Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.08.2011, Az. 9 AZR 365/10

9. Senat | REWIS RS 2011, 4146

ARBEITSRECHT DISKRIMINIERUNG BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) URLAUB ÖFFENTLICHER DIENST

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Gegenstand

Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen auf den Urlaubsabgeltungsanspruch - § 24 MTV Einzelhandel NRW


Leitsatz

1. Der Anspruch auf Abgeltung des nach lang andauernder Arbeitsunfähigkeit bestehenden gesetzlichen Mindesturlaubs kann aufgrund tariflicher Ausschlussfristen verfallen. Er ist nicht Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch, der sich nicht mehr von sonstigen Entgeltansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis unterscheidet. Er unterfällt deshalb den Bedingungen, die nach dem anwendbaren Tarifvertrag für die Geltendmachung von Geldansprüchen vorgeschrieben sind.

2. Das ist mit Art 7 Abs 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom EuGH aufgestellten Grundsätzen vereinbar. Danach steht die Arbeitszeitrichtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach die Nichtbeachtung von Modalitäten der Inanspruchnahme dazu führt, dass der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums untergeht. Der Arbeitnehmer muss tatsächlich nur die Möglichkeit haben, den ihm mit der Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Das ist bei tariflichen Ausschlussfristen dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nur eine Frist zur schriftlichen Geltendmachung wahren muss.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. April 2010 - 10 [X.] - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die 1959 geborene Klägerin verlangt von der [X.], den tariflichen Mehrurlaub sowie den gesetzlichen Mindesturlaub für die [X.], 2007 und 2008 abzugelten.

2

Die Klägerin war bei der [X.] bzw. deren [X.] seit dem 1. Februar 1980 als Verkäuferin mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 16 Stunden beschäftigt. Nach Ziff. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des örtlich maßgeblichen Tarifvertrags für den Einzelhandel Anwendung.

3

Die Klägerin war seit dem 27. Januar 1997 durchgehend krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Mit Bescheid vom 6. Februar 2006 bewilligte ihr die [X.] bis zum Ablauf des Monats März 2008 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit weiterem Bescheid vom 12. Dezember 2007 bewilligte sie der Klägerin ab dem 1. April 2008 eine unbefristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 31. März 2008. Mit Schreiben vom 26. Juni 2009 verlangte die Klägerin von der [X.] ohne Erfolg, ihren aus dem Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. März 2008 resultierenden Urlaub im Umfang von insgesamt 81 Tagen abzugelten.

4

Im Manteltarifvertrag für den Einzelhandel [X.] vom 25. Juli 2008 ([X.] Einzelhandel) heißt es - soweit maßgeblich - wie folgt:

        

§ 15 

        

Urlaub

        

…       

        

(3)     

Der Urlaub beträgt je Kalenderjahr

                 

…       

                 

nach dem vollendeten 30. Lebensjahr 36 Werktage.

        

…       

        
        

(7)     

Der Urlaub ist möglichst im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach Absatz 5 entstandener geringfügiger Teilurlaub auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

        

(8)     

Im Falle der Übertragung muss der Urlaub in den ersten 4 Monaten des folgenden Kalenderjahres ge-währt und genommen werden.

        

(9)     

Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten. Hierbei ist je Urlaubstag 1/26 des [X.] zugrunde zu legen.

        

…       

        
        

§ 24   

        

Verfallklausel

        

(1)     

Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen wie folgt:

                 

…       

        
                 

b)    

spätestens 3 Monate nach Beendigung des Urlaubsjahres bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

                          

Ansprüche auf Urlaub, Urlaubsabgeltung und Sonderzahlungen;

                 

…       

        
        

(2)     

Die Ansprüche verfallen nicht, sofern sie innerhalb der vorgenannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind.

        

(3)     

Vorstehende Fristen gelten als Ausschlussfristen.

