfeststellungsklage hat er die Feststellungen begehrt, dass die Sparverträge allein durch die Formulierungen "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalender-/Sparjahres […]." oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit …% p.a. verzinst." keine wirksamen Zinsänderungsregelungen enthalten ([X.] 1), dass die [X.] verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die Sparverträge auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittswertes der letzten zehn Jahre auf Grundlage des Referenzzinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von über neun bis zehn Jahren (ehemalige Zinsreihe [X.] der Zinsstatistik der [X.]), hilfsweise auf der Grundlage eines von der [X.] für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das gerichtliche Ermessen gestellt wird, hilfsweise auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt und der in das gerichtliche Ermessen gestellt wird, vorzunehmen ([X.] 2), dass die [X.] verpflichtet ist, die Zinsanpassung monatlich unter Wahrung des relativen Verhältnisses zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Sinne des [X.]s 2 vorzunehmen, hilfsweise die Zinsänderung nach in das Ermessen des Gerichts gestellten [X.] hinsichtlich Anpassungsintervall, Anpassungsschwelle und [X.] vorzunehmen ([X.] 3), dass die tatsächliche Zinsänderung der [X.]n weder nach dem Referenzzinssatz im Sinne des [X.]s 2 noch nach den [X.] im Sinne des [X.]s 3 erfolgte ([X.] 4), dass der vertragliche Anspruch von Kunden der [X.]n, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben einschließlich der Zinsen frühestens ab der wirksamen Beendigung des [X.] fällig wird ([X.] 5), dass allein durch die Kenntnis der Höhe der tatsächlich vorgenommenen Zinsgutschrift im Sparbuch keine grob fahrlässige Unkenntnis oder Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, anhand derer die Höhe des tatsächlich zu [X.] zu ermitteln war, begründet wurde ([X.] 6) und dass allein die widerspruchslose Hinnahme der Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass die Ansprüche der Verbraucher auf Nachberechnung und Auskehrung von Zinsen verwirkt sind ([X.] 7).

6

Das [X.] hat der Musterfeststellungsklage hinsichtlich des [X.]s 1, hinsichtlich des zweiten [X.] 2, hinsichtlich des [X.] zum [X.] 3 bezüglich der Vornahme einer monatlichen Zinsänderung und hinsichtlich des [X.]s 5 stattgegeben. Im Übrigen hat es die Musterfeststellungsklage hinsichtlich der [X.]e 2, 3, 6 und 7 als unbegründet und hinsichtlich des [X.]s 4 als unzulässig abgewiesen.

7

Mit der Revision verfolgt der [X.] sein Feststellungsbegehren hinsichtlich der [X.]e 2 und 3 weiter, soweit das [X.] zu seinem Nachteil erkannt hat. Die [X.] verfolgt mit der Revision ihren Antrag auf vollständige Abweisung des [X.]s 2 weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revisionen haben Erfolg.

A.

9

Die Musterfeststellungsklage ist zulässig. Das [X.] hat das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 606 ZPO zu Recht bejaht. Bedenken hiergegen bringt die Revision der [X.] nicht vor.

B. Revision des [X.]

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

Das [X.] hat zur Begründung seiner in [X.]RS 2021, 6404 veröffentlichten Entscheidung - soweit für die Revision des [X.] von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

Das [X.] 2, das darauf gerichtet sei, den Referenzzinssatz für die im Streit stehenden Sparverträge zu bestimmen, sei zulässig. Es sei hinsichtlich des [X.] und des ersten [X.] unbegründet. Da die [X.] unwirksam seien und [X.] Recht insoweit fehle, sei die entstehende Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, die durch das Gericht vorzunehmen sei. Ausgangspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung sei der konkret abgeschlossene Vertrag, welcher vom Ausgangspunkt des "wirklich Gewollten her weitergedacht" werden müsse. Eine solche ergänzende Vertragsauslegung könne nicht im Zuge einer Musterfeststellungsklage generalisierend für alle Verträge vorgenommen werden, weil sich die Sparverträge hinsichtlich des Abschlussdatums und der konkreten Umstände unterschieden, die zum Vertragsschluss geführt hätten. Auch hätten die Verbraucher, die ihre Ansprüche zum Klageregister angemeldet hätten, keine wortgleichen Verträge abgeschlossen.

