Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.02.2014, Az. V R 18/11

5. Senat | REWIS RS 2014, 7491

STEUERRECHT BUNDESFINANZHOF (BFH) UMSATZSTEUER

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Gegenstand

Keine Entgeltminderung bei Vermittlung - Schlussurteil "Ibero Tours"


Leitsatz

Aufgrund des EuGH-Urteils vom 16. Januar 2014 C-300/12 Ibero Tours (DStR 2014, 139) hält der Senat nicht daran fest, dass ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vermittelte für Reiseveranstalter Reiseleistungen, die die Reiseveranstalter durch Provisionen vergüteten. Sie gewährte dabei den [X.]n Preisnachlässe auf den Reisepreis, die sie selbst finanzierte, so dass der Reiseveranstalter trotz des Preisnachlasses den vollen Reisepreis erhielt. Die Reiseveranstalter versteuerten ihre Reiseleistungen nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes i.d.[X.] (UStG), einer Regelung, die für die von der Klägerin erbrachten Vermittlungsleistungen nicht anzuwenden war.

2

Die Klägerin versteuerte die gegenüber den Reiseveranstaltern erbrachten Vermittlungsleistungen zunächst im Umfang der von den Reiseveranstaltern geschuldeten Provisionszahlungen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.] ([X.]) beantragte sie mit Schreiben vom 30. August 2007, die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2002 bis 2005 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung zu ändern, da die Gewährung der Preisnachlässe an die [X.]n gemäß § 17 UStG zu einer Minderung der an die Reiseveranstalter steuerpflichtig erbrachten Vermittlungsleistungen geführt habe.

3

Dem schloss sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) im [X.] an eine [X.] durch Erlass geänderter Steuerbescheide für die Streitjahre nur insoweit an, als die von den Reiseveranstaltern erbrachten Reiseleistungen steuerpflichtig waren. Soweit die durch die Reiseveranstalter erbrachten --und durch die Klägerin steuerpflichtig vermittelten-- Reiseleistungen gemäß § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei waren, lehnte das [X.] die Änderung ab.

4

Hiergegen legte die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage ein, der das [X.] ([X.]) mit den in Entscheidungen der [X.]e 2011, 2022 veröffentlichten Gründen stattgab. Danach mindern Preisnachlässe eines Vermittlers, soweit sie auf steuerpflichtige Vermittlungsleistungen entfallen, die Bemessungsgrundlage der an die Veranstalter erbrachten Vermittlungsleistungen auch dann, wenn die vermittelte Reiseleistung gemäß § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei ist.

5

Gegen das Urteil des [X.] wendet sich das [X.] mit seiner Revision, die es auf Verletzung materiellen Rechts (§ 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UStG) stützt.

6

Im Revisionsverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 26. April 2012 V R 18/11 ([X.]E 237, 512, [X.]/NV 2012, 1393) das Verfahren gemäß § 74 der [X.]sordnung ([X.]O) ausgesetzt und dem [X.] ([X.]) folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] ([X.]/[X.]) zur Vorabentscheidung vorgelegt:

7

"1. Kommt es nach den Grundsätzen des [X.]-Urteils vom 24. Oktober 1996 [X.]/94, [X.] ([X.]. 1996, [X.]) auch dann zu einer Minderung der Besteuerungsgrundlage im Rahmen einer Vertriebskette, wenn ein Vermittler (hier: Reisebüro) dem Empfänger (hier: [X.]) des von ihm vermittelten Umsatzes (hier: Leistung des Reiseveranstalters an den [X.]n) einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet?

8

2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind die Grundsätze des [X.]-Urteils [X.] in [X.]. 1996, [X.] auch dann anzuwenden, wenn nur der vermittelte Umsatz des Reiseveranstalters, nicht aber auch die Vermittlungsleistung des Reisebüros der Sonderregelung nach Art. 26 der [X.]/[X.] unterliegt?