        

…“    

        

5

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr [X.] sei nicht nach § 24 [X.] Einzelhandel verfallen. Tarifliche Ausschlussfristen seien auf den [X.] nicht anzuwenden. Allenfalls könne der tarifliche Mehrurlaub verfallen sein. Die Tarifvertragsparteien seien nach § 13 Abs. 1 [X.] nicht befugt, die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs tariflichen Ausschlussfristen zu unterwerfen.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.179,05 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die tarifliche Ausschlussfrist gelte für sämtliche Urlaubsabgeltungsansprüche. Das verstoße weder gegen die Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes noch gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] vom 4. November 2003.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der Revision ihre Urlaubsabgeltungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

9

A. Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht bestätigt. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abgeltung ihrer für die [X.] vom 1. Januar 2006 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Urlaubsansprüche. Die [X.] sind gemäß § 24 Abs. 1 Buch[X.]b [X.] Einzelhandel verfallen.

I. Der [X.] Einzelhandel findet zumindest nach Ziff. 1 des Arbeitsvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Danach gelten die Bestimmungen des örtlich maßgeblichen Tarifvertrags für den Einzelhandel. Das ist vorliegend der [X.] Einzelhandel.

II. Es kann hier dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang für den streitgegenständlichen [X.]raum Urlaubsansprüche der Klägerin entstanden waren. Ein etwaiger [X.] nach § 7 Abs. 4 [X.] und § 15 Abs. 9 [X.] Einzelhandel wäre jedenfalls gemäß § 24 Abs. 1 Buch[X.]b [X.] Einzelhandel verfallen. Nach dieser Tarifvorschrift verfallen Ansprüche auf Urlaubsabgeltung spätestens drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht wurden (§ 24 Abs. 2 [X.] Einzelhandel). Diese Frist wahrte die Klägerin hinsichtlich der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2008 fälligen Urlaubsabgeltungsansprüche nicht. Sie machte die Ansprüche erst mit Schreiben vom 26. Juni 2009 gegenüber der Beklagten geltend.

III. Urlaubsabgeltungsansprüche können tariflichen Ausschlussfristen unterfallen.

1. Die Tarifvertragsparteien haben in § 24 Abs. 1 Buch[X.]b [X.] Einzelhandel ausdrücklich die Geltung der Ausschlussfristen für Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche bestimmt. Eine solche Regelung durften sie auch nach bisheriger Rechtsprechung des [X.]s für den tariflichen Mehrurlaub und dessen Abgeltung treffen, obwohl der [X.] bislang davon ausging, die gesetzliche Unabdingbarkeit erstrecke sich auch auf den [X.] iSv. § 7 Abs. 4 [X.] ([X.] 20. Januar 2009 - 9 [X.]/07 - Rn. 21). Der tarifliche Mehrurlaub und dessen Abgeltung unterfällt nicht dem tariflich unabdingbaren Schutz der §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] und auch nicht Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (sog. Arbeitszeitrichtlinie; [X.]. [X.] L 299 vom 18. November 2003 S. 9). Einem tariflich angeordneten Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs und seiner Abgeltung steht nach dem klaren Richtlinienrecht und der gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] kein Unionsrecht entgegen ([X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 23, EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 17). Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] begründeten Anspruch auf [X.] von vier Wochen übersteigen, frei regeln ([X.] 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.] § 125 Nr. 3 = EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 16). Nur für den gesetzlichen Mindesturlaub oder dessen Abgeltung war es nach bisheriger Rechtsprechung ausgeschlossen, tarifliche Ausschlussfristen anzuwenden ([X.] 20. Januar 2009 - 9 [X.]/07 - Rn. 27).

2. Der in § 24 Abs. 1 Buch[X.]b [X.] Einzelhandel für alle Urlaubsabgeltungsansprüche bei Nichteinhaltung der Ausschlussfrist angeordnete Verfall ist auch für die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs wirksam. Dem steht weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] noch die vom Gerichtshof der [X.] vorgenommene und für den [X.] nach Art. 267 A[X.]V verbindliche Auslegung der Richtlinie 2003/88/[X.] entgegen.