Das [X.] 3 sei zulässig und hinsichtlich des [X.] insoweit unbegründet, als der [X.] mit ihm die Feststellung begehre, dass bei den von der [X.] monatlich vorzunehmenden [X.] das relative Verhältnis zwischen dem bei Vertragsabschluss vereinbarten variablen Zinssatz und dem zu bestimmenden Referenzzinssatz gewahrt bleibe. Dem [X.] sei eine Feststellung hierzu im Rahmen einer Musterfeststellungsklage verwehrt, weil sie Teil der ergänzenden Vertragsauslegung sei, die "nicht generalisierbar" sei.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Die Revision des [X.] ist zulässig. Entgegen der Ansicht der [X.] ist die Revision des [X.] insbesondere auch bezüglich des ersten [X.] zum [X.] 2 in der gesetzlichen Form des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO begründet worden (§ 552 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinan[X.]etzt und konkret darlegt, warum die Begründung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein soll ([X.], Urteil vom 20. Mai 2011 - [X.], [X.], 543 Rn. 6; Beschlüsse vom 29. Juli 2014 - [X.], [X.], 1121 Rn. 4 und vom 12. September 2022 - VIa ZR 230/22, juris Rn. 13). Dem genügt die Revisionsbegründung des [X.]. Denn er beanstandet die angefochtene Entscheidung unter anderem dahin, das [X.] hätte hinsichtlich der [X.] 2 und 3 eine ergänzende Vertragsauslegung vornehmen müssen. Soweit das [X.] eine solche Auslegung unterlassen hat, ist die Revisionsbegründung daher geeignet, dem angefochtenen Urteil die Grundlage zu entziehen. Das gilt auch für den ersten Hilfsantrag zum [X.] 2.

2. a) Zu Recht ist das [X.] von der Zulässigkeit des [X.] und des ersten [X.] zum [X.] 2 ausgegangen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. Oktober 2021 ([X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 32) erkannt hat, hat das [X.] weder ausdrücklich noch verdeckt die Feststellung eines Leistungsanspruchs der Verbraucher gegen die [X.] zum Gegenstand.

b) [X.] hat das [X.] allerdings den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag zum [X.] 2 zurückgewiesen. Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des [X.]s erkannt und eingehend begründet hat, hätte das [X.] einen Referenzzinssatz für die variable Verzinsung des [X.] im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestimmen müssen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 81 ff.; zustimmend [X.]/[X.], EWiR 2021, 705, 706). [X.] Erwägungen stehen der Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegen (Senatsurteil, aaO Rn. 47 ff.; zustimmend [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 13. Aufl., § 307 Rn. 393b; [X.]/[X.], [X.], [X.]. 2020, [X.]: 30. April 2022, § 157 Rn. 47c.2; Edelmann, [X.], 305, 308; Furche, [X.], 993, 995; [X.], [X.], 38, 49; kritisch [X.]OGK [X.]/[X.], Stand: 1. Dezember 2022, § 306 Rn. 102.1; v. [X.], [X.], 1465 ff.; [X.]., [X.], 288 Rn. 18 ff.). Nach dem Konzept der Sparverträge der vorliegenden Art ist es dabei allein [X.], einen Referenzzinssatz für langfristige Spareinlagen heranzuziehen (Senatsurteil, aaO Rn. 85; zustimmend [X.], [X.], 579, 585; kritisch [X.], [X.], 38, 50), wobei die Ansparphase Berücksichtigung finden kann (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 166 Rn. 23). Neben der langen Fristigkeit des Referenzzinssatzes wird der als Referenz heranzuziehende Marktzinssatz (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021, aaO Rn. 91) oder die als Referenz heranzuziehende Umlaufrendite auch widerzuspiegeln haben, dass es sich bei den streitgegenständlichen Sparverträgen um eine risikolose Anlageform handelt (vgl. [X.], [X.], 1973, 1975).

Das [X.] hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob die vom [X.] in seinem Hauptantrag zum [X.] 2 genannte Umlaufrendite inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über neun bis zehn Jahren (ehemalige Zinsreihe [X.] der Zinsstatistik der [X.]) als Referenzzinssatz den Interessen der Parteien eines [X.] mit den typischen Merkmalen gerecht wird. Es wird dies daher mit sachverständiger Hilfe nachzuholen haben. Sollte das [X.] zu dem Ergebnis kommen, dass dieser Zinssatz den an ihn als Referenzzinssatz zu stellenden Anforderungen nicht genügt, wird es - ebenfalls sachverständig beraten - über den ersten Hilfsantrag zum [X.] 2 zu entscheiden haben und dabei klären müssen, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der [X.] veröffentlichte Zinssatz als Referenzzinssatz heranzuziehen ist (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 86).

