Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2000, Az. XII ZB 22/99

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3445

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] ZB 22/99vom19. Januar 2000in dem [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 19. Januar 2000 durch [X.] [X.] und [X.] Hahne, [X.],[X.] und Prof. Dr. [X.]:Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der Beschluß [X.] Zivilsenats des [X.] vom 7. [X.] aufgehoben.Dem Kläger wird wegen Versäumung der Frist zur [X.] Berufung gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 24. September 1998 Wiedereinsetzung in [X.] Stand bewilligt.[X.]: 30.723 DM.Gründe:[X.] hat die auf Zahlung rückständiger Mietzinsen gerichteteKlage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die [X.] 26.237 DM nebst Zinsen zu zahlen. Gegen das dem Kläger [X.] September 1998 zugestellte Urteil hat dieser, vertreten durch seine frühereProzeßbevollmächtigte, am 28. Oktober 1998 Berufung eingelegt. Am [X.] der Berufungsbegründungsfrist, am Montag, den 30. November 1998, ist- 3 -bei dem [X.] per Telefax ein Antrag des [X.], vertreten durchseinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten, auf Verlängerung der Berufungsbe-gründungsfrist bis zum 14. Dezember 1998 eingegangen. Zur Begründung hatder neue Prozeßbevollmächtigte des [X.] ausgeführt, er sei erst an [X.] mit dessen Vertretung beauftragt worden, der bisherigen [X.] des [X.] sei das Mandat entzogen worden; für die [X.] die Sache und die Anfertigung der [X.] benötige erdie beantragte Fristverlängerung. Mit Verfügung vom 1. Dezember 1998, [X.] zugestellt am 3. Dezember 1998, hat der Senatsvorsitzende den Antragmit der Begründung abgelehnt, eine Fristverlängerung würde den Rechtsstreitverzögern, der Kläger habe keine hinreichenden Gründe für die beantragteVerlängerung dargelegt; es stehe einer [X.] zwar frei, nach Einlegung [X.] den Anwalt zu wechseln, sie müsse aber sicherstellen, daß der neueProzeßbevollmächtigte die Berufungsbegründungsfrist einhalten könne.Mit am 11. Dezember 1998 eingegangem Schriftsatz hat der Kläger dieBerufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen [X.] der Berufungsbegründungsfrist beantragt. In dem Antrag [X.] hat er unter anderem vorgetragen, sein Anwalt habe beidem erstmaligen Antrag auf Fristverlängerung darauf vertraut, dem Antragwerde stattgegeben.Das [X.] hat die beantragte Wiedereinsetzung versagtund die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortigeBeschwerde des [X.].- 4 -II.Die sofortige Beschwerde hat Erfolg.Dem Kläger ist auf seinen rechtzeitig gestellten Antrag (§ 234 ZPO) ge-gen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in [X.] Stand zu gewähren. Er war ohne eigenes oder ihm zurechenbaresVerschulden seines Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert, dieversäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Er beanstandet mit Recht, daß sei-nem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht stattgege-ben worden ist.1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.].Grundsätzlich kann der Rechtsmittelführer im [X.] mit Erfolg geltend machen, er habe mit der Verlängerung der [X.] durch den Vorsitzenden rechnen dürfen. Er ist vielmehr mitdem Risiko belastet, daß der Vorsitzende in Ausübung seines ihm gemäߧ 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingeräumten Ermessens eine beantragte Verlänge-rung auch dann versagt, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen [X.]. Etwas anderes gilt indessen, wenn der Rechtsmittelführer mit großerWahrscheinlichkeit die Bewilligung der Fristverlängerung erwarten konnte. Dasist regelmäßig bei einem ersten Verlängerungsantrag der Fall, wenn ein ihnrechtfertigender erheblicher Grund im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO gel-tend gemacht wurde ([X.] Beschlüsse vom 11. November 1998 - [X.]/98 - [X.] 1999, 374; vom 24. Oktober 1996 - [X.] - [X.]; vom 12. Juli 1995 - [X.] - [X.]R ZPO § 233 Fristverlängerung 12;vom 7. Oktober 1992 - [X.] - NJW 1993, 134, 135; vom 14. [X.] - [X.] - NJW 1991, 1359).- 5 -Entgegen der Auffassung des [X.] durfte der Kläger aufdie Bewilligung der Fristverlängerung vertrauen. Zu den Gründen, die in [X.] als erheblich im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO angesehenwerden, zählen unter anderem Vergleichsverhandlungen, Krankheit oder Ur-laub des Prozeßbevollmächtigten oder der [X.], berufliche Überlastung [X.] sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Notwendigkeit einer(weiteren) Rücksprache mit der [X.] ([X.], Beschluß vom [X.] aaO; [X.] ZPO 21. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 15;MünchKomm ZPO/[X.] § 519 ZPO Rdn. 14; [X.]/[X.] Aufl. § 519 ZPO Rdn. 19; [X.]/[X.] ZPO 22. Aufl. § 519 [X.]. 12). Einen in diesem Sinne gleichermaßen erheblichen Grund hatte [X.] zur Rechtfertigung des [X.] vorgetragen. [X.] seiner bisherigen Prozeßbevollmächtigten das Mandat entzogen und sei-nen jetzigen Prozeßbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsbegrün-dungsfrist mit seiner Vertretung beauftragt. Dieser konnte sich noch an dem-selben Tag nicht mehr in die Sache einarbeiten und die Berufungsbegrün-dungsschrift anfertigen.Der Kläger durfte deshalb darauf vertrauen, seinem Antrag werde statt-gegeben. Mit einer hiervon abweichenden Verfahrenspraxis brauchte er nichtzu rechnen; sie widerspricht rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung (BVerfGNJW 1998, 3703 und 1989, 1147).2. Es gereicht dem Kläger ferner nicht zum Verschulden, daß er amletzten Tag der Berufungsbegründungsfrist einen neuen Rechtsanwalt mit [X.] weiteren Vertretung beauftragt hat. Einer [X.] ist es nicht verwehrt, pro-zessuale Fristen bis zum letzten Tag auszunutzen (st.Rspr., vgl. z.B. [X.]Z 9,118, 119; [X.] Beschluß vom 11. Oktober 1989 - [X.] - [X.] -326, 327; Senatsurteil vom 11. Juli 1990 - [X.] - [X.]R ZPO § 233Postbeförderung 4). Es steht ihr deshalb grundsätzlich auch frei, erst am letz-ten Tag der Frist einen Rechtsanwalt aufzusuchen. In einem solchen Fall mußdie [X.] allerdings sicherstellen, daß der Anwalt noch in der Lage ist, an [X.] die Frist ordnungsgemäß zu wahren ([X.] Beschluß vom19. September 1995 - [X.] und 11/95 - veröffentlicht bei juris). Aus [X.] der Fristwahrung folgt indessen bei Fristen, die - wie die Beru-fungsbegründungsfrist gemäß § 519 Abs. 3 Satz 2 ZPO - auf Antrag verlängertwerden können, nicht, daß noch an demselben Tag eine Rechtsmittelbegrün-dung bei dem zuständigen Gericht eingereicht werden muß. Der Fristablaufwird vielmehr zunächst auch durch eine Verlängerung der [X.]. Die Voraussetzungen hierfür lagen, wie bereits ausgeführt wurde,aufgrund des Antrags des jetzigen Prozeßbevollmächtigten des [X.] vom30. November 1998 vor.[X.] Hahne [X.] [X.] Wagenitz

Meta

XII ZB 22/99

19.01.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2000, Az. XII ZB 22/99 (REWIS RS 2000, 3445)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3445

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.