a) Nach der früheren [X.]srechtsprechung unterlag der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs nicht den tariflichen Ausschlussfristen, selbst wenn diese umfassend alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis betrafen (vgl. zuletzt [X.] 20. Januar 2009 - 9 [X.]/07 - Rn. 21; 20. Mai 2008 - 9 [X.] - Rn. 48, [X.]E 126, 352; vgl. für die [X.]Rspr. auch [X.] 23. April 1996 - 9 [X.] - zu II 4 der Gründe, [X.]E 83, 29). Begründet wurde dies damit, dass der [X.] als Ersatz für den unantastbaren Urlaubsanspruch nach § 1 und § 3 Abs. 1 [X.] nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien stehe. Die gesetzliche Unabdingbarkeit nach § 13 Abs. 1 [X.] erstrecke sich auch auf den [X.]. Er sei ebenso wie der gesetzliche Urlaubsanspruch selbst unabdingbar (vgl. zuletzt [X.] 20. Januar 2009 - 9 [X.]/07 - Rn. 21; 20. Mai 2008 - 9 [X.] - Rn. 48, aaO; vgl. für die [X.]Rspr. auch [X.] 23. April 1996 - 9 [X.] - zu II 4 der Gründe, aaO; 24. November 1992 - 9 [X.] - zu 3 der Gründe, [X.] [X.] § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102). Da der [X.] kein einfacher Geldanspruch, sondern ein Surrogat des Urlaubsanspruchs sei, würden für ihn dieselben Regeln gelten, insbesondere auch der Schutz des § 13 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] (zB [X.] 5. Dezember 1995 - 9 [X.] 841/94 - zu II 2 e der Gründe, [X.]E 81, 339). In dem seiner Entscheidung vom 24. März 2009 (- 9 [X.] 983/07 - [X.]E 130, 119) zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer die Urlaubsabgeltung rechtzeitig geltend gemacht. Deshalb konnte der [X.] die Frage, ob die Versäumung von Ausschlussfristen trotz des vom [X.] zugebilligten besonderen Schutzes des krankheitsbedingt arbeitsunfähigen Arbeitnehmers zum Verfall eines [X.]s führen kann, ausdrücklich offenlassen (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 77, aaO). Hier bedarf es einer Stellungnahme; denn diese Rechtsfrage ist im Streitfall entscheidungserheblich.

b) Die bisherige Rechtsprechung zur Unanwendbarkeit von tariflichen Ausschlussfristen kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Das ist eine Folgewirkung der Aufgabe der Surrogatstheorie (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 44 ff., [X.]E 130, 119; fortgeführt von [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 17, EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 17; 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 70, [X.] § 125 Nr. 3 = EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 16). Ist der [X.] nach der reformierten Rechtsprechung nur ein reiner Geldanspruch, so unterfällt er auch den Bedingungen, die nach dem anwendbaren Tarifvertrag für die Geltendmachung von Geldansprüchen vorgeschrieben sind. Dazu gehören auch tarifliche Ausschlussfristen.

aa) Der [X.] stellt bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie gerichtete reine Geldforderung dar (vgl. [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 17 ff., EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 17; 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 44 ff., [X.]E 130, 119). Er entsteht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und bleibt in seinem Bestand unberührt, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auch über das Ende des [X.] am 31. März des Folgejahres und darüber hinaus fortdauert (vgl. [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 21, aaO). Der Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des [X.] in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach § 7 Abs. 4 [X.] abzugelten ([X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 18, aaO; 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 70, [X.] § 125 Nr. 3 = EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 16; 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 47 ff. [X.], aaO).

bb) Der [X.] ist auch im Fall der andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht mehr befristet. Während unter Geltung der Surrogatstheorie der [X.] nur erfüllbar und damit fällig wurde, soweit der Arbeitnehmer spätestens vor dem Ablauf der Übertragungsdauer seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangte (vgl. [X.]/[X.] 2. Aufl. § 7 [X.] Rn. 134), hat nach der Aufgabe dieser Theorie der Ablauf des Bezugs- bzw. [X.] keine rechtliche Bedeutung mehr. Als reiner Geldanspruch entsteht der [X.] mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird nach § 271 BGB sofort fällig (vgl. zuletzt [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 21, EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 17; [X.]/[X.] 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 67). Die Anwendbarkeit von Ausschlussfristen kann deshalb nicht mehr mit dem Hinweis auf das eigenständige Fristenregime des [X.] abgelehnt werden.

