Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2008, Az. IX ZR 195/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 273

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 11. Dezember 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1; BGB § 814 Dem Insolvenzverwalter steht der auf eine Anfechtung unentgeltlicher Leistun-gen gestützte [X.] auch dann zu, wenn der daneben beste-hende Bereicherungsanspruch der Masse nur an der Kenntnis des Schuldners von der Nichtschuld der Leistung scheitert und dem [X.] "vor-konkursliche" Schadensersatzansprüche gegen den Schuldner zustehen.
[X.], [X.]eil vom 11. Dezember 2008 - [X.]/07 - LG Weiden
AG Weiden - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2008 durch [X.] Ganter und [X.] Dr. [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und Grupp für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 17. Oktober 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.157,52 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] auf 2.078,47 • seit dem 11. April 2006 und auf 79,05 • seit dem 1. März 2007 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zins-anspruchs bleibt die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11. März 2005 am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der P.

GmbH

fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin bot ihren Kunden die [X.] - 3 - lichkeit an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich zu erzielenden Renditen zwischen 8,7 v.H. und 14,07 v.H. Der Beklagte erklärte am 4. November 2000 seinen Beitritt. Tatsächlich erlitt die Schuldnerin im Zeitraum der Beteiligung des Beklagten Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später überhaupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden. Der Beklagte leistete im Jahr 2000 eine Einlage von 10.225,84 • und ein [X.] von 715,81 •. Er erhielt Auszahlungen am 31. März 2003 in Höhe von 5.000 • und am [X.] von 9.430,56 •. Mit seiner Klage verlangt der Kläger aus Insolvenzanfechtung den Diffe-renzbetrag zwischen den an den Beklagten geleisteten Auszahlungen und [X.] (4.204,72 •) zuzüglich vorgerichtlicher, auf die gerichtliche Verfah-rensgebühr nicht anrechenbarer Rechtsanwaltskosten (214,39 •), jeweils zu-züglich Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hatte zum Teil Erfolg. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision des [X.] hat bis auf einen Teil des verfolgten Zinsan-spruchs Erfolg und führt insoweit zur Verurteilung des Beklagten. 3 - 4 - [X.] 4 Das Berufungsgericht hat gemeint: Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 [X.] zu. Da die Schuldnerin nur vorgespiegelt habe, aus Termingeschäften Gewinne erzielt zu haben, seien die Gewinne objektiv ohne Gegenleistung des Beklagten ausgezahlt worden. Die einseitige Annahme des Beklagten, die Schuldnerin sei vertragsgemäß vorgegangen, könne eine Entgeltlichkeit nicht begründen. Der Anspruch sei auch nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Der Beklagte könne jedoch gegen den [X.] aufrechnen oder sei zumindest so zu stellen, als habe er aufrechnen können. Zwar sei eine Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen, weil der insolvenzrechtliche [X.] erst mit Eröffnung des [X.] entstanden sei. Ein Anspruch aus § 143 [X.] komme aber nur [X.] in Betracht, weil der Bereicherungsanspruch des [X.] wegen § 814 BGB ausgeschlossen sei. Ohne diese Vorschrift hätte der Beklagte gegen den Bereicherungsanspruch der Masse mit seinem Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB aufrechnen können. Die allein dem Schutz des Empfängers und nicht der Gläubigergesamtheit dienende Vor-schrift des § 814 BGB wirke sich deshalb zu seinem Nachteil aus. Zur Vermei-dung eines Normwiderspruchs sei der [X.] so zu stellen, als hätte er aufrechnen können. Dies habe der [X.] unter Geltung der Konkursordnung entschieden ([X.] 113, 98, 105 f). Diese [X.] sei auf die [X.] zu übertragen. Der Beklagte sei daher so zu stellen, als habe er mit Schadensersatzansprüchen auf Rückzahlung des [X.] (715,81 •) und des entgangenen Gewinns aus einer versäumten [X.] Anlage des bei der Schuldnerin eingelegten Betrages aufrechnen [X.]