Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.07.2010, Az. IV R 63/07

4. Senat | REWIS RS 2010, 4609

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Gegenstand

Vollmacht eines Treuhandkommanditisten kann Mitunternehmerinitiative vermitteln - Zweistufiges Feststellungsverfahren


Leitsatz

NV: Die Vollmacht eines Treuhandkommanditisten für den gesamten Geschäftsbereich der KG kann Mitunternehmerinitiative vermitteln .

Tatbestand

1

I. Die [X.] ([X.]G) wurde durch Vertrag vom 1. Januar 1985 gegründet. [X.]omplementärin war eine GmbH, [X.]ommanditistin zunächst die Beigeladene.

2

Die [X.]G war bis zum [X.] eine reine Vorratsgesellschaft. Danach diente sie der Bebauung einer größeren Grundstücksfläche mit gewerblichen Anlagen (Gewerbepark).

3

Mit Wirkung zum 1. [X.]eptember 1987 veräußerte die Beigeladene ihre [X.]ommanditbeteiligung an [X.], der diese sofort durch Treuhandvertrag vom selben Tag zu treuen Händen zurück übertrug. Im Treuhandvertrag verpflichtete sich die Beigeladene, mit der [X.]ommanditbeteiligung und den damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen Befugnissen nur nach Weisung des [X.] zu verfahren und alles, was sie aus der Beteiligung erhielt, an [X.] herauszugeben. [X.] verpflichtete sich, der Beigeladenen alle Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung als [X.]ommanditistin zu erstatten.

4

Am 12. Januar 1988 schlossen [X.], [X.] sowie der [X.]läger und Revisionskläger ([X.]läger) eine Vereinbarung. Danach übertrug [X.] alle ihm zustehenden Rechte aus dem Treuhandvertrag vom 1. [X.]eptember 1987 zu 91 % auf [X.] und zu 9 % auf den [X.]läger. Die Abtretung nahmen [X.] und der [X.]läger "jeder für sich" an und traten im Verhältnis ihrer Rechtserwerbe in alle Verpflichtungen von [X.] aus diesem Vertrag ein. [X.] und der [X.]läger verpflichteten sich, [X.] von allen Forderungen in diesem Zusammenhang freizustellen und etwaige Aufwendungen zu erstatten. Hinsichtlich des [X.]aufpreises in Höhe des Nominalwerts der [X.]ommanditanteile wurde vereinbart, dass [X.] und der [X.]läger erfüllungshalber die Pflicht übernehmen, die Beigeladene "wegen der insoweit getätigten Einlage zu befriedigen". § 6 der Vereinbarung vom 12. Januar 1988 lautet:

5

[X.] und der [X.]läger "vereinbaren hinsichtlich ihrer Rechtsgemeinschaft, daß die unternehmerische Verantwortung und Entscheidung ausschließlich bei Herrn [X.]... liegt," der [X.]läger "daher nur am Vermögen beteiligt ist. [X.]eine Beteiligung am Verlust ist daher ausgeschlossen. [X.]eine Rechte, insbesondere auf Information, nimmt er nur in den Gesellschaftsversammlungen wahr; §§ 164, 166 HGB sind daher ausgeschlossen. Nach Übernahme des [X.]G-Anteils werden die Parteien den Gesellschaftsvertrag entsprechend ändern. Die Rechtsstellung" des [X.]lägers "soll hinsichtlich seiner Befugnisse und Pflichten so ausgestaltet werden, als sei er an einer [X.]apitalgesellschaft beteiligt, wobei eine Änderung der Gesellschaftsform und Überführung der Anwartschaft in eine Beteiligung an eine [X.]apitalgesellschaft nicht ausgeschlossen ist."

6

Am 18. Februar 1988 wurde der [X.]läger von der [X.]G bevollmächtigt, diese bei den Verhandlungen zur Realisierung einer Bebauung im Bereich des Gewerbeparks zu vertreten. Die dem [X.]läger erteilte [X.] berechtigte diesen zur Abgabe aller erforderlichen Rechtserklärungen, die einer Realisierung dieses Projektes dienlich sein sollten. Der [X.]läger wurde auch bevollmächtigt, die Gesellschaft beim Abschluss der erforderlichen Verträge für eine Projektentwicklung bzw. eine spätere [X.] zu vertreten.

7

Am 11. August 1989 veräußerte der [X.]läger 6 % seiner "Rechtsbeteiligung" an die [X.] ([X.]). Das zwischen dem [X.]läger und der Beigeladenen weiterhin bestehende Treuhandverhältnis hinsichtlich Anteilen in Höhe von 3 % sollte von diesem Vertrag unberührt bleiben.

8

In derselben Urkunde veräußerte [X.] 41 % seiner "Rechtsbeteiligung" an die [X.]. Ferner bot er der [X.] die übrigen Anteile (50 %) an. Die [X.] nahm das Angebot später an. [X.]owohl der [X.] als auch der [X.] trat [X.] seine Rechte u.a. aus der Treuhandvereinbarung vom 1. [X.]eptember 1987 und der Vereinbarung vom 12. Januar 1988 ab.