Anderenfalls erhielte ein dauerhaft bis zum Lebensende arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, niemals eine Urlaubsabgeltung. Ein solches Ergebnis wäre nach der Entscheidung des [X.] in der Rechtssache [X.] nicht mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie vereinbar. Danach soll der ausgeschiedene Arbeitnehmer auch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit in den Genuss einer finanziellen (Urlaubs-)Vergütung kommen. So hat der Gerichtshof ausdrücklich erkannt, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] dahin auszulegen ist, „dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder [X.] oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im [X.] war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte“ ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 62, Slg. 2009, [X.]).

cc) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Generalanwältin [X.] in ihren Schlussanträgen vom 7. Juli 2011 in der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache [X.] gegen [X.] (- [X.]/10 - Rn. 67) den [X.] missverständlich als „Surrogat“ bezeichnet hat. Die Generalanwältin hat nicht auf den Surrogatsbegriff, wie ihn die urlaubsrechtlichen [X.]e des [X.] in ständiger Rechtsprechung bis zum 20. Januar 2009 als Fachbegriff der Surrogatstheorie geprägt haben, Bezug genommen. Sie hat lediglich auf Darstellungen arbeitsrechtlicher Praktiker in [X.]schriften verwiesen. Den von ihr benutzten Begriff hat sie inhaltlich damit umschrieben, dass der „Urlaub nicht durch eine finanzielle Vergütung ‚ersetzt’ und nicht ‚abgefunden’ werden“ dürfe. Er diene „dem Zweck, den Arbeitnehmer finanziell in eine Lage zu versetzen, die es ihm erlaubt, seinen Jahresurlaub nachzuholen, und zwar unter vergleichbaren Bedingungen, als wenn er weiter tätig wäre und ein Urlaubsentgelt gemäß Art. 7 Abs. 1“ der Richtlinie 2003/88/[X.] beziehen würde. Danach meint sie, Funktion des Surrogats sei, eine Abfindungspraxis zu vermeiden. Dieser Inhalt ist mit der seit dem Urteil vom 24. März 2009 (- 9 [X.] 983/07 - [X.]E 130, 119) entwickelten Rechtsprechungslinie des [X.]s ver-einbar. Dass die Generalanwältin das Wort „Surrogat“ nicht im Sinne des urlaubsrechtlichen Fachbegriffs verwendet, wird durch ihre weiteren Ausführungen in den Schlussanträgen deutlich. Sie schlägt dem Gerichtshof der [X.] nämlich vor, nur in der umstrittenen Frage der Ansammlung von Urlaubsansprüchen seine bisherige Rechtsprechung zu präzisieren und Klarheit herzustellen (Schlussanträge vom 7. Juli 2011 - [X.]/10 - [[X.] gegen [X.]] Rn. 47). Hinsichtlich des „wichtigen finanziellen Aspekts der Urlaubsabgeltung“ empfiehlt sie, an der Antwort in der Rechtssache [X.] festzuhalten. In den von den Schlussanträgen in Bezug genommenen Stellen geht der [X.] für den Fall der nachgewiesenen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit davon aus, „dass die in Art. 7 Abs. 2 vorgesehene finanzielle Vergütung verhindern soll, dass dem Arbeitnehmer wegen der mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einhergehenden Unmöglichkeit, den tatsächlich bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, jeder Genuss dieses Anspruchs, ‚selbst in finanzieller Form’, verwehrt wird“ (Schlussanträge vom 7. Juli 2011 - [X.]/10 - [[X.] gegen [X.]] Rn. 67). Für einen Fall wie dem des dauererkrankten Klägers [X.] hat der [X.] ausdrücklich festgestellt, es sei mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie unvereinbar, dem kranken Arbeitnehmer bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub unter Hinweis auf die fortbestehende Erkrankung zu verwehren (vgl. [X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 62, Slg. 2009, [X.]). Das war zwingender Anlass für den erkennenden [X.], die Surrogatstheorie aufzugeben. Die Ausführungen der Generalanwältin enthalten zwar den Begriff Surrogat. Ihnen liegt jedoch nicht die vom [X.] aufgegebene Surrogatstheorie zugrunde. Deshalb sieht der [X.] keinen Grund anzunehmen, dass die in der Rechtssache [X.] gefundene Auslegung des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] durch den [X.] zwischenzeitlich klärungsbedürftig geworden sei.

dd) Aus alldem ergibt sich: Der [X.] wird auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. [X.] 11. Oktober 2010 - 9 [X.] - Rn. 20, [X.] ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; im Ergebnis so bereits: [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 69, [X.]E 130, 119; [X.]/[X.] § 80 Rn. 67; [X.] 2009, 510, 512; [X.]/[X.] [X.] 2. Aufl. § 7 Rn. 180).

