Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.06.2019, Az. B 9 V 38/18 B

9. Senat | REWIS RS 2019, 6263

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - gesetzlicher Richter - kein vereinfachtes Verfahren nach § 153 Abs 4 S 1 SGG bei komplexen und schwierigen Fällen - Ermessensfehler - grobe Fehleinschätzung - soziales Entschädigungsrecht - Impfschadensrecht - Würdigung von fünf umfangreichen Gutachten - 39-seitiger Beschluss des LSG - Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Klägerin - außergewöhnlich langes Verfahren - Erforderlichkeit der mündlichen Verhandlung)


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des [X.] vom 7. September 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache eine Impfentschädigung nach einer Pockenschutzimpfung im Jahre 1957. Sie macht eine (Impf-)Poliomyelitis und allergische Beschwerden als Impfschaden geltend. Der Beklagte lehnte den Antrag aus dem Jahre 1990 ab, nachdem der versorgungsärztliche Dienst in mehreren Gutachten zu der Einschätzung kam, dass bei der Klägerin keine Gesundheitsstörungen vorlägen, welche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Pockenschutzimpfung zurückzuführen seien.

2

Das [X.] hat die Klage nach Vernehmung der Mutter der Klägerin abgewiesen, weil es schon am objektiven Nachweis der behaupteten Pockenschutzimpfung fehle. Selbst für den Fall einer solchen Impfung im Mai 1957 verlaufe die Poliomyelitis eigengesetzlich. Eine allergische Diathese beruhe regelmäßig auf einer anlagemäßigen Disposition (Urteil vom [X.]). Der im Berufungsverfahren von Amts wegen beauftragte Sachverständige Prof. Dr. B. hat ausgehend von dem behördlich dokumentierten Impftermin am [X.] einen Zusammenhang zwischen der Pockenschutzimpfung und der Poliomyelitis verneint. Eine aufgetretene Mandelentzündung sei folgenlos abgeheilt und könne nicht als [X.] verstanden werden. Die Poliomyelitis sei frühestens zum 15.7.1957 mit anschließender Krankenhauseinweisung zum [X.] und damit außerhalb einer maximalen Inkubationszeit von 40 Tagen nachgewiesen. Der nach § 109 [X.]G beauftragte Gutachter Prof. Dr. K. hat ausgehend von dem klägerseitig angegebenen Impftermin am [X.] und einer maximalen Inkubationszeit von 45 Tagen (bis [X.]) eine acht Tage vor der Krankenhauseinweisung aufgetretene Mandelentzündung als erstes Symptom der anschließend aufgetretenen paralytischen Poliomyelitis gedeutet. Einen Zusammenhang zu den geltend gemachten Allergien hat keiner der Sachverständigen gesehen.

3

Nach einer mündlichen Verhandlung am 8.10.1996, einem anschließenden Ruhen des Verfahrens bis Juni 2009 sowie Erörterungen am [X.] und am 11.7.2018 durch den Berichterstatter hat das L[X.] die Berufung nach Anhörung der Beteiligten und ausdrücklichem Widerspruch der Klägerin durch Beschluss nach § 153 Abs 4 S 1 [X.]G zurückgewiesen. Ausgehend von dem behördlich dokumentierten Impftermin sei auf der Grundlage des von Amts wegen eingeholten Gutachtens weder eine [X.] im Vollbeweis nachgewiesen noch lasse sich ein Kausalzusammenhang zwischen Pockenschutzimpfung und Poliomyelitis herstellen. Auf den von der [X.] mit 48 Tagen zugrunde gelegten Inkubationszeitraum (bis 8.7.1957) komme es insoweit nicht an. Sofern die Klägerin erstmals im Erörterungstermin vom 11.7.2018 vorgetragen habe, dass die ersten Zeichen und Beschwerden einer Poliomyelitis nicht erst mit der Einweisung ins Krankenhaus am [X.] (bzw am Vortag) begonnen hätten, sondern bereits neun Tage vorher, sei dies nicht geeignet, die Feststellung des [X.]s zum Beschwerdebeginn am 15.7.1957 in Zweifel zu ziehen. Die Angaben der Klägerin seien nicht glaubhaft. In dem zeitnah zum Beginn der Erkrankung erstellten ärztlichen Bericht über den Aufenthalt im Krankenhaus sei ausdrücklich eine am Tag vor der Aufnahme in der Klinik am [X.] aufgetretene Schwäche des rechten Beins beschrieben worden. Der [X.] könne sich die Angaben der Klägerin nur damit erklären, dass sie sich durch falsche Angaben eine günstigere Position bei ihrem Versorgungsbegehren verschaffen wolle. Der Klägerin, die durchweg trotz der von ihr behaupteten Konzentrationsschwierigkeiten, die im Erörterungstermin vom 11.7.2018 vom Berichterstatter nicht ansatzweise hätten beobachtet werden können, sehr geschickt zu argumentieren verstehe, sei klar gewesen, dass selbst nach der Einschätzung des von ihr benannten Sachverständigen ein Impfschaden nur dann in Betracht gezogen werden könne, wenn der Zeitpunkt des ersten Auftretens der Symptome einer Poliomyelitis vorverlagert werden würde. Weitere Ermittlungen hätten sich dem [X.] nicht aufgedrängt, der Sachverhalt sei hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Tatsachen ausermittelt (Beschluss vom [X.]).

