Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.02.2014, Az. V R 32/11

5. Senat | REWIS RS 2014, 7497

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 27.02.2014 V R 18/11 - Keine Entgeltminderung bei Vermittlung)


Leitsatz

NV: Aufgrund des EuGH-Urteils Ibero Tours hält der Senat nicht daran fest, dass ein Vermittler, der für einen anderen Unternehmer das Erbringen einer Leistung steuerpflichtig vermittelt, das Entgelt für die gegenüber seinem Auftraggeber erbrachte Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vermittelte --neben der Erbringung anderer [X.] für Reiseveranstalter Reiseleistungen, die die Reiseveranstalter durch Provisionen vergüteten. Sie gewährte dabei den Reisekunden Preisnachlässe auf den Reisepreis, die sie selbst finanzierte, so dass der Reiseveranstalter trotz des Preisnachlasses den vollen Reisepreis erhielt. Die Reiseveranstalter versteuerten ihre Reiseleistungen nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes i.d.[X.] (UStG), einer Regelung, die für die von der Klägerin erbrachten Vermittlungsleistungen nicht anzuwenden war.

2

Die Klägerin versteuerte die gegenüber den Reiseveranstaltern erbrachten Vermittlungsleistungen zunächst im Umfang der von den Reiseveranstaltern geschuldeten Provisionszahlungen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.] ([X.]) beantragte sie mit Schreiben vom 30. Oktober 2006, die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2001 bis 2005 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung zu ändern, da die Gewährung der Preisnachlässe an die Reisekunden gemäß § 17 UStG zu einer Minderung der an die Reiseveranstalter steuerpflichtig erbrachten Vermittlungsleistungen geführt habe.

3

Dem schloss sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) im [X.] an eine [X.] durch Erlass geänderter Steuerbescheide für die Streitjahre nur insoweit an, als die von den Reiseveranstaltern erbrachten Reiseleistungen steuerpflichtig waren. Soweit die durch die Reiseveranstalter erbrachten --und durch die Klägerin steuerpflichtig vermittelten-- Reiseleistungen gemäß § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei waren, lehnte das [X.] die Änderung ab.

4

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, dass eine Minderung der Bemessungsgrundlage auch insoweit vorliege, als sie Rabatte bei der Vermittlung von Reisen gewährt habe, die steuerfrei sind, hatten keinen Erfolg.

5

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 473 veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts ([X.]) ist die Klägerin zu einer Minderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG für Vermittlungsleistungen nicht berechtigt, soweit sich die von ihr gewährten Preisnachlässe auf steuerfreie Reiseleistungen bezogen.

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, für die sie Verletzung materiellen und formellen Rechts geltend macht.

7

Unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss vom 26. April 2012 V R 18/11 ([X.]E 237, 512, [X.]/NV 2012, 1393) zur Auslegung der Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) hat der erkennende Senat durch Beschluss vom 26. November 2012 V R 32/11 gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung durch den [X.] ([X.]) in der Rechtssache [X.]/12, [X.] angeordnet. Mit Urteil vom 16. Januar 2014 [X.]/12, [X.] ([X.], 139) hat der [X.] in dieser Rechtssache entschieden:

"Die Bestimmungen der [X.]/[X.] ... sind dahin auszulegen, dass die Grundsätze, die der Gerichtshof im Urteil vom 24. Oktober 1996, [X.] ([X.]/94), zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird."

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 2001 bis 2005 vom 5. September 2007 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 dahin zu ändern, dass die verbleibende Umsatzsteuer auf 34.702 € (2001), 25.745,57 € (2002), 21.724,99 € (2003), 23.509,06 € (2004) und [X.] € (2005) vermindert wird.

9

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O).

1. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG ([X.]-Urteile vom 28. Mai 2009 V R 2/08, [X.], 166, [X.], 870, unter [X.]; vom 17. Dezember 2009 V R 1/09, [X.], 1869, unter [X.], und vom 11. Februar 2010 V R 2/09, [X.], 467, [X.], 765, unter [X.]). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Unionsrechtliche Grundlage für § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist in den Streitjahren (2001 bis 2005) Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der [X.]/[X.] (entspricht Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/[X.] --MwStSystRL--). Danach wird im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage (Steuerbemessungsgrundlage) unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der [X.]/[X.] (jetzt Art. 73 MwStSystRL). Danach umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer (Erwerber) oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.

2. Der erkennende [X.] hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Entgeltminderung bejaht.

3. Der [X.] hat mit Urteil [X.] in DStR 2014, 139, Leitsatz entschieden, dass sich aus dem [X.]-Urteil [X.] in [X.]. 1996, [X.] keine Entgeltminderung für den Fall ergibt, dass "ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird."

Danach wirkt sich der Preisnachlass nicht auf das Entgelt der vom Vermittler an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen aus, da der Vermittler keinen Nachlass für die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen gewährt ([X.]-Urteil [X.] in DStR 2014, 139, Rdnr. 27). Aufgrund dieses Urteils hält der [X.] nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung ([X.]-Urteile vom 12. Januar 2006 V R 3/04, [X.], 69, [X.], 479, unter II.2. mit Berechnungsbeispiel; vom 13. Juli 2006 V R 46/05, [X.], 463, [X.], 186) fest, dass ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt.

4. Danach hat das [X.] im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin zu einer Berichtigung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht berechtigt ist. Die durch die Klägerin als Vermittlerin gewährten Preisnachlässe für die von ihr vermittelten Leistungen führen nicht zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG, so dass es auf die zwischen den Beteiligten bislang streitige Frage der Steuerfreiheit oder Steuerpflicht der vermittelten Leistung nicht ankommt.

5. Der erkennende [X.] weicht damit nicht von der Rechtsprechung des [X.]. [X.]s des [X.] ab. Denn das [X.]-Urteil vom 15. Februar 2012 [X.] R 24/09 ([X.]E 236, 267, [X.], 712) betrifft eine anders gelagerte Fallgestaltung, bei der dem [X.]-Urteil [X.] in [X.]. 1996, [X.] entsprechend eine Lieferkette über einen Zwischenhändler vorliegt.

6. Soweit die Klägerin eine Verletzung formellen Rechts behauptet hat, hat sie dies entgegen § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b [X.]O nicht begründet, so dass diese Rüge unzulässig ist.

7. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 32/11

27.02.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 26. September 2011, Az: 3 K 1015/08, Urteil

§ 17 Abs 1 S 1 UStG 1999, Art 11 Teil C Abs 1 UAbs 1 EWGRL 388/77, § 17 Abs 1 S 1 UStG 2005, UStG VZ 2005, § 25 UStG 1999, § 25 UStG 2005, § 10 Abs 1 UStG 1999, § 10 Abs 1 UStG 2005, Art 11 Teil A Abs 1 Buchst a EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.02.2014, Az. V R 32/11 (REWIS RS 2014, 7497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7497

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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