3. Die hier anzuwendende tarifliche Ausschlussfrist des § 4 [X.] Einzelhandel ist nicht nach § 13 Abs. 1 [X.] iVm. § 134 BGB unwirksam, weil sie den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs einschließt.

a) Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs stellt zumindest bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit und der jedenfalls insoweit erfolgten Aufgabe der Surrogatstheorie einen reinen Geldanspruch dar, der sich nicht mehr von sonstigen Entgeltansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis unterscheidet. Hieraus folgt zugleich, dass er grundsätzlich wie jeder andere Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zu behandeln ist und auch Ausschlussfristen unterliegen kann (so auch die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung der [X.] und im Schrifttum: vgl. [X.] Hamm 16. Juni 2011 - 16 [X.] 1089/10 - juris Rn. 55; [X.] Niedersachsen 14. Dezember 2010 - 13 [X.] 1050/10 - juris Rn. 21; [X.] Köln 16. November 2010 - 12 [X.] 375/10 - juris Rn. 23, [X.], 231; [X.] Berlin-Brandenburg 7. Oktober 2010 - 2 [X.] 1464/10 - juris Rn. 20; [X.] Niedersachsen 13. August 2010 - 6 [X.] 409/10 - juris Rn. 32; [X.] München 24. Juni 2010 - 4 [X.] 1029/09 - juris Rn. 29; [X.] Düsseldorf 23. April 2010 - 10 [X.] 203/10 - juris Rn. 36, [X.]E [X.] § 7 Abgeltung Nr. 27a; [X.]/[X.] § 13 [X.] Rn. 36; [X.]/[X.]/[X.] 11. Aufl. § 7 [X.] Rn. 65; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 7 [X.] Rn. 108a; [X.]/Till-manns/[X.] § 13 Rn. 39 und 46; Boecken/[X.] [X.], 267, 276; [X.] ZTR 2010, 180, 183; [X.] 2010, 163, 165; [X.] ZTR 2009, 346, 354; [X.]/[X.] NJW 2009, 631, 635). Ebenso wie der Anspruch auf Urlaubsentgelt (zur Anwendbarkeit von Ausschlussfristen auf das Urlaubsentgelt: vgl. [X.] 22. Januar 2002 - 9 [X.] 601/00 - zu A II 4 c der Gründe, [X.]E 100, 189) kann deshalb bei Nichtbeachtung einer anwendbaren tariflichen Ausschlussfrist auch der [X.] verfallen.

b) Selbst wenn der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs wie der Mindesturlaub unabdingbar wäre, würde dies die Anwendung tariflicher Ausschlussfristen nicht ausschließen. Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs wird nicht beseitigt. Der Arbeitnehmer wird lediglich gehalten, diesen innerhalb der tariflichen Verfallfristen geltend zu machen. Ausschlussfristen können auch für unabdingbare Ansprüche gelten (vgl. [X.] 19. Februar 2008 - 9 [X.] 1091/06 - Rn. 16 und 51 ff., [X.]E 126, 12).