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim B[X.] eingelegt, die mit dem Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) begründet wird, nämlich neben einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.]G) mit einem Verstoß gegen § 153 Abs 4 S 1 [X.]G und damit einhergehend einer Besetzungsrüge und einem Verstoß gegen das Prinzip der Mündlichkeit als Ausfluss ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 [X.]G). Des Weiteren misst die Klägerin der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung bei (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

5

II. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet.

6

Die Klägerin macht zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, auf dem der angefochtene Beschluss des L[X.] beruht. Das Berufungsgericht hat gegen das Recht der Klägerin auf [X.] (Art 101 Abs 1 S 2 GG) verstoßen, weil es am [X.] gemäß § 153 Abs 4 S 1 [X.]G ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat.

7

1. Die Beschwerde ist zulässig. Die fristgerecht eingelegte Beschwerde genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 [X.]G, denn sie bezeichnet substantiiert Tatsachen, aus denen sich ein Verstoß gegen § 153 Abs 4 S 1 [X.]G ergeben kann.

8

2. Die Beschwerde ist auch begründet, denn die gerügte Verletzung des § 153 Abs 4 S 1 [X.]G liegt vor.

9

Nach § 153 Abs 4 S 1 [X.]G kann das L[X.], außer in den Fällen, in denen das [X.] durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs 2 S 1 [X.]G) entschieden hat, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen ("kann"). Diese Entscheidung kann vom Revisionsgericht deshalb darauf geprüft werden, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, etwa wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (vgl [X.]sbeschlüsse vom [X.] SB 83/15 B - Juris RdNr 8 und vom [X.] SB 14/11 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] RdNr 9, jeweils mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Entscheidung des L[X.], nach § 153 Abs 4 S 1 [X.]G zu verfahren, erkennbar auf einer solchen Fehleinschätzung.