. Nach § 252 Satz 2 BGB sei eine Verzinsung des eingezahlten Betrages mit 4 v.H. (§ 246 BGB) anzunehmen, welche zu entgangenen Zinsen von - 5 - 1.362,66 • führe. Der [X.] des [X.] mindere sich deshalb um (715,81 • +1.362,66 • =) 2.078,47 •. I[X.] Dies hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. 5 1. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der [X.] könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten [X.] durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgelt-liche Leistung nach § 134 Abs. 1 [X.] anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung ([X.] 113, 98, 101 ff; [X.], [X.]. v. 29. November 1990 - [X.] ZR 55/90, [X.], 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der [X.] fortgeführt hat ([X.], [X.]. v. 13. März 2008 - [X.] ZR 117/07, [X.], 975 f Rn. 6 ff). Diese ist insoweit ganz überwiegend auf Zustimmung gestoßen, als nach ihr einseitigen [X.] über eine Entgeltlichkeit der Leistung selbst dann keine Bedeutung zukommt, wenn der Irrtum durch den Schuldner hervor-gerufen worden ist (FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 134 Rn. 10 f; [X.]/ [X.], [X.] 12. Aufl. § 134 Rn. 27; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 2. Aufl. § 134 Rn. 24; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 134 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 134 Rn. 22; [X.] EWiR 1989, 1015, 1016). Die [X.]keit ausgezahlter [X.] nach § 134 [X.] zieht die Revisionserwiderung im Allgemeinen nicht in Zweifel. Auch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die von der Schuldnerin bei den anfangs noch in geringem Umfang getätigten An-lagen erzielten Gewinne seien geringfügig gewesen und durch die [X.] - 6 - tungskosten aufgezehrt worden, so dass die Auszahlungen an die Anleger voll-umfänglich in Form des "Schneeballsystems" erbracht worden seien, wird von ihr nicht angegriffen. 7 2. Hingegen bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei so zu stellen, als könne er mit seinen gegen die Schuldnerin begründeten Schadensersatzansprüchen gegen den [X.] aufrechnen. Auch insoweit hat sich das Berufungsgericht auf die noch unter Geltung der Konkursordnung ergangene Rechtsprechung ([X.] 113, 98, 105 f) gestützt und diese auch nach Inkrafttreten der Insol-venzordnung für anwendbar betrachtet (so auch [X.] [X.], 2426, 2427 f; [X.] [X.], 1887, 1888; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 96 Rn. 10; HmbKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 134 Rn. 37; [X.] NJ 2008, 368, 369, 370). Dies findet nicht die Billigung des Se-nats. a) Mit der Einführung der [X.] hat sich die Rechtslage in dem hier maßgeblichen Punkt geändert. Anders als im Anwendungsbereich der Konkursordnung wird durch § 814 BGB ein Normwiderspruch nicht mehr her-vorgerufen. Auch wenn es diese Vorschrift nicht gäbe und sich bereits vor In-solvenzeröffnung ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin und der Scha-densersatzanspruch des Beklagten gegenübergestanden hätten, wäre eine wirksame Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht in Betracht gekom-men. 8 [X.]) Unter der Geltung der Konkursordnung schied eine Aufrechnung ge-gen den konkursrechtlichen Anfechtungsanspruch nach § 55 Satz 1 Nr. 1 KO aus, weil der [X.] originär mit und deshalb erst "nach" [X.] - 7 - renseröffnung entsteht ([X.] 83, 102, 105 f; 113, 98, 105 m.w.N.). Eine vor Konkurseröffnung bestehende Aufrechnungslage wurde hingegen durch § 53 KO geschützt. Ohne die Vorschrift des § 814 BGB hätte eine solche Lage be-reits vor Konkurseröffnung bestanden. Wenn nicht diese Vorschrift einen [X.] ausgeschlossen hätte, hätten sich