4. Die Anwendung von tariflichen Ausschlussfristen verstößt nicht gegen Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie. Sie ist insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom Gerichtshof der [X.] aufgestellten Grundsätzen vereinbar (so auch die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung der [X.] und im Schrifttum: vgl. [X.] Hamm 16. Juni 2011 - 16 [X.] 1089/10 - juris Rn. 55; [X.] Niedersachsen 14. Dezember 2010 - 13 [X.] 1050/10 - juris Rn. 21; [X.] Köln 16. November 2010 - 12 [X.] 375/10 - juris Rn. 24; [X.] Niedersachsen 13. August 2010 - 6 [X.] 409/10 - juris Rn. 32; [X.] München 24. Juni 2010 - 4 [X.] 1029/09 - juris Rn. 31; [X.] Düsseldorf 23. April 2010 - 10 [X.] 203/10 - juris Rn. 39, [X.]E [X.] § 7 Abgeltung Nr. 27a; [X.]/[X.]/[X.] § 7 [X.] Rn. 65; [X.]/[X.] § 13 [X.] Rn. 36; [X.]/[X.] § 13 Rn. 39 und 46; Boecken/[X.] [X.], 267, 276; [X.] ZTR 2010, 180, 183; [X.]/[X.] NJW 2009, 631, 635; [X.] 2009, 230, 239; Gaul/Bonanni/Ludwig DB 2009, 1013, 1016).

a) Nach der Entscheidung des [X.] vom 20. Januar 2009 ist zwar Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie dahin auszulegen, „dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder [X.] oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im [X.] war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte“ ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 62, Slg. 2009, [X.]). Dabei sind die Begriffe „einzelstaatliche Rechtsvorschriften und/oder einzelstaatliche Gepflogenheiten“ im Sinne von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] weit zu verstehen. Erfasst werden insbesondere auch tarifvertragliche Regelungen (vgl. auch Gaul/Bonanni/Ludwig DB 2009, 1013, 1016).

b) Diese Auslegung des Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie bedingt nicht, dass tarifliche Ausschlussfristen auf den [X.] keine Anwendung finden dürfen. Denn der [X.] hat ferner in seiner Entscheidung zu Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie ausgeführt, dass dieser grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe, wonach für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gewisse Modalitäten zu beachten seien. Dies gelte selbst dann, wenn diese Modalitäten den Verlust des Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines [X.] beinhalteten. Insoweit sei alleinige Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätte, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben (vgl. [X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 43, Slg. 2009, [X.]; ihm folgend: [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 48, [X.]E 130, 119).

c) Diese von der Richtlinie eingeräumte Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Ausübung des Urlaubsanspruchs gilt gleichermaßen für den aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] folgenden Anspruch auf eine finanzielle Vergütung. Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie soll lediglich verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit der Urlaubsnahme aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeder Genuss des bezahlten Jahresurlaubs, sei es auch nur in finanzieller Form, verwehrt wird (vgl. [X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 56, Slg. 2009, [X.]).

d) Diesem Zweck stehen nationale Regelungen über Ausübungsmodalitäten, selbst wenn sie bei Nichtbeachtung zum Verlust des Anspruchs führen können, solange nicht entgegen, wie der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit behält, das ihm mit der Richtlinie 2003/88/[X.] verliehene Recht auf Urlaubsabgeltung auszuüben. Die Entstehung der finanziellen Vergütung aus Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie wird durch eine Ausschlussfrist gerade nicht von einer weiteren Voraussetzung abhängig gemacht. Tarifliche Ausschlussfristen betreffen nämlich nicht den Inhalt eines Anspruchs, sondern regeln vielmehr lediglich den Fortbestand eines bereits entstandenen Rechts (vgl. [X.] 26. September 2007 - 5 [X.] 881/06 - Rn. 14, [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Betonsteingewerbe Nr. 8). Sie beziehen sich daher gerade nicht auf das Recht als solches, sondern lediglich auf dessen Geltendmachung. Die zeitliche Begrenzung des [X.]s durch das Erfordernis der rechtzeitigen Geltendmachung aufgrund einer tariflichen Ausschlussfrist ändert deshalb auch nichts daran, dass es dem Arbeitnehmer selbst bei über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus fortbestehender Arbeitsunfähigkeit regelmäßig tatsächlich möglich ist, seinen Anspruch zu verwirklichen. Das Unionsrecht will nach den vom Gerichtshof der [X.] aufgestellten Grundsätzen zu Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie nur denjenigen Arbeitnehmer schützen, der objektiv wegen Arbeitsunfähigkeit gehindert ist, seine Ansprüche zu realisieren, nicht hingegen auch den, der lediglich untätig bleibt und ohne Not Fristen versäumt (so auch: [X.]/[X.]/[X.] § 7 [X.] Rn. 65; [X.]/[X.] § 13 [X.] Rn. 36).