3. Mit Erfolg wendet sich der [X.] weiter gegen die teilweise Zurückweisung des [X.] zum [X.] 3.

a) Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des [X.]s für vergleichbare Sparverträge erkannt hat, muss bei den von der [X.] vorzunehmenden [X.] das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinssatzes zum Referenzzinssatz gewahrt bleiben und nicht eine gleichbleibende absolute Gewinnmarge (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 95 ff., im Ergebnis zustimmend [X.]/[X.]/[X.]/Thießen, [X.], 208, 214). Die ergänzende Vertragsauslegung kann der Senat selbst vornehmen (Senatsurteil, aaO Rn. 94). Die Anwendung der [X.] entspricht bei der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht den typischen Vorstellungen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss. Sie wahrt das Äquivalenzprinzip, indem sie gewährleistet, dass günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen (Senatsurteil, aaO Rn. 96 mwN). Wie der Senat ebenfalls bereits eingehend begründet hat, stehen bankaufsichtsrechtliche Gesichtspunkte der Anwendung der [X.] nicht entgegen (Senatsurteil, aaO Rn. 100 ff.).

b) An diesem Auslegungsergebnis hält der Senat auch vor dem Hintergrund der von der [X.] und von Teilen des Schrifttums neuerlich vorgebrachten Einwände fest.

aa) Die [X.] wi[X.]pricht entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung ([X.]/[X.], [X.], 293, 298 f.; Furche, [X.], 1041, 1045 f.; Langner, [X.], 305, 308; [X.], [X.], 1997, 2001; Furche/[X.], [X.], 2290, 2298) nicht den anerkannten Grundsätzen des [X.]. Nach diesen Grundsätzen haben [X.] einen den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligenden Inhalt im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.], wenn sie es dem Verwender ermöglichen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen, oder wenn sie nur das Recht des Klauselverwen[X.] enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2009 - [X.], [X.]Z 180, 257 Rn. 25 mwN).

Derartige Vorteile der [X.] sind mit der anzuwendenden [X.] nicht verbunden. Denn die [X.] hat bei Anwendung dieser Methode von vornherein keinen Einfluss auf die Höhe der von ihr vorzunehmenden [X.]. Die Höhe der [X.] wird vielmehr auf der Grundlage der Höhe des anfänglich vereinbarten [X.]es durch die Höhe des Referenzzinssatzes bei Vertragsbeginn und durch die Entwicklung des Referenzzinssatzes während der Laufzeit des [X.] bestimmt. Diese Faktoren kann die [X.] nicht einseitig festlegen. Dass sich die absolute Zinsmarge der [X.] bei Anwendung der [X.] im Fall eines Anstiegs des Referenzzinssatzes erhöht und im Fall eines Absinkens des Referenzzinssatzes reduziert, verstößt nicht gegen die vorgenannten Grundsätze des [X.]. Die [X.] gewährleistet vielmehr - an[X.] als die von der [X.] befürwortete [X.] -, dass der anfängliche relative Abstand des [X.] zum Referenzzinssatz konstant und damit das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit der Sparverträge erhalten bleibt (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 96 und 99).

bb) Der Einwand der [X.], die Zinsanpassung nach der [X.] habe aus deren Sicht einen "spekulativen Charakter", der bei den Sparverträgen von keiner Partei gewollt sei, verfängt ebenfalls nicht. Es trifft zwar zu, dass sich bei Anwendung der [X.] die absolute Zinsmarge der [X.] bei steigenden [X.] erhöht und bei sinkenden [X.] reduziert. Da die absolute Zinsmarge der [X.] aber bei sinkenden [X.] sinken und bei steigenden [X.] steigen muss, um dem Äquivalenzprinzip Rechnung zu tragen und damit das Grundgefüge des Vertragsverhältnisses bei den vorzunehmenden [X.] zu erhalten (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 96), sind die mit den [X.] verbundenen Änderungen der absoluten Zinsmarge der [X.] vertragsimmanent. Darüber hinaus verhindert auch die [X.] bei einer ausgeschlossenen negativen variablen Verzinsung (vgl. hierzu [X.], [X.], 1973, 1975) im Fall sinkender Referenzzinssätze eine Reduktion der absoluten Zinsmarge der [X.] nicht, wenn der Referenzzinssatz kleiner ist als der anfängliche absolute Abstand zwischen Vertrags- und Referenzzinssatz (vgl. Senatsurteil, aaO Rn. 103; [X.], [X.], 355, 366).

Soweit im Schrifttum ([X.]/[X.], [X.], 293, 299; [X.], [X.], 191, 198) in dem Zusammenhang weiter vorgebracht wird, die [X.] könne die "Wette" nur verlieren, da Sparer bei steigenden [X.] den Vertrag kurzfristig kündigen könnten, wohingegen die [X.] bei sinkenden [X.] keine Kündigungsmöglichkeit habe (zum Ausschluss des Kündigungsrechts der Sparkasse bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - [X.], [X.]Z 222, 74 Rn. 38 ff.), handelt es sich nicht um ein Phänomen, das nur bei Anwendung der [X.] auftritt. [X.] besteht bei Anwendung der [X.] im Fall sinkender Referenzzinssätze für Sparer gleichermaßen der Anreiz, den Vertrag kurzfristig zu kündigen, da sinkende Referenzzinssätze bei einem absolut gleichbleibenden Abstand des [X.] zum Referenzzinssatz zu einer im Verhältnis zum [X.]satz überzogenen Marge der Sparkasse führen können (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 96). Ursächlich für diese aus Sicht der Sparer günstige vertragliche Position ist nicht die Methode der Zinsanpassung, sondern sind die weiteren vertraglichen Bestimmungen des [X.], die dahin zu verstehen sind, dass dem Sparer das Recht zukommt, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart (Senatsurteil vom 14. Mai 2019, aaO Rn. 38).