dieser Anspruch und der mit der täuschungsbedingten Entscheidung des [X.] für die vermeintliche Geldanlage entstandene, aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB, § 826 BGB sowie aus Verschulden bei [X.] herzuleitende Schadensersatzanspruch bereits vor Konkurseröffnung aufrechenbar gegenübergestanden. Die Aufrechnung mit diesem [X.] gegen den (hypothetischen) Bereicherungsanspruch wäre nicht an § 55 Satz 1 Nr. 3 KO gescheitert, weil die Anwendung dieser Vorschrift vor-aussetzte, dass zuerst die Schuld gegenüber dem späteren Gemeinschuldner und dann erst die Forderung an ihn entstanden war (vgl. [X.]/[X.], KO 11. Aufl. § 55 Rn. 16). Griff die Vorschrift des § 55 Satz 1 Nr. 3 KO nicht ein, war zwar noch die Möglichkeit der Konkursanfechtung gegeben. [X.] war nach der damaligen Rechtsprechung jedoch nur der Gesamtvorgang aus Her-stellung der Aufrechnungslage und Aufrechnung, wenn die Voraussetzungen des § 30 KO oder des § 31 KO vorlagen ([X.] 58, 108, 113 f; vgl. auch [X.], [X.]. v. 12. November 1998 - [X.] ZR 199/97, [X.], 2165, 2166). Eine [X.] nach diesen Vorschriften kam nach dem der Entscheidung [X.] 113, 98 zugrunde liegenden Sachverhalt nicht in Betracht.
War der Anleger ohne die Vorschrift des § 814 BGB nicht verpflichtet, die an ihn ausgeschütteten [X.] nach Bereicherungsrecht an die Masse zurückzuzahlen, sondern konnte mit Schadensersatzansprüchen gegen den Schuldner aufrechnen, sollte dieses Ergebnis durch die Anwendung des § 814 BGB, der den Schutz des Schuldners des [X.] bezweckt, 10 - 8 - nicht vereitelt werden. Um diesen Normwiderspruch zu vermeiden, war der [X.] nach der damaligen Rechtsprechung des Senats so zu stellen, als hätte er mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen können ([X.] 113, 98, 105 f). 11 [X.]) Im Anwendungsbereich der [X.] kann der Empfänger einer nicht geschuldeten, aber auch anfechtbaren Leistung des Schuldners nicht einwenden, er könne gegen den neben § 143 [X.] bestehenden Berei-cherungsanspruch nur wegen § 814 BGB nicht aufrechnen; der Aufrechnung steht nunmehr auch § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entgegen (vgl. FK-[X.]/[X.], [X.]O § 143 Rn. 44). (1) Zu dieser Vorschrift ist anerkannt, dass die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, selbständig angefochten werden kann ([X.], [X.]. v. 2. Juni 2005 - [X.] ZR 263/03, [X.], 1521, 1523; zur Konkursordnung und Gesamtvollstreckungsordnung vgl. [X.] 145, 245, 253, 255; 147, 233, 236 f; [X.], [X.]. v. 22. April 2004 - [X.] ZR 370/00, [X.], 1160). In § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] kommt ferner die Wertung zum Aus-druck, dass das Vertrauen des Gläubigers auf den Bestand einer durch eine anfechtbare Rechtshandlung geschaffenen Aufrechnungslage nicht schutzwür-dig erscheint (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). Als Rechtshandlung kann an jedes Geschäft angeknüpft werden, das zum anfechtbaren Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt (vgl. HK-[X.]/[X.], [X.]O § 96 Rn. 32; [X.] in [X.] zur [X.], 2. Aufl. S. 645, 656 Rn. 34). Es kommen alle Anfechtungstatbestände in Betracht, auch die Anfechtung un-entgeltlicher Leistungen nach § 134 [X.] (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O § 96 Rn. 29; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 96 Rn. 48; Nerlich in Nerlich/[X.], [X.] Stand März 2003, § 129 Rn. 60; [X.], Insolvenz-rechtshandbuch, 3. Aufl. § 45 Rn. 98, [X.], [X.]O Rn. 35). Die Erlangung 12 - 9 - der Aufrechnungsmöglichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung wird [X.] beurteilt, wie wenn das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt des Erwerbs der Forderung bereits eröffnet gewesen wäre ([X.] 169, 158, 162 f Rn. 13). Der Verwalter kann sich unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] berufen (BT-Drucks. 