9

3. Falls auch die zweite Frage zu bejahen ist: Ist ein Mitgliedstaat, der Art. 11 Teil C Abs. 1 der [X.]/[X.] zutreffend umgesetzt hat, im Fall der Steuerfreiheit der vermittelten Leistung nur dann berechtigt, eine Minderung der Besteuerungsgrundlage zu versagen, wenn er in Ausübung der in dieser Bestimmung enthaltenen Ermächtigung zusätzliche Bedingungen zur Versagung der Minderung geschaffen hat?"

Der [X.] hat in seinem Urteil vom 16. Januar 2014 [X.], [X.] ([X.] --DStR-- 2014, 139) wie folgt geantwortet:

"Die Bestimmungen der Sechsten [X.]/[X.] ... sind dahin auszulegen, dass die Grundsätze, die der Gerichtshof im Urteil vom 24. Oktober 1996, [X.] ([X.]/94), zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird."

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das [X.] habe zutreffend entschieden. Auf die Steuerpflicht der vermittelten Leistung komme es nicht an.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 [X.]O). Die Klägerin ist nicht nach § 17 UStG berechtigt, das Entgelt für die an die Reiseveranstalter erbrachten Vermittlungsleistungen um Preisnachlässe zu vermindern, die sie den Kunden der Reiseveranstalter gewährt hat.

1. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG ([X.]-Urteile vom 28. Mai 2009 V R 2/08, [X.], 166, [X.], 870, unter [X.]; vom 17. Dezember 2009 V R 1/09, [X.], 1869, unter [X.], und vom 11. Februar 2010 V R 2/09, [X.], 467, [X.], 765, unter [X.]). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Unionsrechtliche Grundlage für § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist in den Streitjahren (2002 bis 2005) Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der [X.]/[X.] (entspricht Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/[X.] --MwStSystRL--). Danach wird im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage (Steuerbemessungsgrundlage) unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der [X.]/[X.] (jetzt Art. 73 MwStSystRL). Danach umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer (Erwerber) oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.

2. Der erkennende [X.] hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Entgeltminderung bejaht.

3. Der [X.] hat mit Urteil [X.] in DStR 2014, 139, Leitsatz entschieden, dass sich aus dem [X.]-Urteil [X.] in [X.]. 1996, [X.] keine Entgeltminderung für den Fall ergibt, dass "ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird."

Danach wirkt sich der Preisnachlass nicht auf das Entgelt der vom Vermittler an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen aus, da der Vermittler keinen Nachlass für die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen gewährt ([X.]-Urteil [X.] in DStR 2014, 139, Rdnr. 27). Aufgrund dieses Urteils hält der [X.] nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung ([X.]-Urteile vom 12. Januar 2006 V R 3/04, [X.], 69, [X.], 479, unter II.2. mit Berechnungsbeispiel; vom 13. Juli 2006 V R 46/05, [X.], 463, [X.], 186) fest, dass ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt.

4. Danach ist das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die durch die Klägerin als Vermittler gewährten Preisnachlässe für die von ihr vermittelten Leistungen führen nicht zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG, so dass es auf die zwischen den Beteiligten bislang streitige Frage der Steuerfreiheit oder Steuerpflicht der vermittelten Leistung nicht ankommt.

Der erkennende [X.] weicht damit nicht von der Rechtsprechung des [X.]. [X.]s des [X.] ab. Denn das [X.]-Urteil vom 15. Februar 2012 [X.] R 24/09 ([X.]E 236, 267, [X.], 712) betrifft eine anders gelagerte Fallgestaltung, bei der dem [X.]-Urteil [X.] in [X.]. 1996, [X.] entsprechend eine Lieferkette über einen Zwischenhändler vorliegt.

Meta

V R 18/11

27.02.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 23. März 2011, Az: 5 K 3298/08 U, Urteil

§ 17 Abs 1 S 1 UStG 1999, Art 11 Teil C Abs 1 UAbs 1 EWGRL 388/77, § 17 Abs 1 S 1 UStG 2005, UStG VZ 2005, § 10 Abs 1 UStG 2005, § 10 Abs 1 UStG 1999, Art 11 Teil A Abs 1 Buchst a EWGRL 388/77, § 25 UStG 1999, § 25 UStG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.02.2014, Az. V R 18/11 (REWIS RS 2014, 7491)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7491

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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