9

Die Beigeladene trat ihre [X.]ommanditanteile entsprechend der Veräußerungen an die [X.] und die [X.] ab.

Mit Vertrag vom 27. Juli 1992 veräußerte der [X.]läger schließlich seine verbliebene "Rechtsbeteiligung" (3 %) an die [X.]; die Beigeladene trat ihre [X.]ommanditanteile (3 %) an die [X.] ab. Hieraus ergab sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 2.031.943,85 DM.

Im [X.] an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) u.a. die Auffassung, der [X.]läger habe im [X.]treitjahr (1992) einen Veräußerungsgewinn nach § 16 des Einkommensteuergesetzes erzielt.

Das [X.] erließ durch [X.] (§ 183 Abs. 2 der Abgabenordnung --[X.]--) dementsprechend nach § 164 Abs. 2 [X.] geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für das [X.]treitjahr.

Dabei stellte das [X.] mit Bescheid vom 28. Januar 2000 zunächst auf einer ersten [X.]tufe einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 60.851.725,85 DM fest. In der "Feststellung zweiter [X.]tufe (Treuhandverhältnis)" stellte das [X.] einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 2.031.943,85 DM fest und ordnete diesen ausschließlich dem [X.]läger zu.

Der [X.]läger vertrat in seinem Einspruch gegen die Feststellung zweiter [X.]tufe die Auffassung, er sei aufgrund der Beschränkung in § 6 der Vereinbarung vom 12. Januar 1988 kein Mitunternehmer gewesen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die [X.]lage blieb erfolglos. Zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 429 veröffentlichten Urteils führte das Finanzgericht ([X.]) aus, der [X.]läger könne bei der Anfechtung der Feststellungen zweiter [X.]tufe nicht einwenden, er sei nicht Mitunternehmer; dies sei bereits auf der ersten [X.]tufe bestandskräftig festgestellt worden.

Mit seiner Revision rügt der [X.]läger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt sinngemäß, das angefochtene [X.]-Urteil, die Einspruchsentscheidung und den Bescheid vom 28. Januar 2000 hinsichtlich der Feststellungen zweiter [X.]tufe aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist jedenfalls im Ergebnis unbegründet und ist daher zurückzuweisen (vgl. § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Der [X.]enat braucht im [X.]treitfall nicht zu entscheiden, ob der [X.]läger --wie das [X.] ausgeführt hat-- aus formellen Gründen gehindert ist, geltend zu machen, er sei kein Mitunternehmer. Er war jedenfalls im [X.]treitjahr Mitunternehmer.

1. Mitunternehmer ist derjenige [X.]er, der kumulativ [X.] entfalten kann und [X.] trägt. Die eine Mitunternehmerstellung kennzeichnenden Merkmale müssen auch beim Treugeber vorliegen. [X.] bedeutet vor allem Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z.B. [X.]ern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder anderen leitenden Angestellten obliegen. Ausreichend ist indes schon die Möglichkeit zur Ausübung von [X.]errechten, die wenigstens den [X.]timm-, [X.]ontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem [X.]ommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen [X.]ontrollrechten nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechen. [X.] trägt, wer gesellschaftsrechtlich oder diesem [X.]tatus wirtschaftlich vergleichbar am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens teilnimmt. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt (Beschluss des Großen [X.]enats des [X.] --[X.]-- vom 25. Juni 1984 Gr[X.] 4/82, [X.], 405, [X.] 1984, 751, unter [X.] und [X.]; vgl. auch [X.]-Urteil vom 30. Juni 2005 IV R 40/03, [X.] 2005, 1994, unter 1. der Gründe).

2. Der [X.]läger trug im [X.]treitfall [X.].

a) Ursprünglich vereinbarten [X.] und die Beigeladene am 1. [X.]eptember 1987 ein Treuhandverhältnis.

b) Diese Treugeberstellung hat [X.] zu 9 % auf den [X.]läger mit Vertrag vom 12. Januar 1988 wirksam übertragen. Der [X.]läger ist im Verhältnis seines "Rechtserwerbs" in alle Verpflichtungen des [X.] aus dem Treuhandverhältnis eingetreten. Der [X.]aufpreis wurde durch die Verpflichtung erfüllt, die Beigeladene wegen der geleisteten Einlage zu befriedigen.