12/2443, [X.]O; [X.] 159, 388, 393; 169, 158, 161 Rn. 11). Anders als nach § 55 Satz 1 Nr. 3 KO kommt es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] auch nicht mehr darauf an, in wel-cher zeitlichen Reihenfolge die gegenseitigen Forderungen entstanden sind (BT-Drucks. 12/2443 [X.]O; [X.] 159, 388, 393). (2) Danach wäre eine Aufrechnung durch den Beklagten auch dann in-solvenzrechtlich unwirksam, wenn der Schuldnerin ein nicht an § 814 BGB scheiternder Bereicherungsanspruch zugestanden hätte. Der Beklagte hätte die Möglichkeit der Aufrechnung dadurch erhalten, dass er durch eine unentgeltli-che und damit nach § 134 Abs. 1 [X.] anfechtbare Leistung der Schuldnerin zugleich auch Schuldner eines [X.] geworden wäre, nach-dem er zuvor bereits Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs war. Der Klä-ger hätte den Bereicherungsanspruch nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unabhängig von der Gegenforderung des Beklagten durchsetzen können; eine etwa schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte [X.] wäre mit Eröffnung insolvenzrechtlich unwirksam geworden (vgl. [X.], [X.]. v. 12. Juli 2007 - [X.] ZR 120/04, [X.], 1467, 1468 Rn. 11). 13 b) Aus anderen Gründen als dem durch die [X.] beseitigten Wertungswiderspruch ist eine Einschränkung des aus § 143 Abs. 1 [X.] fol-genden [X.]s nicht zu rechtfertigen. 14 - 10 - [X.]) Der Normzweck des § 814 BGB als solcher fordert keine Einschrän-kung. Die auf dem Gedanken der Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens beruhende Norm will den Leistenden benachteiligen, während der Empfänger darauf vertrauen darf, eine bewusst zur Erfüllung einer nicht bestehenden Ver-bindlichkeit erbrachte Leistung behalten zu dürfen (vgl. [X.] 113, 98, 105 f). Diese Beschränkungen hat der Insolvenzverwalter allerdings hinzunehmen, wenn er einen seiner Verwaltung unterliegenden Bereicherungsanspruch des Schuldners geltend macht (vgl. [X.]/[X.], [X.] § 134 Rn. 13; HK-[X.]/ [X.], [X.]O § 96 Rn. 23; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 134 Rn. 36; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, [X.]O § 134 Rn. 45; [X.]/[X.], [X.]O § 134 Rn. 22; [X.]/[X.], [X.] 2007 § 814 Rn. 5, § 817 Rn. 16; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 814 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 814 Rn. 1; [X.] ZIP 1991, 273, 282 f; [X.] EWiR 1990, 389, 390). Im Gegensatz dazu eröffnet die Insolvenzanfechtung dem Insolvenzverwalter eine Rückforderungsmöglichkeit, die nach dem materiellen Recht dem [X.] selbst verwehrt ist (Bork, Handbuch des [X.] (2006) S. 154; [X.] ZIP 1991, 273, 283). Eine Einschränkung dieses originären gesetzlichen Anspruchs (vgl. [X.] 15, 333, 337; 83, 102, 105 f; 113, 98, 105; [X.], [X.]. v. 18. Mai 1995 - [X.] ZR 189/94, [X.], 1204, 1205 f; v. 18. [X.] 2003 - [X.] ZR 9/03, [X.], 324, 326) allein durch den Normzweck des § 814 BGB ist abzulehnen (HK-[X.]/[X.], [X.]O § 96 Rn. 23; Münch-Komm-[X.]/Kirchhof, [X.]O § 134 Rn. 22, 45 und § 143 Rn. 10; [X.] [X.]O; im Ergebnis auch [X.]/[X.], [X.]O § 134 Rn. 13). 15 [X.]) Der Schutz des [X.]s wird durch § 143 Abs. 2 [X.] oder - in Ausnahmefällen - durch § 242 BGB ausreichend gewährleistet (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, [X.]O § 134 Rn. 45). Die entgegengesetzte [X.], die den Schutzgedanken des § 814 BGB bei dem Empfänger einer [X.] - 11 - entgeltlichen Leistung für maßgeblich hält, würde ihrerseits zu einem Normwi-derspruch führen. Denn das Vertrauen des Empfängers einer solchen Leistung ist nach der [X.] gerade nicht in besonderem Maße schutzwürdig. Die [X.] betont in noch stärkerem Umfang als die Konkursord-nung die geringe Bestandskraft des unentgeltlichen Erwerbs. In den Materialien wird dieser Umstand als Grund für die Erweiterung des [X.] auf vier Jahre und die Umkehr der Beweislast für den Zeitpunkt des Rechtser-werbs genannt (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). Gegen die Einbeziehung der Wertungen des § 814 BGB spricht schließlich der insolvenzrechtliche Grund-satz der Gläubigergleichbehandlung. Sie führte zu der Konsequenz, dass in [X.], die - wie das von der Schuldnerin betriebene - nach dem "Schneeballsystem" arbeiten, die früheren Gläubiger, an die - zur [X.] des [X.] - Ausschüttungen geleistet werden, besser gestellt werden, als diejenigen, die ihre Einlagen erst später erbringen und die infolge des bald danach erfolgten Zusammenbruchs der Gesellschaft leer ausgehen. Erstere dürften die ihnen geleisteten "Ausschüttungen" selbst dann behalten, wenn sie innerhalb der Anfechtungsfrist des § 134 [X.] erfolgt sind, mit der Folge der Minderung der Vermögensmasse der Schuldnerin, die allein zur Be-friedigung der Gläubigeransprüche und damit der Forderungen letzterer insge-samt zur Verfügung steht. 3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). 17 a) Der Anspruch scheitert nicht an einem Wegfall der Bereicherung (§ 143 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die Tatsacheninstanzen haben die Voraussetzun-gen einer Entreicherung nicht festgestellt; die Revisionserwiderung zeigt nicht auf, dass dabei Tatsachenvortrag des Beklagten übergangen worden ist. 18 - 12 - 19 [X.]) Zu Unrecht meint der Beklagte, er sei nicht bereichert, weil ihm in Höhe der Klageforderung ein Schadensersatzanspruch gegen die Schuldnerin zugestanden habe. Die Auszahlungen sind nicht auf einen Schadensersatzan-spruch des Beklagten, sondern nach dem Gesamtzusammenhang der [X.] angeblich erzielten Gewinne sowie die Einlage erfolgt. Damit hat die Schuldnerin die Zahlung einem bestimmten (fiktiven) Schuldverhältnis zu-geordnet (vgl. [X.] 113, 98, 104 f). Eine andere Sicht verbietet sich insbeson-dere im Hinblick auf den mit den Zahlungen verfolgten Zweck, der dahin ging, die Machenschaften der Gemeinschuldnerin zu verdecken (vgl. [X.] [X.]O [X.]). [X.]) Soweit der Beklagte meint, er dürfe die Einlage als Aufwand für den Erwerb des Anspruchs auf Zinsen abziehen, übersieht er, dass die Einlage be-reits bei der Berechnung der Klageforderung berücksichtigt worden ist und nicht doppelt in Abzug gebracht werden darf. 20 b) Die Geltendmachung des [X.]s aus § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] verstößt auch nicht gegen [X.] und Glauben (§ 242 BGB). Nur in Extremfällen hindert § 242 BGB die Durchsetzung dieses Anspruchs (HK-[X.]/ [X.] [X.]O § 96 Rn. 23; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, [X.]O § 134 Rn. 45). Im Streitfall ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Der Schutz des Beklagten als einer der getäuschten Anleger gebietet es nicht, den Grundsatz der [X.] zurücktreten zu lassen. 21 - 13 - II[X.] 22 1. Das angefochtene [X.]eil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). 2. Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung ist in der begehrten Höhe ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt (§ 143 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB, § 291 ZPO; [X.] 171, 38, 43 Rn. 13 ff). Da die Zinsen erst ab einem Zeitpunkt nach der Eröffnung begehrt werden, ist für den Zinsbeginn jener maßgeblich (§ 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Nebenforde-rung auf Ersatz der außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren ist aus dem Gesichtspunkt des Verzugs begründet. Soweit der Kläger auf diese Nebenfor- 23 - 14 - derung Zinsen geltend macht, ist zu einem Verzugseintritt zum 13. Mai 2006 nichts festgestellt. Der Kläger kann insoweit lediglich Prozesszinsen nach § 291 BGB verlangen. Ganter [X.] Gehrlein

Fischer Grupp

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] OPf., Entscheidung vom 17.10.2007 - 2 S 52/07 -

Meta

IX ZR 195/07

11.12.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2008, Az. IX ZR 195/07 (REWIS RS 2008, 273)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 273

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