Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 08.11.2011, Az. 1 ABR 38/10

1. Senat | REWIS RS 2011, 1689

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Gegenstand

Zuständigkeit der erweiterten Paritätischen Kommission bei Reklamationen - ERA-TV Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 27. Mai 2010 - 3 [X.] - unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen - teilweise aufgehoben, soweit er dem Antrag zu 2. entsprochen hat und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 15. Oktober 2009 - 17 [X.] - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, einen Vertreter der [X.] gemäß § 7.3.3 des [X.] für die Metall- und Elektroindustrie [X.] vom 16. September 2003 ([X.]) zu benennen und die von ihr benannten Mitglieder in die zu bildende erweiterte [X.] zu entsenden.

2. Im Übrigen werden der Antrag zu 2., der Hilfsantrag des Betriebsrats sowie der [X.] der Arbeitgeberin abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung des Reklamationsverfahrens nach dem Entgeltrahmen-Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie [X.] ([X.]).

2

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Sie ist Mitglied im [X.] ist der Betriebsrat ihres Werks in S.

3

Am 16. September 2003 schlossen der [X.] und die [X.] den räumlich für das [X.] geltenden [X.] sowie den [X.] zum [X.] ([X.]). Im [X.] ist bestimmt:

        

„…    

        

§ 4     

        

Grundsätze der Grundentgeltermittlung

        

4.1     

Grundlage für die Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des/der Beschäftigten gemäß § 9.1 ist die eingestufte Arbeitsaufgabe.

        

4.2     

Die Arbeitsaufgabe wird durch die [X.] bestimmt. Sie wird ganzheitlich betrachtet. Zu ihrer Einstufung werden alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Paritätische Kommission

        

7.1     

In den Betrieben wird eine paritätisch besetzte Einstufungs- bzw. Reklamationskommission (im Folgenden: Paritätische Kommission) gebildet (siehe auch § 8).

        

7.1.1 

Die Paritätische Kommission besteht aus je drei Vertretern des Arbeitgebers einerseits sowie der Beschäftigten andererseits. Mindestens ein Vertreter der Beschäftigten muss dem Betriebsrat angehören.

        

7.1.2 

Die Vertreter des Arbeitgebers werden von diesem, die Vertreter der Beschäftigten vom Betriebsrat bestimmt. Beide Seiten benennen eine entsprechende Anzahl von Stellvertretern.

                 

...     

        

7.2     

Aufgaben der Paritätischen Kommission

        

7.2.1 

Der Paritätischen Kommission obliegt die

                 

-       

Einstufung bestehender, aber nicht bewerteter Arbeitsaufgaben,

                 

-       

Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben,

                 

soweit dieser Tarifvertrag ihr nicht weitere Aufgaben zuweist.

        

7.2.2 

Sie ist darüber hinaus berechtigt, von Fall zu Fall bestehende Einstufungen zu überprüfen, sofern dargelegt werden kann, dass sich auf Grund veränderter Anforderungen eine Veränderung der Einstufung ergeben könnte.

        

7.3     

Entscheidungsfindung in der Paritätischen Kommission

        

7.3.1 

Der Arbeitgeber übergibt der Paritätischen Kommission zur Vorbereitung der Entscheidung die entsprechenden Unterlagen (§ 6.4) und teilt die vorläufige Einstufung mit.

                 

Jede Seite der Paritätischen Kommission kann unter Angabe von Gründen vom Arbeitgeber die Überprüfung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der übertragenen Arbeitsaufgabe und ggf. die Überarbeitung der Beschreibung verlangen.

                 

...     

        

7.3.3 

Kommt es in der Paritätischen Kommission zu keiner Einigung, so wird auf Antrag einer Seite je ein sachkundiger stimmberechtigter Vertreter der [X.]en hinzugezogen (erweiterte Paritätische Kommission).

        

7.3.4 

Kommt nach eingehender Beratung in dieser erweiterten Paritätischen Kommission eine einheitliche oder mehrheitliche Meinung nicht zu Stande, wird auf Antrag einer Seite eine Schiedsstelle gebildet.