c) Der [X.]läger war demnach am Gewinn und an den stillen Reserven der [X.] beteiligt. Ferner trug der [X.]läger das Risiko, in Höhe des eingesetzten [X.]apitals einen Verlust zu erleiden. Denn er hatte die Beigeladene für die geleistete Einlage zu befriedigen und ist der Verpflichtung beigetreten, die Beigeladene von allen Aufwendungen im Zusammenhang mit der [X.]ommanditbeteiligung entsprechend seinem Anteil freizustellen. Dem steht § 6 der Vereinbarung vom 12. Januar 1988 nicht entgegen. Zwar ist danach für den [X.]läger die "Beteiligung am Verlust ... ausgeschlossen". Der [X.]enat kann offenlassen, was damit gemeint war. Jedenfalls bedeutet dies nicht, dass dem [X.]läger das Risiko des Verlusts seiner "[X.]apitalbeteiligung" abgenommen werden sollte. Denn der [X.]läger sollte nach der Vereinbarung im Verhältnis zwischen [X.] und dem [X.]läger die [X.]tellung eines [X.]ers an einer [X.]apitalgesellschaft haben. Ein solcher trägt aber stets --wie ein [X.]ommanditist-- das Risiko, das eingesetzte [X.]apital zu verlieren.

Daher stand der [X.]läger einem [X.]er gleich, der am Gewinn, an den stillen Reserven und am Verlust in Höhe seiner Einlage beteiligt ist. Dies entspricht der [X.]tellung eines [X.]ommanditisten und reicht daher für das [X.] aus (Beschluss des Großen [X.]enats des [X.] in [X.], 405, [X.] 1984, 751, unter [X.] (2) der Gründe).

d) An dieser Beurteilung hat sich auch durch die Vereinbarung vom 11. August 1989 nichts geändert. Denn danach bestand das Treuhandverhältnis zwischen dem [X.]läger und der Beigeladenen in Höhe von 3 % der [X.]ommanditbeteiligung fort (Nr. 11 dieser Vereinbarung).

3. Der [X.]läger hatte auch [X.].

a) Dabei kann der [X.]enat offenlassen, wie sich § 6 der Vereinbarung vom 12. Januar 1988 auswirkt, wonach der [X.]läger sich gegenüber [X.] verpflichtet, von seinen über die Beigeladene zustehenden [X.]errechten keinen Gebrauch zu machen.

b) Denn jedenfalls vermittelt dem [X.]läger die ihm am 18. Februar 1988 erteilte [X.] die erforderliche [X.]. Danach hat der [X.]läger umfassende Vertretungsmacht für das einzige von der [X.] betriebene Projekt und damit für ihren gesamten Geschäftsbereich. Die [X.]tellung des [X.] ähnelt damit der eines Geschäftsführers oder eines anderen leitenden Angestellten. Ohne Bedeutung ist, ob --wie der [X.]läger vorträgt-- ihm die [X.] in seiner Funktion als Rechtsanwalt erteilt worden ist. Denn die Mitunternehmerstellung ist --wie der [X.]läger an anderer [X.]telle zutreffend ausführt-- unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche [X.]tellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (Beschluss des Großen [X.]enats des [X.] in [X.], 405, [X.] 1984, 751, unter [X.] der Gründe). Zudem spielt keine Rolle, ob der [X.]läger im Innenverhältnis weisungsgebunden war. Denn dies trifft auch auf leitende Angestellte zu; der diesem Personenkreis zustehende Einfluss reicht aber für die Annahme einer [X.] aus (vgl. oben zu [X.]). Dementsprechend vermittelt auch die im Innenverhältnis weisungsgebundene Vertretungsmacht eines [X.]omplementärs [X.] ([X.]-Urteil vom 11. Juni 1985 VIII R 252/80, [X.]E 144, 357, [X.] 1987, 33, unter 2.a der Gründe). Der [X.] hat zwar im Fall eines [X.]omplementärs, der weder am Gewinn und Verlust noch am Vermögen der [X.] beteiligt ist, für die Annahme einer Mitunternehmerstellung darauf abgestellt, dass dem [X.]omplementär --anders als dem [X.]läger im [X.]treitfall-- die Vertretungsmacht aufgrund der Regelung des § 170 HGB nicht entzogen werden kann ([X.]-Urteile vom 25. April 2006 [X.], [X.]E 213, 358, [X.] 2006, 595, unter II.2. der Gründe; vom 10. Mai 2007 IV R 2/05, [X.]E 218, 152, [X.] 2007, 927, unter [X.] der Gründe). Demgegenüber ist aber im vorliegenden Fall das [X.] des [X.] ---wie dargelegt-- nicht schwach ausgeprägt.

c) Für die [X.] ist schließlich nicht von Bedeutung, ob der [X.]läger von seiner [X.] tatsächlich Gebrauch gemacht hat (vgl. [X.]-Urteil vom 11. Dezember 1997 IV R 4/95, [X.] 1998, 947, unter 2. der Gründe).

Meta

IV R 63/07

21.07.2010

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 21. August 2007, Az: 17 K 7757/01 F, Urteil

§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 1990, § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 AO, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO, § 182 Abs 1 AO, § 179 Abs 2 S 3 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.07.2010, Az. IV R 63/07 (REWIS RS 2010, 4609)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4609

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