cc) Schließlich vermag auch der Hinweis, [X.] könnten sowohl bei Anwendung der Differenz- als auch bei Anwendung der [X.] mathematisch zu einem negativen [X.] führen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 293, 298; dies., EWiR 2021, 705, 706 f.; [X.], [X.], 570, 573 f.; Furche, [X.], 1041, 1045; [X.]/[X.]/[X.]/Thießen, [X.], 208, 210; Langner, [X.], 305, 308 f.; [X.]/[X.], [X.], 1963, 1965; Furche/[X.], [X.], 2290, 2298; [X.], [X.], 1997, 1998; [X.], [X.] 2020, 265, 266; [X.], [X.], 355, 365), kein anderes Auslegungsergebnis rechtfertigen. Soweit der Senat (Urteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 96) ausgeführt hat, dass ein absolut gleichbleibender Abstand zum Referenzzinssatz bei sinkenden Zinsen die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals birgt, ist damit nicht gemeint, dass eine negative Verzinsung bei Anwendung der [X.] mathematisch ausgeschlossen ist. [X.] ist die [X.] in dem Zusammenhang deswegen, weil sie - an[X.] als die [X.] - bei positiven [X.] stets zu positiven [X.]en führt und damit den Vorstellungen der an den Sparverträgen beteiligten Verkehrskreise entspricht, auch bei sinkenden - aber positiven - Marktzinsen Zinserträge mit der Spareinlage zu generieren, die im gleichen Verhältnis zum [X.] stehen wie bei Vertragsschluss (vgl. Senatsurteil, aaO Rn. 99).

C. Revision der [X.]

Die Revision der [X.] hat ebenfalls Erfolg.

I.

Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision der [X.] von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

Der zweite Hilfsantrag zum [X.] 2 sei zulässig und begründet. Die Feststellung, dass die [X.] verpflichtet sei, die Zinsänderung für die genannten Sparverträge auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes vorzunehmen, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekomme, sei hinreichend generalisierbar und gelte für alle denkbaren Vertragsgestaltungen.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

[X.] hat das [X.] auf den zweiten Hilfsantrag zum [X.] 2 festgestellt, dass die [X.] verpflichtet sei, die Zinsanpassung auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekomme, vorzunehmen. Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des [X.]s entschieden hat, ist diese Feststellung nicht klärungsbedürftig und verkennt [X.] des Rechtsschutzbegehrens des [X.] (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 215 Rn. 36 f.).

D.

Nach alledem ist das Urteil des [X.]s hinsichtlich des [X.]s 3 teilweise und hinsichtlich des [X.]s 2 insgesamt aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Über das [X.] 3 kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da es insoweit keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf. Dies führt zu der vom [X.] beantragten Feststellung.

Hinsichtlich des [X.]s 2 ist die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das [X.] zurückzuverweisen, da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das [X.] wird erneut über die in einem Eventualverhältnis stehenden Anträge des [X.] zum [X.] 2 zu entscheiden und dabei mit sachverständiger Hilfe im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Referenzzinssatz gemäß den Ausführungen unter [X.] 2. zu bestimmen haben (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2017 - [X.], [X.], 808 Rn. 27 ff.). Dabei wird zu bedenken sein, dass zur Verfahrensbeschleunigung gemäß § 411a ZPO ein bereits erstelltes Sachverständigengutachten dann verwertet werden kann, wenn es in einem Gerichtsverfahren (vgl. u.a. [X.], [X.], 1973) oder von der Staatsanwaltschaft eingeholt worden ist.

[X.]     

      

Derstadt     

      

Schild von [X.]

      

Sturm     

      

Ettl     

      

Meta

XI ZR 257/21

24.01.2023

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 31. März 2021, Az: 5 MK 2/20

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 4 UKlaG, § 411a ZPO, § 551 Abs 3 S 1 Nr 1 Buchst a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.2023, Az. XI ZR 257/21 (REWIS RS 2023, 329)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 329 WM 2023, 326 REWIS RS 2023, 329 MDR 2023, 374-376 REWIS RS 2023, 329

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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