                 

…       

                 

Der Vorsitzende der Schiedsstelle unternimmt zunächst einen Vermittlungsversuch. Scheitert dieser, so entscheidet die Schiedsstelle sowohl bezüglich der Merkmalstufen als auch der [X.] im Rahmen der gestellten Anträge.

                 

Die Entscheidung ist durch den Vorsitzenden binnen einer Frist von drei Wochen schriftlich zu begründen.

                 

…       

        

7.3.7 

Mit der Entscheidung der Paritätischen Kommission nach § 7.3.1, der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.3, der Schiedsstelle nach § 7.3.4 oder der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.5 ist das Einstufungsverfahren abgeschlossen.

                 

Die Entscheidung ist damit verbindlich, sofern nicht - binnen einer Frist von zwei Wochen nach der Entscheidung bzw. dem Vorliegen der Begründung - Arbeitgeber oder Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung unverbindlich ist, weil ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze in §§ 4 - 6 vorgenommen worden ist.

        

7.3.8 

Wird die Entscheidung aufgehoben, ist die Arbeitsaufgabe durch die Paritätische Kommission unter Beachtung der gerichtlichen Begründung erneut zu bewerten.

                 

...     

        

§ 8     

        

Vereinfachtes Einstufungsverfahren

        

8.1     

In Betrieben mit bis zu 500 Beschäftigten, in konzernabhängigen Betrieben mit bis zu 300 Beschäftigten, wird keine ständige Paritätische Kommission gebildet.

        

8.2     

An ihrer Stelle übernimmt der Betriebsrat die Entgegennahme der Mitteilung des Arbeitgebers über die:

                 

-       

Einstufung bestehender, aber noch nicht bewerteter Arbeitsaufgaben;

                 

-       

Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben.

                 

Dabei sind die entsprechenden Unterlagen gemäß § 6.4 zu übergeben.

                 

Die Einstufung des Arbeitgebers ist verbindlich.

                 

Führt die Einstufung des Arbeitgebers zu einer niedrigeren als der bisherigen, wird sie erst nach Ablauf von 8 Wochen wirksam. Bei Reklamation durch den Betriebsrat gemäß § 10 verlängert sich diese Frist bis zur Beendigung des Reklamationsverfahrens, jedoch längstens auf insgesamt 5 Monate.

                 

…       

        

§ 9     

        

Grundentgeltanspruch der Beschäftigten

        

9.1     

Der Beschäftigte hat Anspruch auf das Grundentgelt derjenigen [X.], die der Einstufung der im Rahmen der festgelegten [X.] ausgeführten Arbeitsaufgabe entspricht.

        

…       

        

§ 10   

        

Reklamation

        

10.1   

Beschäftigte oder Betriebsrat können die mitgeteilte [X.] (siehe § 9.2) schriftlich beim Arbeitgeber reklamieren.

                 

Bei der Reklamation ist schriftlich oder mündlich darzulegen, dass - und aus welchen Gründen - die [X.] nicht zutreffend sein soll.

        

10.2   

Nach der Reklamation ist die [X.] und ggf. die Einstufung der Arbeitsaufgabe durch den Arbeitgeber zu überprüfen.

                 

Dies soll in der Regel innerhalb von 2 Monaten erfolgen.

                 

Das Ergebnis der Überprüfung ist dem Beschäftigten und dem Betriebsrat unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

        

10.3   

Wird über das Ergebnis der Überprüfung kein Einverständnis erzielt, erfolgt eine weitere Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission (§ 7.1 bzw. § 8.3).

                 

In diesem Fall hat der Arbeitgeber, soweit nicht vorhanden, eine Aufgabenbeschreibung anzufertigen, in der die im Rahmen der festgelegten [X.] ausgeführte Arbeitsaufgabe dargestellt ist. Die entsprechenden Unterlagen gemäß § 6.4 sind der Paritätischen Kommission zu übergeben.

        

10.4   

Kommt es in der Paritätischen Kommission zu keiner Einigung, ist entsprechend § 7.3.3 ff. zu verfahren.

        

10.5   

Führt die Überprüfung zu einer höheren [X.], so gilt diese ab dem Zeitpunkt der Reklamation.

                          
        

10.6   

Führt die Überprüfung zu einer niedrigeren [X.], so gilt diese ab dem Zeitpunkt der verbindlichen Entscheidung.