Die mündliche Verhandlung, aufgrund der die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit regelmäßig entscheiden (§ 124 Abs 1 [X.]G), ist gleichsam das "Kernstück" des gerichtlichen Verfahrens und verfolgt den Zweck, dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör zu genügen und mit ihnen den Streitstoff erschöpfend zu erörtern. Nur wenn die Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung mit den Beteiligten überflüssig erscheinen lässt und das Gericht lediglich noch darüber zu befinden hat, wie das Gesamtergebnis des Verfahrens gemäß § 128 [X.]G zu würdigen und rechtlich zu beurteilen ist, ist das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 [X.]G sinnvoll. Nicht erforderlich ist eine mündliche Verhandlung also nur dann, wenn der Sachverhalt umfassend ermittelt worden ist, sodass [X.] in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden müssen, oder wenn etwa im Berufungsverfahren lediglich der erstinstanzliche Vortrag wiederholt wird. Diese Funktion und Bedeutung der mündlichen Verhandlung muss das Berufungsgericht auch bei seiner Entscheidung berücksichtigen, ob es im vereinfachten Verfahren gemäß § 153 Abs 4 S 1 [X.]G ohne mündliche Verhandlung entscheiden will. Demgemäß sind für diese Ermessensentscheidung - auch im Hinblick auf das in Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention jedermann gewährleistete Recht auf rechtliches Gehör - die Schwierigkeit des Falles und die Bedeutung der [X.] relevant (B[X.] Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 134/14 B - Juris RdNr 8; B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/00 R - [X.] 3-1500 § 153 [X.] f, jeweils mwN). Von Bedeutung ist insoweit auch, ob im Berufungsverfahren neuer Tatsachenvortrag durch einen Beteiligten erfolgt ist, den das Berufungsgericht als nicht glaubhaft oder nicht glaubwürdig beurteilt hat (vgl BVerwG Beschluss vom [X.] - 2 B 4/15 - Juris Rd[X.]0 mwN). Nicht zuletzt kann eine außergewöhnlich lange Verfahrensdauer gegen ein vereinfachtes Verfahren nach § 153 Abs 4 S 1 [X.]G sprechen (vgl B[X.] Beschluss vom 20.11.2003 - [X.] [X.]/03 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] RdNr 8; s insgesamt hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 153 Rd[X.]5b). In jedem Fall ist der Anspruch der Beteiligten auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) zu beachten, nach dem die Gestaltung des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis zu dem auf Sachverhaltsaufklärung und Verwirklichung des materiellen Rechts gerichteten Verfahrensziel stehen muss (vgl [X.]sbeschluss vom [X.] SB 14/11 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]0; B[X.] Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 134/14 B - Juris RdNr 8, jeweils mwN). Ist bei Abwägung aller danach zu berücksichtigenden Umstände die Wahl des vereinfachten Verfahrens ohne mündliche Verhandlung unter keinen Umständen zu rechtfertigen, liegt eine grobe Fehleinschätzung im obigen Sinne vor (B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/00 R - [X.] 3-1500 § 153 [X.]3 S 39). Dabei ist die Möglichkeit, nach § 153 Abs 4 [X.]G ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, weil eine solche nicht für erforderlich gehalten wird, eng und in einer für die Beteiligten möglichst schonenden Weise auszulegen und anzuwenden ([X.]sbeschluss vom [X.] SB 14/11 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]0 mwN).

Nach diesen Maßstäben beruht die Entscheidung des L[X.], nach § 153 Abs 4 S 1 [X.]G im Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, auf einer groben Fehleinschätzung. Bei einer sachgerechten Abwägung der Komplexität des Streitfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vor dem Hintergrund der außergewöhnlich langen Verfahrensdauer und der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Klägerin im Berufungsverfahren durch das L[X.] in seiner angefochtenen Entscheidung ist die Wahl des vereinfachten Beschlussverfahrens ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zu rechtfertigen.

Die in der Hauptsache von der Klägerin begehrte Impfentschädigung ist durch ein hohes Maß an Komplexität geprägt. In rechtlicher Hinsicht spiegelt sich dies bereits in der Darstellung des L[X.] im angefochtenen Beschluss ([X.] bis 18) zu den vielschichtigen Voraussetzungen nach § 51 Abs 1 S 1 [X.] (bis zum 31.12.2000) und § 60 Abs 1 S 1 [X.] (ab dem 1.1.2001). Damit korrespondieren in tatsächlicher Hinsicht umfangreiche und unübersichtliche Ermittlungen zu den einzelnen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs. Im Laufe der außergewöhnlich langen Verfahrensdauer, die auch unter Abzug einer dreizehnjährigen [X.] noch elf Jahre betragen hat, wurden jeweils fünf umfangreiche Gutachten bzw gutachterliche Stellungnahmen eingeholt. Allein der vom L[X.] von Amts wegen gehörte Sachverständige Prof. Dr. B. hat ein 70-seitiges Gutachten mit drei jeweils 50, 64 und 39 Seiten umfassenden ergänzenden Stellungnahmen abgegeben (vgl zur Komplexität insoweit bereits B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/00 R - [X.] 3-1500 § 153 [X.]3 S 39). Dass die Fragen, die hierdurch geklärt werden sollten und von deren Beantwortung die Entscheidung des Rechtsstreits abhing, schwierig waren, belegt nicht zuletzt der angefochtene Beschluss des L[X.] selbst, der sich auf insgesamt 39 Seiten mit den unterschiedlichen Ermittlungsergebnissen und Angaben hinsichtlich des Impftermins und des Auftretens erstmaliger Beschwerden (Mandelentzündung, Paresen) als Ausdruck einer möglichen [X.] sowie eines evtl Kausalzusammenhangs unter Berücksichtigung der Inkubationszeiten zwischen Pockenschutzimpfung und Poliomyelitis auseinandersetzt und damit den Umfang einer komplexen Entscheidung überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrads erreicht (vgl B[X.] Beschluss vom 20.11.2003 - [X.] [X.]/03 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] RdNr 8).