IV. Die Klägerin kann im Hinblick auf die Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen.

1. Dabei kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob die dargestellte langjährige Rechtsprechung des [X.]s zur Unabdingbarkeit (§ 13 Abs. 1 [X.]) des [X.]s hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs aus § 7 Abs. 4 [X.] überhaupt geeignet war, ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer in deren Fortbestand zu begründen. Für die Arbeitgeber bestand mit Ablauf der Umsetzungsfrist der ersten Arbeitszeitrichtlinie 93/104/[X.] am 23. November 1996 bereits kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen [X.]srechtsprechung zur Surrogatstheorie mehr (so zuletzt: [X.] 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 101, [X.] SG[X.]X § 125 Nr. 3 = EzA [X.] § 7 Abgeltung Nr. 16). Ob dieser [X.]punkt auch für Arbeitnehmer maßgeblich ist, kann ebenfalls unentschieden bleiben, da der [X.] erst im Frühjahr 2008 und damit sogar nach Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des [X.]s Düsseldorf in der [X.]che [X.] vom 2. August 2006 (- 12 [X.] 486/06 - [X.]E [X.] § 7 Nr. 43) entstanden ist. Spätestens ab diesem [X.]punkt konnten auch Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgehen, dass die [X.]srechtsprechung zu den Grundsätzen der Unabdingbarkeit des [X.]s im Fall lang andauernder Arbeitsunfähigkeit unverändert fortgeführt würde (so auch [X.] Düsseldorf 23. April 2010 - 10 [X.] 203/10 - Rn. 47, [X.]E [X.] § 7 Abgeltung Nr. 27a; zum Wegfall des Vertrauensschutzes für Arbeitgeber zu diesem [X.]punkt: vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 76, [X.]E 130, 119). Der Vertrauensverlust ist insoweit umfassend und betrifft nicht lediglich den einzelnen Aspekt des Erlöschens von Urlaubsabgeltungsansprüchen bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit. Denn jedenfalls durch das Vorabentscheidungsersuchen wurde die Rechtsprechung zur Surrogatstheorie bei andauernder Arbeitsunfähigkeit von Grund auf infrage gestellt. Es bestand spätestens ab diesem [X.]punkt auch für Arbeitnehmer insgesamt kein Grund mehr, in die Rechtsprechung zum Urlaub und zur Urlaubsabgeltung bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit zu vertrauen (vgl. [X.], 2177, 2179). Deshalb gilt dies auch für die Rechtsprechungsgrundsätze zum Nichteingreifen von tariflichen Ausschlussfristen.

2. Gegen die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin spricht zudem, dass ihr durch die Rechtsprechungsänderung nichts genommen wird, was ihr bei Fortbestehen der bisherigen Rechtsprechung zugestanden hätte. Denn auch nach der bisherigen Rechtsprechung hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gehabt. So wäre dieser wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des tariflichen [X.] des § 15 Abs. 8 [X.] Einzelhandel zum 30. April 2008 erloschen.

3. Die Klägerin beruft sich auch ohne Erfolg darauf, ihr Anspruch sei erst mit der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Slg. 2009, [X.]) im Sinne der Ausschlussfrist entstanden oder fällig geworden. Sie habe erst infolge dieser Entscheidung von dem Bestehen ihres Anspruchs Kenntnis erlangen können. Vorher habe es keine Veranlassung gegeben, den nach der gefestigten Rechtsprechung nicht bestehenden Anspruch geltend zu machen. Dem steht schon entgegen, dass es für den Verfall auf die Kenntnis des Bestehens eines Anspruchs regelmäßig nicht ankommt (vgl. [X.] 13. Dezember 2007 - 6 [X.] 222/07 - Rn. 19, [X.]E 125, 216; 26. April 1978 - 5 [X.] 62/77 - zu II der Gründe, [X.] TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 64 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 35). Auch § 24 [X.] Einzelhandel verlangt für den Beginn der Verfallfrist nicht, dass der Berechtigte Kenntnis vom Bestehen seines Anspruchs hat. Zudem machte die Klägerin ihren Anspruch erst mit Schreiben vom 26. Juni 2009 geltend. Selbst wenn der Lauf der Ausschlussfrist erst im Januar 2009 mit der Verkündung der Entscheidung des [X.] begonnen hätte, wahrt die Geltendmachung im Juni 2009 die dreimonatige Ausschlussfrist nicht.