        

10.7   

Der Beschäftigte kann im Hinblick auf das Ergebnis der Überprüfung den Rechtsweg beschreiten.

                 

Er kann jedoch nur geltend machen, dass ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze der §§ 4 - 6 vorgenommen worden ist.“

4

Im [X.] ist bestimmt:

        

„§ 3   

        

Sachliche Voraussetzungen zur Einführung des [X.]

        

...     

        
        

3.2     

Ersteinstufung

        

3.2.1 

Grundlage für die Einführung des [X.] ist die Neubewertung der betrieblichen Arbeitsaufgaben. Bis zum Einführungsstichtag soll möglichst eine verbindliche, muss jedoch zumindest eine vorläufige Einstufung des Arbeitgebers vorliegen.

                 

…       

        

3.2.3 

Verbindliche Einstufungen können innerhalb einer Frist von 3 Jahren nach der betrieblichen ERA-Einführung nur mit der Begründung reklamiert werden, dass die im Rahmen der festgelegten [X.] ausgeführte Arbeitsaufgabe nicht der bewerteten Arbeitsaufgabe entspricht.

        

…“    

        

5

Bei der Arbeitgeberin fand die Einführung des [X.] zum 1. Januar 2007 statt. Danach beanstandeten mehrere Arbeitnehmer und der Betriebsrat [X.]nzuordnungen mit der Begründung, die tatsächlich ausgeführte Arbeitsaufgabe stimme nicht mit der bewerteten Arbeitsaufgabe überein. Die Reklamationen wurden in [X.]en beraten, wobei die Arbeitgeberin allerdings die Auffassung vertrat, diese seien hierfür nicht zuständig, die Beratungen erfolgten vielmehr allein auf freiwilliger Basis. In den Fällen, in denen keine Einigung erzielt wurde, ordnete die Arbeitgeberin den Beschäftigten einseitig die jeweilige [X.] zu. Der Betriebsrat forderte die Arbeitgeberin daraufhin auf, einen Vertreter der [X.] zu benennen, um die Beschwerden in der erweiterten [X.] zu verhandeln. Dies lehnte die Arbeitgeberin ab.

6

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe nach § 10.4 iVm. § 7.3.3 [X.] einen sachkundigen stimmberechtigten Vertreter der [X.] zu benennen und die von ihr benannten Mitglieder in die erweiterte [X.] zu entsenden. Sie habe außerdem ihre Vertreter anzuweisen, an Beratungen und Entscheidungen der erweiterten [X.] über die Reklamationen mitzuwirken. Diese sei für die Bearbeitung der Reklamationen in den Fällen zuständig, in denen eine einseitige arbeitgeberseitige Zuordnung erfolgt sei und in der [X.] keine Einigung über die Reklamation zustande gekommen sei.

7

Der Betriebsrat hat beantragt:

        

1.    

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, einen sachkundigen stimmberechtigten Vertreter der [X.] gem. § 7.3.3 des [X.] für die Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg vom 16. September 2003 ([X.]) zu benennen und die von ihr benannten Mitglieder in die erweiterte Paritätische Kommission zu entsenden.

        

2.    

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die von ihr benannten Mitglieder der Paritätischen Kommission gem. § 7 [X.] anzuweisen, an Beratungen und Entscheidungen der erweiterten Paritätischen Kommission über diejenigen Reklamationen, bei denen nach Beratung der Paritätischen Kommission eine „arbeitgeberseitige Zuordnung“ erfolgte oder über die sonst keine Einigung in der örtlichen Paritätischen Kommission erfolgte, mitzuwirken.

                 

Hilfsweise,

                 

festzustellen, dass im M Werk S eine erweiterte Paritätische Kommission gem. § 7 [X.] zu bilden ist und diese für die Bearbeitung der Reklamationen in den Fällen zuständig ist, in denen eine „arbeitgeberseitige Zuordnung“ erfolgte oder über die sonst keine Einigung in der örtlichen Paritätischen Kommission erzielt wurde.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Für den Fall des Unterliegens hat sie hilfsweise beantragt

        

festzustellen, dass die erweiterte Paritätische Kommission gem. § 7.3.3 [X.] und die Schiedsstelle gem. § 7.3.4 [X.] keine Entscheidungskompetenz bezüglich der im Rahmen einer Reklamation gem. § 10 [X.] zur Überprüfung gestellten Fragen haben, ob die vom Arbeitnehmer oder Betriebsrat geltend gemachte Arbeitsaufgabe der im Rahmen der festgelegten [X.] übertragenen Arbeitsaufgabe entspricht.