Im Rahmen der Abwägung fällt schließlich ins Gewicht, dass das L[X.] in seiner Besetzung mit den Berufsrichtern die von der anwaltlich nicht vertretenen Klägerin im Erörterungstermin vom 11.7.2018 erstmals aufgestellte Behauptung eines früheren Beginns ihrer Lähmungserscheinungen nicht nur für unglaubhaft gehalten, sondern gestützt auf den Eindruck des Berichterstatters im Erörterungstermin zugleich Glaubwürdigkeitsüberlegungen in Bezug auf die Person der Klägerin in seine Entscheidung hat einfließen lassen, die in der Annahme gezielter Falschangaben zur Erlangung einer günstigen Verfahrensposition münden ([X.] f des Beschlusses). Zweifel an der persönlichen Glaubwürdigkeit eines Beteiligten setzen allerdings voraus, dass sich das erkennende Gericht einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von der [X.] verschafft (vgl B[X.] Beschluss vom 24.2.2014 - B 2 U 316/03 B - [X.] 4-1500 § 117 [X.] RdNr 5; BVerwG Beschluss vom [X.] - 2 B 4/15 - Juris Rd[X.]0; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 153 Rd[X.]5b; vgl auch B[X.] Beschluss vom [X.] [X.]/17 B - Juris RdNr 5 zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines unmittelbaren persönlichen Eindrucks von Zeugen). Insoweit bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob bereits die Würdigung der Glaubhaftigkeit der klägerseitigen Angaben im vorliegenden Zusammenhang einen persönlichen Eindruck des erkennenden Spruchkörpers von der Klägerin erfordert hätte (vgl BVerwG Beschluss vom [X.], aaO).

Die Verletzung des § 153 Abs 4 S 1 [X.]G führt zur unvorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts nur mit den Berufsrichtern und damit zu einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf [X.] (Art 101 Abs 1 S 2 GG). Bei dem mithin vorliegenden absoluten Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts gemäß § 202 S 1 [X.]G iVm § 547 [X.] ZPO wird eine Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend angesehen (vgl [X.]sbeschluss vom 14.11.2013 - [X.] SB 31/13 B - Juris Rd[X.]0; B[X.] Beschluss vom [X.] KR 28/16 B - Juris RdNr 9; B[X.] Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 134/14 B - Juris RdNr 6, jeweils mwN).

3. Da die Beschwerde bereits aus den dargelegten Gründen erfolgreich ist, bedarf es keiner Entscheidung des [X.]s zu der von der Klägerin als weiteren Verfahrensmangel erhobenen Sachaufklärungsrüge (§ 103 [X.]G).

Auch kommt es nicht mehr darauf an, ob die Rechtssache die von der Klägerin zusätzlich geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) hat. Das B[X.] kann in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a Abs 5 [X.]G die angefochtene Entscheidung auch dann wegen eines [X.] aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverweisen, wenn die Beschwerde zusätzlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt wird. Denn selbst bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung und Zulassung der Revision würde der Verfahrensmangel voraussichtlich zur Zurückverweisung führen (vgl B[X.] Beschluss vom 14.12.2016 - [X.] R 204/16 B - Juris Rd[X.]8; B[X.] Beschluss vom 19.11.2009 - [X.] R 303/09 B - Juris RdNr 20, jeweils mwN). Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen macht der [X.] von dieser ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch.

4. Das L[X.] wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 9 V 38/18 B

18.06.2019

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Landshut, 7. April 1995, Az: S 10 Vi 1/93, Urteil

§ 160a Abs 1 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 124 Abs 1 SGG, § 202 S 1 SGG, § 547 Nr 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.06.2019, Az. B 9 V 38/18 B (REWIS RS 2019, 6263)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6263

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