V. Die Klägerin kann sich auch nicht auf höhere Gewalt berufen. Nach § 206 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Diese Vorschrift wird als allgemeingültiges Rechtsprinzip auch auf tarifliche Ausschlussfristen angewandt ([X.] 8. März 1976 - 5 [X.] 361/75 - zu 4 a der Gründe, [X.] ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26).

1. Der [X.] braucht nicht darüber zu befinden, ob diese Vorschrift auch auf eine „gefestigte anspruchsfeindliche Rechtsprechung“ anzuwenden ist (vgl. [X.] 7. November 2002 - 2 [X.] 297/01 - zu [X.] 4 b dd der Gründe, [X.]E 103, 290). Denn die Hemmung der tariflichen Ausschlussfrist wäre spätestens mit dem öffentlichen Bekanntwerden der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Slg. 2009, [X.]) beendet worden. Ab diesem [X.]punkt durfte die Klägerin insgesamt nicht mehr erwarten, dass das [X.] seine ständige Rechtsprechung fortführt. Das gilt auch für das Vorbringen, die bisherige Rechtsprechung, tarifliche Ausschlussfristen auf den gesetzlichen Mindesturlaub und dessen [X.] als Surrogat nicht anzuwenden (vgl. hierzu: [X.] 20. Mai 2008 - 9 [X.] - Rn. 48, [X.]E 126, 152), habe sie von der Geltendmachung abgehalten. Denn in der Rechtssache [X.] hat der [X.] ausdrücklich erkannt, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] dahin auszulegen ist, „dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder [X.] oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im [X.] war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte“ ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 62, aaO). Nach dieser verbindlichen Auslegung war das von der Surrogatstheorie aufgestellte Merkmal der Erfüllbarkeit nicht mehr mit der Arbeitszeitrichtlinie vereinbar und es musste erwartet werden, dass die Rechtsprechung den [X.] entsprechend dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 [X.] wie den Anspruch auf Urlaubsentgelt als reinen Geldanspruch ansieht. Für den Anspruch auf Urlaubsentgelt hatte zu dieser [X.] der [X.] bereits in ständiger Rechtsprechung angenommen, dieser unterliege anders als der Anspruch auf Urlaubsgewährung dem tariflichen Verfall (vgl. [X.] 19. April 2005 - 9 [X.] 160/04 - zu I 2 der Gründe, [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 12 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 178; zuletzt: 21. September 2010 - 9 [X.] 510/09 - Rn. 30, EzA [X.] § 13 Nr. 61).

2. Auch wenn zugunsten der Klägerin auf das Bekanntwerden der Vorabentscheidung in der Rechtssache [X.] abgestellt würde, wäre die Geltendmachung im Juni 2009 nicht geeignet, die dreimonatige tarifliche Ausschlussfrist zu wahren. Die vorgeschriebene schriftliche Geltendmachung gegenüber der Beklagten war auch nach der verlangten Art der Geltendmachung der Klägerin möglich und zumutbar. Ob dies auch für eine zweistufige Ausschlussfrist mit der Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung gelten würde (vgl. dazu: [X.] 1. Dezember 2010 - 1 BvR 1682/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 197), bedarf hier keiner Stellungnahme des [X.]s.

B. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    G. Müller    

                 

Meta

9 AZR 365/10

09.08.2011

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Oberhausen, 16. Dezember 2009, Az: 1 Ca 2212/09, Urteil

§ 7 Abs 4 BUrlG, § 13 Abs 1 BUrlG, § 1 TVG, Art 7 Abs 2 EGRL 88/2003

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.08.2011, Az. 9 AZR 365/10 (REWIS RS 2011, 4146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4146


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 9 AZR 365/10

Bundesarbeitsgericht, 9 AZR 365/10, 09.08.2011.


Az. 1 Ca 2212/09

Arbeitsgericht Oberhausen, 1 Ca 2212/09, 16.12.2009.


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