Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.05.2013, Az. II R 5/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 5757

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Gegenstand

(Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG vor 2009 bei Übertragung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs)


Leitsatz

Behält sich der Schenker bei der freigebigen Zuwendung einer Kommanditbeteiligung den Nießbrauch zu einer bestimmten Quote hiervon einschließlich der Stimm- und Mitverwaltungsrechte vor und vermittelt daher der mit dem Nießbrauch belastete Teil der Kommanditbeteiligung dem Erwerber für sich genommen keine Mitunternehmerstellung, können für diesen Teil die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG vor 2009 nicht beansprucht werden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war mit einer Kommanditeinlage von 25.000 € an einer gewerblich tätigen [X.] beteiligt. Mit Schenkungsvertrag vom 18. Dezember 2006 übertrug er mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 hiervon einen Anteil von 23.500 € ([X.]) nebst dem entsprechenden Anteil an den sonstigen für ihn bei der [X.] geführten Konten unentgeltlich auf seine [X.]ochter ([X.]) und übernahm die Schenkungsteuer. Er behielt sich an der übertragenen Kommanditbeteiligung einschließlich der Konten zu einer Quote von 22.000/23.500 den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vor. In Höhe dieser Quote stehen dem Kläger das auf die Beteiligung der [X.] an der [X.] entfallende Ergebnis (Gewinn oder Verlust) und aufgrund einer Bevollmächtigung durch [X.] auch die Stimmrechte und Mitverwaltungsrechte zu. [X.] verpflichtete sich, von ihrem eigenen Stimmrecht insoweit nicht Gebrauch zu machen, ersatzweise auf Wunsch des [X.] nach dessen Weisung zu handeln. Sollte [X.] während der Dauer des Nießbrauchs die dem Kläger erteilte Vollmacht widerrufen bzw. von ihrem Stimmrecht abweichend von dessen Weisungen Gebrauch machen, ist der Kläger zum Widerruf der Schenkung berechtigt.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte die Schenkungsteuer durch Bescheid vom 7. März 2008 gegen den Kläger fest, ohne den vom Kläger in Höhe von 180.000 € geltend gemachten Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des [X.] ([X.]) in der im Jahr 2006 geltenden Fassung zu berücksichtigen. Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das [X.] den Freibetrag in Höhe des Werts des nicht mit dem Nießbrauch belasteten [X.]eils der auf [X.] übertragenen Kommanditbeteiligung, also mit 23.493 € ansetzte. Aufgrund des Nießbrauchs stundete das [X.] die Steuer teilweise nach § 25 [X.] zinslos.

3

Das Finanzgericht (FG) setzte die Steuer durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 721, veröffentlichte Urteil auf 0 € herab. Es war der Ansicht, die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] seien auf den gesamten auf [X.] übertragenen [X.] zu gewähren. Bei isolierter Betrachtung sei [X.] zwar hinsichtlich des nießbrauchsbelasteten Anteils aufgrund der dem Kläger als Nießbraucher zustehenden umfassenden Rechte nicht Mitunternehmerin geworden. Es fehle insoweit sowohl an der [X.] als auch am [X.]. Dies stehe aber der Gewährung der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] für den gesamten auf [X.] übertragenen [X.] nicht entgegen. Die durch den unbelasteten Anteil vermittelte Mitunternehmerstellung der [X.] als Kommanditistin der [X.] sei unteilbar und erstrecke sich auch auf den durch den Nießbrauch belasteten [X.]eil der Kommanditbeteiligung. Der nach Anwendung der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] verbleibende Erwerb liege unter dem Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

4

Mit der Revision rügt das [X.] Verletzung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.]. Die Vereinbarung des Quotennießbrauchs sei zivilrechtlich zulässig und führe dazu, dass [X.] nur hinsichtlich des unbelasteten [X.]eils der Kommanditbeteiligung Mitunternehmerin der [X.] geworden sei und deshalb auch nur insoweit die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] zu gewähren seien.

5

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] nicht nur für den unbelasteten [X.]eil der auf [X.] übertragenen Kommanditbeteiligung, sondern auf die gesamte Kommanditbeteiligung anzuwenden seien.

8

1. Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] kommen die Steuervergünstigungen der Abs. 1 und 2 der Vorschrift in Betracht für inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb u.a. eines Anteils an einer [X.] und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

9

a) Dabei sind die Steuervergünstigungen nur zu gewähren, wenn das von [X.]odes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den [X.]atbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] erfüllt (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 14. Februar 2007 II R 69/05, [X.], 533, [X.], 443; vom 10. Dezember 2008 II R 34/07, [X.], 144, [X.], 312, und vom 23. Februar 2010 II R 42/08, [X.], 184, [X.], 555). Das ergibt sich nicht nur aus dem [X.] der Norm in Verbindung mit den Nachversteuerungstatbeständen des § 13a Abs. 5 [X.], sondern auch aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Bevorzugung des Betriebsvermögens gegenüber anderen Vermögensarten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bedarf nämlich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG einer Rechtfertigung, wie sie der Gesetzgeber dem Beschluss des [X.] ([X.]) vom 22. Juni 1995  2 BvR 552/91 ([X.]E 93, 165, [X.] 1995, 671, unter [X.]) entnommen hat. Das [X.] hat aber die Milderung des Steuerzugriffs bei Betriebsvermögen ausdrücklich auf solche Erwerber beschränkt, die den Betrieb "weiterführen", "aufrechterhalten" und "fortführen". Diese Wortwahl zeigt, dass das [X.] einen Erwerber im Blick hatte, bei dem das erworbene Vermögen Betriebsvermögen geblieben ist. Beim Erwerb eines Mitunternehmeranteils bedeutet "fortführen", dass auch der Erwerber Mitunternehmer geworden sein muss ([X.]-Urteile in [X.], 144, [X.], 312, unter [X.], und in [X.], 184, [X.], 555, unter II.1.a).

b) Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ggf. i.V.m. § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG ist, wer [X.] entfalten kann und [X.] trägt. [X.] bedeutet [X.]eilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Regelungen des Handelsgesetzbuchs oder der gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]). [X.] bedeutet gesellschaftsrechtliche oder eine dieser wirtschaftlich vergleichbare [X.]eilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt ([X.]-Urteil vom 1. September 2011 II R 67/09, [X.], 137, [X.] 2013, 210, Rz 20, m.w.N.).

c) Der [X.]atbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] ist nur dann erfüllt, wenn auch der Erwerber Mitunternehmer geworden ist. Es genügt nicht, wenn er lediglich zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft geworden ist, die auch nach dem Erwerb Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielt und deren Vermögen daher ertragsteuerrechtlich insgesamt weiterhin Betriebsvermögen ist. Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] ist vielmehr, dass der Erwerber aufgrund des erworbenen Gesellschaftsanteils Mitunternehmer im ertragsteuerrechtlichen Sinn geworden ist.

Wie der [X.] im Urteil in [X.], 184, [X.], 555 entschieden hat, können diese Steuervergünstigungen demgemäß nur dann für den schenkweisen Erwerb eines Kommanditanteils beansprucht werden, wenn die Mitunternehmerstellung des Erwerbers durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt wird. Es reichte nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Kommanditanteils nur deshalb eine Mitunternehmerstellung zukäme, weil er bereits vor dem Erwerb Kommanditist der [X.] war, d.h. wenn sich seine bisherige Mitunternehmereigenschaft wegen Unteilbarkeit der Mitgliedschaft auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecken sollte. Unabhängig von der herkömmlichen Meinung, nach der die Mitgliedschaft eines Gesellschafters in einer Personengesellschaft unteilbar ist, ist nach diesem Urteil dem § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] nur Genüge getan, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt worden ist. Nur dann kann angenommen werden, der erworbene Gesellschaftsanteil habe im Sinne eines Weiter- oder Fortführens des Betriebs durchgehend den [X.]atbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] erfüllt.

d) Aufgrund der Zielsetzung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] gelten entsprechende Grundsätze auch dann, wenn sich der [X.] bei der Übertragung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft an einem Anteil hiervon den Nießbrauch vorbehält. Die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] sind in einem solchen Fall für den nießbrauchsbelasteten Anteil nur dann zu gewähren, wenn dieser Anteil für sich betrachtet dem Bedachten die Stellung als Mitunternehmer vermittelt. Dass der Bedachte bezüglich des nicht mit dem Nießbrauch belasteten [X.]eils der übertragenen Gesellschaftsbeteiligung Mitunternehmer ist, genügt nicht. Unabhängig von der Frage nach der [X.]eilbarkeit der Mitgliedschaft eines Gesellschafters in einer Personengesellschaft sind vielmehr die Vereinbarung des Nießbrauchs an einem [X.]eil der Gesellschaftsbeteiligung und die Ausgestaltung des Nießbrauchs sowie die tatsächliche Durchführung der getroffenen Vereinbarungen entscheidend.

e) Ein nach den (dispositiven) Vorgaben des [X.] ausgestalteter Nießbrauch lässt die Stellung des [X.] als Mitunternehmer nicht entfallen ([X.]-Urteil vom 1. März 1994 VIII R 35/92, [X.]E 175, 231, [X.] 1995, 241). Bestimmen die Vertragsparteien aber über die Vorgaben des [X.] hinaus, dass die mit der übertragenen Beteiligung an der Personengesellschaft verbundenen Stimm- und Mitverwaltungsrechte hinsichtlich des mit dem Nießbrauch belasteten [X.]eils der Gesellschaftsbeteiligung dem Nießbraucher zustehen sollen, und verfahren die Gesellschafter danach, ist dies unabhängig von der zivilrechtlichen Beurteilung zumindest gemäß § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung steuerrechtlich beachtlich und führt dazu, dass der Bedachte hinsichtlich des nießbrauchsbelasteten Anteils nicht Mitunternehmer ist und insoweit die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] nicht beanspruchen kann (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 184, [X.], 555).

2. Für den mit dem Nießbrauch des [X.] belasteten Anteil der auf [X.] übertragenen Beteiligung an der [X.] können somit die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] nicht in Anspruch genommen werden. Da sich der Kläger insoweit die Stimm- und Mitverwaltungsrechte in der [X.] umfassend vorbehalten hat, er von [X.] zu deren Ausübung bevollmächtigt wurde und [X.] sich verpflichtet hat, von ihrem eigenen Stimmrecht insoweit keinen Gebrauch zu machen, ersatzweise auf Wunsch des [X.] nach dessen Weisung zu handeln, und die Beachtung dieser Vereinbarungen durch das dem Kläger eingeräumte Recht, bei einem Verstoß dagegen die Schenkung zu widerrufen, abgesichert ist, steht der [X.] insoweit keine [X.] zu. Sie ist daher insoweit ertragsteuerrechtlich nicht Mitunternehmerin. Dies ist auch für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung maßgebend.

Meta

II R 5/12

16.05.2013

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 25. Oktober 2011, Az: 1 K 1507/08, Urteil

§ 13a Abs 1 ErbStG 1997, § 13a Abs 2 ErbStG 1997, § 13a Abs 4 Nr 1 ErbStG 1997, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 15 Abs 3 EStG 2002, § 716 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.05.2013, Az. II R 5/12 (REWIS RS 2013, 5757)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5757

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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AN 11 K 14.00293

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