9

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, die erweiterte [X.] sei für Reklamationen, die - wie hier - Tatsachenfragen betreffen, nicht zuständig. Mit dem [X.] verlange sie die Feststellung, dass keine Befugnis der erweiterten [X.] oder der Schiedsstelle bestehe, die Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten Arbeitsaufgabe mit der bewerteten Arbeitsaufgabe zu überprüfen.

Das Arbeitsgericht hat den Hauptanträgen des Betriebsrats stattgegeben und den [X.] abgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Abweisungsantrag sowie den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag weiter.

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat teilweise Erfolg. Der Antrag zu 2. ist unbegründet, der Antrag zu 3. ist unzulässig. Soweit die Arbeitgeberin die Abweisung des Antrags zu 1. begehrt und ihren hilfsweise gestellten [X.] weiterverfolgt, ist die Rechtsbeschwerde unbegründet.

I. Das [X.] hat über die Anträge zutreffend im Beschlussverfahren entschieden. Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem [X.] iSd. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, denn der Betriebsrat beruft sich auf Rechtspositionen, die er durch den [X.] begründet sieht. Dieser ergänzt in den §§ 7 ff. die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte aus §§ 99 ff. [X.] bei Ein- und [X.], ohne diese jedoch auszuschließen ([X.] 16. August 2011 - 1 [X.] - Rn. 11).

II. Der Betriebsrat ist [X.]. Er macht mit seinen Anträgen geltend, ihm seien durch den [X.] eigene Rechte eingeräumt worden. Ob diese tatsächlich bestehen, ist eine Frage der Begründetheit der Anträge.

III. In dem Verfahren war die [X.] nicht nach § 83 Abs. 3 ArbGG zu hören. Diese ist nicht beteiligtenfähig iSd. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG, weil sie nicht selbst Träger eigener betriebsverfassungsrechtlicher Rechte ist ([X.] 16. August 2011 - 1 [X.] - Rn. 13).

IV. Der Antrag zu 1. ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag erfüllt die Anforderungen des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Auslegung des Antrags ergibt, dass sich dieser - wie die Beteiligten in der Anhörung vor dem Senat klargestellt haben - auf die in der Antragsschrift des Betriebsrats genannten [X.] bezieht. Diese sind hinreichend konkret bezeichnet und den Beteiligten bekannt. Soweit im Antrag zu 1. die Entsendung eines „sachkundigen stimmberechtigten“ Vertreters verlangt wird, handelt es sich um einen Tarifbegriff, dem in Bezug auf die Sachkunde im Vollstreckungsverfahren keine eigenständige Bedeutung zukommt. Diese ist nicht gesondert nachzuweisen. Durch die Bezugnahme auf § 7.3.3 [X.] ist klargestellt, dass der Vertreter auch stimmberechtigt sein muss.

2. Der Antrag zu 1. ist begründet. Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf tarifgemäße Durchführung des Reklamationsverfahrens nach § 10 [X.]. Dazu gehört das Verfahren in der erweiterten [X.], wenn eine Einigung über die Reklamation in der [X.] nicht möglich ist. Die Arbeitgeberin hat deshalb gemäß § 10.4 iVm. § 7.3.3 [X.] einen Vertreter der [X.] zu benennen und die von ihr benannten Mitglieder in die zu bildende erweiterte [X.] zu entsenden.

a) Nach § 10.1 [X.] können der Beschäftigte oder der Betriebsrat die mitgeteilte [X.] schriftlich beim Arbeitgeber reklamieren. Nach der Reklamation ist die [X.] und ggf. die Einstufung der Arbeitsaufgabe gemäß § 10.2 [X.] durch den Arbeitgeber zu überprüfen. Das Ergebnis der Überprüfung ist dem Beschäftigten und dem Betriebsrat unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Wird über das Ergebnis der Überprüfung kein Einverständnis erzielt, erfolgt nach § 10.3 [X.] eine weitere Überprüfung der Einstufung in der [X.]. § 10.3 [X.] verweist auf § 7.1 [X.], wonach die zu bildende [X.] aus je drei Vertretern des Arbeitgebers einerseits sowie der Beschäftigten andererseits besteht (§ 7.1.1 [X.]). Kommt es in der [X.] zu keiner Einigung, wird auf Antrag einer Seite eine erweiterte [X.] durch Hinzuziehung je eines sachkundigen stimmberechtigten Vertreters der [X.]en gebildet (§ 10.4 iVm. § 7.3.3 [X.]). Entsteht immer noch keine mehrheitliche Meinung, tritt gemäß § 10.4 iVm. § 7.3.4 [X.] auf Antrag einer Seite eine Schiedsstelle zusammen, die sich aus den Mitgliedern der erweiterten [X.] und einem Vorsitzenden zusammensetzt. Der Vorsitz wird durch Los aus einem durch die [X.]en festgelegten Personenkreis ermittelt. Der Betriebsrat ist (neben dem Arbeitgeber) gemäß § 10.4 iVm. § 7.3.7 Abs. 2 [X.] berechtigt, die Entscheidung der [X.], der erweiterten [X.] oder der Schiedsstelle gerichtlich auf Verfahrensfehler und eine grobe Verkennung der Grundsätze in §§ 4 bis 6 [X.] überprüfen zu lassen.

b) Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Durchführung dieses Reklamationsverfahrens. Das folgt aus der Tarifsystematik und dem Zweck des Reklamationsverfahrens. Dieses kann durch den Betriebsrat eingeleitet (§ 10.1 [X.]) und bei fehlender Einigung weiterbetrieben werden (§ 10.4 iVm. § 7.3.3 ff. [X.]). Ihm steht am Ende auch das Recht zu, das Ergebnis des Verfahrens gerichtlich überprüfen zu lassen (§ 10.4 iVm. § 7.3.7 [X.]). Diese Systematik und die mit dem Verfahren in der [X.] bezweckte [X.] einfache Konfliktlösung sprechen dafür, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber zur effektiven Durchführung des tariflichen Regelungsauftrags die Benennung und Entsendung von Vertretern in die erweiterte [X.] verlangen kann. Insoweit gilt nichts anderes als für die Benennung und Entsendung von Vertretern in die [X.] (dazu [X.] 16. August 2011 - 1 [X.] - Rn. 22). Andernfalls könnte der Arbeitgeber die tarifvertraglich vorgesehene Lösung von Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung von Reklamationen verhindern. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist vor Durchführung des Reklamationsverfahrens nicht durch den Arbeitgeber vorab zu prüfen, ob die erhobene Reklamation des Betriebsrats zulässig und begründet ist. Hierüber ist gerade in der [X.] und nachfolgend ggf. in der erweiterten [X.] zu entscheiden. Dem Arbeitgeber steht insoweit kein „Vorprüfungsrecht“ zu ([X.] 16. August 2011 - 1 [X.] - Rn. 18). Selbst wenn eine Reklamation unbegründet sein sollte, weil entgegen § 3.2.3 [X.] innerhalb der ersten drei Jahre nach [X.] die Einstufung der Arbeitsaufgabe reklamiert wird, berechtigt dieser Umstand den Arbeitgeber nicht, die Entsendung und Benennung von Vertretern zu verweigern. Es ist nicht Sache des Arbeitgebers, sondern - nach erfolgter Anrufung durch eine der Betriebsparteien - der erweiterten [X.], über die Begründetheit einer Reklamation zu entscheiden.

c) Soweit die Arbeitgeberin in diesem Zusammenhang geltend macht, das [X.] habe unzutreffend angenommen, bei ihr seien ständige erweiterte [X.]en zu bilden, und habe die Rechtsfrage, ob die jeweiligen Vertreter der [X.]en bereits im Vorfeld und nicht fallbezogen zu benennen seien, in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen, hat sie damit keine den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO entsprechende zulässige Verfahrensrüge erhoben. Die Arbeitgeberin hat nicht dargelegt, dass der Beschluss auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht. Es ist nicht erkennbar, weshalb das [X.] den Antrag zu 1. abgewiesen hätte, wenn es nicht von einer „ständigen“ erweiterten, sondern von einer im Einzelfall zu bildenden erweiterten [X.] ausgegangen wäre. Vorliegend geht es nicht um die Entsendung und Benennung von Vertretern im Vorfeld möglicher Reklamationen, sondern um bereits anhängige Reklamationsverfahren.

V. Der Antrag zu 2. ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag des Betriebsrats, der Arbeitgeberin aufzugeben, die von ihr benannten Mitglieder der [X.] anzuweisen, an Beratungen und Entscheidungen der erweiterten [X.] über diejenigen Reklamationen mitzuwirken, bei denen nach Beratung der [X.] eine arbeitgeberseitige Zuordnung erfolgte oder über die sonst keine Einigung in der örtlichen [X.] zustande kam, bedarf der Auslegung. Er ist nach der Antragsbegründung darauf gerichtet, die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihre Vertreter in der erweiterten [X.] anzuhalten, an deren Beratungen teilzunehmen und bei der Entscheidung ihr Stimmrecht auszuüben. So verstanden ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

2. Der Antrag zu 2. ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat hat nach dem [X.] keinen Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten der in die erweiterte [X.] entsandten Vertreter. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Dem Wortlaut und Gesamtzusammenhang des Tarifvertrags kann nur entnommen werden, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entsendung von Vertretern in die erweiterte [X.] verlangen kann. Mehr ist nach dem Regelungszweck des Verfahrens in der erweiterten [X.] auch nicht erforderlich. Insoweit gilt für die erweiterte [X.] nichts anderes als für die [X.], für die der Senat bereits das Bestehen eines derartigen Anspruchs verneint hat ([X.] 16. August 2011 - 1 [X.] - Rn. 23). [X.] sich die Vertreter einer Seite in der erweiterten [X.], an den Beratungen teilzunehmen und bei der Entscheidung ihr Stimmrecht auszuüben, sind entsprechend den zu § 76 Abs. 5 Satz 2 [X.] entwickelten Grundsätzen nur die tatsächlich abgegeben Stimmen zu zählen. Hierdurch wird eine Blockade des Reklamationsverfahrens durch eine der Betriebsparteien verhindert, weil die erschienenen und abstimmungswilligen Mitglieder der erweiterten [X.] eine Sachentscheidung herbeiführen können.

VI. Der Hilfsantrag des Betriebsrats ist unzulässig. Er ist nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.

1. Nach dieser auch im Beschlussverfahren anwendbaren Vorschrift kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der entsprechenden richterlichen Entscheidung hat. Ein Rechtsverhältnis ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Der Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Rechtspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist ([X.] 14. Dezember 2010 - 1 [X.] - Rn. 12, [X.] 2002 § 256 Nr. 10).

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag zu 3. nicht auf die Feststellung einer rechtlichen Beziehung einer Person (des Betriebsrats) zu einer anderen Person (der Arbeitgeberin) gerichtet. Dem Betriebsrat geht es mit dem Hilfsantrag vielmehr um die Feststellung des Umfangs der Prüfungskompetenz der erweiterten [X.] und dabei insbesondere um die Frage, ob diese für die Bearbeitung der Reklamationen in den Fällen zuständig ist, in denen eine „arbeitgeberseitige Zuordnung“ erfolgte oder sonst keine Einigung in der örtlichen [X.] erzielt wurde. Das betrifft indes kein Rechtsverhältnis, sondern zielt auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens zum Umfang der Prüfungskompetenz der erweiterten [X.].

VII. Der Hilfsantrag der Arbeitgeberin ist unzulässig. Er ist ebenso wie der Hilfsantrag des Betriebsrats auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens zum Umfang der Prüfungskompetenz der erweiterten [X.] gerichtet.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Federlin    

        

    Hayen    

                 

Meta

1 ABR 38/10

08.11.2011

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Stuttgart, 15. Oktober 2009, Az: 17 BV 50/09, Beschluss

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 08.11.2011, Az. 1 ABR 38/10 (REWIS RS 2011, 1689)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1689

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Leistungsbeurteilung - paritätische Kommission


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